Meer Liebe im Herzen (eBook)
400 Seiten
Blanvalet Taschenbuch Verlag
978-3-641-26138-2 (ISBN)
Marlie schlägt sich in Hamburg mit Aushilfsjobs durch, während sie vergeblich darauf wartet, dass sich ihr Traum von der Schauspielschule erfüllt. Doch dann erhält sie überraschend einen Anruf. Ihre Mutter hat sich verletzt und benötigt Hilfe. Marlie hat keine große Lust, in ihr verschlafenes Heimatdorf an der Nordseeküste zurückzukehren, schließlich ist sie fortgegangen, um Großes zu erreichen. Aber das Konto ist leer, der Vermieter ungehalten - da ist die Aussicht auf ein wenig Seeluft und Meeresrauschen gar nicht mal so übel. Nur für ein oder zwei Wochen. Und es muss ja nicht das ganze Dorf davon erfahren, dass sie ihre Mutter besucht. Vor allem einer nicht: Jugendliebe Finn.
Leider läuft für Marlie alles anders als geplant, und es ist nicht nur die unerwartete Begegnung mit einem Alpaka, die ihr Herz aus dem Takt bringt ...
So frisch, hinreißend und erheiternd wie eine Meeresbrise - nach dem SPIEGEL-Bestseller »Meer Momente wie dieser« endlich der neue Sommerroman von Svenja Lassen!
Svenja Lassen lebt mit ihrem Mann und dem gemeinsamen Sohn im schönen Schleswig-Holstein, dem Land zwischen Nord- und Ostsee. Am glücklichsten ist sie mit einer Brise Seeluft im Haar und Strandsand unter den Füßen. Ihre Leidenschaft für Bücher entdeckte sie bereits als Kind, seit 2016 kam aber auch die Liebe für das Schreiben eigener Geschichten hinzu. Inzwischen begeistert sie mit ihren romantischen und humorvollen Wohlfühlromanen zahlreiche Leserinnen und Leser und stürmt mit ihren Büchern die Kindle- und die SPIEGEL-Bestsellerlisten.
Kapitel 1
Ich versuchte, durch die kleinen Sehschlitze etwas zu erkennen. Der Schweiß lief mir in Rinnsalen an den Schläfen hinab, und mein Top klebte wie ein feuchter Wickel an meiner Haut. Bei dem Gedanken daran, wie viele Leute schon vor mir ihren Schweiß hier drin vergossen hatten, wurde mir übel.
»Biene Maja, Biene Maja!«, rief ein kleines Mädchen aus der Zuschauermenge. In der Vermutung, dass sie direkt vor mir hinter der Absperrung stand und ich sie wegen des dicken geringelten Bauchs nicht sehen konnte, wackelte ich mit meinen Händen und dem Kopf und hoffte, es sähe aus, als freute Biene Maja sich über ihren kleinen Fan. Allein diese Anstrengung ließ mich Sterne sehen. Ich war mir sicher, in meinem Kostüm herrschten an die 50 Grad. Es musste doch ein Gesetz zur Arbeitssicherheit geben, das so etwas verbot! Vor allem für diesen miserablen Stundenlohn. Und warum musste unbedingt heute einer der wenigen Tage sein, an denen die Temperatur in Hamburg über fünfunddreißig Grad kletterte? Es war Anfang Juli und somit der Hochsommer eingeläutet, dennoch ließen sich derart heiße Tage in der Hansestadt jedes Jahr an zwei Händen abzählen. Aber ausgerechnet heute musste Hamburg einen Hitzerekord anstreben. Hätte ich nicht in diesem Kostüm gesteckt, hätte ich mich wahrscheinlich sogar darüber gefreut, wie die vielen Menschen, die an diesem späten Samstagnachmittag auf den Straßen unterwegs waren. Schon als ich herkam, waren die Terrassen der Cafés gut gefüllt gewesen. Rund um und auf der Alster hatten sich gut gelaunte Hamburger und Touristen getummelt, die die Temperaturen entweder mit einem Eis in der Hand genossen, am Ufer der Alster die Füße über dem Wasser baumeln ließen oder auf Stand-up-Paddle-Boards ihre Kreise zogen.
In diesem Augenblick sehnte ich mich nach meinem Zuhause. Nicht nach der kleinen Dachgeschosswohnung hier in Hamburg, sondern nach dem Ort, wo ich aufgewachsen war, dem kleinen Küstenort Fahretoft an der Nordsee, direkt hinterm Deich in Nordfriesland, wo immer eine Brise vom Meer herüberwehte. Entschieden schüttelte ich jedoch diesen Anflug von Heimweh ab und konzentrierte mich wieder darauf, den Zuschauerinnen und Zuschauern zuzuwinken, die zu der Premiere des Kinofilms rund um Biene Maja und ihre Freunde gekommen waren.
Das Blöde war, ich konnte nicht auf die Uhr sehen und hatte mittlerweile jegliches Zeitgefühl verloren. Es kam mir vor, als steckte ich seit Stunden in der Kostüm-Sauna, aber womöglich war noch nicht einmal eine Stunde vergangen. Zwar waren mittlerweile fast alle Schauspielerinnen und Schauspieler, die den Figuren in dem Animationsfilm ihre Stimmen geliehen hatten, an mir vorbeigelaufen, aber der Star – Rick Meierhof – fehlte noch. Ich konnte nur hoffen, dass er bald auftauchte. Am besten, bevor ich gänzlich geschmolzen war.
Neben mir tanzten Willi und Flip, auch ihre Bewegungen hatten am Anfang noch frischer gewirkt, soweit ich das durch die Sehschlitze, die im Mund meines Kostüms angebracht waren, erkennen konnte.
Da wurde der Jubel plötzlich lauter, was nur bedeuten konnte, der gefeierte Newcomer Rick Meierhof war eingetroffen. Rick-Schreie aus den Kehlen kreischender Teenies bestätigten das kurz darauf. Rick hatte zwar in dem Biene-Maja-Streifen lediglich Knut, den Mistkäfer, synchronisiert, eine der kleineren Nebenfiguren, doch das hatte ausgereicht, um den Altersdurchschnitt der Zaungäste vor dem Kino von sechs auf sechzehn anzuheben. Neben diesem für seine Verhältnisse eher unwichtigen Job als Synchronsprecher hatte er in den vergangenen zwölf Monaten nämlich gleich in zwei Kinofilmen die Hauptrolle gespielt, und beide waren zu Kassenschlagern geworden.
Ich erhaschte einen Blick auf ihn. Er sah verdammt gut aus, mit seinem längeren, blonden Haar, das er lässig nach hinten gestylt trug. Dazu kombinierte er zerschlissene Jeans, eine schwarze Lederjacke und schwere Biker-Boots. Wer zog denn bei fünfunddreißig Grad freiwillig eine Lederjacke an?, schoss es mir durch den Kopf. Diesen Gedanken schüttelte ich aber schleunigst wieder ab, weil er mich noch mehr schwitzen ließ.
Die Menschentraube, die sich vor der Absperrung drängte, bejubelte ihn in einer ohrenbetäubenden Lautstärke. Rick war der Beweis dafür, dass es möglich war, innerhalb kürzester Zeit all das zu erreichen, wovon ich seit Jahren träumte.
Auf einmal lief er auf mich – oder besser gesagt auf Maja – zu. Er zog die geringelte Mitte der Biene dicht an seinen Körper, und ich winkte eifrig mit dem freien Arm, um Majas (und meine) Freude zum Ausdruck zu bringen. Eine Wolke von Ricks Parfum schaffte es bis ins Innere meines Kostüms, und zusammen mit den Temperaturen, die jedem Dampfgarer Konkurrenz machten, benebelte sie meine Sinne, und mir wurde für ein paar Sekunden schwummrig. Ich musste mich auf Ricks Schulter abstützen, weil ich aus dem Gleichgewicht geriet und drohte, wie ein gefällter Baum der Länge nach auf dem roten Teppich zu landen. Aber Rick – ganz Profi und Gentleman – sorgte dafür, dass mir diese Blamage erspart blieb.
Erst als er sich sicher war, dass ich nicht auf meinem Stachel plumpsen würde, ließ er mich wieder los und joggte winkend hinein in die Eingangshalle des Cinemaxx-Kinos, in dem die heutige Premiere für ein ausgewähltes Publikum stattfand. Sofort nachdem sich die Türen hinter Rick geschlossen hatten, dünnte sich die Fan-Menge aus, kaum einer von denen war wirklich wegen Biene Maja hier. Meine Laune erreichte einen neuen Tiefpunkt, und plötzlich wurmte es mich, dass Rick binnen kürzester Zeit zum gefragten Jungschauspieler aufgestiegen war, während ich daran zu knabbern hatte, bereits vier Mal dabei versagt zu haben, einen der begehrten Plätze an der staatlichen Schauspielschule zu ergattern. Stattdessen steckte ich für 9,50 Euro die Stunde in einem stickigen und stinkenden Biene-Maja-Kostüm. Aus Frust drehte ich meinen ausladenden Bienenpopo in die Richtung des schwindenden Publikums und wackelte damit. Aber niemand achtete mehr auf den eigentlichen Hauptdarsteller des Films – die Biene. Seufzend hörte ich auf, das Hinterteil der Biene zu schwingen, um mir meine letzten Kraftreserven aufzusparen. Während der restlichen Minuten, bis alle Besucher verschwunden waren und Ruhe einkehrte, mimte ich nur noch halbherzig die gut gelaunte Trickfilm-Figur.
»So, ihr könnt jetzt Feierabend machen, aber die Köpfe erst abnehmen, wenn ihr außer Sichtweite seid«, verkündete ein Mitarbeiter des Kinos oder der Produktionsfirma mit Headset und Funkgerät in der Hand. Erleichtert schlurfte ich hinter Willi und Flip her. Flip ließ sich zurückfallen, bis ich neben ihm lief. Der Grashüpfer stieß mich mit der Hüfte an, und ich geriet erneut fast aus dem Gleichgewicht.
»Hör auf, Kira! Wenn ich hinfalle, werde ich auf der Stelle sterben, weil ich nicht mehr hochkomme. Wie ein Schaf, das auf dem Rücken liegt.«
»Schafe sterben, wenn sie auf dem Rücken liegen?«, hörte ich die Stimme meiner Freundin dumpf aus ihrem Kostüm dringen.
Ich seufzte. Kira war ein Geschöpf der Großstadt und hatte als Kind sicherlich auch gedacht, Kühe seien lila.
»Oder wie ein gestrandeter Wal«, bot ich ein anderes Beispiel. Ich war zu müde für ausführliche Erklärungen.
»Bist du mies drauf?«
»Nein«, knurrte ich.
»Ach komm, wir springen gleich unter die Dusche und gehen später ins Rossi. Ich habe gehört, die Schauspieler treffen sich nach der Premiere dort.«
»Ich kann nicht, meine Schicht fängt bald an.« Dieser miese Job hier war nicht der einzige, der heute für mich anstand.
Endlich erreichten wir die Garderobe, wo mir jemand den Biene-Maja-Kopf abnahm. Gierig sog ich die Luft ein, die sich nach der Zeit in dem stickigen Teil fast anfühlte wie eine frische Meeresbrise.
Ich drehte mich zu Kira um, die ebenfalls aus ihrem Kostüm befreit wurde. Ihr Gesicht auf Flips Körper sah zu komisch aus, und der Anblick entlockte mir dann doch ein Grinsen. Kaum hatte sie ihre Arme frei, hielt sie mir auch schon ihr Handy vor die Nase. »Sag Cheese!«
»Nein!«, rief ich genau in dem Moment, in dem sie abdrückte. »Kira, wehe, du postest das.« Leider hatte sie die Angewohnheit, restlos alle Details aus ihrem Leben in den sozialen Medien hochzuladen. Als wir uns vor drei Jahren bei einem Workshop kennenlernten, teilte ich diese Angewohnheit noch mit ihr, aber irgendwann zwischen damals und heute war sie mir verloren gegangen. Vielleicht, weil es nichts Nennenswertes gab, das ich mit der Welt teilen könnte.
»Also, treffen wir uns später im Rossi?«, überging sie meine erste Antwort. Gleichzeitig tippte sie auf das Display ihres Handys, und ich war mir sicher, sie lud gerade das Foto von uns hoch, das dann für immer im Netz herumgeistern würde.
»Ich muss arbeiten«, wiederholte ich.
»Ach komm, immer musst du arbeiten. Wir sind jung, wir sollten das Leben genießen!«
Ich verkniff mir, sie darauf hinzuweisen, dass es einfacher war, sein Leben zu genießen, wenn die Eltern einen auch mit Mitte zwanzig noch finanziell unterstützten und zudem die teure private Schauspielschule bezahlten. Trotzdem oder gerade deswegen war ich mir ziemlich sicher, dass Kira mir irgendwann von Kinoplakaten entgegenlächeln würde. Sie ging alles mit einer unbedarften Selbstverständlichkeit an, die jeden in ihren Bann zog, während man mir mit meinen 27 Jahren bereits ansah, dass ich zu viel arbeitete, in schlecht bezahlten Jobs, und zu wenig schlief. Sogar eine kleine, steile Falte hatte sich schon auf meiner Stirn gebildet.
»Es geht nicht, so kurzfristig finde ich...
Erscheint lt. Verlag | 1.4.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | 2022 • Alpaka • Auszeit • Bücher für den Urlaub • Deutsche Autorin • eBooks • Familie • feel good • Frauenromane • Frauenunterhaltung • Geschenk für Frauen • Große Gefühle • Katharina Herzog • Küstenroman • Lebensentscheidung • Liebesgeschichte • Liebesromane • Liebesroman Neuerscheinungen 2022 • Meer • Meer Momente wie dieser • Meike Werkmeister • Mutter-Tochter-Beziehung • Neuanfang • Neuerscheinung • Nordfriesland • Nordsee • Romane für Frauen • romantisch • Seeluftküsse • Seeluft macht Liebe • Selfpublisher • Sommerlektüre • Spiegel-Bestseller-Autorin • Taschenbuch Neuerscheinung 2022 • Träume verwirklichen • Wohlfühlroman • Zweite Chance |
ISBN-10 | 3-641-26138-4 / 3641261384 |
ISBN-13 | 978-3-641-26138-2 / 9783641261382 |
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