Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt (eBook)

Roman
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2020 | 1. Auflage
480 Seiten
Penhaligon (Verlag)
978-3-641-24938-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt -  C.A. Fletcher
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»Wenn du dieses Jahr nur ein einziges Buch liest, muss es dieses sein. Es wird dein Herz brechen.« Nerd Daily
Mein Name ist Griz. Meine Kindheit war anders als deine. Ich hatte keine Freunde, einfach aus dem Grund, dass ich außer meiner Familie kaum jemanden kenne. Überhaupt bin ich in meinem ganzen Leben nur einer Handvoll Menschen begegnet. Zwar sagen meine Eltern, dass die Welt einst bevölkert war, doch jetzt gibt es nur noch uns. Aber wir sind nicht einsam auf unserer entlegenen Insel. Wir haben uns - und unsere Hunde. Aber dann kam der Dieb, und er stahl meinen Hund. Auch wenn es kein Gesetz mehr gibt, das Diebstahl bestraft, werde ich ihn mir zurückholen. Denn was bleibt von unserer Menschlichkeit übrig, wenn wir nicht für jene, die wir lieben, alles, wirklich ALLES tun ...

C. A. Fletcher lebt in Schottland, zusammen mit seinen Kindern und seinen Hunden. Sein Roman »Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt« erschien zuerst in England und berührte mit seiner bewegenden Geschichte über Mut, Hoffnung und Überleben in einer den Menschen fremd gewordenen Welt unzählige Leser.

1
DAS ENDE

Hunde haben uns von Anfang an begleitet.

Als wir noch Jäger und Sammler waren, Afrika verlassen und angefangen haben, uns in der Welt auszubreiten, waren sie an unserer Seite. Sie haben unsere Feuer bewacht, während wir schliefen, und uns in der langen Morgendämmerung des Menschen, als wir unser Essen noch gejagt haben, statt es anzubauen, dabei geholfen, Beute zu erlegen. Später, als wir Bauern wurden, haben sie unsere Felder und Herden bewacht. Sie haben auf uns und wir auf sie aufgepasst. Noch später, als wir Dörfer und Städte gebaut haben, haben sie mit unseren Familien in unseren Häusern gelebt. Von all den Tieren, die uns durch die Jahrtausende begleitet haben, waren uns die Hunde immer am nächsten.

Und diejenigen, die übrig geblieben sind, begleiten uns immer noch, hier am Ende der Welt. Es mag keine Gesetze mehr geben außer jenen, die man selbst macht, aber wenn du meinen Hund stiehlst, kannst du zumindest damit rechnen, dass ich dich verfolge. Wenn wir denen gegenüber, die wir lieben, nicht loyal sind, was soll das Ganze dann? Das wäre, als hätte man kein Gedächtnis. Dann hört man auf, ein Mensch zu sein.

Es ist eine Art von Tod, selbst wenn man weiteratmet.

Also. Es hat sich herausgestellt, dass das Ende der Welt nicht von einem großen Knall begleitet wurde. Oder auch nur von einem Wimmern. Versteh mich nicht falsch: Es gab Explosionen, manche groß, manche klein, aber das war am Anfang, bevor die Leute richtig verstanden haben, was vor sich ging.

Doch die Explosionen waren nicht der Grund für das Ende. Sie waren Symptome, nicht die Ursache.

Es endete mit der Kastration, auch wenn die Auslöser dafür nie geklärt wurden – oder falls doch, dann erst, als es zu spät war, um etwas dagegen zu unternehmen. Es gab so viele Theorien für die plötzlich kinderlosen Menschen: eine Salve kosmischer Strahlen, eine außer Kontrolle geratene Chemiewaffe, Bioterror, Umweltverschmutzung (ihr habt die Welt wirklich ins Chaos gestürzt), irgendeine Art genetischer Mutation, die von einem Virus aus dem All ausgelöst wurde, oder sogar wütende Götter verschiedener Glaubensrichtungen. Das ›Wie‹ und ›Warum‹ wurden immer unwichtiger, als die Leute sich an das ›Was‹ gewöhnten und ihnen klar wurde, dass das große finale ›Wann‹ auf sie zukam wie eine Sturmfront. Eine, vor der nicht mal die Schnellsten, Reichesten, Klügsten oder Mächtigsten fliehen konnten.

Die Welt – der menschliche Teil davon – war kastriert worden oder vielleicht unfruchtbar geworden – vielleicht auch beides – , und die Leute hörten einfach auf, Kinder zu bekommen. Mehr brauchte es nicht. Die letztgeborene Generation – die Kinderlosen, wie sie sich selbst nannten, was beweist, dass Ironie zu den letzten Dingen gehörte, die untergingen – ist einfach immer älter und älter geworden, bis sie gestorben sind, wie Menschen es schon immer getan haben.

Und als sie weg waren, war es das. Kein Knall, kein Wimmern. Eher ein müdes Seufzen.

Es war eine weiche Apokalypse. Und obwohl sie denen, die sie durchleben mussten, wahrscheinlich hart vorkam, ist es geschehen. Und jetzt sind wir wenigen – wir unendlich wenigen – ganz allein, hängen auf der anderen Seite dieses Ereignisses fest.

Wie kann ich dir das erzählen und nicht tot sein? Ich gehöre zu den Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Schätzungen zufolge sind ungefähr 0,0001 Prozent der Weltpopulation irgendwie der Kastration entkommen. Sie sind als die Sonderfälle bekannt. Das bedeutet, wenn es vor der Kastration 7 000 000 000 Menschen gab, konnten weniger als 7 000 von ihnen noch Kinder bekommen. Einer von einer Million. Mehr oder weniger. Und nachdem man zwei Leute braucht, um ein Baby zu zeugen, waren es eher zwei von zwei Millionen Menschen.

Willst du wissen, ein wie großer Sonderfall ich bin? Auf dem alten Foto, das ich von dir habe, trägst du ein T-Shirt mit dem Namen eines noch älteren Fußballclubs darauf. Du siehst wirklich glücklich aus. In meinem gesamten Leben habe ich nicht genug Menschen getroffen, um zwei Mannschaften für ein Fußballspiel zu bilden. So leer ist die Welt.

Wenn das hier eine richtige Geschichte wäre, würde sie vielleicht ruhig anfangen und sich zu einer Katastrophe aufbauen, und dann würde sich vielleicht ein Held oder eine Gruppe Helden darum kümmern, dass alles wieder gut wird. Ich habe jede Menge solcher Geschichten gelesen. Ich mag sie. Besonders diejenigen, in denen sich eine große Gruppe Leute zusammentut – weil schon die Vorstellung einer großen Gruppe Menschen für mich interessant ist. Denn auch wenn ich schon viel gesehen habe, das noch nie.

Aber das ist nicht diese Art von Geschichte. Sie ist nicht erfunden. Hier gibt es nur mich als Chronist der Realität, um zu erzählen, was ich weiß, und zu berichten, was tatsächlich geschehen ist. Und alles, was ich weiß, selbst meine Geburt, geschah lange, lange nachdem diese Apokalypse zum letzten Mal gekeucht hat.

Ich sollte damit anfangen, mich vorzustellen. Ich bin Griz. Das ist nicht mein richtiger Name. Ich habe noch einen hochtrabenderen Namen, aber Griz werde ich schon sehr lange genannt. Sie haben gesagt, ich hätte als Kind immer geweint und ein Geräusch gemacht, das an meinen Namen erinnert. Also wurde ich zum kleinen Grizzler. Und als ich größer wurde, wurde mein Name kürzer, und jetzt bin ich einfach Griz. Ich weine nicht mehr. Dad sagt, ich sei stoisch – und er sagt das, als wäre es etwas Gutes. Stoisch heißt, dass ich mich nicht oft beschwere. Er sagt, es wirke, als hätte ich all mein Jammern schon erledigt, bevor ich reden konnte, und dass ich – auch wenn ich zu viele Fragen stelle – Dinge inzwischen einfach erledige. Und auch das klingt bei ihm, als wäre es etwas Gutes. Ist es auch. Jammern sorgt nicht dafür, dass Dinge erledigt werden.

Und wir haben immer eine Menge zu tun, hier, am Ende der Welt.

Hier ist mein Zuhause, und mein Zuhause ist eine Insel, und wir ist meine Familie. Meine Eltern, mein Bruder und meine Schwester, Ferg und Bar. Und natürlich die Hunde. Meine beiden heißen Jip und Jess. Jip ist ein langbeiniger Terrier, braun und schwarz, mit rauem Fell und Augen, die nichts übersehen. Jess ist genauso groß, aber sie hat glattes Fell, ist schmaler gebaut und hat einen weißen Fleck auf der Brust. Sie sind Mischlinge, Bruder und Schwester, aber trotzdem verschieden. Jess ist eine Seltenheit, weil jeder Wurf heutzutage nur noch aus Männchen zu bestehen scheint. Vielleicht hat das auch mit der Kastration zu tun. Vielleicht hat das, was uns getroffen hat, auch die Hunde getroffen, wenn auch weniger schlimm. Auf jeden Fall werden nur noch sehr wenige Hündinnen geboren. Vielleicht ist das ein Nachteil für die Hunde – eine Bestrafung für ihre Loyalität. Vielleicht sind sie ein kosmisch unfairer Kollateralschaden, weil sie uns all diese Jahrhunderte lang begleitet haben.

Wir sind die einzigen Menschen auf der Insel. Das ist in Ordnung, weil sie klein ist und genau für uns fünf ausreicht, auch wenn ich manchmal denke, sie würde besser zu uns passen und wäre weniger klaustrophobisch, wenn wir zu sechst wären. Die Insel heißt Mingulay. So hieß sie auch, als du noch am Leben warst. Sie liegt auf der Atlantikseite von etwas, das einmal Schottland war. Westlich gibt es nichts außer Meer und dann Amerika, aber wir sind uns ziemlich sicher, dass dieses Land nicht mehr existiert.

Im Norden liegen Pabbay und Sandray, niedrige Inseln, auf denen wir unsere Schafe und Pferde grasen lassen. Nördlich davon gibt es eine größere Insel namens Barra, doch dort landen wir nie an – was eine Schande ist, weil es dort eine Menge große Häuser und andere Sachen gibt. Doch wir betreten die Insel nie, weil irgendetwas passiert und das Land schlecht ist. Es ist seltsam, ein ganzes Leben lang an einem Ort vorbeizusegeln, der so groß ist, dass mitten im Hafen sogar eine klein Burg steht, ohne dort jemals an Land zu gehen. Wie ein Juckreiz, an den man nicht herankommt und wo man sich niemals kratzen kann. Doch Dad sagt, wenn man heute Barra betritt, bekommt man etwas viel Schlimmeres als Juckreiz. Und nachdem es seine Eltern getötet hat, gehen wir dort nicht hin. Die Insel bringt Unglück, und heutzutage leben dort nur Kaninchen. Selbst Vögel scheinen Barra nicht zu mögen; nicht einmal die Möwen, die nie höher landen als auf dem feuchten Sand unterhalb der Flutlinie.

Nordöstlich von uns zieht sich eine lang gezogene Inselkette entlang, die Uist heißt, und dort liegt auch Eriskay. Diese Orte bringen kein Unglück, und wir sind oft dort. Und obwohl es dort keine Menschen mehr gibt, gibt es doch jede Menge Wildtiere und wilde Kartoffeln. Einmal im Jahr fahren wir hin und campen dort eine Woche oder so, während wir die Gerste und den Hafer von den alten Feldern an der Küste ernten. Und manchmal fahren wir dorthin, um zu wikingern. »Den Wikinger machen« nennt Dad es, wenn wir länger als einen Tag segeln und auf dem Trip übernachten, um plündern zu gehen wie die uralten Seefahrer in den Büchern, mit ihren Langbooten und heroischen Taten. Wir allerdings sind keine Helden; wir wikingern nur, um zu überleben, suchen nützliche Dinge aus der alten Welt oder nach verschiedenen Materialien, die wir aus den verlassenen Häusern bergen können. Und Bücher, natürlich. Bücher sind ziemlich haltbar, wenn man sie vor Feuchtigkeit und Ratten schützt. Sie können locker Hunderte Jahre überleben. Lesen ist auch etwas, das wir tun, um zu überleben. Es hilft zu wissen, woher wir kommen und wie wir an diesen Punkt gelangt sind. Und jedes Mal,...

Erscheint lt. Verlag 27.4.2020
Übersetzer Vanessa Lamatsch
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel A Boy and his Dog at the End of the World
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte AllAgeFantasy • Bücher für die Coronavirus Zeit • Bücher für die Coronazeit • Bücher für die Covid19 Zeit • Buch für Quarantäne • Corona • Covid-19 • Der Wal und das Ende der Welt • Dystopie • dystopie fantasy • dystopischer Roman • eBooks • Emily St. John Mandel • England • Fantasy • Hopepunk • John Ironmonger • M. R. Carey • Pandemie • Postapokalypse • Road Trip • Roman mit Hund • Schiffbruch mit Tiger • Schottland • Tierliebe • Virus • Weltuntergang
ISBN-10 3-641-24938-4 / 3641249384
ISBN-13 978-3-641-24938-0 / 9783641249380
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