Bis zum Horizont und weiter (eBook)
416 Seiten
Gerth Medien (Verlag)
978-3-96122-619-1 (ISBN)
Carrie Turansky ist eine preisgekrönte Autorin von gut 20 Romanen und Novellen. Sie hat den ACFW Carol Award, den Crystal Globe Award und den International Digital Award gewonnen und war Finalistin für den Inspirational Readers Choice Award und den Maggie Award of Excellence. Als fleißige Schriftstellerin von zeitgenössischen und historischen Liebesromanen, Frauenliteratur, Kurzgeschichten, Artikeln und Andachten lebt Carrie Turansky im US-Bundesstaat New Jersey. Sie hat fünf erwachsene Kinder und auch schon einige Enkel. © Foto: Emilie Hendryx
Carrie Turansky ist eine preisgekrönte Autorin von gut 20 Romanen und Novellen. Sie hat den ACFW Carol Award, den Crystal Globe Award und den International Digital Award gewonnen und war Finalistin für den Inspirational Readers Choice Award und den Maggie Award of Excellence. Als fleißige Schriftstellerin von zeitgenössischen und historischen Liebesromanen, Frauenliteratur, Kurzgeschichten, Artikeln und Andachten lebt Carrie Turansky im US-Bundesstaat New Jersey. Sie hat fünf erwachsene Kinder und auch schon einige Enkel. © Foto: Emilie Hendryx
1
Februar 1909
Isabella Graysons Schuhe versanken in dem weichen roten Teppich auf Broadlands’ Südflur und sie stieß ein wohliges Seufzen aus. Was für ein Luxus! Ihre Eltern schlenderten mit Mr Fielding, ihrem neuen Gutsverwalter, vor ihr einher und neben Bella ging ihre Schwester Sylvia.
Bella hakte sich bei Sylvia unter, beugte sich zu ihr hinüber und fragte sie: „Meine Güte, hast du so etwas schon jemals gesehen?“
Sylvias blaue Augen wanderten von den großen Gemälden an den Wänden zu den sechs weißen Skulpturen, die in gleichmäßigen Abständen in dem Gang platziert waren. „Es sieht hier wie in einem Palast oder einer Kunstgalerie aus.“
„Das finde ich auch.“ Bella und Sylvia lächelten sich an und setzten ihren Weg durch den Flur fort.
Nach ihrer Vorstellung bei Hof und den vielen Bällen und Dinnerpartys während ihrer ersten und zweiten Saison hatte Bella eine Menge schöner Häuser in London besucht, aber so ein prunkvolles Haus wie Broadlands, den neuen Landsitz ihrer Familie, hatte sie noch nie gesehen.
Ihr Vater, Charles Grayson, hatte das große Anwesen praktisch unbesehen erworben, als er vor einigen Wochen erfahren hatte, dass es zum Verkauf stand. Die meisten Details hatte sein Anwalt abgewickelt und jetzt besichtigten er und seine Familie zum ersten Mal ihr neues Zuhause.
Er schob seinen Brustkorb vor und musterte mit einem kritischen Blick den Flur. „Dieses Haus wird die feinen Londoner Pinkel hoffentlich ordentlich beeindrucken.“ Ihr Vater wandte sich an den Butler: „Pierson, hat Sir Richard mittlerweile alles mitgenommen, was er behalten will?“
Die Mundwinkel des Butlers zogen sich nach unten. „Ja, Sir. Die letzten Möbel der Familie wurden vor zwei Tagen abgeholt.“
„Sehr gut.“ Er wandte sich an Bellas Mutter. „Nun, Madelyn, was sagst du dazu?“
„Es ist schön, Charles, aber mir wird ganz schwindelig, wenn ich nur daran denke, wie ich das alles managen soll.“
„Keine Sorge. Wir stellen genügend Personal ein, das sich um alles kümmert.“
Der nervöse Blick ihrer Mutter wanderte durch den langen Flur. „Ich habe keine Ahnung, was wir mit so viel Platz machen sollen.“
„Wir laden Gäste ein!“, verkündete Bellas Vater. „Wir veranstalten Partys, Dinnerpartys, Hauspartys.“ Er hob den Kopf und betrachtete die Deckengemälde. „Wir laden die richtigen Leute nach Broadlands ein und knüpfen die Kontakte, die ich brauche.“
„Aber Charles, wir ziehen doch aufs Land, damit du mehr Ruhe bekommst und besser auf deine Gesundheit achten kannst.“ Doch Bellas Vater tat die Worte seiner Frau mit einem Schnauben und einer lässigen Handbewegung ab.
Bellas Schultern spannten sich an. Ihrem Vater gehörten drei angesehene Londoner Zeitungen, die Daily Mail, der Evening Standard und der London Herald, aber sein Aufstieg in der Fleet Street und sein Ehrgeiz, ein großes Vermögen zu verdienen, gingen auf Kosten seiner Gesundheit und der Beziehung zu seiner Familie.
Bella hoffte sehr, der Umzug nach Broadlands würde ihn motivieren, seinen Lebensstil zu ändern und ein gesünderes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Ruhe zu finden. Aber ihr Vater hatte ein anderes Ziel vor Augen. Er wollte die Kluft zwischen altem Geld und neuem Geld überbrücken und den Abstand zwischen sich und den Menschen, die einen hohen Rang, Titel und geachtete Familiennamen geerbt hatten, verringern.
Mr Fielding schob zwei große Doppeltüren auf. „Das ist der Salon.“ Mit einem Lächeln wies er mit einer Hand in den Raum, der sich vor ihnen öffnete. „Broadlands ist ein bemerkenswertes Beispiel für die Viktorianische Architektur. Das Haus ist aus weißem, magnesiumhaltigen Kalkstein erbaut, der in den 1860er-Jahren hier auf dem Gelände abgebaut wurde. Eingerichtet und ausgestattet wurde es von der Firma Lapworth Brothers aus London.“
Ihr Vater schritt in den Salon und sah wie ein stolzer König aus, der sein neues Reich in Augenschein nimmt. Der Butler zog an der Kette, die am Kronleuchter befestigt war, und die Gasflammen erwachten flackernd zum Leben.
Bella stockte der Atem, als sie den Blick zu den glitzernden Lichtern und den imposanten Deckengemälden hob. Sie waren atemberaubend und würden die Gäste, die ihr Vater einladen wollte, bestimmt faszinieren. Sie senkte den Blick und sah sich im Salon um. Korallenfarbene gemusterte Seide bedeckte die Wände und schwere gold- und korallfarbene Vorhänge umrahmten die vier hohen Fenster. Rechts von ihr umgab ein kunstvoll gestaltetes Marmorsims den Kamin, über dem ein vergoldeter Spiegel hing.
Die Möbel, die der Vorbesitzer zurückgelassen hatte, sahen aus, als wären sie eigens für dieses Zimmer angefertigt worden – weich gepolsterte Sessel und Sofas in Korallenrot und Gold, ein großes Klavier und mehrere Tische und Vitrinen.
Sylvias Gesicht leuchtete auf, als sie sich in dem Raum umblickte. „Wenn wir die Möbel an den Rand schieben und die Teppiche aufrollen, ist dieser Raum groß genug für einen Ball.“
Bella lächelte und schaute ihre Schwester liebevoll an. Sylvia war vor Kurzem achtzehn geworden und würde in diesem Frühling zum ersten Mal an der Londoner Saison teilnehmen. Mit ihrer Schönheit, ihrem Charme und ihrer mitfühlenden Art würde sie zweifellos aus dem Kreis der Debütantinnen herausragen. Wahrscheinlich würden innerhalb weniger Wochen die Verehrer Schlange stehen und sich um sie bemühen. Aber ihre Eltern hatten eine strenge Liste mit Anforderungen und würden nur einem jungen Mann aus einer reichen, angesehenen Familie, der später einen Titel und einen ansehnlichen Landbesitz erben würde, ihre Zustimmung geben.
Erinnerungen an Bellas letzte zwei Jahre in der Londoner Gesellschaft wurden wach und trübten ihre Begeisterung. Sie war einer ganzen Reihe von jungen Männern vorgestellt und von ihnen umworben worden. Die meisten hatte sie als sehr unangenehm empfunden, da sie sich nur wegen ihres künftigen Erbes für sie interessiert hatten. Das war schmerzlich und peinlich gewesen und sie wollte solche Erfahrungen in der nächsten Saison auf keinen Fall wiederholen.
Falls sie je heiratete, dann aus Liebe und nur einen Mann, dem es um sie ging und nicht um das Vermögen ihres Vaters.
Mr Fielding deutete zu den Türen an der Außenwand. „Diese Türen führen auf die südliche Terrasse und die anschließenden Rasenflächen hinaus und bieten einen Blick auf den Springbrunnengarten und die dahinterliegenden Sinkgärten.“ Er schob die Türen auf und trat zur Seite, um der Familie den Vortritt zu lassen.
Bella ging hinaus und atmete die kühle, frische Luft tief ein. Der Februarmorgen war klar und sonnig und nur ein leichter Wind, der den Geruch von umgegrabener Erde und Zedernholz mit sich trug, umwehte sie.
Die Gärten waren gepflegt, aber größtenteils braun, da sie sich noch in ihrer Winterruhe befanden. Sie verschränkte bei der Kälte die Arme vor sich und war froh, dass sie ihren Mantel für die Hausbesichtigung angelassen hatte. Hinter den Bäumen ertönte ein leises Brummen. Sie drehte sich um und suchte die Wiese auf der anderen Straßenseite ab. Das hartnäckige Geräusch wurde lauter, aber sie konnte nicht erkennen, woher es kam.
„Was ist denn das für ein Lärm?“ Ihr Vater runzelte missbilligend die Stirn.
Mr Fielding hielt die Hand als Schild an seine Stirn und blickte über die Straße. „Tut mir leid, Sir. Ich habe keine Ahnung.“
Kaum hatte er das gesagt, tauchte über den Bäumen ein Flugzeug auf und flog über der Wiese direkt auf sie zu.
Bellas Kinnlade fiel nach unten und sie drückte die Hände auf ihr Herz. „Das ist ein Flugapparat!“
Sylvia klammerte sich überrascht an Bellas Arm.
„Bei Gott, tatsächlich!“ Ihr Vater warf einen Blick über die Schulter auf seine Familie und grinste breit. „Schaut euch das an! Das ist so ein Flugapparat, wie wir ihn in Frankreich gesehen haben!“
Bellas Mutter eilte an seine Seite. „Aber er sieht anders aus als Mr Wrights Flugapparat.“
Im letzten August war die Familie in der Nähe von Le Mans im Urlaub gewesen und hatte gehört, dass Wilbur Wright plante, seinen Wright Flyer auf einer Rennbahn unweit der Stadt vorzuführen. Zusammen mit anderen Flugbegeisterten hatten sie verfolgt, wie der amerikanische Flugzeugkonstrukteur seinen Flugapparat zum ersten Mal in Europa geflogen hatte. Sie hatten zusehen können, wie er problemlos vom Boden abgehoben und mit beeindruckender Präzision mehrere Runden über dem Gelände gedreht und das Flugzeug schließlich wieder sicher auf die Erde gebracht hatte. Dieses aufregende Erlebnis würden sie bestimmt nie vergessen.
„Wer ist dieser Pilot?“ Ihr Vater deutete über die Wiese. „Und warum fliegt er über Broadlands?“
Der Flügel des Flugapparats neigte sich auf eine Seite und der Pilot flog in einem Bogen wieder zu den Bäumen zurück.
„Das weiß ich nicht, Sir. Aber ich werde mich auf jeden Fall darum kümmern. Ohne Ihre Erlaubnis sollte er nicht über Broadlands fliegen.“
Bella wollte Mr Fielding widersprechen und ihm erklären, dass ihr Vater ein leidenschaftlicher Befürworter des Fliegens war, aber in diesem Moment begann der Motor des Flugapparates zu stottern und starb schließlich ab. Anschließend neigte sich das Flugzeug nach links und die Nase steuerte direkt auf die Erde zu. Bella hielt sich vor Schreck die Hand an den Mund.
Schließlich sank der Apparat in einer besorgniserregenden Geschwindigkeit nach unten und landete unsanft auf der Wiese....
Erscheint lt. Verlag | 17.1.2024 |
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Übersetzer | Silvia Lutz |
Verlagsort | Asslar |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Ärmelkanal • Bruchlandung • Emanzipation • England • Flugzeug • Luftfahrt |
ISBN-10 | 3-96122-619-9 / 3961226199 |
ISBN-13 | 978-3-96122-619-1 / 9783961226191 |
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Größe: 905 KB
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