Winter Traffic (eBook)

(Autor)

Thomas Wörtche (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2021 | 1., Deutsche Erstausgabe
670 Seiten
Suhrkamp Verlag
978-3-518-76654-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Winter Traffic - Stephen Greenall
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Sydney, 1994. Die Karriere von Sergeant Mick Rawson jagt auf ihr Ende zu. Er ist ein Mann mit vielen Namen und vielen Beziehungen zur Unterwelt. Er ist ein guter Cop, allerdings nur nach seinen ganz eigenen Gesetzen. Dennoch will ihn Karen Millar, der steil aufsteigende Stern im Polizeiapparat, zur Strecke bringen. Und da ist noch Sutton, ein »anständiger« Verbrecher, der loyal zu Rawson steht, komme was da wolle. Rawson und Sutton wollen noch einen letzten Coup, einen Überfall auf einen Geldtransporter, durchziehen - Karen Millar wittert ihre Chance. Als sie merkt, dass sie manipuliert und funktionalisiert wird, muss sie sich wehren.

Winter Traffic erzählt tausend Geschichten aus Sydney, von toten Rächern, lebendiger Vendetta und der Wahrheit hinter dem großen Geld. Ein knallharter Cops & Gangster-Roman, literarisch virtuos und entschieden innovativ inszeniert. Eine Art kriminalliterarischer Ulysses auf höchstem Niveau. Die Sensation aus Australien, die die Maßstäbe für Kriminalliteratur verschiebt.



<p>Stephen Greenall, geboren 1976 in Moree. Bereist die ganze Welt, seine Texte erscheinen in der renommierten literarischen Zeitschrift <em>Overland</em>. 2014 wurde er mit dem NSW Writers Centre Varuna Fellowship ausgezeichnet. <em>Winter Traffic</em> ist sein erster Roman und wurde 2014 f&uuml;r den Victorian Premier&amp;#39;s Literary Award for an Unpublished Manuscript vorgeschlagen. Zurzeit arbeitet Greenall an dem Sequel zu <em>Winter Traffic</em>.</p>

27


Als es vorbei war, lag Shark tot da, und Bison zuckte auf dem Teppich wie was Gestrandetes oder ein Epileptiker. Sutton stand aufrecht, atmete aber wie beim Sex, ließ das Adrenalin abflauen, was er vor langer Zeit beigebracht bekommen hatte. Bison starb, und Suttons Atmung normalisierte sich.

Whit ignorierte er. Er verließ das Wohnzimmer und durchstöberte das Haus, suchte, wo Kristy versteckt war. Sie war oben, in einem besonderen Gästen vorbehaltenen Raum/Sutton merkte sofort, dass sie viel zu fest geknebelt war.

26


Es ist der erste Tag vom Wochenende, und Susan wacht früh auf. Ärgerlich, typisch: Man kann nicht ausschlafen, auch wenn man kann. Sie denkt an ein Ereignis neulich, hievt sich in der kühlen morgendlichen Frische vor der Dämmerung aus dem Bett. Ihr ehrwürdiges Bedürfnis, stumm Alarm zu schlagen, eine Welt, die sich der Sonnenenergie zuwendet und ihre geliebten Sterne vertreibt.

Zu Monden spricht sie. Heute ist ein Tag wie andere, Sutton ist nicht im Raum anwesend.

Sie steigt in ein Kleid, ein Luxus in Weiß und ihre samstägliche Rüstung, die sie im Sebel Townhouse geklaut hat. Vielleicht hat Cyndi Lauper sie getragen oder der Schlagzeuger von Simply Red. In der Küche öffnet sie die Hintertür, lässt die Salzwasserbrise herein, klatscht zweimal in die Hände, um eine Umarmung anzuordnen. Der große Hund rast heran und stößt mit Frauchen zusammen/stößt sie rückwärts über die Schwelle.

»Vorsicht, du verdammter Wüstling.«

Bloke bellt alles Liebe und schießt in den Garten, jagt den eigenen Schwanz, bis sein ganzer Körper zu einem losgelösten wilden Wedeln wird. Dann plötzliches Erstarren und ein fragend geneigter Kopf, sie hat es versäumt, den Ball zu werfen und für Bewegung/Spaß zu sorgen.

»Ja-ja, lass mich erst mal wach werden.«

Wasserkocher und Toaster, Gottes Meereslandschaft; Susan setzt sich auf die Stufen, um sie zu betrachten. Unstete Gedanken an die Arbeit, der Polarstern, vertretbarer und anderer Stress. Ihr fällt ein, dass Bloke nicht von unter dem Haus gekommen war/sondern von der Seite. Sutton muss wohl am Truck arbeiten.

Das tägliche, schrille Kreischen des verdampfenden Wassers: Die Frau hört es, wie eine Hochfrequenzschwester, ihre Hand abwesend, solange sie das Tier tätschelt/sie bemerkt, dass etwas anders ist. Ein Gefühl von Blut in der Welt und kein vorhersehbares – verspritzt auf seinem Fell, wie ein brutaler Irrtum.

Sutton steht auf der Ladefläche, bekleidet nur mit Jeans. Er spritzt noch mal Wasser auf das alte Mädchen und denkt, ein paar Minuten mehr werden reichen. Aber Bloke ist aufgesprungen und weggerannt, wahrscheinlich weil sie ihn gerufen hat. Jetzt hat Sutton keine paar Minuten mehr.

»Was machst du?«

Er erstarrt nicht, aber er hört auf. »Ich wasch sie.«

»Ach ja?« Susans Augen liegen tief über dem Porzellanhorizont, Sonnen, die sich im Pfefferminztee spiegeln. »Hab gedacht, das hättest du gestern schon.«

Sutton springt auf den Zement und geht zum Garagentor, zieht es in einer einzigen geschmeidigen Bewegung herunter und zu. Es stört ihn, dass er die Seife noch nicht ganz abgewaschen hat.

»War das Kristy?«

25


Das Mädchen ist Sonne, fühlt sich wie daraus gemacht. Sie liegt auf dem Balkon, dessentwegen eine zusätzliche Null an der Miete hängt, und sagt sich, es ist warm genug, um hier zu sein, es soll sich lohnen. Jede einzelne ihrer Zellen wird vom Schatten geblendet, aber die Jahreszeit ist gegen sie. Lauras Stimme dringt von der anderen Seite der Scheibe zu ihr herüber.

»Du wirst nie braun.«

Ich will nicht braun werden/ich will sie nur spüren. Kristy hat diese Worte gesagt, hat sie zweimal gesagt. Aber Laura ist anstrengend. »Ich sterbe«, prognostiziert die Mitbewohnerin kläglich krächzend. »Ich werde wirklich sterben.«

»Ich hab dich gewarnt.«

»Du musst raus, Kris. Du musst rausgehen und uns Pizza holen.«

»Kann nicht. Ich brate in der Sonne.«

»Red keinen Scheiß – da draußen ist es eiskalt. Oh Gott, du bist so eine ätzende Echse.«

Sie betrachtet die Aussicht durch ein Basiliskenauge, der Hiobsbotschaftsperspektive des abnehmenden Sonnenazimuth. Kris sieht selbst elend aus, weiß aber, damit umzugehen. Was sie nicht versteht, ist, weshalb sie Kohle hinblättert, um hier zu wohnen, und bleibt, auch wenn der Sommer sich für den Rest des Jahres verpisst. Bei Höchsttemperaturen von siebzehn Grad fühlt sie sich kaum in ihrem Element.

»Hörst du mich? Du Echse!«

Du irrst dich/ich bin eine Schlange. Ziehen Schlangen im Winter gen Süden?

Sie sollte nach Norden verschwinden – Austern öffnen in Broome oder als Geisha nach Japan. Kristy fixiert den auf den Wellen treibenden Surfer, der einen Scheiß auf die Temperaturen gibt.

Wünschte, ich könnte das.

Das Bedauern ist alt, bei Hugo's hatte einer Unterricht angeboten, war mit neuen Boards und Neoprenanzügen zum Strand gefahren. Aber die Wahrheit kam schnell ans Licht/er hatte sich für pfiffig gehalten: War in meinem Leben noch keinen Tag surfen. Er hatte es geschafft, sie zu täuschen – sah danach aus, arbeitete aber in der Immobilienbranche. So ist Sydney/was für ein Arsch, sie waren einen Monat lang zusammen.

»Damit eins klar ist«, sagt Kristy und erhebt sich von der lieblosen Steinplatte. »Ich sage nein, aber du sagst ja. Dann bettelst du, dass ich mitkomme, weil du so verkatert bist, und weil ich ein guter Mensch bin, habe ich Mitleid.«

»Uahh, urg.«

»Aber jetzt kneifst du, und ich soll alleine gehen.«

Laura packt Kummer in den Schlummer. »Schau mich an, Frau. Würdest du bezahlen, das hier nackt zu sehen?«

Sie duscht und macht sich fertig, beim Verlassen des Badezimmers ermahnt sie sich, drauf gefasst zu sein: Die Welt erstickt, der Sauerstoffhitze beraubt. So bestätigt es sich, blaues Methadon-Dämmerlicht, Laura liegt unbrauchbar herum/noch wach. »Wie kommt's, dass du immer so viel schneller fertig wirst als ich.«

Weil du zwanzig Sachen machst, die ich nicht machen muss.

»Ich bin alt«, sagt Kris. »Ich kenne die Abkürzungen.«

Licht am Herd führt sie in die Küche, zum Tiefkühler. Teurer Tequila: Das ist die Abkürzung. Kristy haut auf einen Schalter, um die Dunkelheit anzuknipsen, und synkopiert ihre Schlucke, lauscht nach Audio/hört Stereo. Der Empfang ist gut, und die Makler-Idioten berechnen ein Vermögen für die Aussicht auf die Brandung, aber nichts für deren Sound.

»Du musst es machen, Kristiana. Du musst uns Essen besorgen.«

»Klappe.«

Autsch – Laura zuckt wie ein Frosch im Labor, ihre Stimme altert um ein Dutzend Jahre, will zu ihrem Körper aufschließen. »Bist du sauer?«

»Ja. Ich hab dir doch gesagt, dass ich nicht scharf drauf bin – und jetzt bin ich die einzige blöde Kuh, die geht.«

»Musst du ja nicht.«

»Du hast doch meinen Namen angegeben, Laura.«

»Na und?«

»Du hast meinen verdammten scheiß Namen angegeben. Die sind nicht wie normale Menschen – die kannst du nicht einfach so verarschen. Denen ist scheißegal, ob du zwei Sommer hintereinander Miss Beach Road gewesen bist.«

»Wie auch immer.« Vorher klang Laura wie zehn, jetzt klingt sie wie fünfzehn: gleichgültig, desinteressiert, passend zum Grunge. »Die blöde deutsche Kuh wird sich freuen.«

»Holländerin. Wieso freuen?«

»Kapier's endlich, Kris – die haben mich doch nur gefragt, weil sie dachten, dass sie dich dann kriegen.«

Der Fahrer ist...

Erscheint lt. Verlag 18.1.2021
Übersetzer Conny Lösch
Sprache deutsch
Original-Titel Winter Traffic
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Australien • Bestseller • Bestseller bücher • Bestsellerliste • buch bestseller • James Joyce goes Crime • Korruption • Krimi-Bestenliste • Krimi-Bestseller • literarischer Krimi • Mord • Nordamerika (USA und Kanada) • ST 5110 • ST5110 • suhrkamp taschenbuch 5110 • Vereinigte Staaten von Amerika USA • Winter Traffic deutsch
ISBN-10 3-518-76654-6 / 3518766546
ISBN-13 978-3-518-76654-5 / 9783518766545
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