Die Bibliothek der guten Taten (eBook)

Roman

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
448 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60640-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Bibliothek der guten Taten -  Cali Keys
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Vom Verlieren und Finden des Glücks Lucie liebt Worte und Menschen. Als ihr Leben durch einen Schicksalsschlag aus den Fugen gerät, verlässt sie Paris und zieht nach Saint-Malo ins Haus ihrer Großeltern. Es ist ein großes, altes Haus, das sie schon bald mit Leben, frischem Butterkuchen und neuen Mitbewohnern füllt: dem ewig mürrischen Witwer Léonard, der psychisch fragilen Buchhändlerin Vivianne und der jungen Ausreißerin Camille. Um ihnen allen zu helfen, gründet Lucie eine kleine Bibliothek, einen Ort des Glücks. Doch wird es ihr gelingen, auch ihre eigenen Dämonen zum Schweigen zu bringen? Der zauberhafte Wohlfühlroman aus Frankreich über ein Haus in der Bretagne, den Duft von Butterkuchen und die heilende Kraft von Büchern.

Cali Keys hat in Paris studiert und lebt nach einem Aufenthalt in Kalifornien jetzt in der Schweiz. Sie hat eine Vorliebe für Palmen, Glücksbärchis, Piña Colada und Geschichten, die zu Herzen gehen. 

Cali Keys hat in Paris studiert und lebt nach einem Aufenthalt in Kalifornien jetzt in der Schweiz. Sie hat eine Vorliebe für Palmen, Glücksbärchis, Piña Colada und Geschichten, die zu Herzen gehen. 

Kapitel 1


Der Aufbruch


»Wenn du nicht gehst, Lucie, gehen wir beide zugrunde.«

Mit diesen Worten hatte mich Lionel nach unserem Sonntagsbrunch, während wir mit Toast und Schinken hantierten, ganz unerwartet konfrontiert.

Seine traurigen Augen und der Schmerz, der in ihnen lag, hatten mir deutlich klargemacht, dass er es ernst meinte und recht hatte. Es war schon lange etwas zugrunde gegangen. Und zwar in mir. Seit eineinhalb Jahren. Während ich den Blick auf mein Rührei gerichtet hielt und mit meiner Gabel herumspielte, fand ich gerade noch den Mut, ihn zu fragen: »Und was bedeutet das für uns?«

»Es gibt schon eine ganze Weile kein uns mehr …«

Er war aufgestanden, hatte seinen Stuhl geräuschvoll zurückgeschoben und war mit leeren Händen in die Küche hinübergegangen. Die eigentliche Leere aber herrschte in mir. Mein Bauch, der zu nichts mehr nütze war. Diese Leere, die ich seit unserem Unglück ganz tief in meinem Innern spürte. Ich hatte meinen Koffer gepackt und am nächsten Morgen unsere Pariser Wohnung verlassen. Während ich zu einer Freundin unterwegs war, hallten die letzten Worte, die wir miteinander gewechselt hatten, in meinem Kopf nach wie ein falsches Echo.

»Ich liebe dich …«

»Ich liebe dich auch.«

Zum ersten Mal begriff ich, wie und vor allem warum zwei Menschen, die sich liebten, gezwungen waren, sich zu trennen – um weiterzumachen, um sich nicht zu verabscheuen, um nicht zusammenzubrechen.

Um nicht länger dem einen oder der anderen die Last der Schuld aufzubürden.

 

Als ich eine Woche später vor der Wohnungstür meiner Mutter ankomme, spielt sich ein ganz anderes Drama in meinem Kopf ab: War es eine gute Idee, sie in meinem Zustand aufzusuchen? Ich liebe meine Mutter sehr, aber … sie ist meine Mutter. Annick, vierundsiebzig Jahre alt, seit dem Tod meines Vaters vor gut zehn Jahren Witwe und nicht wirklich daran gewöhnt, mit einem anderen menschlichen Wesen zusammenzuleben. Und vor allem sehr begabt darin, mir eine Moralpredigt zu halten, ohne dass sie dies explizit tut.

Kaum habe ich an der Tür ihres Wohnblocks im zweiten Arrondissement geklingelt, bereue ich auch schon, hierhergekommen zu sein.

Alles, was ich in diesem Augenblick brauche, ist ein alkoholisches Getränk! Und zwar ein ordentliches! Und etwas zu rauchen. Auch wenn ich in normalen Zeiten gar nicht rauche. Die »De-facto-Trennung« von meinem Ehemann kann aber doch wohl als mildernder Umstand eingestuft werden. Ich will gerade kehrtmachen, da öffnet sich die Wohnungstür. Offensichtlich besitzt meine Mutter noch immer ein sehr gutes Gehör, und sie sieht mich mit besorgter Miene an, als sei ich verantwortlich für das Sterben der Seehundbabys.

»Mein Liebes! Ich freue mich, dich zu sehen. Wie geht es dir?«

»Oh, ein bisschen so, als sei ein Diplodocus, der drei Tyrannosaurier trägt, über mich hinweggestampft, aber abgesehen davon super. Ich freue mich auch, dich zu sehen, Mama.«

Und das stimmt tatsächlich, auch wenn ich mich beinahe wieder davongestohlen hätte. Meine Mutter ist mein Zufluchtsort, mein Leuchtturm bei stürmischer See, mein Fels in der Brandung. Es gibt keine krisenhafte Situation, derer sie nicht Herr wird. Ihr einziger Fehler? Sie mag nicht, dass ich trinke! Sie schließt mich in die Arme, und ich entspanne mich auf der Stelle.

»Komm herein! Möchtest du eine Tasse Tee?«

Was habe ich gesagt? Meine Welt ist zusammengebrochen, und sie bietet mir eine Tasse Tee an. Nachdem ihre Chihuahua-Hündin Chichi mich wiedererkannt hat, springt sie um mich herum, wedelt mit dem Schwanz und versucht, mir über die Finger zu lecken, während ich sie zur Begrüßung streichele. Um meiner Mutter einen Gefallen zu tun, ziehe ich meine Schuhe aus, damit ihr schöner weißer Teppich geschont wird, und hänge meine Jacke ordnungsgemäß an den Garderobenhaken im Flur, bevor ich mich umdrehe und sie frage: »Hast du nicht vielleicht etwas Stärkeres?«

»So etwas wie Kaffee?«

»Nein, ich dachte eher an so etwas wie Wodka oder Alkohol zum Desinfizieren, den ich auf ex trinken könnte, einfach um zu vergessen?«

»In der Bibliothek habe ich Portwein. Setz dich schon mal, ich komme gleich.«

Hurra! Ich nehme an, dass mein fahles Gesicht und meine Panda-Augen ihr hinreichend Aufschluss über meinen Zustand gegeben haben. Ich stelle meine Tasche im Gästezimmer ab, blicke mit Wehmut auf die Fotos von meinem Vater und meiner Hochzeit, dann gehe ich zu meiner Mutter ins Wohnzimmer zurück, wo das im Geschäft der Emmaus-Gemeinschaft erstandene orangefarbene Sofa steht, das ich bekanntermaßen verabscheue (was mir erstaunlicherweise niemand zugestehen will). Ein weißes Sofa und ein weiterer Sessel vervollständigen die Sitzecke. Meine Mutter entkorkt die Flasche und schenkt die braunrote Flüssigkeit in zwei kleine Kristallgläser, an denen sie besonders hängt, da sie von ihren Eltern stammen. Sie stöhnt, als sie bemerkt, dass ich einmal mehr das alte orangefarbene Möbelstück anstarre, und verzieht die Lippen zu einem Schmollmund.

»Hör auf, dieses Sofa anzustarren, als hätten gerade noch Gespenster darauf gesessen.«

»Mach mir nicht weis, dass du sie nicht siehst! Nicht einmal Chichi klettert jemals darauf!«

Sie runzelt die Stirn. Ich setze noch einen drauf und zeige mit dem Finger auf das besagte Möbelstück: »Schau da, genau da!«

Sie wirft mir einen entsetzten Blick zu, und jetzt mache ich den Sack zu: »Es ist ein Paar, Mama, zwei ganz alte Leutchen. Sie sind hier, bei uns und …«

»Hör auf, das ist nicht lustig.«

»Aber Mama, sieh das Ganze doch einmal positiv: Du bist nicht allein in dieser Wohnung! Ich bin sicher, dass ihr drei euch gut verstehen könntet!«

Ich lache los, während sie sich jetzt aber doch lieber zu mir auf das andere Sofa setzt. Sie versucht, ihre Bestürzung zu kaschieren, aber ich sehe, dass sie immer wieder einen skeptischen Blick zu dem Sitzmöbel hinüberwirft.

»Buh!«

Sie springt auf und wirft mir einen vorwurfsvollen Blick zu: »Jetzt reicht es aber mit deinen Kindereien, Lucie!«

Wir mustern uns einen Augenblick, mühsam unterdrücke ich die aufsteigenden Tränen, dann setze ich mich im Schneidersitz auf den mit dicken Kissen bestückten Sessel und greife nach dem Glas, das sie mir reicht, um es in einem Zug hinunterzustürzen. Unter ihrem besorgten Blick straffe ich meine Glieder.

»Jetzt mach nicht so ein Gesicht, Mama! Mir geht es nicht gut, da habe ich das Recht zu trinken.«

»Du solltest …«

»Mama! Lionel hat mich gebeten, unsere Wohnung zu verlassen. Ich bin krankgeschrieben seit … du weißt schon, seit wann, und ich schaffe es auch nicht, meinen Roman fertig zu schreiben. Ich bin eine jämmerliche Gestalt, zu nichts nütze. Man muss schon ehrlich mit sich sein. Und sich seinen klaren Verstand bewahren! Diese beiden Eigenschaften sind vielleicht das Einzige, das mir geblieben ist.«

»Nein, du bist außerdem hübsch.«

»Mama, das ist doch keine Eigenschaft! Und sexistisch ist es auch, eine Frau über ihr Aussehen zu definieren.«

»Bei euch jungen Leuten ist alles so kompliziert geworden. Jetzt darf ich nicht einmal mehr meiner Tochter sagen, dass sie die Hübscheste von allen ist. Wie dem auch sei, du gehst zu hart mit dir ins Gericht, mein Liebes.«

»Keineswegs, ich bin nur realistisch.«

»Du musst nur wieder etwas Ordnung in dein Leben bringen, du musst wieder Fuß fassen und dir die Zeit nehmen zu verarbeiten, was geschehen ist, um dann noch einmal unbeschwert ganz von vorn anzufangen.«

Ich habe gute Lust, sie zu fragen, wo ich diese Unbeschwertheit hernehmen soll, aber ich halte mich zurück.

»Du bist die Weisheit in Person, Mama. Das macht mir beinahe Angst.«

»Ich habe eine Idee.«

Ich sehe sie mit...

Erscheint lt. Verlag 3.5.2024
Übersetzer Monika Buchgeister
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Anleitung zum Glücklichsein • Belletristik Neuerscheinung 2024 • Bretagne • Bücher Geschenke Belletristik • Der Buchspazierer • Frankreich • Frauenroman • Freundschaft • Geschenbuch für Freundinnen • Geschenkbuch • Geschenkbuch für Frauen • Glück • Jenny Colgan • Liebe zu Büchern • Meer • Meike Werkmeister • Saint-Malo • Schicksal • Wohlfühlbuch • zweites Glück
ISBN-10 3-492-60640-7 / 3492606407
ISBN-13 978-3-492-60640-0 / 9783492606400
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