Der seltsame Mr Quin (eBook)

Kriminalistische Erzählungen
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
288 Seiten
Atlantik Verlag
978-3-455-01126-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der seltsame Mr Quin -  Agatha Christie
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Mr Sattersways Gespür für dramatische Entwicklungen ist untrüglich. Aber so richtig wertvoll wird es erst, wenn auch Mr Harley Quin auf der Bildfläche erscheint, der von Unglücksfällen und den Rätseln, die sie aufgeben, magisch angezogen wird. Zusammen sind sie ein unschlagbares Duo, das überall dort, wo Scotland Yard längst aufgegeben hat, zur ermittlerischen Hochform aufläuft. 'Ein seltenes Vergnügen.' (The New York Times)

Agatha Christie begründete den modernen britischen Kriminalroman und avancierte im Laufe ihres Lebens zur bekanntesten Krimiautorin aller Zeiten. Ihre beliebten Helden Hercule Poirot und Miss Marple sind - auch durch die Verfilmungen - einem Millionenpublikum bekannt. 1971 wurde sie in den Adelsstand erhoben. Agatha Christie starb 1976 im Alter von 85 Jahren.

Agatha Christie begründete den modernen britischen Kriminalroman und avancierte im Laufe ihres Lebens zur bekanntesten Krimiautorin aller Zeiten. Ihre beliebten Helden Hercule Poirot und Miss Marple sind - auch durch die Verfilmungen - einem Millionenpublikum bekannt. 1971 wurde sie in den Adelsstand erhoben. Agatha Christie starb 1976 im Alter von 85 Jahren.

Cover
Titelseite
Die Ankunft des Mr Quin
Der Kavalier am Fenster
Der Zaubertrick
Das Zeichen am Himmel
Die Seele des Croupiers
Das Ende der Welt
Die Stimme aus dem Dunkeln
Das schöne Gesicht
Der tote Harlekin
Der Vogel mit dem gebrochenen Flügel
Der Mann im Meer
Die Straße des Harlekins
Über Agatha Christie
Impressum

Der Kavalier am Fenster


Hören Sie sich das an!«, sagte Lady Cynthia Drage.

Sie las laut aus der Zeitung vor, die sie in der Hand hielt.

»Mr und Mrs Unkerton geben diese Woche in Greenways House eine Party. Unter den Gästen befinden sich Lady Cynthia Drage, Mr und Mrs Richard Scott, Major Porter, Mrs Staverton, Captain Allenson und Mr Sattersway.«

Lady Cynthia legte das Blatt weg. »Gut zu wissen«, bemerkte sie, »was uns erwartet. Die haben wirklich etwas Schönes angerichtet.« Ihr Gegenüber, derselbe Mr Sattersway, dessen Name am Ende der Gästeliste stand, blickte sie fragend an. Man erzählte sich, dass Mr Sattersway stets dann in den Häusern wohlhabender, neu zugezogener Leute zu finden sei, wenn entweder die Küche ungewöhnlich gut war oder sich dort ein menschliches Drama abspielen sollte. Mr Sattersway war an den Komödien und Tragödien seiner Mitmenschen außergewöhnlich stark interessiert.

Lady Cynthia, eine Frau mittleren Alters mit einem harten Gesicht und großzügig aufgetragenem Make-up, tippte ihm mit der neuesten Schöpfung eines Regenschirms, der verwegen auf ihren Knien geruht hatte, an die Brust.

»Tun Sie nicht so, als hätten Sie keine Ahnung. Das Gegenteil ist der Fall! Ja, mehr noch, ich bin überzeugt, Sie sind nur hier, um die Sache aus nächster Nähe mitzuerleben.«

Mr Sattersway protestierte heftig. Er wüsste nicht, wovon sie überhaupt spräche.

»Ich rede von Richard Scott. Wollen Sie behaupten, dass Sie nie von ihm gehört haben?«

»Eigentlich nicht. Ist das der Großwildjäger?«

»Genau – ›Große Bären und Tiger, und so weiter‹, wie es im Lied heißt. Natürlich ist er im Augenblick selbst ein großes Tier … die Unkertons sind ganz wild darauf, ihn einzuladen … und die Braut! Ein charmantes Kind … ach, ein reizendes Kind … aber so naiv, erst zwanzig, wissen Sie, und er dürfte mindestens fünfundvierzig sein.«

»Ich finde Mrs Scott sehr charmant«, stellte Mr Sattersway gelassen fest.

»Ja, das arme Kind.«

»Warum?«

Lady Cynthia warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und ging den fraglichen Punkt auf ihre Weise an. »Porter ist in Ordnung«, fuhr sie fort, »ein langweiliger Kerl … auch einer dieser Afrikajäger, nichts als Sonnenbräune und Schweigsamkeit. Zweite Geige bei Richard Scott, was er immer war … Jugendfreunde und all so was. Wenn ich es mir recht überlege, waren sie meiner Meinung nach auch bei jener Reise zusammen …«

»Bei welcher Reise?«

»Die Reise. Die Reise von Mrs Staverton. Jetzt werden Sie behaupten, dass Sie auch von Mrs Staverton nie etwas gehört haben.«

»O doch, von Mrs Staverton habe ich gehört«, antwortete Mr Sattersway beinahe gegen seinen Willen.

Und er und Lady Cynthia wechselten einen wissenden Blick.

»Es sieht den Unkertons wirklich ähnlich«, klagte Lady Cynthia. »Sie sind einfach hoffnungslos – gesellschaftlich gesehen, meine ich. Was für ein Einfall, die beiden zusammen einzuladen! Natürlich haben sie erfahren, dass Mrs Staverton eine sportliche Person ist, die viel reist und so weiter, und sicherlich haben sie auch von ihrem Buch gehört. Leute wie die Unkertons haben nie eine Vorstellung, was für Abgründe sich auftun können! Im letzten Jahr habe ich mich persönlich um sie gekümmert. Sie ahnen nicht, was ich mitgemacht habe! Ständig musste man sie im Auge behalten. ›Tun Sie dies nicht, lassen Sie das!‹ Gott sei Dank bin ich jetzt mit ihnen fertig. Nicht, dass wir uns gestritten hätten – nein. Ich streite mich nie. Jemand anders soll sich um sie kümmern. Wie ich immer zu sagen pflege: Gewöhnlichkeit kann ich ertragen, Niederträchtigkeit nicht.«

Nach dieser etwas rätselhaften Bemerkung schwieg Lady Cynthia einen Augenblick und grübelte über die ihr von den Unkertons angetane Niederträchtigkeit nach.

»Wenn ich bei ihnen noch den Ton angeben würde«, fuhr sie dann fort, »hätte ich energisch und deutlich erklärt: Sie können Mrs Staverton und die Scotts nicht zusammen einladen. Sie waren einmal …«

Sie schwieg beredt.

»Stimmt es denn?«, fragte Mr Sattersway.

»Mein guter Mann! Es ist allgemein bekannt. Die Reise ins Landesinnere! Erstaunlich, dass die Person die Stirn hatte, die Einladung anzunehmen.«

»Vielleicht wusste sie nicht, wer noch kommen würde«, schlug Mr Sattersway vor.

»Vielleicht wusste sie es aber! Das ist viel wahrscheinlicher.«

»Sie glauben …«

»Sie ist das, was man eine gefährliche Frau nennt … die Sorte, die vor nichts zurückschreckt. An diesem Wochenende möchte ich nicht in Richard Scotts Haut stecken.«

»Seine Frau hat keine Ahnung, glauben Sie?«

»Davon bin ich überzeugt. Aber vermutlich wird sie früher oder später eine liebe Freundin aufklären. Ah, da ist ja Jimmy Allenson. So ein netter Junge! Letzten Winter hat er mir in Ägypten das Leben gerettet … ich habe mich so gelangweilt, wissen Sie. Hallo, Jimmy, kommen Sie sofort her!«

Captain Allenson gehorchte und ließ sich neben ihr auf den Rasen nieder. Er war ein gut aussehender junger Mann von etwa dreißig Jahren, mit weißen Zähnen und einem ansteckenden Lächeln.

»Ich bin froh, dass ich jemandem Gesellschaft leisten kann«, bemerkte er. »Die Scotts ziehen die Schau mit den Turteltauben ab, Porter verschlingt die Zeitung, und es bestand die tödliche Gefahr, dass unsere Gastgeberin sich mit mir unterhalten wollte.«

Er lachte. Lady Cynthia stimmte ein. Mr Sattersway, der in gewisser Weise etwas altmodisch war und selten über seine Gastgeber spottete, solange er in ihrem Haus weilte, blieb ernst.

»Armer Jimmy!«, sagte Lady Cynthia.

»Ich bin geflüchtet. Um ein Haar hätte sie mir die Geschichte von dem Familiengeist erzählt.«

»Der Geist der Unkertons«, rief Lady Cynthia. »Zum Totlachen!«

»Nein, kein Geist der Unkertons«, sagte Mr Sattersway. »Er gehört zu Greenways. Sie haben ihn mit dem Haus zusammen gekauft.«

»Natürlich«, erwiderte Lady Cynthia. »Ich erinnere mich. Aber er rasselt nicht mit den Ketten, nicht wahr? Es hat irgendetwas mit einem Fenster zu tun.«

Jimmy Allenson blickte auf. »Mit einem Fenster?«

Aber Mr Sattersway antwortete nicht. Er blickte über Jimmys Kopf hinweg auf die Gestalten, die aus der Richtung des Hauses auf sie zuschritten – eine schlanke Frau zwischen zwei Männern. Oberflächlich betrachtet schienen sich die Männer zu gleichen, beide waren groß und dunkelhaarig, mit gebräunten Gesichtern und scharfen Augen, doch bei genauerer Betrachtung verschwand diese Ähnlichkeit.

Richard Scott, Jäger und Forscher, war eine sehr energisch wirkende Persönlichkeit. Sein Wesen strahlte eine große Anziehungskraft aus. John Porter, sein Freund und Begleiter, war untersetzter, mit einem ruhigen, eher verschlossenen Gesicht und sehr nachdenklichen grauen Augen – ein schweigsamer Mann, der es zufrieden war, stets die zweite Geige zu spielen.

Zwischen ihnen ging Moira Scott, die vor drei Monaten noch Moira O’Connell geheißen hatte, eine schlanke Frau mit großen, sehnsuchtsvollen braunen Augen und goldrotem Haar, das ihr schmales Gesicht wie ein Heiligenschein umgab.

Diesem Kind darf man nicht wehtun, dachte Mr Sattersway im Stillen. Es wäre schrecklich, wenn einem Kind wie ihr wehgetan würde.

Lady Cynthia begrüßte die Ankömmlinge, indem sie das neueste Modell eines Sonnenschirms schwenkte. »Setzen Sie sich und unterbrechen Sie uns nicht«, sagte sie. »Mr Sattersway erzählt gerade eine Geistergeschichte.«

»Ich liebe Geistergeschichten«, antwortete Moira Scott und ließ sich ins Gras sinken.

»Handelt es sich um den Geist von Greenways House?«, fragte Richard Scott.

»Ja. Wissen Sie über ihn Bescheid?«

Scott nickte. »Früher war ich oft hier«, erklärte er. »Bevor die Elliots verkaufen mussten. Er heißt ›Der Kavalier am Fenster‹.«

»›Der Kavalier am Fenster‹«, sagte seine Frau leise. »Das gefällt mir. Es klingt sehr interessant. Bitte, erzählen Sie doch, Mr Sattersway!«

Aber Mr Sattersway schien aus irgendwelchen Gründen keine Lust zu haben. Er versicherte ihr, dass die ganze Geschichte gar nicht so spannend sei.

»Jetzt ist es um Sie geschehen, Sattersway«, meinte Scott spöttisch. »Mit Ihrem Zögern haben Sie sich nur noch mehr hineingeritten.«

Alle baten ihn jetzt so eindringlich, dass sich Mr Sattersway nicht länger weigern konnte.

»Es ist wirklich nicht besonders interessant«, begann er entschuldigend. »Ich glaube, in der Originalversion handelte es sich um einen Edelmann der Familie Elliot, dessen Frau einen Puritaner zum Liebhaber hatte. Es spielt zu Zeiten Karls I. Der Liebhaber tötete den Ehemann in einem Zimmer im ersten Stock, und das Pärchen floh. Doch sie wandten sich noch einmal zum Haus um und sahen das Gesicht des Toten am Fenster, wie er ihnen nachblickte. So ist die Legende, aber in der Geistergeschichte geht es eigentlich nur um eine Scheibe in einem Fenster dieses Zimmers, auf der sich ein unregelmäßig geformter Fleck befindet. Aus der Nähe betrachtet fällt er fast nicht auf, doch wenn man ihn von weitem sieht, gleicht er einem menschlichen Gesicht.«

»Welches Fenster ist es?«, fragte Mrs Scott und blickte zum Haus.

»Von hier aus kann man es nicht sehen«, erklärte Mr Sattersway. »Es...

Erscheint lt. Verlag 1.4.2021
Übersetzer Günter Eichel
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Christie Agatha • Detektivgeschichte • England • Ermittler • Ermittlungen • Kommissar • Kriminalroman • Kriminalromane • Kurzgeschichten • Lestrade • London • Mr. Satterthwaite • Privatdetektiv • Queen of Crime • Quin Harley • Satterthwaite Mr • Scotland Yard • Thriller
ISBN-10 3-455-01126-8 / 3455011268
ISBN-13 978-3-455-01126-5 / 9783455011265
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