Die rote Jägerin (eBook)

Thriller - Das Buch zur Amazon-Prime-Serie REINA ROJA
eBook Download: EPUB
2021
608 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-26099-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die rote Jägerin - Juan Gómez-Jurado
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Der spektakuläre Nr.-1-Bestseller von Spaniens erfolgreichstem Thrillerautor
DU HAST NOCH NIE JEMANDEN WIE SIE GETROFFEN.
Antonia Scott ist speziell. Sehr speziell. Sie ist keine Polizistin und trägt keine Waffe. Und dennoch hat sie Dutzende Verbrechen aufgeklärt. Seit einem tragischen Vorfall weigert sie sich jedoch, ihre Wohnung in Madrid zu verlassen. Aber genau dazu soll Inspector Jon Gutiérrez sie bewegen. Denn Antonia ist die vielleicht intelligenteste Frau der Welt und die Einzige, die den aktuellen Fall lösen kann: Ein skrupelloser Täter hat es auf die Reichsten und Mächtigsten des Landes abgesehen. Er hinterlässt keinerlei Spuren, und die Polizei ist völlig ratlos. Doch Antonia ist keine Polizistin, sie ist besser ...
DU HAST NOCH NIE EINEN THRILLER WIE DIESEN GELESEN.

Juan Gómez-Jurado, geboren 1977 in Madrid, ist Journalist und einer der erfolgreichsten Schriftsteller Spaniens. Seine Romane werden in vierzig Sprachen übersetzt und ziehen Millionen Leser*innen weltweit in ihren Bann.

11
Eine Erklärung


Mentor geht auf die Terrasse hinaus und setzt sich auf einen der Stühle. Le Corbusier oder sowas. Teuer und unbequem, stellt Jon fest, als er ebenfalls Platz nimmt und spürt, dass die Lehne nicht für jemanden mit seiner Statur gemacht ist, es sei denn, man hätte Folter im Sinn gehabt.

Auf dem Tisch liegt das Marlboro-Light-Päckchen von Doktor Aguado. Auf dem obligatorischen Abschreckungsfoto ist ein Kindersarg abgebildet.

Der makabre Zufall bewirkt, dass sich Jons Herz zusammenzieht und er den Blick abwendet.

Mentor hat weniger Skrupel, er greift zu dem Päckchen und bietet dem Inspector eine Zigarette an, doch der schüttelt den Kopf. Er zündet sich eine an, nimmt drei Züge, muss kräftig husten und drückt sie auf der nassen Glasplatte aus.

»Haben Sie keine Angst, den Tatort zu ­kontaminieren?«

»Wenn es doch etwas zu kontaminieren gäbe. Aguado arbeitet seit sechsundzwanzig Stunden ohne Unterlass, sie hat das gesamte Haus untersucht und Spuren genommen.«

Jon stößt einen Pfiff der Bewunderung aus. Das bedeutet, jeden Quadratmeter in Planquadrate einzuteilen und abzusperren, Fotos zu machen, nach Ungewöhnlichem zu suchen. In einem Haus dieser Größenordnung wäre das eine Aufgabe für vier bis fünf Kollegen.

»Was für ein Arbeitstier.«

»Doktor Aguado ist die Beste in ganz Spanien. Zu meinem Glück und zu ihrem Pech muss sie mit mir zusammenarbeiten.«

»Schon ein Ergebnis?«

»Haben wir erst, wenn die Fingerabdrücke der Familie und des Personals vorliegen, um sie auszuschließen. Ich habe allerdings keine großen Hoffnungen. Vielleicht finden sich Haare und Fasern. Sie wissen ja, dass die meist einen Scheiß wert sind. Im Fernsehen sieht das immer so einfach aus.«

Jon versteht, was er meint. In Fernsehserien wird ein ziemlich verzerrtes Bild von der Arbeit der Spurensicherung vermittelt, was manchmal sogar Polizisten in die Falle tappen und an Wunder glauben lässt.

Mentor drückt den Zigarettenstummel noch einmal auf den Tisch und schiebt die Schachtel weit von sich.

»Ich habe vor ein paar Monaten aufgehört. Ab und zu muss ich mich daran erinnern, warum.«

»Wenn man sich ein wenig schädigt, vermeidet man großen Schaden.«

»Genau. Warum sind Sie Polizist geworden, Inspector Gutiérrez?«

Jon zieht ein unwilliges Gesicht.

»Wir sind rausgegangen, damit Sie reden.«

»Tun Sie mir den Gefallen, Inspector.«

Pause. Jon weiß nicht, was er ihm antworten soll. Die offizielle Erklärung, die er seinen Freunden gibt und sich selbst einredet, oder die wahre. Vielleicht liegt es an der Uhrzeit oder am Gefühlszustand, denn er entscheidet sich für die Wahrheit.

»Damit mir kein Schaden zugefügt wird«, räumt er ein.

Angesichts seiner Aufrichtigkeit ist Mentor überrascht.

»Na sowas …«

»Ja, ich weiß schon. Ein großer, starker Mann wie ich und der ganze Scheiß. Verschonen Sie mich mit psychoanalytischen Theorien. Mein Vater hat uns verlassen, ich stehe auf Schwänze und lebe bei meiner Mutter. Ich kenne alle billigen Scherze und Erklärungen. Es stimmt … ich habe Angst. Ich hatte immer Angst.«

»Angst wovor?«

»Vor allem. Als Jugendlicher vor Attentaten. Dass ich auf dem Schulweg niedergestochen werde. Vor Unfällen, dass ich mich mit Aids anstecke, was weiß ich. Die Arbeit bei der Polizei hilft. Alldem ganz nah zu sein, das Unglück der anderen zu sehen. Man legt sich eine Art magischen Schutzschild zu. Als ginge einen das alles nichts an.«

»Ein kleiner Schaden ist besser als ein großer«, sagt Mentor.

»Genau.«

»Aber heute war es nicht so, oder?«

Jon antwortet nicht. Er ist nicht daran gewöhnt, über Offensichtliches zu reden.

Beide Männer verschanzen sich ein Weilchen hinter ihrem Schweigen, wobei sie mehrfach ihre Sitzhaltung ändern. Mentor streckt sich ein wenig und angelt wieder nach der Zigarettenschachtel, die er so entschieden von sich geschoben hatte. Für einen Augenblick entreißt der Schein der Flamme sein Gesicht der Dunkelheit. An dieser Zigarette zieht er nicht dreimal hektisch, sondern er inhaliert tief und genießt den Rauch.

»Die Idee entstand vor fünf Jahren in Brüssel. Im ­Fischer-Institut. Kennen Sie es?«

»Ich hatte noch nicht das Vergnügen.«

»Das ist ein Think-Tank der Europäischen Union.«

»Was ein Think-Tank ist, weiß ich allerdings: ein Haufen reicher, studierter Spinner, die glauben, besser zu wissen als alle anderen, was für die Welt richtig ist.«

Mentor lacht leise auf und hebt die Arme.

»Ich bekenne mich schuldig. Nun ist es aber so, dass wir Spinner manchmal recht haben. Vor Jahren gab es eine Studie. Erinnern Sie sich an das Attentat auf dem Flughafen von Teneriffa im Jahr 2012?«

Jon nickt. Wie könnte er das vergessen? Die Sicherheitskameras hatten die Explosion der Bombe aufgezeichnet, bevor sie schwarz wurden. Die anderen Kameras erzählten eine genauso schreckliche Geschichte von den Menschen, die panisch durch das Terminal stürmten, dabei die langsameren überrannten und über sie hinwegtrampelten.

»In der Studie wurden sämtliche Daten der verschiedenen Polizeikorps vor dem Attentat ausgewertet. Der lokalen Polizei, der kanarischen Policía Autónoma, der Guardia Civil, der Policía Nacional. Sie alle verfügten über einzelne Puzzleteile. Keiner hat sich mit den anderen Korps darüber ausgetauscht.«

»Die alte Geschichte«, bestätigt Jon. Als Beamter der Policía Nacional von Bilbao, der fast täglich mit der Ertzaintza, der autonomen Polizei des Baskenlandes, zu kämpfen hat, kennt er das nur zu gut. Die Beziehung der Polizeieinheiten untereinander ist so traurig wie ein Sonntag im Ruhestand. Neid. Unterschiedliche Besoldung. Alte Kränkungen. Und am Ende sind die Leute verletzt.

»In Teneriffa ist dasselbe passiert wie 2015 in Turin und 2017 auf den Ramblas in Barcelona, auch wenn das viel später war. Die Studie wurde von den Deutschen angefertigt. Die haben auch ihr Päckchen zu tragen: achtzehn Polizeikorps.«

»Was für ein Chaos.«

»Die Studie beschränkt sich nicht auf den Terrorismus, sie berücksichtigt auch andere hochgradig schwierige Fälle. Atypische Serienmörder wie Remedios Sánchez. Zehn Überfälle in vierundzwanzig Tagen, drei tote alte Frauen. Oder wie Kovacs, der Killer-Clown von Düsseldorf.«

»Schwarze Schwäne, unvorhersehbar.«

Auf Mentors Gesicht zeichnet sich Verblüffung ab. Laut der jüngst erschienenen Black-Swan-Theorie ist ein schwarzer Schwan ein schreckliches Ereignis mit hoher Schlagkraft, das weder aus wissenschaftlicher noch historischer Sicht vorherzusehen war und das erst im Nachhinein rationalisiert wird. Wie 9/11, die Immobi­lienblase 2008 oder die Rückkehr der Gürteltaschen.

»Ich hätte nicht gedacht, dass Sie Taleb lesen, Inspector.« Mentor schaut Jon an, als sähe er ihn zum ersten Mal.

»Machen Sie nie den Fehler, mich zu unterschätzen«, erwidert Jon, der nicht mal auf dem Sterbebett zugeben würde, dass er von dieser Theorie in einer abgegriffenen Zeitschrift im Wartezimmer seines Zahnarztes gelesen hat.

»Ich verspreche, es nicht zu tun. Die Schlussfolgerung der Studie lautet, dass wir in Europa eine neue Welt kreiert haben. Ohne Grenzen, ohne Zollkontrollen. Fünf Millionen Quadratkilometer, in denen sich die Bösen nach Lust und Laune frei bewegen und austoben können. Und Hunderte von Polizeiapparaten, die miteinander konkurrieren. So entstand das Projekt Rote Königin.«

»Die aus Alice im Wunderland? Die mit dem ›Kopf ab‹?«

»Daher stammt der Name. Es ist eine alte Evolutionstheorie. Erinnern Sie sich an die Passage im Buch, in der Alice und die Königin rennen und rennen und doch nicht vom Fleck kommen?«

Jon macht eine vage Handbewegung. Das ist der Nachteil, wenn man schlauer wirken will, als man ist, die Farce lässt sich nicht lange aufrechterhalten.

»Die Rote Königin sagt zu Alice, dass man in ihrem Land sehr schnell rennen muss, um am gleichen Fleck zu bleiben«, fährt Mentor fort. »Übertragen auf die Evolution muss man sich permanent anpassen, um mit den Raubtieren auf einer Höhe zu bleiben.«

»Aber das tun wir doch schon«, verteidigt sich Jon.

»Wie denn? Mit mehr Polizisten? Mehr Computern? Mehr Waffen? Oder meinen Sie den Kurs zur Cyberkriminalität, den man letztes Jahr in den Dienststellen eingeführt hat?«

»Keine Ahnung. Ich habe den ganzen Kurs über ›Angry Birds‹ gespielt.«

»Am Ende sind die Kriminellen im Vorteil, denn sie bewegen sich schneller, sind unsichtbar und müssen niemandem Rechenschaft ablegen.«

Jon schaut zum Haus hinüber.

»Ich glaube, ich beginne langsam zu verstehen.«

»Das Projekt begann mit einem Experiment. Eine Zentralstelle und eine Spezialeinheit in jedem Land der Europäischen Union mit ganz besonderen Zielsetzungen. Zielsetzungen, die vor der Öffentlichkeit geheim gehalten werden müssen.«

»Nennen Sie mir ein Beispiel.«

»Serienmörder. Besonders hinterhältige Gewalttäter. Pädophile. Terroristen.«

»Einzelgänger und Abschaum«, bestätigt Jon.

»Genau wie ihnen werden unserem Projekt keine Fesseln angelegt. Es gibt auch keine Hierarchie, weder interne Rivalität noch Bürokratie. Nur einen Verbindungsmann mit dem Schlüsselnamen Mentor.«

»Na sowas, ich dachte schon, das sei wirklich Ihr Familienname.«

Mentor lächelt...

Erscheint lt. Verlag 19.7.2021
Reihe/Serie Die rote Königin
Die rote Königin
Übersetzer Sybille Martin
Sprache deutsch
Original-Titel Reina Roja
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bestseller Spanien • eBooks • Entführung • Geheimorganisation • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Madrid • Mord • rote königin • Spanien • Spannungsroman • Thriller • Verdeckte Ermittlung • weibliche Ermittlerin
ISBN-10 3-641-26099-X / 364126099X
ISBN-13 978-3-641-26099-6 / 9783641260996
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