Die Magie von Orks und Elfen: Die große Fantasy Bibliothek 2021 - 2300 Seiten Spannung (eBook)
2300 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-4802-8 (ISBN)
Viele Jahre später...
Orkschreie gellten durch die flirrende Luft.
"Valo! Ravic! Meine Söhne!"
Remirg Elfenstirnspalter Schreckenssohns mächtige Pranken legten sich auf die Schultern der beiden jungen Orks am Bug der schlanken Seebarke. Ravic und Valo waren annähernd gleich groß. Und ihre Gesichtszüge waren ihrem Vater so ähnlich, dass man nicht einen Augenblick lang daran zweifeln konnte, von wem sie abstammten. Und doch gab es einen großen, auf den ersten Blick sichtbaren Unterschied zwischen ihnen: Valos Haut war grünlich-schlammfarben, wie man es von Orks gewohnt war. Ravic hingegen war bleich. Bleich wie seine Mutter, die eine Elfin gewesen war.
Ravic war ein Wechselbalg.
Elfling, so nannten ihn manche Orks verächtlich.
Oder Elfensohn.
Aber jedem, der das zu sagen wagte, hatte Ravic bisher noch den Schädel eingeschlagen.
Ravic war so stark wie jeder andere Ork. Aber er hatte zusätzlich die Schnelligkeit und die besondere Sinnesempfindlichkeit der Elfen.
Ob er auch die Langlebigkeit des Elfenvolkes von seiner Mutter geerbt hatte, würde er abwarten müssen.
Dagegen sprach in erster Linie sein ausgeprägter Zorn, der vermutlich dazu führte, dass er irgendwann in einem unnötigen Kampf den Tod fand.
"Heute könnt ihr Ruhm erwerben, meine Söhne! Es wartet reiche Beute auf uns im Land der Elfen! So viel Beute, wie selbst ich noch nie auf einem Haufen gesehen habe..."
"Wir werden sie uns holen", sagte Valo. "Bei Roht, dem Donnergott, wir werden sie uns holen!" Er grinste. "Solange es die Königssöhne des Elfenlandes vorziehen, sich gegenseitig zu zerfleischen, laden sie uns ja geradezu dazu ein, sich das Gold ihrer Schamanenklöster und Städte zu nehmen!"
Valo bleckte die Reißzähne.
"Ja, aber lasst euch das eine Warnung sein", meinte Remirg jetzt in einem sehr viel ernsteren Ton, der an das tiefe Grollen des Donners erinnerte. Ein leichter Wind blies ihm entgegen. Er kräuselte das Wasser des breiten Stroms, auf dem ihre Seebarke zusammen mit Dutzenden anderer Schiffe flussaufwärts gerudert wurde. Die Segel waren eingeholt. Die Ruderblätter tauchten gleichmäßig ins Wasser.
Mit fast hundert Schiffen und einigen tausend Orks an Bord waren sie den Großen Strom flussaufwärts gefahren. Das öde Küstenland lohnte nicht einmal zur Plünderung.
Die schmalen, wendigen Seebarken bildeten die Vorhut. Später folgten bauchige Großbarken, auf denen sogar Laufdrachentiere zum Reiten transportiert wurden. Der breite Strom war voll von Schiffen. Mit einer so großen Flotte war selbst Remirg noch nicht auf Fahrt gegangen. Allerdings standen die meisten dieser Schiffe auch nicht unter seinem Befehl, sondern unter dem von von Kirie ‘Axtschlächter’ Störenfried. Sein mit mehr als hundert Ork-Kriegern bemannter Langkahn war das größte Schiff der Flotte. Gemeinsam waren sie vom Orkland aus auf Fahrt gegangen, die Küste der Anfurten entlanggefahren und dann in Ynsulanien gelandet.
Aber dort waren sie nicht lange geblieben, sondern hatten dann den Weg zur Strommündung gesucht.
Die sumpfige, trollverseuchte Küstenwildnis hatten sie ungehindert durchquert, um ins Herz des Elfenreichs am Großen Strom vorzustoßen. Ein Reich, in dem die Enkel von Lerak dem Großen zurzeit um ihr Erbe einen verbissenen Krieg führten. Von zwergischen Händlern hatten sie davon gehört, die mit ihren plumpen, an einen Schuh aus Holz erinnernden Schiffen regelmäßig über das Meer fuhren, um im Land der Insel-Elfen Handel zu treiben. Und einige gefangene Trolle, die Kontakt zu ihren Verwandten im Elfenreich am Großen Strom hatten, bestätigten diese Geschichten von den widerstreitenden Thronerben. Als die Orks dann auch noch erfuhren, dass unter den Trollen die schwarzen Blattern wüteten, hatte Kirie Axtschlächter beschlossen, fast fluchtartig die Küste der Insel-Elfen zu verlassen. Remirg war gar nichts anderes übrig geblieben, als seinem mächtigen Bundesgenossen zu folgen, denn allein auf sich gestellt wären seine Orks niemals zahlreich genug gewesen, um sich gegen die Trolle zu behaupten. Natürlich hatte die Aussicht auf leichte Beute im Elfenland am Strom die Entscheidung erleichtert, die Küste der Insel-Elfen von Ynsulanien links liegen zu lassen.
"Macht dem Namen unserer Sippe Ehre, meine Söhne!", sagte Remirg dröhnend mit breitem Lächeln, das die imposanten Reißzähne offenbarte.
"Das werden wir", sagte Valo.
"Auch du, Ravic, obwohl du ein Elfling bist!"
"Gewiss", sagte Ravic.
Remirg rülpste.
"Man soll nicht sagen, dass wir den Namen Elfenstirnspalter zu Unrecht tragen. Roht und Nido mögen uns Glück bringen."
"So sei es!", sagte Valo, während sich seine Hand um den Schwertgriff legte. In seinen Augen blitzte es, als er zu seinem Bruder sah. "Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob mein Bruder nicht insgeheim zum Elfengott seiner elfischen Mutter betet!"
Ravics Körperhaltung spannte sich unwillkürlich an.
Die spitzen Ohren legten sich nach hinten.
Für einen Moment waren seine Reißzähne zu sehen - aber das Elfenerbe seiner Mutter wollte es, dass sie trotz aller Ähnlichkeit viel weniger stark ausgeprägt waren als bei seinem Vater und seinem Halbbruder. Ravics Hand umfasste jetzt den Griff des Schwertes an seiner Seite - allerdings mit so starkem Griff, dass die Knöchel weiß wurden.
Und das elfenhaft weiße Gesicht bekam im Zorn einen hellgrünen bis schlammfarbenen Farbton.
Ravics spitze Ohren bewegten sich nun leicht noch vorn.
"Was willst du damit sagen, Valo?"
"Nichts, was ich nicht ausgesprochen hätte, Ravic!"
"Ach, ja?"
"Stimmt es nicht, dass du heimlich zum Elfengott der Elfen-Sklavin betest, die dich gebar?"
"Du bist auf Streit aus?"
"Ich stelle nur eine Frage."
Ravic kochte innerlich. Man sah ihm an, dass er Mühe hatte, seine Wut im Zaum zu halten. Aber das will er nur!, dachte Ravic. Dass du aus der Haut fährst und Dinge sagst, die dich wie einen wütenden Tölpel erscheinen lassen.
Doch ehe Ravic etwas hätte erwidern können, ergriff Remirg das Wort. "Unsere Götter sind nicht eifersüchtig", sagte er. "Zu vielen Göttern beten hilft ja vielleicht auch viel. Und weder Roht, noch Nido oder Dröjn wären so dumm, zusätzliche Hilfe abzulehnen."
Valo grinste und entblößte dabei die beeindruckenden orkischen Fangzähne.
"Ja, so dumm und schwach ist nur der Elfengott", sagte Valo. "Was soll man von so einem Schwächling auch anderes erwarten, als dass er alle verflucht, die nicht allein zu ihm beten! Vielleicht hat er ja auch dich verflucht, Ravic!"
*
"Heh, Remirg!", rief jetzt Enraib der Steuermann, ein baumlanger Ork - und ein Zwergenbastard, dessen weißblonder Bart zu Zöpfen geflochten war, während sich das Haar auf seinem Haupt mit den Jahren schon merklich zurückgezogen und einer Glatze Platz gemacht hatte. Dass seine Ork-Mutter sich offensichtlich mit einem Zwerg eingelassen hatte, hatte ihm in der Vergangenheit viel Spott eingebracht. In dieser Hinsicht war es ihm so ähnlich wie Ravic ergangen.
Wahrscheinlich sogar noch mehr als in Ravics Fall.
Orks und Elfen waren schließlich Verwandte.
Zwerge hingegen waren schmutzige Ausgeburten der Erde.
Voller Gier und ohne Ehre.
Zumindest war das die Ansicht der meisten Orks.
Enraib streckte den Arm aus. "Da sind Reiter am Ufer!"
Laufdrachentier-Reiter, um genau zu sein.
Tatsächlich hoben sich am Flussufer jetzt einige Laufdrachentier-Reiter als dunkle Schattenrisse gegen die tiefstehende Morgensonne ab. Sie waren wie Geister aus den dichten Nebelbänken hervorgekommen, die die Flussufer umsäumten. Stolze, gut bewaffnete Elfenritter auf Laufdrachentieren.
"Sieh, deine Verwandten!", stichelte Valo gegenüber Ravic. Willst du sie nicht begrüßen?"
"Halt dein Trollmaul!", knurrte Ravic zähnebleckend.
"Die sind weit weg", meinte Remirg. Er lachte rau. "Und vor allem befinden sie sich auf der falschen Seite des Flusses. Die werden uns nicht gefährlich werden."
Der Strom war zurzeit die Grenze, so hatten ihnen die Trolle an der Küste der Insel-Elfen erzählt. Die Grenze zwischen dem mittleren Teil des Elfenlandes, den Kaiser Rahtol beherrschte und dem Ost-Teil des Reiches. Östlich des Stroms regierte Giwdul, während Lerak den fernen Westen des riesigen Reiches kontrollierte, dem sein Großvater und Namensvetter einst Gestalt und Größe gegeben hatte.
Das mächtige, geeinte Reich des Elfenkaisers existierte nur noch in der Überlieferung.
Dass die Elfenkönige Giwdul und Lerak sich formal Elfenkaiser Rahtol untertan erklärt hatten, war wohl nichts weiter als ein Witz.
Tatsächlich regierten alle drei Elfen-Herrscher faktisch unabhängig voneinander ihre Reichsteile und führten in wechselnden Koalitionen Krieg gegeneinander.
Aber genau das machte das Elfenreich zurzeit zur potenziellen Beute.
Zur Beute räuberischer Orks, die es sonst nie gewagt hätten, sich ins Innere des Elfenreichs am Großen Strom vorzuwagen, weil...
Erscheint lt. Verlag | 1.1.2021 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
ISBN-10 | 3-7389-4802-3 / 3738948023 |
ISBN-13 | 978-3-7389-4802-8 / 9783738948028 |
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