Griechische Götter- und Heldensagen. Nach den Quellen neu erzählt. Mit Stammtafeln der Götter und Helden sowie Anmerkungen (eBook)
552 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-961535-6 (ISBN)
Die drei Göttergenerationen
Die Welt entsteht · Der Sohn entmannt den Vater · Aphrodite wird geboren · Pygmalion verlangt nach einer Statue · Der begehrte Adonis · Die Nachkommen der Nacht · Schicksalsgöttinnen · Die Nachkommen des Pontos · Galateia und Polyphem · Die Titanen unter Kronos · Zeus wird geboren ·
Die Titanenschlacht · Die Unterwelt
Die Olympischen Götter
Zeus herrscht · Demeter trauert um Persephone · Zeus und Hera – das göttliche Paar · Hephaistos' und Athenas widernatürliche Zeugung · Apollons langwierige Geburt · Apollon erwählt Delphi · Artemis und Kallisto · Hermes wird geboren · Als Säugling stiehlt Hermes Apollons Rinder · Der ziegenfüßige Pan · Athena erfindet die Flöte · Marsyas und Apollon im Musenwettstreit · Apollon liebt den Hyakinthos · Daphne, die Lorbeerjungfer ·Asklepios' untreue Mutter · Die Giganten greifen an · Der Kampf mit dem Weltfeind Typhon
Heroensagen
Prometheus und die Entstehung der Menschheit
Die vier Weltzeitalter · Die große Flut · Der Menschenfreund Prometheus · Prometheus wird angeschmiedet · Pandora bringt das Übel auf die Welt · Die Abstammung der Heroengeschlechter
Das Geschlecht des Agenor
Zeus liebt Io und verwandelt sie in eine schöne Kuh · Phaëthon begegnet seinem Vater Helios · Phaëthon fährt den Sonnenwagen · Die Kalydonische Jagd
Das minoische Kreta
Zeus verführt Europa · Minos und das Monster Minotauros · Ikaros fliegt sonnenwärts · Byblis und
Kaunos
Theben – die leidgeprüfte Stadt
Kadmos gründet Theben · Aphrodite und Ares im Liebesakt gefesselt · Hermaphroditos' Verweiblichung · Die Hochzeit von Kadmos und Harmonia
Die Taten des Dionysos
Die Flammengeburt des Dionysos · Zagreus, der erste Dionysos · Dionysos bei Ino und Melikertes ·
Dionysos bewährt sich · Dionysos kehrt nach Theben zurück · Dionysos und die Minyaden · Seeräuber
Entführen Dionysos · Dionysos wird im Olymp aufgenommen
Oidipus und Sieben gegen Theben
Die Nachkommen des Belos
Perseus
Die blutige Hochzeit der Danaïden · Danaë und der Goldregen · Perseus enthauptet Medusa · Perseus
rettet Andromeda · Perseus gründet Mykene
Herakles
Die Nachkommen des Prometheus
Sisyphos und andere Gottesfrevler
Iason und die Argonauten
Die Nachkommen des Atlas
Die frühe Geschichte Troias
Kybele und Attis · Der eselsohrige Midas · Philemon und Baukis · Die Spinnerin Arachne · Pyramos und Thisbe
Die Geschichte Spartas
Lakonien · Die Feindschaft der Zwillingspaare
Geschichten aus Böotien
Die Nachkommen des Asopos
Pelops und Tantalos
Die Töchter des Asopos · Die Qualen des Tantalos · Pelops' mörderisches Wagenrennen · Pelops erobert seine Insel
Die frühe Geschichte Athens
Die Taten des Theseus
Die mykenische Blütezeit
Atreus wird Mykenes König · Atreus' Versöhnungsfest · Die Rache des Thyestes · Der Ruhm der Atriden
Das Volk der Myrmidonen
Der mustergültige Herrscher Aiakos · Telamon in Salamis · Die Taten des Peleus
Das Vorspiel zum Troianischen Krieg
Die bedrohliche Braut Thetis · Der goldene Apfel ·Das Parisurteil · Troia nimmt sein Unheil an ·
Der Raub der schönen Helena
Heldensagen
Der Troianische Krieg
Die griechische Streitmacht wird aufgeboten
Odysseus stellt sich wahnsinnig · Achilleus in Frauenkleidern · Iphigenie in Aulis · Neun lange
Jahre Krieg
Der Groll des Achilleus – Die Ilias
Das zehnte Kriegsjahr – Troia wird fallen
Die Helden kehren heim
Die Achäer büßen ihre Schuld
Das Schicksal Agamemnons und seiner Familie
Klytaimnestra erschlägt ihren Gatten · Orests Muttermord · Die Eumeniden · Iphigenie bei den Taurern
Die Irrfahrten des Odysseus
Anhang
Nachwort
Lateinische Entsprechungen wichtiger griechischer Götter
Stammtafeln
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
Die zwölf Taten des Herakles
1. Der Nemëische Löwe
Als der stattliche Zeussohn vor Eurystheus erschien, erfasste ihn Schrecken, und er fürchtete um seinen Thron. So wählte er solche Aufgaben, die kein Mensch zu erfüllen vermochte und den Nebenbuhler mit Sicherheit umbringen würden. Schnell war der erste Auftrag gefunden – den Löwen, der um Nemea wütete, zu töten.
Dort fand Herakles das Biest mit blutverschmiertem Maul schlafend vor. Lautlos nahm er seinen Bogen und schoss mit aller Kraft. Doch der Pfeil prallte vom glänzenden Fell ab, und das Raubtier schlummerte ungerührt weiter. Als der Held mit seinem riesigen Schwert auf das Tier einschlug, erwachte es zwar, aber die Waffe zerbrach wie Spielzeug. Ebenso barst Herakles’ Keule auf dem Haupt des Brüllenden. Waffenlos stürzte Herakles sich nun auf den Löwen, rang ihn mit bloßen Fäusten nieder und würgte das mächtige Tier, bis es leblos zu Boden sackte.
Dessen Haut schnitt er mit den Löwenkrallen auf, zog das Fell ab und trug dies künftig als seine unverwechselbare Kleidung, wobei ihm der Löwenkopf als Helm diente.
2. Die Lernäische Hydra
Herakles’ unerwarteter Erfolg verblüffte Eurystheus nur für einen Augenblick, dann sprach er so gewinnend wie möglich:
»Einen so starken Helfer wie dich für mein Reich gefunden zu haben, erfreut mein Herz. Als Zweites bitte ich dich, töte die Lernäische Hydra, denn mein hohes Amt lässt mir nicht genügend Zeit, derart geringe Aufgaben selbst zu erledigen.«
Daraufhin begab sich Herakles mit seinem Freund Iolaos zum sumpfigen Lerna, wo das furchtbare Ungeheuer in einer Höhle hauste. Aus deren schwülem, stickigem Dunkel drangen Röcheln, Pfeifen und Heulen; Laute, die sie noch nie gehört hatten.
Als Iolaos sah, wie Herakles schnurstracks in die Grotte eindringen wollte, fürchtete er um Leib und Leben seines Freundes und rief besorgt:
»Halt, Herakles! Erinnerst du dich nicht, dass der Hydra anstelle von Blut Gift im Körper brodelt? Das tötet sofort jedes Wesen! Gelänge es dir wirklich, das Ungeheuer zu erlegen, bespritzt dich in der engen Höhle ihr Gift und und bringt dich um.«
Herakles folgte dem Rat. Die Hydra musste also geweckt und herausgelockt werden. Er nahm nun den Bogen von der Schulter und schoss Pfeile in das Dämmerlicht der Höhle. Ein ohrenbetäubendes Brüllen zeigte, dass sie getroffen hatten, und die Hydra wälzte sich heraus.
Welch entsetzlicher Anblick! Auf ihrem unförmigen, geschuppten Körper schlängelten sich sieben zähnefletschende Köpfe. Wie jeder andere Sterbliche erbebte Iolaos vor dem Scheusal – nicht aber Herakles. Er packte sein Schwert, stürmte gegen das Untier und hieb ihm in Windeseile zwei Köpfe ab.
Doch was war das? Noch ehe die abgetrennten Hälse auf den Boden fielen, wuchsen aus jedem Halsstummel gleich zwei neue Köpfe nach. Nun ringelten sich neun greuliche Häupter auf Hydras Schultern. Herakles stürzte mit unbändiger Wut auf das Ungeheuer und mähte blindwütig Hälse ab, wie sie ihm vor die Klinge kamen.
»Herakles! Herakles! Du Wahnsinniger, siehst du nicht, was du anrichtest?«, brüllte Iolaos.
Erst jetzt kam der Held zur Besinnung und sah sich einem Gegner gegenüber, der nicht mehr nur mit sieben, mit neun oder zwölf, sondern mit schier unzähligen Köpfen angriff. Niemand hat je in dem sich ringelnden Köpfeknäuel deren genaue Anzahl ausmachen können. Vielleicht entstanden daraus die sich widersprechenden Berichte über die Anzahl von Hydras Häuptern.
Nun aber befahl Herakles seinem Freund:
»Nimm eine brennende Fackel und halte sie an jeden frischen Stumpf!«
Bis zur Abenddämmerung schlug der Zeussohn die fletschenden Rachen ab, und Iolaos brannte sofort mit Feuer die Halsstummel aus, so dass keine neuen Köpfe mehr nachwachsen konnten, bis auch das letzte Haupt gefallen und die Hydra getötet war. Mit ihrem giftigen Blut benetzte Herakles dann seine Pfeile.
3. Die Kerynëische Hirschkuh
»Das ist unmöglich«, überlegte Eurystheus, »jeder andere wäre unweigerlich umgekommen. Aber ich bin selbst schuld. Töten ist viel zu einfach. Hätte ich befohlen, mir den Löwen oder die Hydra lebend zu bringen, wäre auch ein Herakles gescheitert. Aber dieser Fehler unterläuft mir kein zweites Mal. Und überhaupt erkenne ich diese Aufgabe nicht an, denn er vollbrachte sie nicht allein.«
So wie er es beschloss, wurde es Herakles verkündet. Der machte sich unverdrossen an die Erfüllung der dritten Aufgabe, die Kerynëische Hirschkuh lebendig an den Königshof zu bringen.
Das galt fürwahr als ein unlösbarer Auftrag, denn die Hirschkuh war mit ihrem goldenen Geweih ebenso scheu wie behend. Herakles erblickte sie nur von Ferne. Ein ganzes Jahr jagte der Held das Tier von dessen Heimat, den Kerynëischen Hügeln, bis zum Land der Hyperboreer, von denen er auch den Olivenbaum nach Griechenland brachte. Schließlich wollte das erschöpfte Wild einen Fluss überqueren. Herakles kam endlich nahe genug heran, verwundete blitzartig mit zwei Pfeilen dessen Läufe und trug es nach Tiryns.
4. Der Erymanthische Eber
»Wir hofften, du wärest tot«, entfuhr es dem König vor Enttäuschung, als Herakles nach einem Jahr wieder erschien, um sich schnell zu korrigieren: »… fürchteten, wir fürchteten um dein Leben. Aber wie konntest du dieses edle Tier nur so verunstalten? Hatte ich dir nicht befohlen, es unverletzt zu bringen?«
»Nein, o weiser Herrscher«, antwortete Herakles, »du verlangtest nach der lebendigen Hirschkuh, und hier ist sie und meine Aufgabe somit erfüllt. Wünschst du jedoch einen Park mit unversehrten Tieren anzulegen, dann wähle deine Worte genauer.«
»Vergiss nicht, dass du mit deinem Herrn sprichst, dem du Respekt schuldest«, nahm Eurystheus das Wort, »und auch, wenn es über deinen Verstand geht, befasst sich ein König nicht mit derartigen Kleinigkeiten. Mein ganzes Tun ist auf das Wohl meines Volkes gerichtet, das in Arkadien vom Erymanthischen Eber bedrängt wird. Bringe mir dieses Untier lebend! Aber merke: Sollte der Keiler die kleinste Wunde, Quetschung, Schwellung oder derartiges aufweisen, dann hat meine Großzügigkeit ein Ende und die Arbeit wird aberkannt.«
Unterwegs kehrte Herakles beim Kentauren Pholos ein, der ihn gastfreundlich aufnahm. Aber als die übrigen Kentauren rochen, dass ihren Weinvorräten beim Gelage das Ende drohte, stürmten sie heran, warfen Felsbrocken, Bäume und Feuerbrände. Voller Angst verkroch sich Pholos, aber Herakles trat ihnen tapfer entgegen und tötete viele.
Doch ein Pfeil verirrte sich und verwundete den weisen Cheiron. Entsetzt sprang Herakles seinem alten Freund zu Hilfe, aber all dessen Heilkünste blieben wirkungslos. Das Gift verbrannte Cheirons Eingeweide, der nun als Unsterblicher endlose Qualen erlitt. Erst als später Prometheus dessen Unsterblichkeit auf sich nahm, endete Cheirons Marter.
Die anderen Kentauren flohen nach Eleusis, Sizilien, Melea oder zum Fluss Euenos, wo der feindliche Kentaur Nessos sich später furchtbar an Herakles rächte. Nachdem der Kampflärm verstummt war, kroch der verängstigte Pholos aus seinem Unterschlupf, überblickte das grausige Schlachtfeld und wog zweifelnd einen Pfeil in der Hand. Wie vermochte eine so kleine Waffe nur derartigen Schaden anzurichten? Da entglitt ihm der Pfeil, ritzte seinen Fuß, und Hydras Gift tötete ihn in Sekundenschnelle. Herakles begrub seinen Gastfreund am Fuße des Berges, der ebenso wie das umliegende Gebiet seinen Namen trägt: Pholoë. Pholos oder Cheiron wurde als das Sternbild des Kentauren an den Himmel versetzt.
Betrübt machte sich Herakles auf, seine Pflicht zu erfüllen. Doch schon beim ersten Anblick sah der Held, dieser stolze Eber ließe sich niemals lebendig einfangen. Aber Herakles war es gewohnt, Unmögliches zu vollbringen.
So trieb er das Tier immer höher hinauf zum Gipfel des schneebedeckten Erymanthos-Gebirges. Der Schnee, durch den sich das Tier unermüdlich kämpfte, wurde tiefer und tiefer, bis es steifgefroren und am Ende seiner Kräfte rüsseltief steckenblieb.
Der tiefgekühlte, aber unversehrte Eber wurde kurzerhand geschultert und zum König geschleppt. Der entsetzte sich über das gewaltige Biest derart, dass er sich in einem mannshohen Krug versteckte. In dem würde er künftig die Ankunft unseres Helden abwarten und ihm neue Aufgaben stellen.
5. Die Ställe des Augias
Eurystheus erkannte, dass er mit Herakles nicht allein fertig würde und besprach sich mit Beratern und seiner Familie. Lange sannen sie nach und verwarfen Plan um Plan. Herakles nutzte indessen die Zeit und schloss sich dem Zug der Argonauten an, zu dem Iason alle griechischen Helden gerufen hatte. Doch davon erzählen wir später.
Noch immer schüttelten die weisen Männer im Palast des Eurystheus grübelnd ihre Köpfe, bis dessen Frau vorschlug:
»Mit jeder Heldentat steigt Herakles’ Ruhm, während deiner verblasst. Stelle ihm nicht nur eine unlösbare Aufgabe, sondern auch eine, die ihn lächerlich macht! Lass ihn an einem Tage die Ställe des Augias reinigen!«
Eurystheus lobte den Rat. Denn Augias, der König von Elis, war nicht nur wegen seines Reichtums, der im alten Griechenland vor allem im Besitz von Kühen bestand, ein beliebtes Tratschthema, sondern vor allem seiner gigantischen Ställe halber, in denen er...
Erscheint lt. Verlag | 5.11.2019 |
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Reihe/Serie | Reclams Universal-Bibliothek | Reclams Universal-Bibliothek |
Verlagsort | Ditzingen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Märchen / Sagen |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Achill • Analyse • Anthropologie • Antike • Aphrodite • Basiswissen • Bräuche • Einführung • Erläuterungen • Ethnographie • Ethnologie • gelb • gelbe bücher • Gesellschaft • Griechenland • Grundlagen • Helden • HERA • Herkules • Homer • Ideengeschichte • Identität • Ilias • Interpretation • Kultur • Lektüre • Mythen • Mythologie • Ödipus • Odyssee • Odysseus • Ovid • Reclam Hefte • Reclams Universal Bibliothek • Rituale • Sagen • sagenkreis • Studenten • Studentinnen • Studierende • Textanalyse • Theseus • Traditionen • Troja • universalbibliothek • Universität • Vorlesungen • Wissen • Wissenschaft • Wissenschaftliche Abhandlung • Zeus |
ISBN-10 | 3-15-961535-9 / 3159615359 |
ISBN-13 | 978-3-15-961535-6 / 9783159615356 |
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