Unsere Jahre auf Fellowship Point (eBook)

Roman | Über die Kraft der Freundschaft zweier großartiger Frauen
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
733 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-78129-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Unsere Jahre auf Fellowship Point -  Alice Elliott Dark
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Ein bewegender, empathischer, unvergesslicher Roman, der das 20. Jahrhundert überspannt - über zwei Freundinnen, deren Leben sehr unterschiedlich verlaufen sind und die doch ein lebenslanges, tiefes Verständnis füreinander verbindet.

Über achtzig Sommer haben Agnes Lee und Polly Wister zusammen verbracht, in den Sommerhäusern ihrer Familien auf Fellowship Point an der Küste Maines inmitten unberührter Natur. Auch jetzt, im Alter, ist ihre lebenslange Freundschaft unverbrüchlich, trotz ihrer sehr unterschiedlichen Lebenswege: Polly hat sich ihr Leben lang immer zuallererst um andere gekümmert, um ihren Mann Dick, der Karriere als Philosophieprofessor gemacht hat, und um ihre drei Söhne, denen sie ein behagliches Zuhause und eine unbeschwerte Kindheit ermöglicht hat. Agnes hingegen hat nie geheiratet, stets alleine gelebt und sich ihrer Arbeit gewidmet: Als Kinderbuchautorin hat sie große Erfolge gefeiert, und nun drängt ihre Lektorin sie, ihre Memoiren zu schreiben. Dabei kommen schmerzhafte Erinnerungen an die Oberfläche und eine tiefe, unerfüllte Sehnsucht, die sie lange verdrängt hatte ...



Alice Elliott Dark hat einen Roman und zwei Bände mit Kurzgeschichten veröffentlicht, zuletzt 2011 <em>Das Hotel im Dschungel</em>. Ihre preisgekrönte Erzählung »In der Abenddämmerung« wurde mit Jane Fonda und Glenn Close verfilmt. An <em>Unsere Jahre auf Fellowship Point</em> hat sie rund 17 Jahre gearbeitet. Sie versteht den Roman auch als feministisches Buch und sagt über sich selbst: »Ich wurde mit zwei Jahren zur Feministin, als mein Bruder geboren wurde. Mehr hat es nicht gebraucht, um die Unterschiede zu sehen.«

Kapitel 2

Polly, Haverford, Mai 2000


Pollys Aufmerksamkeit war geteilt. Eine Hälfte von ihr nahm an der Bridge-Partie im Merion Cricket Club teil und hielt die Karten vor ihrer Brust verdeckt, während die andere Hälfte – eigentlich neun Zehntel – nach Hause wollte. Dick verbrachte gern den ganzen Tag allein in seinem Arbeitszimmer und würde vermutlich, auch wenn sie da wäre, nicht gestört werden wollen. Sie würde sich jedoch besser fühlen, ihm wieder zur Verfügung zu stehen. Darin lag ihre Berufung. Sie warf einen Blick quer durch den Raum zu den Punktezählern, in der Hoffnung, erste Ergebnisse zu sehen, doch die verglichen bloß ihre Zettel und runzelten die Stirn.

»Ach, fast hätte ich es vergessen!«, platzte sie heraus. »Ich muss noch einkaufen gehen!«

Drei Augenpaare verengten sich und drei Münder wurden zusammengekniffen. Letzte Woche war es die Reinigung gewesen. Davor ein Ölwechsel. Offensichtliche Lügen, und ihre Freundinnen waren nicht dumm.

»Aber das kann warten«, ruderte sie zurück, obwohl ihr Dick nicht aus dem Kopf ging. Im Laufe ihres Lebens hatte sie es in vielen Situationen vorgezogen, ihre Mitmenschen nicht zu behelligen, hatte sich im Unterricht nicht gemeldet, um anderen Mädchen den Vortritt zu geben, war im Kino nicht auf die Toilette gegangen, um sich nicht an anderen Zuschauern vorbeidrängen und kurzzeitig deren Sicht blockieren zu müssen. Selbst als sie schwanger war und ihre Blase so voll, dass sie kaum noch geradeaus schauen konnte, hatte sie gewartet. Es hatte ihr nie etwas ausgemacht, anderen Platz zu machen, sie selbst wollte jedoch niemandem Umstände bereiten. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Welt freundlicher zu machen, und es ging ihr nicht darum, etwas im Gegenzug zu erhalten.

Sie war die Einzige am Tisch, deren Ehemann noch lebte. Die anderen waren allesamt lustige Witwen, die Kreuzfahrten unternahmen und sich ohne jeglichen Anlass Schmuck kauften. Sie bemitleideten sie, weil sie noch an der Leine hing.

»Jetzt mal im Ernst, Polly, hat Dick jemals den Hörsaal verlassen, um zu dir nach Hause zu eilen?«

»Es ist nicht wegen Dick!«, widersprach Polly. »Ich muss wirklich einkaufen gehen. James kommt vielleicht vorbei.« Unter dem Tisch kreuzte sie die Finger. James hatte sich nicht angekündigt, aber womöglich würde er es noch. Es könnte passieren. Er war ihr ältester, ihr pflichtbewusstester Sohn, und ihr letztes gemeinsames Mittagessen war angespannt verlaufen.

Am Tisch wurden Blicke ausgetauscht. Sie widersprach zu vehement, was ihr nicht ähnlichsah, außer wenn es um Dick ging. Alles drehte sich um Dick.

»Warte doch wenigstens ab, ob wir gewonnen haben«, sagte Liza Hopkins.

»Wir haben nicht gewonnen. Wir gewinnen nie. Geh schon, Pol«, sagte Greer Jenkins. »Ich erzähle dir am Telefon, wie es ausgegangen ist.«

»Wenn ihr sicher seid«, sagte Polly und erhob sich von ihrem Stuhl.

»Auf Wiedersehen«, sagte True Smith.

Es war ein kühler Nachmittag, aber die Wolken hingen hoch am Himmel und die Luft duftete nach Blumen. Polly war so erleichtert, sich auf den Heimweg zu begeben, dass sie die Autotür ruckartig aufriss und ihr die Schlüssel aus der Hand fielen. Da lagen sie, ganz tief unten am Boden. Sie ließ den Blick über die flache Ebene schweifen, auf der sich bald Rasenplätze für die Spielsaison befinden würden. Drum herum kämpften sich Magnolien an die Oberfläche. Sie presste die Knie aneinander und sank herab. Auf halbem Weg nahm sie den Türgriff zur Hilfe. Sie biss die Zähne zusammen beim Gedanken daran, dass ihre Strumpfhose reißen könnte. Die neue war so dünn. Fast … fast. Geschafft! Du liebe Zeit, welch eine Herausforderung. Sie richtete sich auf und entdeckte eine andere Frau, die am Auto neben ihr stand. Ihre Blicke trafen sich.

»Schönen guten Tag«, sagten sie gleichzeitig.

Die Frau war jünger, aber das waren schließlich so gut wie alle.

»Sie sind Mrs Wister, nicht wahr?«

Polly nickte und versuchte, sie einzuordnen. Sie hatte das typische Aussehen dieser Gegend, die strammen Waden einer ehemaligen Hockey-Spielerin, feines braunes Haar und ein offenes Gesicht.

»Ich kenne Ihren Sohn, James, und Ann. Ich habe Sie kurz auf Anns Geburtstagsfeier kennengelernt?«

»Ach, natürlich. Wie war noch gleich Ihr Name?«

»Ich bin Julia Stevens. Mein Mann ist Terry? Er arbeitet mit James zusammen?«

Warum hörten sich bei den jungen Leuten alle Sätze wie Fragen an? »Ja, jetzt erinnere ich mich.« Das tat sie nicht, aber sie hatte schon vor langer Zeit eingesehen, dass eine gelegentliche Notlüge das Leben angenehmer machte.

»Ich hoffe, wir sehen uns diesen Sommer in Maine«, sagte Julia.

»Sie kommen nach Maine?«

»James hat uns eingeladen. Ihr Ferienort klingt fantastisch. Wir werden uns die Häuser anschauen.«

»Häuser?«

»Werden nicht bald Häuser zum Verkauf angeboten?«

»Auf Fellowship Point?« Sie hob die Stimme. Ein Windstoß fegte zwischen ihnen hindurch.

»Tut mir leid, vielleicht habe ich etwas missverstanden.« Julia tat ein paar Schritte zurück und pulte Haarsträhnen von ihren Lippen.

»Was hat James gesagt?«

»Ich weiß es gar nicht mehr genau. Die Familie meines Mannes hat ein Haus in Stone Harbor, dort fahren wir meistens hin. Bestimmt werden wir das am Ende wieder so machen.«

»Ich werde bei James nachfragen.« Polly war beunruhigt.

»Wie gesagt, wir sind uns noch nicht sicher. Danke, Mrs Wister? Auf Wiedersehen!«

Noch ein Fragezeichen. War heute denn nichts mehr gewiss?

Nachdem Julia weggefahren war, setzte sich Polly ins Auto und nahm ein paar tiefe Atemzüge. Sie rief sich James’ Blick in Erinnerung, als sie mit ihm am Tag zuvor in der Stadt zu Mittag gegessen hatte. Er hatte nichts davon erwähnt, dass er diesen Sommer Freunde zum Point einladen wollte, doch jetzt ergab sein Verhalten mehr Sinn und war umso verstörender. Er war schon als Baby angespannt gewesen, was auf Erstgeborene häufig zutraf, und war es bis heute. Zu ernst. Bei diesem Gedanken hörte sie Agnes sagen, man könne unmöglich zu ernst sein, denn ab einem gewissen Punkt verwandele sich Ernsthaftigkeit in eine Parodie ihrer selbst und müsse als Selbstgefälligkeit eingeordnet werden. Ja, James war selbstgefällig und launisch. Er könnte außerdem etwas im Schilde führen, und sie konnte mit niemandem darüber reden.

Er hatte sich im Union League treffen wollen, aber Polly hatte sich dort nie wohlgefühlt – von Agnes wusste sie über die exklusiven Mitgliederrichtlinien des Clubs Bescheid, und obwohl es Besserungen gegeben hatte, hegte Agnes nach wie vor einen Groll, seit ein jüdischer Freund, den Lachlan einmal vorgeschlagen hatte, abgelehnt worden war. James sagte, er habe keine Zeit für Diskussionen, und reservierte einen Tisch in einem Restaurant in der Nähe der Arztpraxis, die Polly am Nachmittag aufsuchen wollte. Als sie ankam, saß James schon am Platz und sah schick aus in seinem blauen Anzug mit Liberty-Print-Krawatte. Sie war stolz, mit ihm gesehen zu werden. Sie führten keine intimen Gespräche – offen gesagt, war sie nicht sicher, ob sie wussten, wie –, doch es war schön, an diesem hübschen Ort zu sein, das köstliche Essen zu genießen und von den neusten Interessen ihrer Enkelkinder zu hören. Caroline und Jasper waren inzwischen junge Erwachsene und hatten ein eigenes Leben. Sie verkniff sich einen Kommentar darüber, wie schnell die Zeit verging, doch genau das empfand sie.

»Wie lange hast du diesen Sommer vor, auf Fellowship Point zu bleiben?«, fragte sie beim Kaffee, ohne Dessert.

»Drei Wochen, vielleicht auch vier. Es kommt drauf an, wie schnell wir mit bestimmten Verträgen vorankommen und ob ich noch gebraucht werde.«

Er arbeitete bei einer Investmentfirma und war seit dem letzten Wirtschaftsabschwung sehr...

Erscheint lt. Verlag 12.8.2024
Übersetzer Margarita Ruppel, Marieke Heimburger
Sprache deutsch
Original-Titel Fellowship Point
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 50plus • aktuelles Buch • Best Ager • Beziehung • Booktok • Bücher Neuererscheinung • Buch für den Strand • Buch für den Urlaub • Charlotte Wood • Ein Wochenende • Fellowship Point deutsch • Frauen • Frauen-Freundschaft • Generation Gold • Geschenk für Freundin • Geschenk Muttertag • Golden Ager • Grace und Frankie • Krimi Neuerscheinungen 2024 • Maine • Naturschutz • Neuererscheinung • neuer Krimi • neues Buch • Philadelphia • Rentner • Rentnerdasein • Roman ältere Frauen • Ruhestand • Schmöker • Senioren • Sommerbuch • Sommer-Lektüre • Strand-Buch • Umweltschutz • Urlaubslektüre • weibliche Lebensentwürfe • Zeitloser Roman
ISBN-10 3-458-78129-3 / 3458781293
ISBN-13 978-3-458-78129-5 / 9783458781295
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