Das Gotteshaus (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022
560 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-27988-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Gotteshaus -  C.J. Tudor
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Vor 500 Jahren: Acht Märtyrer wurden bei lebendigem Leib verbrannt.

Vor 30 Jahren: Zwei Mädchen verschwanden für immer.

Vor zwei Monaten: Ein Pfarrer hat sich in der Kapelle erhängt.

Willkommen in Chapel Croft.

Für die Pfarrerin Jack Brooks und ihre Tochter Flo sollte es ein Neustart sein: neuer Job, neues Zuhause. Aber Jack stößt auf eine eingeschworene Dorfgemeinschaft, in der Misstrauen gegenüber Fremden tief verwurzelt ist.

Schon bald muss sie sich fragen: Wer schickt ihnen düstere Drohbotschaften? Und warum hat Flo Visionen von brennenden Mädchen?

Chapel Crofts Geheimnisse liegen verborgen in einem dunklen Grab, aber nun kehren die alten Gespenster zurück - und sie werden keinen Frieden finden, bis sie nicht Vergeltung geübt haben ...

C.J. Tudor wuchs in Nottingham auf, wo sie auch heute mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter lebt. Ihr erster Thriller »Der Kreidemann«, ebenfalls im Goldmann Verlag erschienen, sorgte international für Furore und wurde in 40 Länder verkauft. Auch »Lieblingskind« und »Schneewittchen schläft« waren große SPIEGEL-Bestsellererfolge.

3


Das Mädchen ist kaum älter als zehn. Es trägt ein Kleid, das einmal weiß gewesen sein muss, es ist barfuß … und über und über mit Blut beschmiert.

Das Blut ist wirklich überall und hat sowohl ihr Gesicht als auch die blonden Haare rotbraun eingefärbt. Sie kommt über den Pfad auf uns zu, und jeder Schritt hinterlässt auf dem unebenen Pflaster einen blutigen Abdruck.

Auch ich starre sie erst einmal nur an, auf der Suche nach einer Erklärung. Was um Himmels willen ist hier geschehen? Wurde sie von einem Auto angefahren? Doch die Straße ist leer, weit und breit kein Wagen in Sicht. Und dann das viele Blut. Mich wundert, dass sie sich überhaupt noch auf den Beinen halten kann.

Ich gehe auf sie zu und knie mich hin.

»Hallo, mein Schatz. Bist du verletzt?«

Die Kleine hebt den Kopf. Sie hat eisblaue Augen, ein Farbton, wie ich ihn noch nie gesehen habe, überzogen von einem unguten Glanz, der den Zugang zu ihr unmöglich macht. Trotzdem schüttelt sie den Kopf. Verletzt ist sie wohl nicht. Aber woher dann das viele Blut?

»Weißt du, was passiert ist?«

»Er hat sie umgebracht.«

Trotz der Hitze überläuft es mich kalt.

»Wer hat wen umgebracht?«

»Pippa.«

»Flo«, sage ich leise. »Ruf sofort die Polizei.«

Flo zückt ihr Handy, starrt aber nur ungläubig auf das Display. »Ich hab kein Netz.«

Shit. Mich überfällt ein Déjà-vu, bei dem mir ganz flau wird: Blut, ein kleines Mädchen … Nicht schon wieder.

Ich wende mich an den Gemeindevorsteher, unseren bleichen Famulus, der am Kirchentor stehen geblieben ist: »Ich habe Ihren Namen nicht verstanden.«

»Aaron.«

»Gibt es hier irgendwo einen Festnetzanschluss, Aaron?«

»Ja, im Pfarrbüro.«

»Können Sie von dort die Polizei rufen?«

Er zögert. »Ich kenne das Mädchen. Sie ist von der Harper-Farm.«

»Wie heißt sie?«

»Poppy.«

Ich lächle ihr aufmunternd zu. »Poppy, wir holen Hilfe, okay?«

Doch Aaron rührt sich nicht, entweder aus Unentschlossenheit oder weil er selbst noch wie gelähmt ist. Auf jeden Fall erweist er sich als wenig hilfreich.

»Jetzt machen Sie schon!«, herrsche ich ihn an.

Während er sich beleidigt davonschleicht, höre ich das hochtourige Heulen eines Fahrzeugs in der engen Dorfstraße. Ehe ich gucken kann, rast ein Range Rover um die Ecke und kommt mit blockierenden Rädern und spritzendem Splitt vor dem Kirchtor zum Stehen. Die Tür fliegt auf.

»Poppy!«

Ein schwergewichtiger Kerl mit schmutzig blonden Haaren springt heraus und stürmt direkt auf uns zu.

»Herrgott, Poppy! Ich habe dich überall gesucht. Was soll das? Einfach so wegzurennen!«

Aber mich beeindruckt er damit nicht. »Ist das Ihre Tochter?«

»Ja, das ist meine Tochter. Ich bin Simon Harper!« Er sagt das, als müsste man dies wissen. »Und wer zum Teufel sind Sie

Ich muss mir auf die Zunge beißen, um ihm nicht gleich die passende Antwort zu geben, und sage nur: »Ich bin Reverend Brooks, die neue Pfarrerin. Können Sie mir erklären, was hier eigentlich los ist? Ihre Tochter ist von oben bis unten voller Blut.«

Er verzieht das Gesicht. Wenn ich mich nicht täusche, ist er ein paar Jahre älter als ich. Breiter Typ, allerdings nicht dick. Ein Stiernacken mit der entsprechenden Visage. Offenbar ist er nicht an Widerworte gewöhnt, schon gar nicht von einer Frau.

»Es ist nicht so, wie es aussieht.«

»Echt jetzt? Also für mich sieht es aus wie das Texas Chainsaw Massacre.« Das kommt aber nicht von mir, sondern von Flo.

Simon Harper blitzt sie böse an, hält sich aber lieber an mich. »Ich versichere Ihnen, Reverend, das ist alles nur ein Missverständnis. Poppy, her zu mir!« Poppy hingegen weicht vor seiner ausgestreckten Hand zurück und versteckt sich hinter mir.

»Ihre Tochter sprach davon, dass jemand umgebracht wurde.«

»Was? Ich höre wohl nicht recht.«

»Ja, eine gewisse Pippa.«

»Ach das!« Er verdreht die Augen. »Das ist Unsinn.«

»Was Unsinn ist und was nicht, überlassen wir lieber der Polizei.«

»Erst einmal ist es nicht Pippa, sondern Peppa. Und Peppa ist ein Schwein

»Was bitte?«

»Was Sie hier sehen, ist Schweineblut.«

Ich starre ihn an, und mir bricht der Schweiß aus. Von der Dorfstraße her ist das kernige Knattern eines Treckers zu hören. Simon Harper seufzt vernehmlich.

»Könnten wir kurz reingehen und sie ein bisschen sauber machen? So kann ich sie in dem Wagen nicht mitnehmen.«

Ich werfe einen Blick auf unsere windschiefe Bleibe.

»Bitte hier entlang.«

Und so betrete auch ich zum ersten Mal unser neues Heim. Nicht gerade die Einzugsparty, die ich mir erträumt habe. Flo holt ein paar Plastikstühle von der Terrasse, damit Poppy sich setzen kann, und ich entdecke im Unterschrank der Spüle einen angebrochenen Seifenspender und ein halbwegs sauberes Geschirrtuch. Was ich im Dunkel des Schranks ebenfalls sehe: eine Taschenlampe in Gesellschaft einer faustgroßen Spinne.

»Ich gucke mal im Wagen nach«, sagt Flo. »Ich glaube, da haben wir noch Feuchttücher. Ich hole ihr auch ein T-Shirt von mir, damit sie nicht so rumlaufen muss.«

»Gute Idee.«

Dann ist sie weg, und ich bin richtig stolz auf sie. Sie ist eben doch jemand, der anpackt, wenn es darauf ankommt – trotz ihrer Launen.

Ich halte das Geschirrtuch unter den Wasserhahn und knie mich vor Poppy hin, um ihr Gesicht von dem Blut zu befreien.

Schweineblut! Wie kommt so viel Schweineblut auf ihr Gesicht?

»Ich weiß, das alles macht jetzt nicht den besten Eindruck«, erklärt Simon Harper wie zur Entschuldigung.

»Ich richte nicht«, sage ich. »Oberster Grundsatz in meinem Job.«

Was so natürlich nicht stimmt. Nachdem ich Poppy das Blut von Stirn und Ohren gewischt habe, sieht sie schon eher aus wie ein kleines Mädchen. Und nicht wie jemand, der mit knapper Not einem Stephen-King-Finale entronnen ist.

»Sie sagten, es sei nicht so, wie es aussieht. Wie war es denn wirklich?«

»Ich besitze die Harper-Farm. Unsere Familie betreibt schon sehr lange Landwirtschaft. Wir schlachten auch selbst, das heißt, wir haben eine eigene Schlachterei. Ich weiß, dass viele Leute heutzutage diese Vorstellung nicht ertragen, aber …«

Ich lasse mich in meiner Arbeit nicht stören, sondern sage nur: »Auf jeden Fall sollte man wissen, woher unser Essen kommt. In meiner letzten Gemeinde war ein Großteil der Kinder der Meinung, Fleisch sehe von Natur aus wie ein Hamburger-Patty von McDonald’s.«

»Genau. Genau so ist es. Und wir bei uns haben den beiden Kindern von Anfang an beigebracht, was Fleisch-erzeugung bedeutet und dass deshalb jede Sentimentalität fehl am Platz ist. Rosie, unsere Große, hat das auch immer akzeptiert, aber Poppy ist, was das angeht … nun ja, sensibler.«

Irgendetwas sagt mir, dass er seine Tochter wohl nicht oft als sensibel beschreibt. Vermutlich ist das Wort nur der Platzhalter für etwas ganz anderes. Ich streiche Poppy übers Haar, und sie sieht mich aus eisblauen Augen an, als wäre dahinter niemand zu Hause.

»Deswegen haben ich und Emma – Emma ist meine Frau – auch schon tausendmal gesagt, sie soll wenigstens das mit den Namen lassen.«

»Namen?«

»Ja. Dass sie den Ferkeln Namen gibt, Poppy, meine ich. Aber sie musste ja unbedingt ihren Willen haben. Wohin das führt, sehen wir jetzt. So werden die Tiere vermenschlicht, und sie kommt nicht mehr von ihnen los, besonders von dem einen.«

»Sie meinen Peppa?«

»Ja. Und heute Morgen war Schlachtung.«

»Verstehe.«

»Und Poppy sollte gar nicht zu Hause sein. Rosie war mit ihr zum Spielplatz. Aber irgendwas muss da passiert sein, jedenfalls kamen sie sehr früh wieder zurück, und plötzlich steht Poppy vor mir …«

Er bricht ab, blickt mich ratlos an, und ich versuche, mir die grausige Szene vorzustellen.

»Aber wie kommt es, dass sie so voller Blut ist?«

»Na ja … sie wird wohl ausgerutscht sein und hat sich dabei die Sachen versaut. Auf jeden Fall ist sie dann weggelaufen, den Rest kennen Sie.« Er blickt mich an. »Sie können mir glauben, dass ich mich alles andere als gut fühle. Aber wir haben nun mal einen landwirtschaftlichen Betrieb. Wir leben von der Fleischerzeugung.«

Tatsächlich habe in diesem Moment fast so etwas wie Mitgefühl. Ich spüle das Geschirrtuch aus und tupfe Poppy die letzten Blutflecken vom Gesicht. Dann hole ich ein Haargummi aus meiner Jeans und raffe ihre klebrigen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen.

Ich probiere ein aufmunterndes Lächeln. »Na also. Ich wusste doch, dass ein kleines Mädchen in dir steckt.«

Nach wie vor keine Reaktion, was mich ein bisschen beunruhigt. Andererseits ist das nach einem Trauma normal, ich habe so etwas schon öfter erlebt. Als Seelsorger in einem Brennpunkt hat man eben nicht nur mit Kuchenbacken und Wohltätigkeitsbasaren zu tun. Immer wieder begegnet man schwer gestörten Menschen, und Kindesmisshandlung hört ebenfalls nicht an der Stadtgrenze auf, so viel weiß ich.

Ich wende mich zu Simon. »Hat Poppy denn noch andere Haustiere?«

»Da wären die Hunde, aber die sind im Zwinger.«

»Vielleicht würde es ja helfen, wenn sie ein eigenes Tier hätte. Irgendetwas Kleines wie einen Hamster, um den sie sich kümmern könnte.«

Einen Moment lang...

Erscheint lt. Verlag 14.6.2022
Übersetzer Marcus Ingendaay
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Burning Girls
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bestseller • Neuerscheinung Krimi Thriller • spannende Bücher
ISBN-10 3-641-27988-7 / 3641279887
ISBN-13 978-3-641-27988-2 / 9783641279882
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