Das Geheimnis des Buchhändlers (eBook)

Roman

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
438 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-1937-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Geheimnis des Buchhändlers - John Dunning
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Bücher zu lieben kann tödlich sein.

Der ehemalige Polizist Cliff Janeway versucht sein Glück als Buchhändler, darauf spezialisiert, alte Bücher aufzustöbern. Doch sein vermeintlich größter Coup bringt ihn in tödliche Gefahr: Kaum hat er ein seltenes Buch des legendären Forschers und Weltensammlers Richard Burton erworben, erhebt eine alte Dame Anspruch auf diese bibliophile Kostbarkeit - und löst damit eine Reihe spektakulärer Verwicklungen aus. Eine Frau wird ermordet, Janeway selbst gerät ins Fadenkreuz von skrupellosen Bücherdieben. Obendrein scheint die schöne Erin, in die er sich verliebt hat, auf der falschen Seite zu stehen. Janeway hat keine Wahl: Er muss auf eigene Faust ermitteln ...

Ein superspannender und ungewöhnlicher Krimi. Ein Bücherliebhaber als Detektiv: Die Serie um den kultivierten Ermittler Cliff Janeway gehört zu den erfolgreichsten Krimiserien in den USA.

'Eine wunderbare Handlung und ein beinahe klassischer Detektiv. ' New York Times.



John Dunning war viele Jahre lang nicht nur Journalist und Schriftsteller, sondern auch Buchhändler und Antiquar. Sein Geschäft in Denver galt als eine Kultstätte für Bücher. Er besitzt eines der größten Archive über die Geschichte des Radios. Seine Serie um den Bücherdetektiv Cliff Janeway gehört zu den erfolgreichsten Krimiserien in den USA.

1


Ich fand Burtons Geschichte 1987. Ich war Ende Siebenunddreißig und vor kurzem aus Seattle zurückgekehrt – mit einem dicken Bündel Geld, das die Grayson-Sache mir eingebracht hatte. Meine zehn Prozent Finderlohn beliefen sich auf fast fünfzigtausend Dollar, was für nahezu jeden Antiquar einen Geldsegen ohnegleichen darstellte und für mich bis zu diesem Zeitpunkt sowieso. Ich wußte von vornherein, daß ich ein Buch dafür kaufen würde. Keine halbe Million Bände mit großflächigem Schimmelbefall. Weder eine Million schlechte Bücher noch tausend gute Bücher, nicht einmal hundert sehr gute Bücher. Nur ein einziges Buch. Ein prächtiges, erstklassiges Buch: allein um zu sehen, wie es sich anfühlte, ein solches Objekt zu besitzen.

Das dachte ich zumindest, aber es steckte mehr dahinter. Ich wollte meine berufliche Ausrichtung ändern. Ich war es leid, mich mit literarischen Eintagsfliegen abzugeben, die von den Kritikern und Werbeleuten stets aufs neue zu Geniestreichen hochgejubelt wurden. Weniger Reklamerummel, mehr Tradition, so sollte ab sofort meine Devise lauten, und kaum hatte ich diesen Entschluß gefaßt, stieß ich auf Richard Burton.

Ich war zu einer Dinnerparty in den Osten Denvers nach Park Hill eingeladen worden, ins Haus von Richter Leighton Huxley. Lee und ich kannten uns schon seit Jahren, anfangs nur flüchtig, dann auf der etwas persönlicheren Ebene gleicher Interessen, am Ende als Freunde. Mein erster Auftritt in seinem Gerichtssaal hatte 1978 stattgefunden. Ich sagte als ziemlich unerfahrener Cop in einem Mordfall aus, und auch Lee hatte sein Amt bei der Strafkammer von Denver noch nicht lange inne. Die professionelle Distanz zwischen uns schien nur natürlich: Lee war von ganz anderem Kaliber als meine paar Polizeikumpel, und ich hätte mir nicht im Traum vorstellen können, jemals Umgang mit seiner bei weitem größeren Bekanntenschar aus Juristen zu pflegen. Auch das Alter spielte eine Rolle, wenngleich keine maßgebliche. Ich war Ende Zwanzig, er Mitte Vierzig, mit bereits ergrauten Schläfen und dem sich abzeichnenden Aussehen eines vornehmen Mannes von Welt. Nach allem, was man hörte, war er ein hervorragender Richter. Er galt als überaus gerecht und zugleich fachlich versiert. Keines seiner Urteile war je von einer höheren Instanz einkassiert worden.

In den ersten Jahren nach der betreffenden Zeugenaussage habe ich ihn nur bei zwei Gelegenheiten gesehen: zunächst in der Cafeteria des Gerichts, wo wir beide uns zunickten und so erkennen ließen, daß wir uns an den jeweils anderen erinnerten. Im Jahr darauf war ich auf der Weihnachtsfeier eines gemeinsamen Freundes zu Gast, in dessen Haus in den Bergen. An dem Abend sprachen Lee und ich zum erstenmal außerhalb des Gerichtsgebäudes miteinander. »Wie ich höre, sammeln Sie Bücher«, sagte er mit seiner tiefen, klangvollen Baritonstimme. Ich bekannte mich schuldig, und er erwiderte: »Ich ebenfalls; wir sollten irgendwann mal unsere Erfahrungen austauschen.« Doch es wurde nichts daraus, und zwar aus denselben augenfälligen Gründen – ich war nach wie vor Polizist und konnte jederzeit wieder in seinem Zeugenstand landen, also vermied er potentielle Interessenkonflikte, bevor sie überhaupt entstehen konnten. Ich machte mir deswegen keine Gedanken; ich nahm an, er habe bloß höflich mit mir plaudern wollen. Das war charakteristisch für Lee Huxley: Er war bekannt für seine guten Manieren, vor Gericht und außerhalb.

Ein Jahr später wurde er zum Bundesrichter ernannt, und erst dann, als kein beruflicher Konflikt mehr drohte, nahm unsere Freundschaft ihren vorsichtigen, zögerlichen Anfang. Ich erhielt aus heiterem Himmel einen Anruf von Miranda, seiner Frau, die mich zu einer, wie sie es ausdrückte, »zwanglosen kleinen Dinnerparty für einige Bücherfreunde« einlud. In Wahrheit war an jenem ersten Abend ein volles Dutzend Leute anwesend, und ich saß neben Mirandas jüngerer Schwester Hope, die aus einem der östlichen Bundesstaaten zu Besuch war. Das Haus lag unweit der Siebzehnten Avenue, ein dreigeschossiger roter Backsteinbau aus der Zeit der Jahrhundertwende, mit Kronleuchtern und schimmerndem Holz, wohin man auch blickte. Als ich ankam, war bereits alles hell erleuchtet und von fröhlichem Gelächter erfüllt. Miranda erwies sich als atemberaubende Blondine in blauem Abendkleid, die mich an der Tür willkommen hieß. Sie sah keinen Tag älter als dreißig aus, wirkte jedoch elegant und interessant, nicht nur wie ein hübsches Gesicht an Lees Seite. Auch die Freunde des Richters waren freundlich und kultiviert. Ich widerstand der Neigung, sie aus Prinzip für Snobs zu halten, und fand sie ausnahmslos sympathisch. Sie waren reiche Buchliebhaber, und ich mußte mit einem Polizistengehalt über die Runden kommen, aber keiner von ihnen verhielt sich auch nur im mindesten hochnäsig. Wenn sie ein Fünftausend-Dollar-Buch sahen, das ihnen gefiel, kauften sie es und zahlten anstandslos den Preis. Meine Art der Schnäppchenjagd war etwas völlig Neues für sie, und sie schienen regelrecht fasziniert, mich davon erzählen zu hören.

Miranda war eine vorzügliche Gastgeberin. Als ich am folgenden Tag daranging, einen kurzen Dankesbrief zu verfassen, erhielt ich einen Anruf von ihr, und sie bedankte sich für meinen Besuch. »Sie haben wirklich Schwung in die Bude gebracht, Cliff«, sagte sie. »Ich hoffe, wir können das noch häufig wiederholen.«

So kam es auch. Ich hatte an jenem ersten Abend nur wenige Bücher aus der Nähe gesehen, aber später stellte die Bibliothek des Richters sich als genau die Schatzkammer heraus, die ich erwartet hatte. Der große Raum war an allen vier Wänden mit Regalen ausgestattet, in denen sich wunderbare Bände reihten, die gesamte amerikanische Gegenwartsliteratur mit makellosen Schutzumschlägen. »Unten im Haus hab ich ein paar ältere Werke«, sagte Lee bei einer Gelegenheit, aber es sollten Jahre vergehen, bis ich sie zu Gesicht bekam.

Seitdem hatte sich vieles verändert. Zunächst mal war ich kein Polizist mehr, und die Umstände, unter denen ich aus den Diensten der Polizeibehörde von Denver ausgeschieden war, mußten aus der Sicht eines Richters wohl zwangsläufig zu einer Abkühlung der freundschaftlichen Beziehung führen. Ich hatte einem brutalen Verbrecher eine Lektion erteilt, woraufhin die Presse meine Jugend ans Tageslicht brachte, die gewalttätigen Straßenkämpfe und meinen Bekanntenkreis, zu dem damals Leute wie Vince Marranzino gezählt hatten, der später zu einem der gefürchtetsten Gangster Denvers wurde. Es spielte keine Rolle, daß Vince und ich uns in den letzten zwanzig Jahren nur einmal kurz über den Weg gelaufen waren; niemand interessierte sich dafür, daß ich all das hinter mir gelassen hatte und zu einem, wie ich unbescheiden anmerken möchte, erstklassigen Bullen der Mordkommission geworden war – wenn man mit dieser Art von Dreck beworfen wurde, blieb etwas davon dauerhaft an einem kleben. Genau zu jener Zeit ging das Gerücht, Lee befinde sich in der engeren Auswahl für einen Posten am Supreme Court, dem obersten Bundesgericht, und obwohl ich mir Lee und Ronald Reagan nur schwer als politische Gesinnungsgenossen vorstellen konnte, wußte ich doch kaum etwas Näheres über Lees politische Überzeugung. Aber ich wußte folgendes: Sofern für ihn auch nur die geringste Aussicht auf eine so bedeutsame Beförderung bestand, wollte ich sie ihm auf keinen Fall zunichte machen. Die Zeitungen hatten auf ihren Titelseiten fast eine Woche lang kein gutes Haar an mir gelassen. Falls Lee sich Sorgen darüber machte, wie sein gesellschaftlicher Umgang sich auf sein Image auswirken könnte, ließ er es sich mir gegenüber durch nichts anmerken. Statt dessen rief er mich an und erkundigte sich nach meiner Version der Vorfälle. Ich erzählte ihm die Wahrheit, und er akzeptierte sie. »Es war gewiß keine sonderlich kluge Entscheidung, Cliff, aber auch das geht vorüber«, sagte er. »Ich schätze, im Augenblick haben Sie alle Hände voll damit zu tun, die Meute in Schach zu halten. Sobald die Wogen sich geglättet haben, sollten wir uns mal wieder treffen.«

Doch dann flog ich nach Seattle, und auf einmal lag unser letztes Treffen schon mehrere Monate zurück. Ich kehrte mit einem dicken Bündel Scheine heim, meinem Indianergeld; danach reiste ich mit Freunden aus Seattle auf Bücherjagd quer durch den Mittelwesten. Als ich endlich wieder in Denver war, gehörte Miranda zu den ersten Anrufern.

»Mr. Janeway.« Ihr frostiger Tonfall klang nicht vollständig gekünstelt. »Gehen Sie uns aus einem bestimmten Grund aus dem Weg? Haben wir Sie etwa irgendwie gekränkt?«

Ich fühlte mich sofort beschämt. »Nein, nicht im mindesten«, beantwortete ich die zweite Frage und wich der ersten aus. »Herrje, das dürfen Sie wirklich nicht glauben.«

»Dann seien Sie doch so freundlich und bewegen gefälligst Ihren Hintern hierher, Sir«, sagte sie. »Freitag abend, neunzehn Uhr, ohne Krawatte und bitte ohne Ausflüchte. Richten Sie sich darauf ein, eine voraussichtlich langweilige Veranstaltung durch Ihre Anwesenheit zu beleben.«

»Eine langweilige Veranstaltung kann ich mir bei Ihnen gar nicht vorstellen.«

»Das werden wir ja sehen. Diese hier könnte sich als echte Herausforderung erweisen, sogar für eine Frau mit meiner geradezu legendären Begabung für gesellschaftliche Ereignisse. Einer von Lees Jugendfreunden kommt zu Besuch. Sagen Sie es nicht weiter, aber er ist nicht unbedingt mein Fall. Also, werden Sie kommen und mir behilflich sein, das Beste daraus zu machen?«

»Ja, es ist mir eine Ehre.«

»Unser letztes Treffen ist so lange her, daß ich schon gar nicht mehr...

Erscheint lt. Verlag 18.1.2021
Übersetzer Thomas Haufschild
Sprache deutsch
Original-Titel The Bookman`s Promise
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Amerika • Bücher • Bücherdetektiv • Bücherliebe • Buchhändler • Buchliebhaber • Cliff Janeway • Diebstahl • Ex-Polizist • kostbare Bücher • Krimi • Kriminalroman • Liebe • Mord • Privatdetektiv • Richard Burton • seltene Bücher • USA • USA Roman
ISBN-10 3-8412-1937-3 / 3841219373
ISBN-13 978-3-8412-1937-4 / 9783841219374
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