Der Tag beginnt mit Mord (eBook)

Ein Krimi in Irland

(Autor)

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2021 | 2. Auflage
240 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2551-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Tag beginnt mit Mord - Molly Flanaghan
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Der Tote im Bed & Breakfast.

Die junge Fiona O'Connor kehrt aus Dublin zurück in ihr idyllisches Heimatdorf Ballinwroe an der irischen Westküste. Sie erfüllt sich einen langgehegten Wunsch und baut ihr Elternhaus in ein kleines Bed & Breakfast um: das Greenhill Cottage. Doch schon bald geschehen dort unheimliche Dinge. Vor ihrer Haustür findet Fiona tote Vögel, und nachts schleicht jemand um das Haus. Fiona hat den Verdacht, dass man sie aus dem Dorf verjagen möchte. Als einer ihrer ersten Gäste tot in den Ruinen einer Mühle gefunden wird, bekommt sie es mit der Angst zu tun. Würde tatsächlich jemand so weit gehen, nur um ihr zu schaden?

Eine eigenwillige Heldin ermittelt in der wilden und rauen Landschaft Irlands.



Molly Flanaghan, geboren 1978, reiste als Studentin während der Semesterferien mit dem Rucksack durch Irland und verliebte sich Hals über Kopf in das Land. Während einer zweiten Reise lernte sie ihren späteren Ehemann kennen, mit dem sie inzwischen in Deutschland lebt. Irland ist ihr zur zweiten Heimat geworden.

2


Fiona O’Connor stand auf der steinernen Türschwelle ihres Hauses und blickte, eine Tasse Tee in der Hand, in den kalten Märzmorgen. Der leise Regen fiel auf den noch wintergrauen Garten und die von flachen Steinmauern umgebenen Felder. Sie meinte, das Meer riechen zu können, und holte tief Luft. Kein Geräusch durchbrach die Stille.

Seit sie vor einigen Monaten zur Beerdigung ihrer Mutter nach Jahren zum ersten Mal wieder aus Dublin in ihr kleines Heimatdorf zurückgekehrt war, war viel geschehen. Sie hatte ihr Elternhaus, das jetzt ihr gehörte, mit seinen grob behauenen Steinmauern, den Erkern und den blank gescheuerten Holzböden nur verkaufen wollen. Ihr Plan war eigentlich gewesen, alles schnell abzuwickeln, die Vergangenheit endlich hinter sich zu lassen und dann in die Stadt zurückzukehren. Eigentlich.

Doch dann war sie nach der Beerdigung alleine den Weg vom Friedhof zum Haus gegangen, mied dabei den Kontakt zu den Dorfbewohnern Ballinwroes ebenso, wie diese sie mieden.

Sie war also den Weg gegangen, den sie als Mädchen unzählige Male gelaufen war: die kleine Straße neben der Kirche entlang, die Steinbrücke über den Fluss, an den Ruinen der alten Mühle, am Pub und dem kleinen Laden vorbei und dann den Hügel hinauf. Jeder Schritt eine Erinnerung, viele unbeschwerte, kindlich unschuldige Erinnerungen, und später dann, nach dem letzten Sommer, schwere und dunkle. Bis sie damals den Weg ein letztes Mal gegangen war, weg vom Haus, weg aus dem Dorf, weg aus dem Leben, das ihr dort gedroht hatte, nach Dublin.

Sie hatte nicht vorgehabt, jemals hierher zurückzukehren. Und doch war sie, als sie die Nachricht vom Tod ihrer Mutter erhalten hatte, in Richtung Westen geeilt. Sie wollte nur Abschied nehmen. Doch stattdessen war sie nach Hause gekommen.

Fiona spürte neben sich eine Bewegung und drehte sich lächelnd um.

»Guten Morgen, Orla.«

Orla King ließ sich auch an einem verregneten Morgen nicht davon abhalten, ihr sorgfältiges Make-up, einen Duft von Chanel, einen wild gemusterten Morgenmantel aus Seide und schmale Slipper in Gold zu tragen. So stand sie nun auf der Türschwelle des kleinen traditionellen Cottage, die Haare unter einer Art Turban aus einem silbrig schillernden Tuch versteckt. Fiona fühlte sich sofort in ein Märchen aus »Tausendundeine Nacht« versetzt. Sie lächelte.

»Très chic. Ich hätte nie gedacht, dass du jemals zu einer so frühen Stunde wach sein würdest.«

Orla zupfte eine imaginäre Fluse vom Ärmel ihres Morgenmantels und gähnte ausgiebig. Dann legte sie ihren Arm um Fionas Hüfte und blickte nach oben. Orla war klein, selbst wenn sie wie üblich ihre hohen Absätze trug, und mit den flachen Slippern wirkte sie wie eine zugegebenermaßen etwas in die Jahre gekommene Elfe.

»Werd nicht frech, Mädchen. Was meinst du, wie ich an mein Geld gekommen bin? Sicherlich nicht, indem ich tagaus, tagein bis in die Puppen geschlafen habe. Jedenfalls nicht jeden Tag.«

Fiona musste leise lachen.

Orla hatte ihr Geld und das feine Dubliner Hotel geerbt und es dann, geschickt wie sie war, zu einem der erfolgreichsten der Stadt gemacht. Sie arbeitete hart, keine Frage, aber Fiona war sich sicher, dass Orla seit Jahren nicht mehr vor dem Läuten der Mittagsglocken wach gewesen war, es sei denn, eine ihrer legendären Feiern im Salon ihrer großen Stadtwohnung hatte bis in die Morgendämmerung angehalten. Die kleine Frau neben ihr ließ ihren Blick über den nassen Garten und die Felder gleiten. Einige Schafe standen stoisch neben einer Mauer und sahen so aus, als müssten sie dringend ausgewrungen werden.

»Und du willst wirklich hier …«, Orlas schmale Hand, an der sogar schon so früh am Morgen einige funkelnde Ringe den Blick von den Altersflecken ablenkten, wies auf das Panorama vor der Tür, »… hier draußen bleiben?«

Fiona nickte. Es war verrückt, das wusste sie selbst. Niemand wollte sie hier haben. Sie war vor Jahren geflohen und hatte sich geschworen, niemals zurückzukehren. Und doch –

»Ja. Das will ich.«

Sie drehte sich zu Orla um. Orla. Mehr eine Mutter, als es ihre eigene je für sie gewesen war. Bei dem Gedanken musste Fiona schmunzeln. Würde sie je auf die Idee kommen, Orla dieses Gefühl mitzuteilen? Die elegante, eigenwillige und so lebensfrohe Frau, deren Alter wahrscheinlich eines der bestgehüteten Geheimnisse Dublins war, die vor niemandem Angst hatte und ihr Leben lang immer das aussprach, was sie dachte, steckte gerade eine schmale Zigarette in eine silberne Zigarettenspitze. Du bist wie eine Mutter für mich. Fiona formulierte den Satz in ihrem Kopf, aber sie wusste, Orla würde eine ihrer fein nachgezeichneten Augenbrauen heben und den Satz ins Lächerliche ziehen, einen Witz daraus machen. Gefühlsduseleien waren nicht ihre Sache. Also versuchte Fiona es anders.

»Ja, ich bleibe. Aber ich werde dich und Dublin fürchterlich vermissen. Sogar deine Zigaretten. Sogar die.«

Orla lächelte und blies wie zur Bestätigung einen kleinen Rauchkringel in die feuchte Morgenluft.

»Du wirst schneller wieder bei mir sein, als du glaubst.«

Als sie Fionas Gesichtsausdruck sah, hob sie schnell die Hand.

»Versteh mich nicht falsch, Kleines.«

Orla liebte es, den Menschen in ihrer Umgebung Kosenamen zu geben. Fiona fand, sie klang dabei immer wie eine Gaunerin aus den zwanziger Jahren. Wahrscheinlich fand Orla das auch und machte es genau deswegen. Sie hätte gut in das New York der Goldenen Zwanziger gepasst. Fiona war sich sicher, dass Orla mit nur einer Hand, in der anderen eine Zigarette, einen Fluchtwagen lenken könnte. Das schwarze eng anliegende Haar unter eine schmale Kappe gesteckt, ein feines Lächeln auf den Lippen und ein gefährliches Funkeln in den Augen.

Doch jetzt blickten diese Augen ernst.

»Der Umbau des Hauses ist ein Traum, das Bed and Breakfast perfekt. Sogar der Name: ›Greenhill Cottage‹. Schlicht, treffend. Die amerikanischen Touristen werden dir die Bude einrennen und dich mit ihren Dollarnoten überschütten. Ich weiß, was du leisten kannst.«

Sie wurde rot. Ein Lob von Orla war selten – und umso wertvoller.

»Immerhin hab ich es dir ja beigebracht.«

Fiona lächelte. Sie hatte alles von Orla gelernt. Als sie Ballinwroe vor Jahren verlassen hatte, als sie geflüchtet war nach Dublin – ein junges Mädchen, sechzehn, schwanger und verzweifelt –, hatte sie in Orlas Hotel einen Job als Zimmermädchen bekommen. Warum Orla gerade sie mit ihrem breiten westirischen Akzent, den unbeholfenen Bewegungen, den viel zu stark geschminkten Augen und der sichtbaren Verzweiflung aufgenommen hatte, war ihr bis heute ein Rätsel. Aber die Hotelbesitzerin hatte ihr den Job gegeben und, was sie ihr niemals vergessen würde, zu ihr gestanden, als die Schwangerschaft sichtbar wurde. Hatte zu ihr gestanden, als ihr Baby, ihre Tochter, geboren wurde und ihre Entscheidung respektiert.

Fiona verdrängte die Erinnerung mit aller Macht und blickte Orla an.

»Aber wenn es hier so perfekt ist, warum glaubst du dann, dass ich nach Dublin zurückkehren werde?«

Orla zögerte, sprach dann ungewohnt ernst weiter.

»Liebes, sie wollen dich hier nicht. Sie wollen nicht, dass du hier bist mit deinem Bed and Breakfast, mit deinem Erfolg. Du hast sie damals verlassen, dich gegen die Regeln gestellt. Wärst du zurückgekehrt, vom Leben geschlagen, dann hätten sie dich vielleicht aufgenommen.«

Fiona umfasste ihre Teetasse fester. Sie war nach Hause gekommen, doch es war ein Zuhause, in dem sie nicht willkommen war.

»Weil du dann der Beweis dafür gewesen wärst, dass es schlimm ausgeht, wenn man das Dorf verlässt, verstehst du? Dass es nicht gut sein kann und nie etwas Gutes dabei herauskommt, gegen die Regeln zu verstoßen, sich aufzulehnen.«

Orla seufzte.

»Aber so? Mit dem Bed and Breakfast, mit deinem Erfolg? Mit deinem Geld?«

»Jeder zweite Penny, der in diesem Haus steckt, ist deiner, vergessen?«

Orla lachte kurz auf.

»Nein, das habe ich nicht vergessen, und ich freue mich schon auf die monatlichen Schecks, die du mir schicken wirst, wenn der Laden brummt. Aber die hier wissen das nicht. Die sehen nur, dass du gegangen bist und es dir gut geht. Du bist ein Schlag ins Gesicht aller, die geblieben sind.«

Fiona nippte an ihrem Tee und blickte über die Wiesen.

»Nicht jeder hier denkt so.«

»Aber die meisten. Dieser ungehobelte Kerl, Flynn, der Bürgermeister, der hat dich im Visier. Und wenn er gegen dich ist, dann …«

Fiona erinnerte sich an die Blicke, die ihr Nathan Flynn, Bürgermeister von Ballinwroe und Besitzer des einzigen, ziemlich in die Jahre gekommenen Hotels des Dorfes, zugeworfen hatte. Und daran, dass sie für die Umbauten in dem Bed and Breakfast nur mit Mühe einen Handwerker bekommen hatte. Einer der Zimmerleute hatte ihr gesteckt, dass Nathan Flynn allen gedroht hatte, ihnen über Jahre die Aufträge in seinem Hotel und im Dorf zu entziehen, wenn sie bei Fiona arbeiteten.

»Flynn ist gegen mich, weil er die Konkurrenz für sein schäbiges Hotel fürchtet. Mit Recht.«

Sie hatte bisher jede Herausforderung angenommen und hob kämpferisch ihren Kopf.

Orla lächelte stolz.

»Du wirst bestimmt mit ihm fertig. Aber du weißt, dass das nicht der einzige Grund ist, warum er dich so angreift, oder?«

Fionas Gesicht verschloss sich.

Nathan...

Erscheint lt. Verlag 18.1.2021
Reihe/Serie Fiona O'Connor ermittelt
Fiona O'Connor ermittelt
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Bed & Breakfast • Cosy Crime • Cozy Crime • Irland • Irland Krimi • Mags Blake • Mary Ann Fox • weibliche Ermittlerin
ISBN-10 3-8412-2551-9 / 3841225519
ISBN-13 978-3-8412-2551-1 / 9783841225511
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