DT64 · Podiumdiskothek · COVERland -  Stefan Lasch

DT64 · Podiumdiskothek · COVERland (eBook)

50 Jahre Radio

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
222 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7583-6248-4 (ISBN)
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Fünf Jahrzehnte erlebte Radiogeschichte - von einem Insider erzählt. Der Autor begibt sich auf eine biografische, technische und politische Zeitreise vom analogen Staatsrundfunk zum digitalen Bürgerradio. Die persönliche Erinnerung ist dabei unterhaltsam angereichert mit bisher nicht veröffentlichten Dokumenten, fast vergessenen Fakten, Zeitzeugenaussagen und zahlreichen Abbildungen. Stefan Lasch, damals noch Tonmeister-Student an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin und »Schallplattenunterhalter«, erlebte am 19. Juli 1973 eine Premiere: seine erste eigene Sendung, die »DT64-Podiumdiskothek«. An diesem Tag wurde Radio seine Leidenschaft. Mit der Sendung »COVERland - musikalische Nachspiele« ist er heute noch on air.?

Stefan Lasch (*1950) studierte an den Hochschulen für Musik: »Carl Marie von Weber« Dresden (Kontrabass), »Hanns Eisler« Berlin (Diplomtonmeister); arbeitete von 1973 bis 1990 bei Jugendradio DT64 als Moderator (u. a. »DT64-Podiumdiskothek«), Redakteur, Redaktionsleiter, stellv. Chefredakteur Musik, Leiter Büro für Öffentlichkeitsarbeit; war Discjockey und Musiker (Tower Jazz Band, Ruth Hohmann & JAZZ COLLEGIUM Berlin, BerlinSwingBand, Marie Luise & Band); produzierte Hörfunksendung, CDs und gestaltet seit 2021 die Sendung »COVERland« bei Radio T. https://stefla.de · https://bass-fascination.com

Vom Podium: Diskothek zur Podiumdiskothek


Mai 1973: »Haus der jungen Talente«, Klosterstraße, Berlin, »Werkstatt für Schallplattenunterhalter«. Einstimmung der Diskotheker auf die »X. Weltfestspiele« im August. Ein Ereignis mit schwerwiegenden Folgen. Es gab zwei Probleme: Technik und Musik. Die meisten »SPU« verfügten zwar über eigene mobile Technik, aber geplant war, dass in jedem Auftrittsort eine fest installierte Anlage zur Verfügung stehen sollte.

Hartmut Kanter und ich erhielten den Auftrag, solch eine Anlage vorzustellen. Als Mischpult kamen das Kleinstudiogerät »KSG 625« und zwei große Boxen mit je vier Lautsprechern und 50 Watt Leistung zum Einsatz. Das »KSG 625« benötigte 5-polige Spezialanschlüsse, die Boxen besaßen bestenfalls genügend Power für ein größeres Wohnzimmer. Von ordentlichem Bassdruck und raumfüllender Lautheit keine Spur. Es blieb bei diesem Test. Studiotechnik für den Diskothekeneinsatz rief nicht nur bei mir Skepsis hervor. Dann schon lieber das eigene Equipment benutzen, lautete die übergreifende Meinung der Anwesenden. Auch handelsübliche Plattenspieler ließen sich nur mit einigen Kniffen einsetzen. Die kleinste Erschütterung und der Tonarm rutschte über die Platte. Manchmal half ein Radiergummi, um die Auflagekraft des Saphirs zu erhöhen. Das bekam zwar Platte und Saphir schlecht, leichte Rempler konnten damit etwas abgefangen werden. Pfiffige Bastler setzten auf eine bessere Lösung: Sie ließen ihre Plattenspieler »schweben«, indem sie ihre Geräte in einem Gestell mit modifizierten Hosenträgern aufhängten und damit Erschütterungen abfingen.

Die Vinyl-Scheiben liefen ohne Tonarmrutscher. Ließen sich technische Probleme mit improvisatorischer Kreativität beheben, die Musikbeschaffung schien nahezu unlösbar zu sein.

Wie ein roter Faden zog sich dieses Thema durch die Disko-Werkstatt. Das Sortiment von Amiga-Schallplatten reichte nicht aus. Auf Platten aus den Kulturzentren der »befreundeten Bruderländer« fand man auch kaum etwas Tanzbares. Platten aus dem Westen aufzulegen, hätte bei einer Kontrolle zum Auftrittsverbot führen können. Hits von einem West-Sender aufnehmen und öffentlich abspielen: noch gefährlicher!

Um den Engpass Musik etwas zu mildern, bekamen Dietmar Hummel, er gehörte mit seiner »TOBI«-Diskothek zu den Berliner Disko-Pionieren, und ich den Auftrag, Musik aus dem Radio mitzuschneiden, Kopien herzustellen und den Festival-Diskotheken zur Verfügung zu stellen. Diese Mitschnitte mit Westmusik durften dann offiziell abgespielt werden. An mehreren Abenden und Nächten produzierten wir die offiziösen Bänder. Das Musikdilemma blieb, denn auch nach den Tagen im August verschwanden die Diskotheken nicht, im Gegenteil, das Interesse nahm ständig zu.

Mit dem Musik-Problem konfrontiert trat der Redaktionsleiter «KJTM« vom Berliner Rundfunk, Walter Barthel, während der Disko-Werkstatt vor das Saalmikrofon. Nach wenigen Einführungsworten kündigte er eine Mitschnittsendung für Diskotheken an. So ganz ohne großes Drumherum-Gerede direkt ins Auditorium geknallt. Ein Beifallssturm brach los.

Die Nachfragen, wann und wie diese Sendung stattfinden soll, beantwortete er nur ausweichend. Die Sendung würde bei DT64 stattfinden, konkrete Dinge befänden sich in der Diskussion.

Ich empfand diese Aussage als clever. Mit nichts in der Tasche und einer vagen Lösung allen Nachfragen aus dem Weg gehen – Chapeau!

Nach der Ankündigung kam Walter Barthel auf uns zu. Er fragte mich und Hartmut Kanter, ob wir als erfahrene Diskotheker eine Idee für solch eine Mitschnittsendung hätten. Ich schaute auf die Bühne und dort stand:

»Werkstatt Podium: Diskothek – 21.05-23.05.73 Berlin«

Der Ansatz für meinen spontanen Vorschlag:

»Man könnte doch Podium und Diskothek zusammenfassen und daraus das Wort ›Podiumdiskothek‹ bilden. Damit jeder weiß, worum es geht, mit dem Zusatz ergänzen: ›Eine Sendung zum Mitschneiden für alle Diskotheken‹.«

Die Erklärung für diesen Sendetitel lieferte ich gleich mit:

»Podium gleich Plattform, Arbeitsgrundlage, Bühne. Diskothek: Musik von Platte und Band. Zum Mitschneiden für alle, schließt Diskotheken ein, die damit Geld verdienen.«

Der Sendetitel war geboren. Völlig unklar dagegen der Inhalt. Musik zum Mitschneiden und Ansagen, mehr kam bei diesem Gespräch nicht heraus.

Am 19. Juli 1973 wurden Hartmut Kanter und ich zu DT64 eingeladen. Wir sollten zur neuen Sendung interviewt werden und Titel zum Mitschneiden vorstellen. Zum vereinbarten Termin standen wir an der »Wache«. Jeder, der das Rundfunkgelände in der Nalepastraße betreten wollte, musste angemeldet sein oder einen Mitarbeiterausweis vorweisen. Wir waren angemeldet und Andreas Fürll, einer der DT64-Moderatoren, holte uns ab. Durch mein Studium kannte ich das Funkhaus. Den Aufnahmesaal 1, die Regieräume, den Hörspielkomplex, Block A und B. Beim Cheftonregisseur des Rundfunks, Heinz Jäckel, der auch die Tonmeisterklasse an der Eisler-Musikhochschule leitete, hatte ich schon einige Praktika durchlaufen. Diesmal ging es aber zum Block E, einem Platten-Neubau. Darin befanden sich die DT64-Redaktionsräume, das Sendestudio und ein »Paternoster«. Ein Umlauf-Fahrstuhl. Allein der Gedanke, er könne zwischen den Stockwerken steckenbleiben, löste ein leichtes Unbehagen mit aufsteigendem Angstgefühl aus. Diskussion über die Gefährlichkeit eines »Paternosters«, wie Jahrzehnte später, gab es nicht. Zu DDR-Zeiten brauchte es eben Mut. Ohne Fahrtunterbrechung erreichten wir den 5. Stock, sprangen unbeholfen aus der offenen Kabine und gingen in das Büro von Marianne Oppel. Sie wurde uns als Verantwortliche der »Arbeitsgruppe Musikpolitik« vorgestellt. Der Empfang: angenehm, freundlich, entspannt. Das »Du« sofort angeboten. Nachdem der Inhalt zu unserem DT64-Interview besprochen war, zurück in den »Paternoster«, ins Erdgeschoss, Richtung Sende- und Aufnahmestudios, die sich in einem Anbau von Block E befanden.

Peter Salchow, der an diesem Tag das Nachmittagsmagazin moderierte, fragte uns über das Sendevorhaben aus. In groben Zügen umrissen wir Sinn und Zweck der »Podiumdiskothek« und schlugen vier Titel als Probe zum Mitschneiden vor. Nachdem das Gespräch aufgezeichnet worden war, bekamen wir den Auftrag, ein Konzept zu entwickeln. Damit war ich drin im Radio als freier Mitarbeiter. Das bescheidene Honorar: eine willkommene Ergänzung zum Stipendium. Noch befand sich die »Podiumdiskothek« im Kopf und das Sendekonzept in der Schreibmaschine.

An dieser Stelle muss ich auf einige Verwirrungen in der Chronologie der »Podiumdiskothek« eingehen. Im Begleittext zur Amiga CD »Die DT64 – Story Vol. 10 Podiumsdiskothek« schrieb ich, dass am 17.7.73 die erste Sendung gelaufen wäre. Falsch, es war ein Dienstag. Die »Podiumdiskothek« lief immer donnerstags. Wer in die veröffentlichten Titellisten schaut, wird feststellen, die Sendung mit der Nummer 1 fand am 16.08.1973 statt. Einige Zeit deklarierten wir nämlich das Interview vom 19. Juli als »Nullte Podiumdiskothek«. Später einigten wir uns, dass dieses Datum als Start der »Podiumdiskothek« gilt.

Ich streue ein paar Bandschnipsel über mein Haupt und entschuldige mich bei allen, die Opfer dieses publizistischen Wirrwarrs geworden sind. Zu meinem Ärgernis schrieb auf der genannten CD ein Amiga-Mitarbeiter »Podiumsdiskothek«. Er schob ein »s« zwischen Podium und Diskothek. Das mag zwar orthografisch korrekt sein, jedoch so nicht gewollt. Dafür trifft mich keine Schuld. Fehldrucke bei Briefmarken erhöhen den Sammlerwert, ob das bei der CD auch so sein wird …?

Jede ordentliche Sendung benötigte einen Vorspann. Für die »Podiumdiskothek« suchte ich als Hintergrundmusik einen DDR-Titel mit Signalwirkung. »Vineta« von den Puhdys hatte sie. Jedenfalls die ersten Takte passten, um Aufmerksamkeit zu erzeugen.

Hartmut sprach: »Podiumdiskothek 1973«.

Ich: »Eine Sendung zum Mitschneiden für alle Diskotheken«.

An meine Sprecherei musste ich mich erst gewöhnen. Das »angesächselte« Hochdeutsch fand ich nicht gerade prickelnd. Kritik von außen gab es nicht, also fand ich mich damit ab und begann, an meinen Vokalen und Konsonanten zu arbeiten.

Die Sendezeit: alle 14 Tage, donnerstags, 50 Minuten. Ein Beitrag innerhalb des DT64-Nachmittagsmagazins. Als Musikredakteur bekamen wir Gottfried Flemig (Flemme) und Andreas Fürll als Redakteur zugeteilt.

Genauso wie im Diskoalltag musste auch im Rundfunk die »60:40«- Regelung eingehalten werden: 60 % DDR-Produktionen oder Musik aus dem Ostblock und 40 % West-Musik. Hintergrund dieser Regelung: kulturpolitische Ängste und der Devisenmangel. Westmusik...

Erscheint lt. Verlag 31.12.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
ISBN-10 3-7583-6248-2 / 3758362482
ISBN-13 978-3-7583-6248-4 / 9783758362484
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