Der Tote am Apple Tree Cottage (eBook)
348 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-2861-4 (ISBN)
Eine Heimkehr mit tödlichen Folgen
Eve Mallow genießt den ruhigen Rhythmus des Dorfes Saxford St. Peter, bis ein berühmter Besucher alle aufrüttelt. Ashton Foley ist zurück: damals ein jugendlicher Randalierer, heute ein Star-Innenarchitekt. Er ist böse und gefährlich, aber auch charmant - wie Eve selbst bezeugen kann -, und jedes Haus in Saxford öffnet ihm die Türen. Als er wenige Tage nach seiner Ankunft ermordet im Wald in der Nähe des Apple Tree Cottage aufgefunden wird, gibt es daher keinen Mangel an Verdächtigen. Ein eifersüchtiger Ehemann? Eine verschmähte Verehrerin? Oder hatte jemand aus seiner Vergangenheit noch eine Rechnung offen? Eve macht sich erneut auf die Suche nach dem Mörder ...
Clare Chase lebt in Cambridge. Neben dem Schreiben und Lesen liebt sie es, Zeit mit ihrer Familie zu verbringen, und zu kochen, und sie interessiert sich für Kunst und Architektur.
Clare Chase lebt in Cambridge. Neben dem Schreiben und Lesen liebt sie es, Zeit mit ihrer Familie zu verbringen, und zu kochen, und sie interessiert sich für Kunst und Architektur.
Kapitel 1
Vier Wochen zuvor
Eve Mallow betrat Monty’s Café mit den Erkerfenstern und den Blumengirlanden und freute sich auf ihre Schicht. Für ihre Freundin Viv zu arbeiten, die Inhaberin, passte perfekt zu ihrem eigentlichen Beruf. Als freie Nachruf-Autorin befragte sie die Lebenden, um die Geheimnisse der Toten zu ergründen, verbrachte indes auch Stunden mit der Recherche zu ihren Aufträgen. Menschen zu verstehen war von jeher ihr Ehrgeiz gewesen. Die regelmäßigen Schichten im Monty’s sorgten für ein verlässliches Grundeinkommen, und darüber hinaus war es eine gesellige Arbeit, die ihr noch dazu die Gelegenheit bot, Leute zu beobachten.
Es erstaunte sie nach wie vor, dass sie in einem Dorf in Suffolk gelandet war. Als Städterin, die in Seattle geboren und aufgewachsen war und dann als Studentin nach London zog, wo sie dreißig Jahre lang gelebt hatte, hätte sie gedacht, das Landleben wäre nichts für sie.
Ein Auftrag hatte sie im vergangenen Sommer nach Saxford St. Peter geführt und eines Besseren belehrt. Das Leben hier hatte eine Menge zu bieten. Man lernte Menschen richtig kennen. Und die Chance, sie wirklich zu verstehen, war reizvoll. Obendrein war Eves geliebter Rauhaardackel von dem Umzug begeistert gewesen. Ohne Leine über den Strand zu flitzen war doch sehr viel verlockender, als Tag für Tag dieselben Laternenpfähle in der Kilburn High Road zu beschnüffeln.
Viv bediente, als Eve ins Café kam. Nachdem sie ihre Jacke im Büro gleich neben der Küche aufgehängt hatte, ging Eve zu ihrer Freundin hinter den Tresen.
»Wie läuft es mit deiner toten Dichterin?«, fragte Viv.
»Faszinierend. Ich bin fast fertig, und es wird mir leidtun, sie hinter mir zu lassen. Anscheinend hat sie jeden Morgen eine Stunde lang nackt bei offenen Fenstern gesessen, um wieder eins mit der Welt zu werden.«
Viv schüttelte sich. »Da verlasse ich mich lieber auf eine Tasse Darjeeling, aber jedem das Seine.«
Eben waren zwei Frauen mittleren Alters gekommen und hatten sich an einen der Fenstertische gesetzt. Die Frühlingssonne fiel herein und brachte das narzissengelbe Tischtuch zum Leuchten, das zu Vivs Haarfarbe in dieser Saison passte. Der Tisch war bereits mit funkelndem Silber sowie einem mit lila Schleifen geschmückten Marmeladenglas gedeckt, in dem ein Strauß Christrosen stand.
Eve erkannte die Neuankömmlinge: eine Frau um die sechzig mit grau meliertem Haar. Sie war schon im Monty’s gewesen, und obwohl sie stets nett und höflich war, wirkte sie gemeinhin recht zugeknöpft, als hätte das Leben einen hohen Preis von ihr gefordert und als versuchte sie, sich mit einem Panzer gegen weiteren Kummer zu schützen.
Heute war es anders. Lächelnd zog sie den Mantel aus, hängte ihn über die Stuhllehne und entspannte sich – die Schultern gesenkt und die Brust vorgestreckt, als holte sie tief Luft. Eve musste an eine Blume denken, die ihre Blüte zur Sonne hin öffnete. Gleich darauf sagte ihre Begleiterin etwas, woraufhin sie sich vorneigte und strahlend und munter antwortete.
»Das ist Betty Foley«, flüsterte Viv, die Eves Blick gefolgt war. »Sie wohnt im Apple Tree Cottage, unten im Wald. Wie schön, sie so glücklich zu sehen! Ich frage mich, was los ist.« Einen Moment später wich ihre nachdenkliche Miene blanker Panik. »Oh nein … die Scones!« Sie verschwand in der Küche.
Eve ging, um die Bestellung von Mrs. Foley aufzunehmen. Und die gönnte sich heute richtig etwas, wobei die Auswahl im Monty’s ohnehin schon sehr nach Verwöhnprogramm klang. Wenig später trug Eve eine Sammlung von geschmackvoll gemischtem Geschirr zu ihrem Tisch. Es war das Markenzeichen des Cafés, genau wie die bunten Tischdecken und die je nach Jahreszeit gewählten Wildblumen. Als sie sich den beiden Frauen näherte, konnte Eve einiges von ihrer Unterhaltung aufschnappen.
»Dann bleibt Ashton diesmal länger hier?«, fragte die Freundin Mrs. Foley und lehnte sich zurück, damit Eve das Geschirr abstellen konnte.
Betty Foley nickte. Ihre Augen leuchteten. »Ja, genau. Vier oder fünf Wochen mindestens, hat er gesagt. Die Arbeit ist ziemlich kompliziert – eine Menge Planen und Entwerfen, und dann kommt das eigentliche ›Ansiedeln‹ der Pflanzen. So hat er es genannt.«
»Ich kann kaum glauben, dass er für einen Popstar arbeitet! Andererseits schätze ich mal, dass er dieser Tage selbst eine Berühmtheit ist.«
Betty wurde rot, während Eve die Gedecke hinstellte. »Ja, das stimmt, ist er wirklich. Die Firma ist jetzt enorm erfolgreich, und sie haben für Schauspieler, Models und sogar schon entfernte Mitglieder der königlichen Familie gearbeitet.«
»Wow!«, sagte die Freundin mit einem bewundernden Seufzer.
Eve zog sich zurück, um die Etagere zu holen, die mit winzigen Gurken-Sandwiches, Blondies mit Aprikosen und weißer Schokolade, Schokotrüffel-Cupcakes und Zitronen-Shortbread beladen war. Als sie wieder an den Tisch kam, ging es immer noch um diesen Ashton.
»Die Leute scheinen mehr Pflanzen in ihrem Zuhause sehr wohltuend zu finden«, bemerkte Betty. »Und wir reden hier nicht von den Topfpflanzen, wie wir sie zu Hause haben. Ashtons Firma stellt Bäume auf und arrangiert Rankgewächse.« Sie machte eine kurze Pause, ehe sie rasch ergänzte: »Jeder, der etwas auf sich hält, bucht ihn. Sie haben eine Warteliste von über einem Jahr!«
Ihre Freundin machte große Augen, als sie die Etagere sah. »Du meine Güte, was für ein Schmaus!« Sie lächelte Eve zu und wandte sich wieder an Betty. »Aber ich verstehe, warum du feiern möchtest. Du musst so stolz sein.«
»Bin ich.« Abermals wurde Betty rot. »Und ich kann es noch gar nicht richtig fassen. Mir kommt es wie gestern vor, dass er in der Schule war.« Nur eine Sekunde lang schien ein Schatten über ihre Züge zu huschen, dann strahlte sie wieder.
Ashton musste ihr Sohn sein. Eve erkannte, dass Betty praktisch vor Freude platzte, es ihr allerdings auch widerstrebte zu prahlen. Offensichtlich machte es sie ein wenig verlegen, ihr Glück mit anderen zu teilen. Und für einen Moment war Eve geradezu gerührt von dieser Frau. Sie kannte dieses Gefühl der Freude: Wenn ihre eigenen Zwillinge gute Neuigkeiten hatten, schwebte sie auch über den Dingen und war mächtig stolz.
»Kein Wunder, dass er nicht oft nach Hause kommen kann«, erwiderte die Freundin. »Er muss unglaublich viel zu tun haben.«
Kurz bevor Eve sich wieder umdrehte, um in die Küche zu gehen, bemerkte sie ein winziges Aufflackern von Kummer in Bettys Augen, das aber gleich wieder verschwand. »Ja, stimmt, er hat überhaupt nie Zeit, der Arme. Es wird so schön sein, ihn endlich mal für eine Weile hierzuhaben.«
Eve holte zwei Kannen Assam-Tee. Als sie die, zusammen mit Milch und Zucker, zum Tisch brachte, sprach gerade Bettys Freundin.
»… sehr teuer, nehme ich an?«
»Oh ja«, antwortete Betty. »Nichts für Leute wie uns!« Sie kicherte kopfschüttelnd.
»Tja, sag mir bitte Bescheid, wenn er da ist. Ich möchte ihn kennenlernen!«, erklärte die Freundin.
Betty nickte und errötete noch mehr, als sie die Hände an ihre Brust hielt. »Das mache ich.«
Wenig später stand Eve mit Viv hinter dem Tresen. »Waren die Scones okay?«
»Perfekt.« Viv hielt nichts von falscher Bescheidenheit, was Eve gefiel. »Und, was hat Betty für Neuigkeiten?«, wollte sie leise wissen.
»Wie es sich anhört, kommt ihr Sohn zurück nach Saxford, weil er einen Auftrag von Billy Tozer hat.« Selbstverständlich gab es nur einen einzigen Popstar im Dorf. Der Rapper war in ein von einem Architekten entworfenes Luxushaus nahe dem Strand gezogen.
»Mrs. Foley kann es nicht erwarten, ihn zu sehen, so viel steht fest. Sie ist nett, nicht wahr?«
Viv nickte und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Miene verfinsterte sich. »Sie ist ein Schatz.«
»Und was soll der grimmige Blick?«
Viv schaute zu Betty Foley und anschließend auf ihre Uhr. »Wie wäre es mit einem Glas Wein, wenn wir fertig sind? Dann kläre ich dich auf.«
Bis Eve und Viv die letzten Kunden im Monty’s verabschiedet hatten, die Tische für den morgigen Tag vorbereitet und die Küche geputzt hatten, war es spät genug für einen Drink vor dem Abendessen.
Die Sonne stand tief am Himmel, und der Wind hatte aufgefrischt. »Was hältst du von einem Glas Roten, um die Kälte zu vertreiben?«, fragte Eve. »Ich habe eine Flasche Cabernet Sauvignon zu Hause in Elizabeths Cottage.«
»Hervorragend«, antwortete Viv.
Sie gingen um den Dorfanger herum zu Eves Straße, der Haunted Lane. Vorn an der Abbiegung stand eine majestätische Eiche, deren Stamm komplett von Efeu berankt war, und auf der anderen Straßenseite wuchs eine dichte Weißdornhecke. Neben Eves Cottage gab es hier nur noch ein anderes. Dahinter ging die winzige Straße in einen Pfad über, der gen Marschland und Flussmündung führte. Über Viv und Eve segelte ein großer weißer Reiher hinweg.
Die üppige Natur um ihr neues Zuhause herum raubte Eve immer noch den Atem, und sich ihr so nahe zu fühlen erdete sie. Dabei hatte die Haunted Lane eine turbulente Geschichte.
Elizabeth, die Heldin des Dorfes, hatte in den 1720er-Jahren in Eves Cottage gelebt. Dort hatte sie einen jungen Diener aus der Gegend versteckt gehalten, um ihn vor dem Galgen zu retten, nachdem er für seine hungernden Geschwister einen Laib Brot gestohlen hatte. Am Ende war er entkommen, doch es war knapp gewesen. Und die Straße hieß so, weil man...
Erscheint lt. Verlag | 25.11.2022 |
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Reihe/Serie | Suffolk-Krimi | Suffolk-Krimi |
Übersetzer | Sabine Schilasky |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Mystery at Apple Tree Cottage |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Agatha Christie • agatha raisin • Amateurdetektivin • Ann Grange • Cosy Crime • Cottage • Dorf • England • Englisch • Eve Mallow • Großbritannen • Häkelkrimi • jessica campbell • Krimis • Landhauskrimi • M. C. Beaton • Miss Marple • Mitchell und Markby • Mord in bester Tradition • Musiker • Suffolk • Wohlfühlkrimi |
ISBN-10 | 3-7517-2861-9 / 3751728619 |
ISBN-13 | 978-3-7517-2861-4 / 9783751728614 |
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