Mord auf der Leuchtturminsel (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
352 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-7499-0413-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mord auf der Leuchtturminsel - Anna Ihrén
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Die Patentochter des amerikanischen Präsidenten - ermordet auf der Leuchtturminsel

Auf Smögen hat der Herbst Einzug gehalten. Karl Ström, der als Fallanalytiker bei der Kriminalpolizei arbeitet, entdeckt eine weibliche Leiche auf der kleinen Insel Hållö. Die Identität der Toten ist besonders brisant - es handelt sich um Tricia Andersen, die Tochter des amerikanischen Botschafters und Patentochter des amerikanischen Präsidenten, die an einem Kunstkurs hätte teilnehmen sollen. Dennis Wilhelmson und Sandra Haraldsson von der Polizei Kungshamn beginnen zu ermitteln und stehen unter Druck, da sich der Präsident selbst einschaltet. Ins Fadenkreuz der Ermittlungen gerät ausgerechnet Karl Ström. Was hat er zu verbergen, und warum hat gerade er die Polizei zu der Leiche geführt?



<p>Anna Ihrén wurde in Stockholm geboren und hat sich bereits als Kind in Schwedens zerklüftete Westküste verliebt. Als sie mit ihren Eltern nach Göteburg umzog, war sie fasziniert von den Abenteuergeschichten der Seefahrer, und ihr Wunsch, selbst Geschichten zu schreiben, nahm Gestalt an. Zu Beginn ihrer Schriftstellerkarriere verkaufte sie ihre Bücher noch selbst bei Fischauktionen, am Kai von Smögen und überall dort, wo Menschen ihren Urlaub verbrachten. Mittlerweile ist sie Bestsellerautorin in Schweden, und ihre Serie um Dennis Wilhelmsson erfreut sich großer Beliebtheit.</p>

1

Die Hållöfähre glitt am Smögen-Kai entlang aus dem Hafenbecken. Die Hand am Navigationspanel, musterte Kapitän Bertil die drei Frauen, die vorne im Bug saßen und sich gegenseitig mit ihren Handys fotografierten.

»Ich bin so froh, dass es geklappt hat«, hörte er Katrin jubeln. Bertil wusste, wer sie war. Ihr Vater saß im Vorstand des Hållöer Leuchtturmvereins. »Ich dachte schon, wir finden nie ein gemeinsames freies Wochenende.«

»Jetzt hat es ja geklappt.« Pia zupfte ihre Frisur zurecht, die der Seewind jedoch augenblicklich wieder zerzauste.

»Machst du ein Foto von mir?« Annelie drückte Pia ihr Handy in die Hand.

»Guck doch nicht wie sieben Tage Regenwetter!«, forderte Pia sie auf. »Leg den Kopf zur Seite und lächele mal. Ja, genau so. Wir wollen doch zu keiner Beerdigung.«

Annelie gab sich alle Mühe zu lachen, aber man sah ihr an, dass ihr die Scheidung zu schaffen machte. Ihr Mann Anders und sie lebten seit einem Jahr getrennt.

Routiniert navigierte Bertil zwischen Untiefen und Sandbänken hindurch. Wenn der Sund glatt wie ein Spiegel dalag, waren die Gefahren, die vor Smögen unter der Wasseroberfläche lauerten, leicht auszumachen, doch bei starkem Seegang waren sie – zumindest für ein ungeübtes Auge – schwer zu entdecken. Bertil liebte es, Smögen und kurz darauf Kungshamn vom Wasser aus zu betrachten. An diesem Anblick würde er sich niemals sattsehen. Schon als kleiner Dreikäsehoch war er in den Sommermonaten von morgens bis abends auf der Fähre zwischen Hållö und Smögen hin- und hergefahren. Zuerst an der Seite seines Vaters, dann hatte er selbst das Steuer übernommen. Den Rest des Jahres beförderte er gebuchte Reisegruppen wie dieses Trio. Auch Ende Oktober kamen noch Touristen nach Hållö und quartierten sich ein, zwei Nächte in der Jugendherberge »Utpost« ein. Dies war seine vorletzte Tour für heute. Dann wartete seine Frau zu Hause mit dem Essen auf ihn. Freitags kaufte sie immer Köstlichkeiten aus Göstas Fischtheke, allein beim Gedanken daran stieg Bertil der aromatische Duft von frischen Hummerschwänzen in die Nase. Dieses Freundinnengespann würde er in zwei Tagen wieder abholen. Insgeheim fragte er sich, ob sie sich wohl so lange vertragen würden. Gestern hatte er ein Künstlerehepaar nach Hållö gebracht, das dort einen Wochenendmalkurs ausrichtete. Doch in Anbetracht des Alkoholvorrats, den er in dem Gepäck der drei vermutete, konnte daraus durchaus ein feuchtfröhliches Gelage werden. Er hatte ihre modischen Reisetaschen der Reihe nach an Bord gehievt, und wenn das Klirren nicht von Saftflaschen gekommen war, musste man nicht bis zwei zählen, um auszurechnen, dass das beträchtliche Gewicht von Spirituosen herrührte.

»Wann kommt Trish?«, fragte Annelie in diesem Moment.

»Sie ist bestimmt schon da. Die Luxusjacht von ihrem Daddy ist schließlich kein tuckernder Schärendampfer«, antwortete Katrin.

»Kann sie eigentlich nie wie wir Normalsterbliche reisen?«, fragte Pia.

»Du meinst, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln?«, erwiderte Katrin. Die drei prusteten im Chor los, und mit einem Mal schien das Eis zwischen ihnen gebrochen zu sein. Zwei Tage lang würden sie ihre Alltagssorgen vergessen, Beruf und Verpflichtungen hinter sich lassen, ausschlafen, gemeinsam lachen und bei einem Glas Wein die Seele baumeln lassen, davon war Bertil überzeugt. Sobald diese Trish zu ihnen stieße, wäre ihr Quartett komplett.

Wenn sich die herbstliche Dunkelheit auf Sotenäs herabsenkte, kam es Dennis manchmal so vor, als wäre das Tageslicht nur eine flüchtige Flause des Sommers gewesen. Im künstlichen Leuchtstoffröhrenlicht des Kungshamner Polizeireviers machte er sich selten Gedanken darüber, aber Dunkelheit und Helligkeit waren entscheidende Stimmungsfaktoren. Der Tageslichtmangel schlug ihnen allen aufs Gemüt. Er hoffte, dass das gemeinsame Afterwork heute Abend Sandras Laune wieder ein wenig hob.

»Was für ein beschissener Sturm da draußen«, murrte die wie aufs Stichwort und zog ihre Strickjacke enger um sich.

»Du fluchst wie ein Kesselflicker«, sagte Dennis.

»Woher stammt diese Redensart eigentlich?«

Dennis antwortete nicht.

Sie saßen in Göstas Fischbistro an einem Fenstertisch. Es regnete, und der Wind peitschte heftige Böen gegen die Scheiben.

»Bald ist schon November«, seufzte er.

»Für dich wohl eher Movember«, erwiderte Sandra. »Lässt du dir dieses Jahr wieder einen Oberlippenbart stehen? Mit Schnauzer siehst du aus wie eine Schießbudenfigur.«

»Es gibt Frauen, die das mögen«, verteidigte sich Dennis. »Nimmst du Fish und Chips?«

»Ja, wie immer.«

»Wein oder Bier?«

»Ein Glas Weißwein.«

»Bist du sauer?«

»Nein.«

»Warum bist du dann so kratzbürstig?«

»Ich bin nicht kratzbürstig, sondern einfach nur müde.« Sandra gähnte gekünstelt.

»Müde?«

»Mmh.«

Dennis gab ihre Bestellung bei einem Kellner auf. »Ist was nicht in Ordnung?«, fragte er dann.

»Nein, aber im Augenblick liegt in Kungshamn mal wieder der Hund begraben. Ich hatte so auf diese Stelle in Göteborg gehofft.«

»Du kriegst eine neue Chance, ganz bestimmt. Camilla Stålberg liebt dich, das ist glasklar. Vielleicht weil du so zuckersüß und zum Anknabbern bist.«

»Hör auf.«

»Hör du auf, dich wie eine Kratzbürste zu benehmen!«

»Ich frage mich nur, wie ich es bis Weihnachten mit dir und Stig im Revier aushalten soll.«

»Jetzt werd nicht auch noch boshaft.«

»Zum Glück habe ich ja noch Helene«, sagte Sandra.

Bevor Dennis etwas erwidern konnte, brachte der Kellner ihre Bestellung. Nach ein paar Bissen vom knusprig ummantelten Backfisch mit hausgemachter Mayonnaise und einigen Schlucken Weißwein hellte sich Sandras Miene auf.

»Tut mir leid. Wenn mein Blutzucker …«

»Jaja, davon kann ich ein Lied singen. Schön, dass er sich wieder eingependelt hat. Gutes Essen bewirkt wahre Wunder. Eigentlich ist es ziemlich einfach, dich glücklich zu machen.«

»Sei dir da nicht so sicher.«

»Bei dir bin ich mir nie sicher.« Dennis’ Handy summte. Eine SMS von seiner Schwester, die ihn daran erinnerte, dass er versprochen hatte, die Kinder zu hüten, während sie zu ihrem Yoga-Kurs ging. Dennis hielt die Luft an. Das hatte er total verschwitzt, und offen gestanden hatte er ein bisschen Bammel davor, allein auf Theo und Anna aufzupassen. Er würde Sandra bitten, ihm ein bisschen unter die Arme zu greifen. Wenn sie mitkäme, könnten sie anschließend weiter zum Erzählabend auf Hampholmen, zu dem er sie eingeladen hatte.

»Ist es okay, wenn wir vor dem Erzählabend noch bei meinem Schwesterherz vorbeischauen und ein Stündchen auf Theo und Anna aufpassen?«, fragte er.

»Nichts lieber als das«, erwiderte Sandra, schickte ihrem sarkastischen Tonfall aber rasch ein Augenzwinkern hinterher.

Dennis seufzte innerlich. Manchmal raubte Sandra ihm den letzten Nerv. Aber trotz allem machte mit ihr zusammen die Arbeit mehr Spaß. Das bildete er sich jedenfalls ein.

Auf Hållö war der Wind deutlich stärker. Erleichtert registrierte Katrin die mollige Wärme, die ihr entgegenschlug, als sie die Eingangstür der Jugendherberge aufzog. Als Küstenkind war sie an raue Seestürme gewöhnt. Auch Kälte machte ihr nichts aus. Für sie gab es kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung. Sie packte sich dick ein und genoss die plötzlichen Wetterumschwünge, die Leute, die nicht von der Küste stammten, buchstäblich aus heiterem Himmel überraschten. Ihre Freundinnen waren nicht so abgehärtet wie sie. Annelie hatte schon auf der Fähre wie Espenlaub gezittert.

»Ich kriege das Zimmer neben der Küche«, verkündete Pia. Als passionierte Köchin ließ sie es sich auch diesmal nicht nehmen, für ihr leibliches Wohl zu sorgen. Doch sobald das Essen fertig war, würde sie brüllen wie eine zornige Bärin, wenn sie nicht augenblicklich anträten, um den Tisch zu decken und sich um selbigen zu versammeln.

»Wann wollen wir essen?«, fragte Katrin. »Können wir vorher noch einen Spaziergang machen?«

»Geht ruhig«, sagte Pia. »Ich bereite alles vor. Sollen wir sechs Uhr sagen? Bis dahin beehrt uns Trish vielleicht auch mit ihrer Anwesenheit.«

Katrin und Annelie brachten ihre Taschen auf ihre Zimmer, rüsteten sich mit Mützen und Schals aus, dann gingen sie in die raue und erfrischend salzige Seeluft hinaus. Draußen begann es zu dämmern, und Hållös Wahrzeichen und ganzer Stolz – der rot-weiße Leuchtturm, dessen Signalfeuer Schiffe seit 1842 sicher durch das trügerische Fahrwasser der Göteborger Schären lotste – war lediglich als Silhouette zu erkennen.

Unter der Wolkenbank, die wie eine schwere Decke über ihnen hing, glühte ein roter Feuerball. Wie aus dem Nichts war die untergehende Sonne am Horizont aufgetaucht.

»Wunderschön.« Annelie blieb verzückt stehen.

»Möchtest du das Marmorbecken sehen? Diese wunderschöne Badebucht?« Katrin kannte jeden Stein auf der Insel. Ihr Vater saß im Vorstand des Hållöer Leuchtturmvereins, von ihm hatte sie auch den Tipp mit dem Malkurs bekommen. Die Merlins, das Künstlerehepaar, das den Kurs ausrichtete, war ihnen allen auf Anhieb sympathisch gewesen. Keiner von ihnen hegte Ambitionen, der nächste weibliche Picasso zu werden, aber der Gedanke, etwas Neues auszuprobieren und den Tag anschließend gemeinsam bei gutem Essen und einem Glas Wein ausklingen...

Erscheint lt. Verlag 26.4.2022
Reihe/Serie Ein Fall für Dennis Wilhelmson
Ein Fall für Dennis Wilhelmson
Übersetzer Ulla Ackermann
Sprache deutsch
Original-Titel Fyrmästaren
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Affäre • bücher krimi • Camilla Läckberg • Dennis Wilhelmson • Dennis Wilhelmson 4 • Ein Toter auf Smögen • Enttäuschung • Ermittler • Flucht in die Schären • Geheimnis • Herbst • Insel • Krimi • krimi buch • Krimi Roman • Krimi Schweden • krimi thriller bücher • krimi und thriller • Küste • Leuchtturm • Liebe • Mord • Mord in den Schären • Schweden • Schweden Krimi • schweden krimi buch • Schwedenkrimis • schweden krimi serie • schweden westküste • Tod • Tod eines Eisfischers • Urlaub • Urlaubskrimi • Urlaubsparadies • Verrat • Viveca Sten • Weißes Haus
ISBN-10 3-7499-0413-8 / 3749904138
ISBN-13 978-3-7499-0413-6 / 9783749904136
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