Das vergessene Verlies (eBook)

Einundzwanzig verhängnisvolle Tage
eBook Download: EPUB
2022 | 2. Auflage
338 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7568-0687-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das vergessene Verlies -  Manfred Klimanski
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Aus den Nullerjahren ist in Ostratal eines der von der CIA in aller Welt betriebenen Spezialgefängnisse erhalten geblieben. Mit richtigen Verhörspezialistinnen und -spezialisten und drei richtigen Terroristen oder, naja, wenigstens hinreichend Verdächtigen. Oder wenigstens einigermaßen Verdächtigen. Wie auch immer. Die Spezialisten, allesamt im Rentenalter und allesamt verdiente Agenten und Agentinnen diverser Geheimdienste, haben es sich in der Villa, die zu dem großzügigen, ruhigen und abgeschotteten "Gefängnis-Areal" gehört, gemütlich gemacht. Hier würden sie gerne ihren geruhsamen Lebensabend verbringen. Bis, ja, bis einer der "Insassen" verschwindet ... Erneut werden Peter Ringwald, Ex-Kriminalhauptkommissar, und seine Nachfolgerin Stefanie Herbstritt gefordert. In Ostratal, einer fiktiven, mittleren Großstadt irgendwo im Südwesten Deutschlands, am Ufer der recht langweiligen Ostra gelegen. Hineingezogen in ein diffuses Verwirrspiel einiger Geheimdienste. Und in das Niemandsland zwischen Rechtsstaat und Staatsrecht. Etwas geläufiger ausgedrückt: Staatsräson.

1947 in Rendsburg (Schleswig-Holstein) geboren, Vater von 3 Kindern, Großvater von 7 Enkeln, wohnhaft in der Nähe von Freiburg/Breisgau. Ex-Kanzler der Hochschule für Musik Freiburg, davor tätig an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart, Professor h.c. der Nationalen Musikakademie "A.W. Neschdanowa" Odessa. In jungen Jahren Tellerwäscher, Werbetexter, Gründer und Betreiber eines politisch-kulturellen Clubs in Stuttgart ...

1
Bartosz ‚Bartek‘ Dabrowski, der Pole


Das Anwesen der Stiftung lag im Stadtteil Weiler, einem ruhigen Villenvorort Ostratals, nach strengen Auflagen besiedelt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch wohlhabende Rentiers, die im ganzen damaligen Deutschen Reich angeworben wurden. Es bestand aus drei Gebäuden, im Zentrum des etwa sechzehn Ar umfassenden Grundstücks das imposante Haupthaus, zum Norden hin frontal eingegrenzt durch die Lerchenstraße. An der rechten Seitenfront zog sich mit gehörigem Abstand zur Nachbarvilla abschließend ein circa anderthalb Meter hoher lebender Zaun, blickdicht und undurchlässig, mit einem etwa in der Mitte befindlichen, als Querflügel zum Haupthaus stehenden, aber eigenständigen, eingeschossigen Wohngebäude mit hohem, spitz zulaufendem Ziegeldach. Die linke Seitenfront bestand aus einer mannshohen Ziegelmauer, in die etwa nach achtzig Metern eine massive ehemalige Scheune eingebunden war, deren Höhe fast die des Haupthauses erreichte. Nach Westen hin, leicht abfallend, begrenzte ein von Büschen gesäumtes, ruhig fließendes Flüsschen die Anlage. Mit dem Namen Schlechta ausgezeichnet, mündete es etwa sechs Kilometer weiter südwestlich in die Ostra. Auf der anderen Uferseite ein undurchdringliches Gewirr von Sträuchern, Bäumchen und sonstigem Bewuchs, anschließend freies Feld.

Alles in allem konnte die propere Liegenschaft mit Fug und Recht hochherrschaftlich genannt werden. Bebaut wurde sie im Jahre 1886 durch Karl-August Tugend, später geadelter von Tugend. Der hatte sein Vermögen im deutsch-französischen Krieg durch einen zuvor schon lukrativen Getreidehandel gemacht, für den er das Monopol als preußischer Hoflieferant nutzte, um die gesamtdeutschen Truppen zu versorgen. Ein mit allen Wassern gewaschener Kriegsgewinnler. Von Tugend setzte sich als reicher Mann zur Ruhe, zog mitsamt seiner zweiten Frau und seinen drei Kindern nach Ostratal und frönte hinfort einem müßigen Leben als Rentier. Von seinen Renditen lebend also. Zum Ende des zweiten Weltkriegs flüchtete der schäbige Rest der Familie bei Nacht und Nebel nach Südamerika. Und jeder seiner Nachbarn wusste auch, warum. Die amerikanische Besatzungsmacht musste nur noch auf das, rein rechtlich gesehen, nicht wirklich herrenlose Anwesen zugreifen, irgendwann die Sache mit dem Grundbuch von der deutschen Behörde in Ordnung bringen lassen und einziehen.

Das Grundstück war schon zu seiner Zeit als Villa der Familie Tugend nach allen Seiten ziemlich abgeschlossen. Sei es aus paranoiden Gründen, sei es, um den Reichtum zu verstecken. Andererseits gab bereits das Tor mit gemauertem, verziertem Rundbogen eine edle Visitenkarte ab. Rechts und links davon schlossen sich auf jeweils etwa zweihundertfünfzig Metern hohe, massive Mauern an.

Gesichert war die Zufahrt zu diesem im doppelten Sinne aus der Zeit gefallenen Komplex durch ein schweres, schmiedeeisernes, zweiflügeliges Portal mit einer rechts davon liegenden Pforte als Personeneingang. Ein Zugeständnis an die Moderne zeigte sich an der elektronischen Sicherung und Steuerung des Eingangsbereiches. Und an der Kamera, die hoch oben über alldem thronte und der Überwachung besagter Mauer zur Straße hin diente. Von dort nicht einsehbar, kontrollierten weitere Aufnahmegeräte die Ziegelmauer zum einen Nachbarn und den lebenden Zaun zum anderen. Ganz zu schweigen von der Kamera, die das Grundstück zum Schlechta-Ufer im Visier hatte. Diese elektronischen Kontrollgeräte waren allerdings entschieden dezenter angebracht als die über dem Tor.

Langsam brach der Mitte Juni noch lange hell bleibende, Abend an. Ein spindeldürrer Mann um die fünfundsiebzig Jahre, etwa 1,70 Meter groß/klein/wie auch immer, nachlässig gekleidet, mit spiegelglatter Glatze, kam federnden Schrittes vom Fluss. Dort hatte er nach dem am Nachmittag benutzten Picknickplatz geguckt, der an der einzigen Stelle ohne Buschwerk am diesseitigen Ufer lag. Zwei Bänke ohne Rückenteil, ein grob behauener Tisch und eine Grillstelle. Das war alles. Der Dürre blickte wachsam in Richtung Seitenbegrenzungen. Rein gewohnheitsmäßig, wie es schien. Er näherte sich der rückwärtigen Fassade des quer zu Flüsschen und Straße stehenden Hauptgebäudes, einem Schmuckstück mit zwei hohen Stockwerken und, unter dem ausladenden Walmdach, einem weiteren, zum dauerhaften Wohnen geeigneten Geschoss. Zeigte es zur Straße hin und an beiden Seiten sein malerisches, charaktervolles Fachwerk, war es hinten nur einfach verputzt. In der Mitte der Hausbreite von fast vierzig Metern stellte eine großzügige, zweiflügelige Tür mit verspielten Sprossenfenstern einen der drei Blickfänge der Rückfront dar. Die beiden anderen waren eine davorliegende, üppig bemessene Terrasse sowie die durchaus pompöse, sechs Meter breite Steintreppe aus geschliffenem Granit, die sich sanft die Hälfte des Weges in Richtung Schlechta schwang.

Dorthin wendete sich Bartosz Dabrowski, von seinen Bekannten gerne auch Bartek genannt, in Ostratal polizeilich gemeldet als polnischer Staatsbürger, um gemeinsam mit dem größeren Teil der Bewohnerinnen und Bewohner in etwa einer halben Stunde das Abendessen einzunehmen. Erst auf den letzten Stufen der Treppe könnte ein aufmerksamer Beobachter bemerken, dass Dabrowski sein rechtes Bein etwas nachzog. Wenn es denn einen Beobachter gäbe. Darauf angesprochen murmelte Dabrowski stets etwas ähnliches wie „eine alte Kriegsverletzung“. Ohne je darauf einzugehen, wann, wo, in welchem Krieg das geschehen war. Das stimmte zwar. Die Wirklichkeit war jedoch banaler. Seit Jahren kam jedoch eine mittlerweile chronische, leichte Arthrose hinzu, typische Alterserscheinung. Unmöglich für alte Haudegen wie ihn, dies einzugestehen.

Nach einem erneuten, prüfenden Blick über das weitläufige Gelände betrat er das Haus, ging in sein Zwei-Zimmer-Appartement im zweiten Stockwerk und wusch sich in seinem Bad Gesicht und Hände. Dann zog er sich zum Abendessen um. Nichts Aufregendes, Festliches. Aber eine Stoffhose, ein sauberes Hemd, frische Strümpfe, ordentliche Halbschuhe, ein einfaches, etwas abgetragenes Jackett. Ein kultivierter Pole eben. Der allerdings Russe war. Vladimir ‚Valodja‘ Kirenkov, ehemaliger KGB-Major, später übernommen vom russischen Geheimdienst „Federalnaja sluschba besopasnoski Rossijskoi Federazi“, oder einfacher „Föderaler Dienst für die Sicherheit der Russischen Föderation“ oder noch einfacher FSB, dem 1995 gegründeten Nachfolger des berüchtigten sowjetischen Vorgängers. Nach Einsätzen in den USA (kurz), Großbritannien (mittel), Pakistan (mittel), Tschetschenien (mittel), nach zehn Jahren Ost- und anschließend ab 1990 Gesamt-Berlin. Im Rahmen der Zusammenarbeit verschiedener Geheimdienste bereits seit Einrichtung des Ostrataler Zentrums im Jahre 2003 Teil der Belegschaft. 2014 zog sich der FSB aus dem konspirativen Projekt zurück. Kirenkov alias Dabrowski, damals 67 Jahre alt, jedoch einiges jünger wirkend, pfiff auf seine Rubelrente, griff sich seinen (fast) echten polnischen Ausweis, holte sein gebunkertes, kleines Vermögen aus dessen Dornröschenschlaf, meldete sich ordentlich als neu zugezogener Bürger mit einem Arbeitsvertrag der Forschungsstelle ZAVDA bei der Ortspolizeibehörde an und lebte sein neues Leben, das im Grunde das alte der vergangenen elf Jahre war.

Wie jeder gewiefte Agent im Feldeinsatz hatte er sich über die Zeiten verschiedene glaubhafte Identitäten zugelegt, mit oder ohne Wissen seines Dienstes. Als letzte eben Bartosz Dabrowski, der Pole. Und ohne Zweifel wusste diesmal der FSB nichts davon. Sein kleines Vermögen hatte er sich ebenso wie die Cleveren unter den Agenten aller Sicherheitsdienste durch Lug, Betrug, Korruption, List und Weiß-lieber-nicht-mehr-was redlich verdient. Naja, vielleicht war redlich nicht der richtige Begriff …

Dabrowski betrachtete sich nachdenklich im Spiegel. Es stimmte, was seine Kolleginnen und Kollegen in der Villa Tugend sagten, dachte er. „Ich sehe wirklich eher aus wie unter Siebzig und nicht wie Fünfundsiebzig.“ Er grinste sein Spiegelbild spöttisch an, dann ging er auf der wie immer an derselben Stelle knarrenden, altertümlichen Holztreppe ein Stockwerk tiefer. Dort traf er im Speisezimmer auf die restliche Belegschaft, die ihn bereits erwartete. Alle im Rentenalter zwischen achtundsechzig und achtundsiebzig Jahren. Dabrowski, so wollen wir ihn hinfort eine lange Weile nennen, war der älteste männliche Agent. Und alle waren ehemalige Spione wie er. Drei Damen, die eine von der US-amerikanischen CIA, die zweite vom deutschen BND und die dritte vom israelischen Mossad. Bekannte Namen, die keiner Erläuterung bedürfen. Der eine Herr am Tisch gehörte dem französischen Geheimdienst DGSE an, der „Direction Générale de la Securité Extérieur“, „Generaldirektion für die äußere Sicherheit“, mit der Abkürzung weniger bekannt als die CIA oder der BND. Der weitere war für den britischen SIS tätig, den „Secret Intelligence Service“, besser bekannt als MI 6. Im Gegensatz zu...

Erscheint lt. Verlag 11.11.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
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ISBN-10 3-7568-0687-1 / 3756806871
ISBN-13 978-3-7568-0687-4 / 9783756806874
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