Neunzehn Stufen (eBook)

Roman - Der Debütroman »Nineteen Steps« des Netflix-Stars - basierend auf der Geschichte ihrer Familie!
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2024 | 1. Auflage
416 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-31697-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Neunzehn Stufen -  Millie Bobby Brown
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Neunzehn Treppenstufen, die alles verändern können. Die den Unterschied bedeuten zwischen Freiheit und Verlust, Leben und Tod, Liebe und Leid.
London, 1942: Trotz des um sie herum tobenden Kriegs gibt die 18-jährige Nellie Morris alles dafür, um Ruhe und Ordnung in den Alltag ihrer Familie zu bringen. Ihrer Sehnsucht nach einer unbeschwerten Jugend und einem Leben in Freiheit hat sie längst abgeschworen - bis sie den amerikanischen Piloten Ray kennenlernt. Er zeigt ihr, dass es gerade in diesen Zeiten wichtig ist zu träumen und für diese Träume einzustehen. Doch als sich eine schreckliche Tragödie ereignet, droht das Glück des jungen Paares zu zerbrechen. Und auch Nellies Familie gerät in höchste Gefahr ...

»Inspiriert von den Erfahrungen meiner Großmutter Ruth, ist dieser Roman unglaublich persönlich für mich und liegt mir deshalb sehr am Herzen. Ich bin mit Ruths Erzählungen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs aufgewachsen, und es ist mir eine Ehre, ihre Geschichte durch dieses Buch am Leben erhalten zu können.« Millie Bobby Brown

Millie Bobby Brown, geboren 2004, ist Schauspielerin und Produzentin. Ihren großen Durchbruch hatte sie mit ihrer Rolle als Elfi im Netflix-Serienhit »Stranger Things« sowie mit ihrer Rolle als Enola Holmes im gleichnamigen Film-Franchise. 2018 wurde Millie Bobby Brown zur jüngsten Sonderbotschafterin der UNICEF ernannt und vom »TIME Magazine« zu einer der 100 einflussreichsten Personen gekürt.
»Neunzehn Stufen« ist Millie Bobby Browns erster Roman und eine Liebeserklärung an die unglaubliche Stärke ihrer Großmutter Ruth, die zur Zeit des Zweiten Weltkriegs aufgewachsen ist.

1


Es war ein heller, klarer Samstagnachmittag Ende September, einer dieser strahlend schönen Spätsommertage. Hinter Nellie lag eine arbeitsreiche Woche im Rathaus, wo sie eine Stelle im Büro der Bürgermeisterin hatte. Heute sehnte sie sich nach ein wenig Normalität, einem winzigen Vorgeschmack darauf, wie das Leben vor dem Krieg gewesen war – vor den Luftangriffen, den Rationierungen und dem nie abreißenden Strom schlechter Nachrichten aus dem Radio. Sie wollte mit ihrer kleinen Schwester Flo im Park picknicken. Der Tag war wie gemacht dafür, auch wenn es fast schon wieder zu heiß war, sodass man sich insgeheim den Herbst herbeisehnte, nur um sich gleich im nächsten Moment zu tadeln, das schöne Wetter mit solch undankbaren Gedanken womöglich in die Flucht zu schlagen. Regen und Kälte kämen noch früh genug, gefolgt von den kurzen Wintertagen, wo sie vor Sonnenaufgang zur Arbeit aufbrechen und abends durch verdunkelte Straßen zurücklaufen würde und jeder Schritt trügerisch war.

»Komm jetzt, Flo. Je eher wir im Park sind, desto mehr Zeit bleibt uns für unser Picknick«, sagte sie und zog ihre Schwester an der Hand.

Sie nahmen die vertrauten Wege durch Bethnal Green, wo sie geboren und aufgewachsen war, vorbei an den Ladenzeilen mit ihren kriegsbedingt mageren Auslagen. Gebrauchte Kleider, Hammel und Kaninchen beim Metzger (sie wusste nicht mehr, wann sie zuletzt Rindfleisch auf dem Teller gehabt hatte), eine Schlange beim Gemüsehändler, der frische Äpfel aus den Obstgärten von Kent im Angebot hatte. An der Ecke ragte die Seitenwand eines zerbombten Hauses auf, ein Vorhang flatterte einsam am Fenster. Sie wandte den Blick ab von den Trümmern, den ausgehöhlten Fassaden, wo einst Häuser gestanden hatten – Häuser wie ihr eigenes –, in denen Menschen gewohnt hatten, die, wenn nicht gar ihr Leben, so doch ihr Zuhause verloren hatten. Aber daran wollte sie jetzt nicht denken und sich die gute Laune wieder verderben lassen.

»Wann bauen sie das wieder auf? Wann können die Leute in ihr Haus zurück?«, wollte Flo wissen und blickte an der Ruine hinauf.

»Wenn der Krieg vorbei ist, nehme ich an.« Nellie seufzte und rückte den Korb an ihrem Arm zurecht. Die Leute, die dort gelebt hatten, würden wahrscheinlich nie mehr zurückkehren. Das Haus hatte einen Volltreffer abbekommen, und wenn seine Bewohner sich nicht rechtzeitig in Sicherheit hatten bringen können, waren sie bei dem Angriff vermutlich umgekommen.

»Und wenn der Krieg einfach immer weitergeht?«

In letzter Zeit war oft von einer Bombardierung Münchens die Rede gewesen, und allein bei der Vorstellung bekam Nellie Bauchschmerzen. Jedes Mal, wenn die Briten erfolgreich eine deutsche Stadt bombardiert hatten, ließ der Vergeltungsschlag nicht lange auf sich warten. Und das bedeutete in der Regel, dass es London treffen würde und auch das Londoner East End einmal mehr unter Beschuss käme.

Ihre kleine Schwester konnte sich mit ihren sieben Jahren kaum an eine Zeit vor dem Krieg erinnern, und es gab keine Anzeichen für ein baldiges Ende. Und so, wie der Krieg Flo um eine unbeschwerte Kindheit brachte, hatte er Nellie ihrer Jugend beraubt mit all ihren Freuden und Vergnügungen. Wobei es mittlerweile nicht mehr so schlimm war wie noch am Anfang, als die Docks und die Lagerhäuser angegriffen worden waren, oder während des Blitz, als Hitler seine Bomber über bebaute Gebiete geschickt hatte, um die Moral der britischen Bevölkerung zu untergraben. Das war ihm aber nicht gelungen. Sie waren immer noch hier, ihr Kampfgeist war ungebrochen und an Kapitulation nicht zu denken. Wir werden uns niemals ergeben, hatte Churchill in seiner Rede zu Beginn des Krieges gesagt. Bei dem Gedanken an die Worte des Premiers schob Nellie entschlossen das Kinn vor.

»Es wird nicht immer so weitergehen, versprochen. Schau, wir sind fast da!«, versuchte Nellie ihre Schwester ein wenig aufzumuntern, als sie die Brücke über den Regent’s Canal überquert hatten und die beiden Hundestatuen passierten, die den Eingang zum Park bewachten. Wie immer musste Flo den beiden erst mal den Kopf kraulen, ehe es weitergehen konnte.

Der sonst so friedliche Victoria Park wurde dieser Tage größtenteils zu militärischen Zwecken genutzt. Im vorderen Teil war die Flugabwehr stationiert, im hinteren hatte man ein Kriegsgefangenenlager errichtet. Es gab nur noch wenige Orte, an denen man sich frei und unbeschwert bewegen konnte. Ein Abschnitt des Parks war weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich, und auch in den Seitenstraßen fanden sich zwischen den viktorianischen Häuserzeilen immer wieder kleinere Grünflächen, die etwas Erholung boten. Einige hatte man umgegraben, um Gemüse und Kartoffeln anzubauen, andere waren vorerst verschont geblieben, und es verging kaum ein Tag, an dem nicht ein Ball übers Grün gekickt wurde und die Jungs aus dem Viertel provisorische Fußballtore absteckten.

Ein Stück den Weg hinab gelangten sie an den See. Eine schmale Fußbrücke führte zu der kleinen Insel. »Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir als Kinder nicht auf diese Insel durften«, sagte Nellie. »Der Zutritt war nämlich bloß Erwachsenen gestattet.«

»Das heißt, du warst als Kind nie hier?«, fragte Flo und sah sie mit großen Augen an.

Nellie grinste. »Doch, war ich. Babs, Billy und ich waren sogar ziemlich oft hier. Während einer von uns den Parkwächter ablenkte, sind die beiden anderen flink über die Brücke gehuscht. Bis der Parkwächter uns entdeckte, waren wir schon einmal um die ganze Insel herum, und er konnte nicht viel mehr dagegen tun, als uns unter lauten Verwünschungen hinterherzujagen. Gekriegt hat er uns nie, wir waren nämlich immer schneller als er.«

Flo kicherte, und auch Nellie musste bei der Erinnerung lachen. Die guten alten Zeiten vor dem Krieg. Sie war noch zur Schule gegangen, Flo ein Baby. Und sie drei – sie, ihre beste Freundin Babs und Billy, Barbaras Bruder – waren unzertrennlich gewesen. Billy war ein Jahr älter als Nellie, Babs ein Jahr jünger. Beide wohnten gleich nebenan, und sie waren zusammen aufgewachsen. Jetzt war Nellie eine berufstätige junge Frau von achtzehn Jahren, die eine gute Stelle bei der Stadt hatte, sich also mit Fug und Recht erwachsen fühlen durfte, doch manchmal wäre sie am liebsten wieder Kind gewesen, um mit Billy und Babs im Park Verstecken zu spielen.

Und als hätte sie ihn mit ihren sentimentalen Gedanken heraufbeschworen, entdeckte sie eine vertraute Gestalt, die mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf sie zukam.

»Dachte ich mir’s doch, dass du das bist, Nellie Morris! Wollt ihr ein Picknick machen?« Billy deutete auf den Korb, der über ihrem Arm hing.

»Wir fanden, das schöne Wetter sollte man noch mal ausnutzen. Und Flo mag Picknicks so gern.«

»Sie mag es bestimmt auch, wenn man sie kitzelt«, sagte Billy und tat, als wolle er sich auf Flo stürzen, die laut kreischend davonrannte, Billy ihr dicht auf den Fersen. Nellie sah den beiden lachend hinterher. Billy war wie ein großer Bruder für sie, und sie mochte ihn sehr. In solchen Momenten war der Krieg plötzlich ganz weit weg, und vielleicht waren es diese kleinen, sorglosen Augenblicke, die sie alles überhaupt aushalten ließen.

Nach einer Verfolgungsjagd um die Insel tauchten die beiden wieder auf, Flo noch immer richtig aufgekratzt, Billy ziemlich außer Puste. »Mittlerweile hängt sie mich locker ab«, meinte er und rang mühsam nach Luft.

»Sei vorsichtig, Billy. Dein Asthma.«

Er nickte und griff nach den medizinischen Zigaretten, die er immer bei sich trug. Ein paar Züge davon versorgten seine Lunge mit dem darin enthaltenen Medikament, und das Pfeifen in der Brust ließ nach.

»Schon gut, ich weiß.« Er zündete eine Zigarette an und inhalierte tief. »Siehst du? Alles wieder gut. Was habt ihr denn Schönes zu essen dabei?« Er deutete auf den Picknickkorb, den Nellies Mutter für sie gepackt hatte.

»Sandwiches, Butterkekse ohne Butter, Zitronenlimonade. Em hat uns so viel einpackt, dass es locker für drei reicht.« Das stimmte zwar nicht ganz, es reichte kaum für sie und Flo, aber sie glaubte, es Billy zumindest anbieten zu müssen.

Doch er schüttelte den Kopf. »Klingt gut, aber ich habe nachher noch Dienst. Luftangriffe nehmen keine Rücksicht auf schönes Picknickwetter.« Er deutete einen spöttischen Salut an, zauste Flo die Haare und machte sich wieder auf den Weg.

Nellie sah ihn an zwei älteren Frauen vorbeigehen, eine der beiden führte einen Pudel an der Leine. Sie blickten ihm mit einem missbilligenden Kopfschütteln hinterher, und als der Hund Billy ankläffte, machten sie keine Anstalten, ihn zur Ruhe zu rufen. Wahrscheinlich hielten die beiden ihn für einen Kriegsdienstverweigerer, weil er heute nicht in Uniform war und sich einen schönen Tag zu machen schien. Sie konnten ja nicht wissen, dass er als Luftschutzwart arbeitete und so seinen Beitrag leistete. Wie ernst er seine Aufgabe nahm, wie viele Extraschichten er schob, wie viele Nächte er die in der Untergrundbahn Schutzsuchenden einwies und in den langen Stunden für Ordnung sorgte, obwohl die feuchte, stickige Luft dort unten seinen Atemwegen nicht zuträglich sein konnte.

Jeder trug seinen Teil zu den Kriegsanstrengungen bei. Ihr Vater Charlie war Lagerarbeiter in den Docks und leistete nebenher noch ein paar Schichten die Woche bei der Feuerwache, Babs arbeitete in der Textilfabrik, die Uniformen für die Armee herstellte.

»Nellie! Können wir endlich unsere Sandwiches essen? Die Krusten von den Broten will ich für die Enten aufheben. Schau mal, da drüben sind sie, und sie haben sogar...

Erscheint lt. Verlag 21.2.2024
Übersetzer Alexandra Kranefeld
Sprache deutsch
Original-Titel Nineteen Steps
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2024 • 2. Weltkrieg • Bethnal Green • Buchempfehlung • Buchgeschenke für Frauen • Damsel • Die Nachtigall • dramatisch • eBooks • Emotional • Erste Liebe • Familie • Familienschicksal • Frauenschicksal • Geschwister • Große Gefühle • Historische Liebesromane • Historische Romane • Kristin Hannah • Kristin Harmel • Liebesgeschichte • Liebesromane • London • Neuerscheinung • New York Times Bestseller • romantisch • Starke Frauen • Tragödie • truefiction • Unfall • Wahre GEschichte • Weltkrieg
ISBN-10 3-641-31697-9 / 3641316979
ISBN-13 978-3-641-31697-6 / 9783641316976
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