Das Nemesis-Manifest (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
560 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2562-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Nemesis-Manifest -  Eric Van Lustbader
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'Das Nemesis-Manifest ist düster, klug und fesselnd und könnte nicht gegenwärtiger sein.' David Baldacci Die geheimnisvolle und äußerst brutal agierende Organisation Nemesis bedroht die Weltordnung. Mit gezielten Desinformationskampagnen versucht sie, die amerikanische Gesellschaft zu spalten und ins Chaos zu stürzen. Das amerikanische Verteidigungsministerium vermutet Russland dahinter und setzt seine fähigste Mitarbeiterin darauf an. Evan Ryder ist eine Einzelgängerin, eine der wenigen weiblichen Geheimagentinnen und hat unsägliches Leid im Dienst für ihr Land erfahren. Ihre Mission führt sie von Washington in den Kaukasus, nach Österreich und schließlich ins Herz von Nemesis in den bayrischen Alpen. Ein komplexes Verschwörungskomplott tritt zu Tage, für das alte Frontlinien und Allianzen nicht mehr gelten und das Leben von Evan Ryder ebenso bedroht wie das Überleben der westlichen Demokratien.

Eric van Lustbader ist Autor zahlreicher New York Times-Bestseller und wurde von Robert Ludlum's Estate ausgewählt, dessen Bourne-Reihe fortzuführen. Er lebt mit seiner Frau auf Long Island.

Eric Van Lustbader is the author of many New York Times bestselling thrillers, including The Testament, First Daughter, Last Snow, Blood Trust, and The Ninja series. Lustbader was chosen by Robert Ludlum's estate to continue the Jason Bourne series. He and his wife live on the South Fork of Long Island. Eric van Lustbader ist Autor zahlreicher New York Times Bestseller und wurde von Robert Ludlum's Estate ausgewählt, dessen Bourne-Reihe fortzuführen. Er lebt mit seiner Frau auf Long Island.

1


Evan Ryder hasste Washington. Wie Hollywood wurde es von Gier und Angst regiert. Der Gestank hektischer Selbsterhaltung war wie ein Smog, der sich niemals hob, nicht einmal an den schönsten Frühlingstagen, und der die Luft innerhalb des Beltway verdarb. Trotzdem war die Hauptstadt der Ort, den sie am ehesten eine Heimat genannt hätte. Für eine Frau, die ihr Zuhause und die Menschen, mit denen sie es geteilt hatte, nie wieder finden würde, war Washingtons hauchdünne Fassade der Achtbarkeit wohl ein Medikament, das sie von Zeit zu Zeit schlucken musste, um sich an die heuchlerische Natur des Menschengeschlechts zu erinnern und an all das Schlimme, das daraus erwuchs. Der Kampf gegen dieses Schlimme und diese Heuchelei verlieh ihrem Leben seinen Sinn. Auf dem Weg durch das morgendliche Gedränge der Angestellten, die zu ihren Arbeitsplätzen in den unterschiedlichen dünkelhaften Ministerien und Ämtern eilten, überlegte sie wie so oft, dass ganz Washington wie Narziss in einen Spiegel starrte und sein eigenes Bild bewunderte, statt sich um die schwierigen Regierungsgeschäfte zu kümmern.

Dennoch war sie jetzt hier im Stadtviertel Foggy Bottom und schwamm gegen eine Welle von ferngesteuerten Drohnen an – oder vielmehr gegen Anzugträger, die mit leerem Blick in ihre Handys sprachen. Sie glitt zwischen ihnen hindurch wie ein Hauch, wie ein Gespenst. Ihr dichtes, schwarzes Haar war zum Pferdeschwanz zurückgebunden, und sie trug eine schwarze Hose, einen Kaschmirpullover, der farblich zu ihren Augen passte – braun gefleckt wie die eines Grauwolfs –, eine taillenlange schwarze Lederjacke und Stiefeletten mit Stahlkappe, die sie in Portugal für sich hatte anfertigen lassen. Sie hatte einen breiten Mund und eine sportliche Figur, kräftig in den Schultern und schmal in den Hüften. In Restaurants wurde sie manchmal, wenn die Gäste betrunken waren, mit Emily Blunt verwechselt oder, wenn sie noch betrunkener waren, mit Katy Perry. Aber nur manchmal. Normalerweise schenkte ihr keiner die geringste Aufmerksamkeit.

Sie war hier, weil Benjamin Butler sie darum gebeten hatte. Butler war vielleicht der einzige Mensch in Washington, der auf Anhieb ihre Aufmerksamkeit wecken konnte; seine Informationen und Aufträge sorgten dafür, dass sie im Dienst aktiv blieb und tat, was sie tun wollte und tun musste. Evan und Butler hatten vor einigen Jahren als Agenten zusammengearbeitet, und seit diesen Tagen hatten sie eine komplexe Geschichte und waren sich sehr vertraut. Inzwischen war Butler der Leiter eines Geheimdiensts und Evans Chef. Als eingefleischte Agentin hatte sie damit keine Probleme. Butler war einer der einzigen beiden lebenden Menschen, denen Evan vertraute; die Handvoll anderer war inzwischen tot.

Butler und Evan arbeiteten für das Verteidigungsministerium – in einer Abteilung für schwarze Operationen, deren Budget aus einer von mehreren geheimen Kassen des Pentagons stammte, die der Kontrolle des Kongresses entzogen waren. Wer Butlers Chef war, konnte Evan nicht sagen; sie wusste nur, dass dieser Jemand in der Hackordnung des Verteidigungsministeriums sehr hoch oben angesiedelt war. Allein schon aus diesem Grund hätte man Butler in der Gemeinschaft der Geheimdienstleute fürchten müssen. In Verbindung mit seiner starken Persönlichkeit, seinem unbezähmbaren Geist und seiner unheimlichen Fähigkeit, die schwarzen Schafe zu erschnüffeln, wie tief sie sich auch in der Herde verkrochen haben mochten, hätte eigentlich jeder in der Welt der Spionageabwehr in Angst und Schrecken vor ihm leben sollen. Dass dem nicht so war, hatte einen einfachen Grund: Im Gegensatz zu seinen anderen Kollegen bildete Butler eine beträchtliche Anzahl Agentinnen aus und setzte sie ein; andere Geheimdienste verwendeten dagegen überhaupt keine Frauen für aktive Einsätze. Genau wie seine russischen Kollegen verstand er, und er allein, dass Frauen an mehr und an bessere Informationen herankamen als männliche Agenten. Agentinnen galten als umsichtig und konnten die Sehnsucht der Männer nach Sex, Liebe und Zuneigung ausnutzen, die kaum je von ihren Frauen bekamen – falls sie überhaupt Frauen oder Ex-Frauen hatten.

Butler, der von seinen früheren, nicht mehr angemessenen Räumlichkeiten in der Nähe der NSA umgezogen war, hatte sich jetzt im achten Geschoss eines großen Mietshauses aus weißem Backstein niedergelassen, dessen Fassade leicht geschwungen war, um einer halbkreisförmigen, überdachten Zufahrt Raum zu bieten, die es den Mietern gestattete, sich einzubilden, sie lebten in einem Herrenhaus der Südstaaten.

Getreu dem Namen des Stadtviertels – Foggy Bottom, feuchte Senke – begleiteten dünne Nebelschwaden Evan in die von Lüstern erhellte Lobby. An den Wänden standen dicke Ledersessel und kleine Sofas unter gemalten Szenen einer traditionellen Fuchsjagd. Evan hätte das Ambiente komisch gefunden, hätte nicht jeder, der sich in der Lobby aufhielt, ein so finsteres Gesicht gemacht wie ein mittelalterlicher Wasserspeier.

Sie trat zum erhöht sitzenden Concierge und zeigte Papiere, die sie als »Louise Steadman, Beraterin« auswiesen. Das Fachgebiet ihrer Beraterdienste stand dort nicht und wurde auch nicht erfragt. Sie erbat Zugang zu Paul Roswell, und nach einer kurzen Nachfrage über das Haustelefon erhielt sie eine Magnetkarte und wurde zu einer Liftreihe auf der anderen Seite der Marmorlobby geschickt. Als sie ihre Karte vor das Lesegerät hielt, leuchteten die Schalter im Erdgeschoss auf. Sie drückte auf acht und wurde lautlos nach oben gefahren.

»Paul Roswell« hatte das komplette achte Geschoss zu einem einzigen großen Komplex von Räumen umbauen lassen. Die Arbeiten lagen erst so kurz zurück, dass Evan die Farbe und letzte verbliebene Sägemehlreste in den Ecken roch. Das leise statische Rauschen elektronischer Geräte erfüllte die Luft.

Abgesehen von Brenda Myers, deren honigblondes Haar kürzer und weniger lockig war als bei ihrer letzten Begegnung, waren sehr wenige Leute zu sehen. Brenda reichte Evan kurz die Hand. Sie war kühl, trocken und fest.

»Du siehst gut aus, Evan«, sagte Brenda, während sie von Raum zu Raum gingen – Türen gab es nicht, soweit Evan sehen konnte.

»Danke. Du auch. Für Ben zu arbeiten, hält einen in Form, nicht wahr?«

Sie mochte Brenda und bedauerte es, dass sie noch nie Gelegenheit gehabt hatten, zusammen essen zu gehen und einen draufzumachen. Doch andererseits war es in der Schattenwelt, die sie beide bewohnten, nie eine gute Idee, jemandem Vertrauen zu schenken. Brenda trug wie immer einen Hosenanzug, der genauso schick wie praktisch war. Es war, als nutzte sie ihr Stilgefühl als Gegengift für ihren langweiligen, altmodischen Namen. Dieser innere Widerspruch weckte Evans Interesse und vermittelte ihr das unbestimmte Gefühl, dass an Brenda viel mehr war, als sie an der Oberfläche zeigte. Es gab zahlreiche Gründe, aus denen Menschen das Leben als Geheimdienstagenten suchten – etwa, weil sie Sonderlinge waren oder zutiefst unglückliche Soziopathen –, doch der häufigste Grund war der, dass sie vor etwas davonliefen, möglicherweise vor sich selbst. Letzteres, so spürte Evan, mochte auf Brenda zutreffen.

»Wirst du nicht langsam verrückt?«, fragte Evan.

»Ha! Noch nicht. Nicht wirklich.«

»Aber lange wird es bestimmt nicht mehr dauern«, erwiderte Evan. »Es sei denn, er schickt dich wieder in einen Einsatz.«

»Es kann jeden Tag so weit sein.«

Brenda ließ sie ohne ein weiteres Wort an der Schwelle zu Butlers Büro stehen. Evan trat in einen großen Raum, der früher vielleicht einmal das Hauptschlafzimmer der Wohnung im achten Stock gewesen war. Er war in helles Licht getaucht, das allerdings einen eigenartigen, blau-grünlichen Stich hatte, als schwämmen Butler und sie in einem Aquarium. Sie warf einen Blick auf das Fensterglas: kugelsicher und zum Abhörschutz von spinnwebartigen Netzen durchzogen. Obgleich der Stützpunkt gut verborgen war, ging Butler kein Risiko ein. Evan fand das gut; allerdings fand sie ohnehin so ziemlich alles gut, was Butler machte.

Er stand auf, als sie eintrat, und kam ihr um seinen Schreibtisch herum entgegen. Er trug einen dunkelblauen Anzug, ein cremefarbenes Hemd und eine klassische gestreifte Krawatte. Er war groß und stattlich. Die anderthalb Jahre, die seit ihrer letzten Begegnung vergangen waren, schienen nicht die geringsten Spuren an ihm hinterlassen zu haben. Er hatte noch immer die glatte, blasse Haut und die kaffeebraunen Augen seiner jüdischen Mutter, die zu ihrer Zeit eine hinreißende Schönheit gewesen war. Abgesehen von dem gewellten Haar und dem ausgeprägt spitzen Haaransatz hatte er von seinem blütenweißen Vater, einem Anwalt, kaum etwas geerbt.

Wenn Butler lächelte, ging die Sonne auf. »Wie war dein Flug, Evan?«

»Ich lebe noch, wie du siehst.«

Butler lachte leise. Sie schüttelten sich die Hände.

»Und wie geht es Zoe?«, fragte sie.

»Eine Siebenjährige, die wie dreizehn tut.«

Sie nickte. »Dann ist ja alles in Ordnung.«

Butler lachte erneut und bedeutete ihr, sich auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch zu setzen. Er ließ sich ihr gegenüber nieder und schlug die Beine übereinander.

Evan...

Erscheint lt. Verlag 27.1.2022
Reihe/Serie Evan Ryder-Serie
Evan Ryder-Serie
Übersetzer Barbara Ostrop
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte action • Agent • alt-right • Amerika • CIA • Cyber • Fake News • Geheimdienst • Gewalt • Internet • Kapitalismus • KGB • Kommunismus • Krieg • Kriminalität • Manipulation • Nationalismus • Nationalsozialismus • Nazi • Putin • rechts • Russland • Troll • USA • war
ISBN-10 3-8437-2562-4 / 3843725624
ISBN-13 978-3-8437-2562-0 / 9783843725620
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