Mein Wille geschehe (eBook)

Kriminalroman. Nach einer gemeinsamen Idee und mit einem Nachwort von Sebastian Fitzek
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
384 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46167-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mein Wille geschehe -  Pastor Bernd Schwarze
Systemvoraussetzungen
12,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
»Manchmal benutzt Gott das Böse in uns, um Gutes zu tun.« Ein Pastor wird zum Täter - und dadurch auch zu einem besseren Seelsorger? Ein ungewöhnlicher Kirchen-Krimi von Pastor Bernd Schwarze, der in Zusammenarbeit mit Sebastian Fitzek entstanden ist. Im Affekt schlägt Pastor Benedikt Theves einem gewalttätigen Ehemann, der ihm ausgerechnet in der Sakristei seiner Kirche ein verstörendes Video zeigt, das schwere silberne Altarkreuz über den Schädel. Tief erschüttert und gleichzeitig seltsam befreit versteckt der Pastor den reglosen Körper in der Krypta. In den nächsten Tagen wird aus dem von Selbstzweifeln geplagten und häufig überforderten Geistlichen scheinbar ein neuer Mensch: Um den Schwachen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, schwingt er ab sofort nicht nur das Kruzifix, sondern auch wirkmächtige Reden im Namen des Herrn. Doch nicht nur Hauptkommissar René Willmers macht Pastor Theves mehr und mehr zu schaffen, sondern auch das eigene Gewissen ... Die Idee zu diesem Kirchen-Krimi hat Pastor Bernd Schwarze zusammen mit Sebastian Fitzek entwickelt, mit dem er seit einer Lesung in seiner Kirche befreundet ist.

Bernd Schwarze wurde 1961 in Lübeck geboren. Der promovierte evangelische Theologe arbeitet seit über zwanzig Jahren als Pastor in der St. Petrikirche zu Lübeck. Für sein außerordentliches Engagement in der Wissensvermittlung kürte ihn die Universität zu Lübeck zum Ehrenbürger. Als Dozent unterrichtet er Theologie an der Musikhochschule Lübeck, und er veranstaltet Ringvorlesungen gemeinsam mit allen Hochschulen der Hansestadt. Die Idee für seinen ersten Roman entstand durch seine langjährige Freundschaft zu Sebastian Fitzek.

Bernd Schwarze wurde 1961 in Lübeck geboren. Der promovierte evangelische Theologe arbeitet seit über zwanzig Jahren als Pastor in der St. Petrikirche zu Lübeck. Für sein außerordentliches Engagement in der Wissensvermittlung kürte ihn die Universität zu Lübeck zum Ehrenbürger. Als Dozent unterrichtet er Theologie an der Musikhochschule Lübeck, und er veranstaltet Ringvorlesungen gemeinsam mit allen Hochschulen der Hansestadt. Die Idee für seinen ersten Roman entstand durch seine langjährige Freundschaft zu Sebastian Fitzek.

18


18.40 Uhr

Das Streichholz zischte, als Benedikt es an der Reibefläche der Schachtel entzündete. Die Kerzendochte knisterten. Sie hatten die Feuchtigkeit des nur selten beheizten Raums aufgesogen. Während Hambrück schon am großen Tisch saß, still und in sich zusammengesunken, blieb Benedikt noch für einen Moment der Andacht vor dem kleinen Sakristei-Altar stehen.

Das Reliefbild zeigte einen gutmütigen Jesus, wie er einem vor ihm knienden Mann segnend die Hände auflegte. Es war kein altes und bedeutendes Kunstwerk, wie er von Silke wusste. Wahrscheinlich ein Geschenk von einem Holzschnitzer aus der Region. Der silberne Christus am schweren Kruzifix, das direkt davor auf dem kleinen Tischchen stand, war von anderer Art. In seiner Haltung wirkte dieser Erlöser leidend und kraftvoll zugleich. Nicht zum ersten Mal dachte Benedikt darüber nach, warum es zur Andacht in der Sakristei wohl zweier Jesusse bedurfte. Gab es zum Namen Jesus überhaupt einen Plural? Vielleicht war es allmählich an der Zeit, das Altar-Arrangement der Sakristei, das einer seiner Vorgänger so eingerichtet hatte, einmal neu zu bedenken.

Er faltete die Hände und zitierte auswendig einige Verse aus dem 51. Psalm: »Gott, sei mir gnädig nach deiner Güte und tilge meine Sünden nach deiner großen Barmherzigkeit. Wasche mich rein von meiner Missetat. Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen, beständigen Geist. Amen.«

Benedikt vernahm direkt hinter sich Hambrücks schweren, rasselnden Atem. Er wandte sich um und setzte sich, seinem Besucher gegenüber, an den Eichentisch. »Sie möchten beichten?«

Hambrück wiegte seinen massigen Körper hin und her, nickte dann, sah aber nicht auf.

»Das ist gut«, sagte Benedikt ruhig, »denn es gibt so viele Dinge, die uns vom Weg abbringen.«

»Ich …«, begann der kräftige Mann zaghaft und schaute dem Pastor nun ins Gesicht.

Sein Blick wirkte unsicher, hatte aber auch etwas Berechnendes.

Hambrücks Stimme wurde kräftiger: »Ich muss eine Sache vorher wissen.«

»Fragen Sie nur.«

»Stimmt es, dass alles, was jetzt hier passiert, unter uns bleibt? Dass Sie niemandem davon erzählen dürfen? Nicht mal Ihrer Frau oder … oder einem anderen Pastor?«

Er zeigte mit dem wulstigen Finger auf die Porträts der verblichenen Geistlichen an der Wand.

»Das ist richtig.«

Benedikt wusste, dass die Vertraulichkeit immer ein großes Thema war, auch schon in weniger aufregenden seelsorgerlichen Gesprächen. In Zeiten, in denen man damit rechnen musste, dass Telefonate abgehört und E-Mails von Unbefugten mitgelesen wurden, waren viele Menschen misstrauisch geworden.

Hambrück schien noch nicht ganz zufrieden.

»Ich meine, selbst wenn Ihnen jemand ein Verbrechen beichtet? Es bleibt alles geheim?«

»Das Beichtgeheimnis ist unverbrüchlich! Nicht einmal ein Staatsanwalt hätte das Recht, mich zu befragen.«

Diese Antwort hatte Benedikt am Nachmittag bereits seinen Konfirmanden gegeben. Die waren ganz überrascht gewesen, dass es eine Schweigepflicht gab, die noch strenger war als die eines Rechtsanwalts oder eines Arztes.

»Also gut. Ich bin ein Sünder«, sagte Hambrück und spielte mit einem protzigen Goldring am linken kleinen Finger, »und was für einer!«

Benedikt schwieg und wartete ab, auch wenn es ihm so vorkam, als ob durch den ernsten Blick des Beichtenden ein verstohlenes Grinsen hindurchblitzte.

»Wissen Sie, warum ich im Gottesdienst war?«

Das Kerzenlicht flackerte. Hambrück nestelte ein metallglänzendes Fläschchen aus seiner Jackentasche, schraubte es auf, nahm einen tiefen Schluck und ließ den Flachmann wieder verschwinden.

»Wegen dieser Ludmilla, dieser Orgeltante. Ich sitze da in der Bank und ahne nichts Böses, und dann setzt sie sich da vorn an dieses Dingsbums, trampelt auf den Pedalen rum und wackelt mit dem Arsch, als ob sie einen drin hätte.«

Benedikt wurde rot. Aber sehr beunruhigt war er noch nicht. Seine ersten Dienstjahre hatte er in einem Arbeiterviertel in Hannover absolviert. Dort hatte er sich an den rauen Tonfall und die sehr direkte Wortwahl mancher Leute gewöhnt. Und dass Ludmillas erfreuliche Rückenansicht an der Gemeindeorgel vor den Chorstufen manchen Mann auf Ideen bringen konnte, ließ sich kaum leugnen.

»Sie machen sich Sorgen wegen Ihrer sexuellen Fantasien.« Nicht nachfragen, sondern spiegeln. Die Aussagen des Gesprächspartners kurz zusammenfassen und die emotionale Dimension hervorheben. Benedikt rief sich die Regeln aus dem Grundkurs Seelsorge wieder ins Bewusstsein.

»Sorgen? Ha!«

Hambrücks Blick wurde auf einmal kalt, dass Benedikt fröstelte.

»Ich hab auf das blöde Liederblatt geguckt und das Wort Orgelvorspiel gelesen. Or-gel-vor-spiel! Da hab ich echt einen Harten gekriegt. Mann, ich hatte Bock, diese Russen-Uschi durchzuorgeln!«

Demonstrativ leckte er sich die Lippen. Dann hustete er. Ein gelblich schaumiger Speicheltropfen blieb an seinem Doppelkinn hängen.

»Moment mal!« Für Benedikt war es nun doch an der Zeit, zu intervenieren.

»Wie? Moment mal? Das kennst du wohl nicht, du Pfaffenschwuchtel.«

Der Widerling formte mit dem Daumen und dem Zeigefinger der linken Hand ein Loch, schlug dreimal mit der flachen rechten darauf und lächelte schmierig.

»Hallo! Ich beichte. Bleibt doch alles unter uns, mein Lieber. Hast du mir hoch und heilig versprochen, oder?«

»Gewiss«, hauchte Benedikt kraftlos.

Das brachte Hambrück erst richtig in Fahrt.

»Ich hab noch viel mehr zu beichten. Zum Beispiel, was ich mit dir machen möchte, du Loser, du Pfeife. Du und dein blödes Gequatsche. Huh, huh, Gott hat uns lieb. Vater unser im Pimmel. Keine Sau hört dir zu. Dir geht doch nur noch einer ab, wenn du am Sonntag den ausgetrockneten Omas die Hände schüttelst.«

»Also hören Sie mal …« Benedikt rang um Fassung.

»Oh ja, ich höre. Tauschen wir mal die Rollen. Erzähl du doch mal von deinen Sünden. Sag schon: Fickst du meine Alte?«

»Bitte?«

»Unser Herr Pastor«, flötete Hambrück mit Fistelstimme und wackelte kokett mit seinem riesigen Kopf. »Unser Herr Pastor, der erreicht die Menschen! Der geht ihnen auch mit christlicher Nächstenliebe an die Wäsche.«

»Aber …«

»Aber ja!«

Abrupt wechselte Hambrück nach der widerlichen Frauenimitation wieder in seine derbe Trinkerstimme.

»Du kannst mir doch nicht erzählen, dir wäre die Schnalle an meiner Seite noch nicht aufgefallen. Sag schon: Wo knallst du sie? Hier auf dem Tisch?«

Er schlug auf die Eichenholzplatte, dass es nur so krachte. »Nee, echt jetzt, die steht auf solche Nieten wie dich, auf Loser mit Hundeblick. Ich meine, falls du denn noch einen hochkriegst. Du klappst ja schon zusammen, wenn du auf diese … diese Kanzel raufklettern musst. Und was für eine Scheiße du da laberst!« Er griff sich an die Stirn und schimpfte: »Und ich Idiot zahl auch noch Kirchensteuer. Je-den Cent, je-den Cent möchte ich aus dir rausprügeln.«

Benedikt zuckte zusammen und hielt sich die Arme schützend vor die Brust.

»Hey«, sagte Hambrück nun mit gespielter Freundlichkeit, »nur so eine Fantasie. Ich will dir doch nichts tun. Ich schlag doch keinen Popen. Das spare ich mir lieber auf für meine Alte, wenn ich gleich nach Hause gehe.«

Benedikt nahm allen Mut zusammen und fragte: »Wollen Sie mir etwa beichten, dass Sie Ihre Frau misshandeln?«

Der Kraftprotz erhob sich von seinem Stuhl und fummelte in seiner Jackentasche herum.

»Misshandeln? Ach was. Da gibt’s nichts zu beichten. Die kriegt nur, was sie braucht. Komm mal! Ich zeig dir was.«

Er holte ein Smartphone hervor, ging ein paar Schritte auf und ab und suchte etwas auf dem Display. Schließlich blieb er beim Altartisch stehen, drückte eine Taste und legte das Gerät auf der aufgeschlagenen Bibel ab.

»Nun komm schon«, brummte er, »bleibt ja alles unter uns.«

Ein klägliches Wimmern drang aus dem Lautsprecher des kleinen Geräts. Das Scheusal lehnte ganz entspannt am Altar, grinste und hieß ihn näher kommen. Vorsichtig erhob er sich, machte ein paar Schritte. Er zitterte vor Angst.

Alles, was ihm nun vor Augen kam, ließ ihn taumeln. Der gutmütige Jesus auf dem Holzrelief im warmen Kerzenschein. Der silbrige Glanz des Kruzifixes mit dem steinernen Sockel. Die Altarbibel, beim Propheten Jeremia aufgeschlagen, und das Smartphone im Falz zwischen den Seiten. Das bläulich kalte Licht des Displays, dem er sich nicht entziehen konnte. Die Bilder des Grauens, die ihn nun erwarteten.

Eine Küche, weiße Möbel, weiße Fliesen. Ein High-Angle-Shot, so hatte ihm ein befreundeter Fotograf das einmal erklärt, eine Kameraperspektive von oben nach unten. Immer noch dieses herzzerreißende Wimmern. Dann ein wackliger Zoom auf eine Gestalt, die gekrümmt, ja geradezu eingerollt vor dem Herd am Boden lag. Blutspritzer auf den Bodenfliesen. Zögernd löste sich die Gestalt aus der Schutzhaltung und wandte ihr Gesicht der Kamera zu. Eine Frau mit dunkelblonden Haaren. Benedikt erkannte sie jetzt. Es war diese faszinierend schöne Frau, in die er sich ein bisschen verguckt hatte, obwohl er sie bislang nur aus der Ferne bewundern durfte. Diese Frau, die aus unerfindlichen Gründen an diesen furchtbaren Kerl geraten war. Diese Frau. Was hatte Hambrück nur mit ihr gemacht! Ihre Nase blutete, und das rechte Auge war zugeschwollen.

»Bitte!«, jammerte sie. Aus dem Off dröhnte ein keuchendes Husten, gefolgt von einem Würgen. Dann landete eine Ladung Speichel auf dem schmerzverzerrten Gesicht der...

Erscheint lt. Verlag 1.7.2021
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Alsberg • Auferstehung • Beichte • Beichtgespräch • Benedikt Theves • Gerechtigkeit • Gewalttat • Gewissen • Gottes Wille • Karwoche • Kirchenkrimi • Klaus Hambrück • Krimi deutsche Autoren • Krimi Deutschland • krimi kirche • Kruzifix • Krypta • Lübeck • Mörder • Nicole Hambrück • Ostern • Osterwoche • Pastor • Prediger • psychologische Krimis • Reue • Sebastian Fitzek • Seelsorger • Silke Theves • St. Petri • St. Petri Kirche • Verbrechen • Wille Gottes
ISBN-10 3-426-46167-6 / 3426461676
ISBN-13 978-3-426-46167-9 / 9783426461679
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 881 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Psychothriller

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2022)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99
Psychothriller | SPIEGEL Bestseller | Der musikalische Psychothriller …

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2021)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
9,99