Wallensteins Lager. Die Piccolomini. Ein dramatisches Gedicht. Textausgabe mit Anmerkungen/Worterklärungen und Nachwort (eBook)
176 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-961293-5 (ISBN)
Friedrich Schiller (seit 1802: von; 10. 11. 1759 Marbach a. N. - 9. 5. 1805 Weimar) bildet mit Goethe den Kern der Weimarer Klassik, der bedeutendsten deutschen Literaturepoche. Schiller begann als Aufsehen erregender Sturm-und-Drang-Dichter und prägte seit 1795 als Publizist, Theoretiker, Dramatiker und Lyriker das berühmte klassische Weimarer Jahrzehnt. Schillers Dramen gehören noch heute zu den meistgespielten der deutschen Literatur, seine Gedichte, z. B. die Balladen, zählten im 19. Jahrhundert und darüber hinaus zum festen kulturellen Kanon der deutschen Literatur.
Friedrich Schiller (seit 1802: von; 10. 11. 1759 Marbach a. N. – 9. 5. 1805 Weimar) bildet mit Goethe den Kern der Weimarer Klassik, der bedeutendsten deutschen Literaturepoche. Schiller begann als Aufsehen erregender Sturm-und-Drang-Dichter und prägte seit 1795 als Publizist, Theoretiker, Dramatiker und Lyriker das berühmte klassische Weimarer Jahrzehnt. Schillers Dramen gehören noch heute zu den meistgespielten der deutschen Literatur, seine Gedichte, z. B. die Balladen, zählten im 19. Jahrhundert und darüber hinaus zum festen kulturellen Kanon der deutschen Literatur.
Wallensteins Lager
Die Piccolomini
Anmerkungen
Nachwort
Sechster Auftritt
Jäger. Wachtmeister. Trompeter.
WACHTMEISTER.
Wir danken schön. Von Herzen gern.
Wir rücken zu. Willkommen in Böhmen!180
TROMPETER.
Man sollts euch nicht ansehn, ihr seid galant.
WACHTMEISTER.
Ja, ja, im Saalkreis und auch in Meißen
Hört man euch Herrn nicht besonders preisen.185
ZWEITER JÄGER.
Seid mir doch still. Was will das heißen?
Der Kroat es ganz anders trieb,
Uns nur die Nachles übrig blieb.
TROMPETER.
Ihr habt da einen saubern Spitzen
Am Kragen, und wie euch die Hosen sitzen!190
Die feine Wäsche, der Federhut!
Was das alles für Wirkung tut!
Dass doch den Burschen das Glück soll scheinen,
Und so was kommt nie an unser einen!
WACHTMEISTER.
Dafür sind wir des Friedländers Regiment,195
Man muss uns ehren und respektieren.
ERSTER JÄGER.
Das ist für uns andre kein Kompliment,
Wir ebenso gut seinen Namen führen.
WACHTMEISTER.
Ja, ihr gehört auch so zur ganzen Masse.
ERSTER JÄGER.
Ihr seid wohl von einer besondern Rasse?200
Der ganze Unterschied ist in den Röcken,
Und ich ganz gern mag in meinem stecken.
WACHTMEISTER.
Herr Jäger, ich muss Euch nur bedauern,
Ihr lebt so draußen bei den Bauern;
Der feine Griff und der rechte Ton,205
Das lernt sich nur um des Feldherrn Person.
ERSTER JÄGER.
Sie bekam Euch übel, die Lektion.
Wie er räuspert und wie er spuckt,
Das habt Ihr ihm glücklich abgeguckt;
Aber sein Schenie, ich meine sein Geist,210
Sich nicht auf der Wachparade weist.
ZWEITER JÄGER.
Wetter auch! wo Ihr nach uns fragt,
Wir heißen des Friedländers wilde Jagd,
Und machen dem Namen keine Schande –
Ziehen frech durch Feindes und Freundes Lande,215
Querfeldein durch die Saat, durch das gelbe Korn –
Sie kennen das Holkische Jägerhorn! –
In einem Augenblick fern und nah,
Schnell wie die Sündflut, so sind wir da –
Wie die Feuerflamme bei dunkler Nacht220
In die Häuser fähret, wenn niemand wacht –
Da hilft keine Gegenwehr, keine Flucht,
Keine Ordnung gilt mehr und keine Zucht. –
Es sträubt sich – der Krieg hat kein Erbarmen –
Das Mägdlein in unsern sennigten Armen –225
Fragt nach, ich sags nicht um zu prahlen;
In Bayreuth, im Voigtland, in Westfalen,
Wo wir nur durchgekommen sind –
Erzählen Kinder und Kindeskind
Nach hundert und aber hundert Jahren230
Von dem Holk noch und seinen Scharen.
WACHTMEISTER.
Nun da sieht mans! Der Saus und Braus
Macht denn der den Soldaten aus?
Das Tempo macht ihn, der Sinn und Schick,
Der Begriff, die Bedeutung, der feine Blick.235
ERSTER JÄGER.
Die Freiheit macht ihn! Mit Euren Fratzen!
Dass ich mit Euch soll darüber schwatzen. –
Lief ich darum aus der Schul und der Lehre,
Dass ich die Fron und die Galeere,
Die Schreibstub und ihre engen Wände240
In dem Feldlager wiederfände? –
Flott will ich leben und müßig gehn,
Alle Tage was Neues sehn,
Mich dem Augenblick frisch vertrauen,
Nicht zurück, auch nicht vorwärts schauen –245
Drum hab ich meine Haut dem Kaiser verhandelt,
Dass keine Sorg mich mehr anwandelt.
Führt mich ins Feuer frisch hinein,
Über den reißenden, tiefen Rhein,
Der dritte Mann soll verloren sein;250
Werde mich nicht lang sperren und zieren. –
Sonst muss man mich aber, ich bitte sehr,
Mit nichts weiter inkommodieren.
ERSTER JÄGER.
Was war das nicht für ein Placken und Schinden
Bei Gustav dem Schweden, dem Leuteplager!
Der machte eine Kirch aus seinem Lager,
Ließ Betstunde halten, des Morgens, gleich
Bei der Reveille, und beim Zapfenstreich.260
Und wurden wir manchmal ein wenig munter,
Er kanzelt’ uns selbst wohl vom Gaul herunter.
WACHTMEISTER.
Ja, es war ein gottesfürchtiger Herr.
ERSTER JÄGER.
Dirnen, die ließ er gar nicht passieren,
Mussten sie gleich zur Kirche führen.265
Da lief ich, konnts nicht ertragen mehr.
WACHTMEISTER.
Jetzt gehts dort auch wohl anders her.
ERSTER JÄGER.
So ritt ich hinüber zu den Ligisten,
Sie täten sich just gegen Magdeburg rüsten.
Ja, das war schon ein ander Ding!270
Alles da lustiger, loser ging,
Soff und Spiel und Mädels die Menge!
Wahrhaftig, der Spaß war nicht gering,
Denn der Tilly verstand sich aufs Kommandieren.
Dem eigenen Körper war er strenge;275
Dem Soldaten ließ er vieles passieren,
Und gings nur nicht aus seiner Kassen,
Sein Spruch war: leben und leben lassen.
Aber das Glück blieb ihm nicht stet, –
Seit der Leipziger Fatalität280
Wollt es eben nirgends mehr flecken,
Alles bei uns geriet ins Stecken;
Wo wir erschienen und pochten an,
Ward nicht gegrüßt noch aufgetan.
Wir mussten uns drücken von Ort zu Ort,285
Der alte Respekt war eben fort. –
Da nahm ich Handgeld von den Sachsen,
Meinte, da müsste mein Glück recht wachsen.
ERSTER JÄGER.
Es ging mir schlecht.290
Sollten da strenge Mannszucht halten,
Durften nicht recht als Feinde walten,
Mussten des Kaisers Schlösser bewachen,
Viel Umständ und Komplimente machen,
Führten den Krieg, als wärs nur Scherz,295
Hatten für die Sach nur ein halbes Herz,
Wolltens mit niemand ganz verderben,
Kurz, da war wenig Ehr zu erwerben,
Und ich wär bald für Ungeduld
Wieder heim gelaufen zum Schreibepult,300
Wenn nicht eben auf allen Straßen
WACHTMEISTER.
Und wie lang denkt Ihrs hier auszuhalten?
ERSTER JÄGER.
Spaßt nur! so lange der tut walten,
Denk ich Euch, meine Seel! an kein Entlaufen.305
Kanns der Soldat wo besser kaufen? –
Da geht alles nach Kriegessitt,
Hat alles ’nen großen Schnitt.
Und der Geist, der im ganzen Korps tut leben,
Reißet gewaltig, wie Windesweben,310
Auch den untersten Reiter mit.
Da tret ich auf mit beherztem Schritt,
Darf über den Bürger kühn wegschreiten,
Wie der Feldherr über der Fürsten Haupt.
Es ist hier wie in den alten Zeiten,315
Wo die Klinge noch alles tät bedeuten,
Da gibts nur ein Vergehn und Verbrechen:
Der Ordre fürwitzig widersprechen!
Was nicht verboten ist, ist erlaubt;
Da fragt niemand, was einer glaubt.320
Es gibt nur zwei Ding überhaupt,
Was zur Armee gehört und nicht,
Und nur der Fahne bin ich verpflicht.
ERSTER JÄGER.
Der führt ’s Kommando nicht wie ein Amt,
Wie eine Gewalt, die vom Kaiser stammt!
Es ist ihm nicht um des Kaisers Dienst,
Was bracht er dem Kaiser für Gewinst?
Was hat er mit seiner großen Macht330
Zu des Landes Schirm und Schutz vollbracht?
Ein Reich von Soldaten wollt er gründen,
Die Welt anstecken und entzünden,
TROMPETER.
Still! Wer wird solche Worte wagen!335
ERSTER JÄGER.
Was ich denke, das darf ich sagen.
Das Wort ist frei, sagt der General.
WACHTMEISTER.
So sagt er, ich hörts wohl einige Mal,
Ich stand dabei. »Das Wort ist frei,
Die Tat ist stumm, der Gehorsam blind«,340
Dies urkundlich seine Worte sind.
ERSTER JÄGER.
Obs just seine Wort sind, weiß ich nicht;
Aber die Sach ist so, wie er spricht.
ZWEITER JÄGER.
Ihm schlägt das Kriegsglück nimmer um,
Wie’s wohl bei andern pflegt zu geschehen.345
Der Tilly überlebte seinen Ruhm.
Doch unter des Friedländers Kriegspanieren
Da bin ich gewiss zu viktorisieren.
Er bannet das Glück, es muss ihm stehen.
Wer...
Erscheint lt. Verlag | 25.10.2017 |
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Reihe/Serie | Reclams Universal-Bibliothek | Reclams Universal-Bibliothek |
Mitarbeit |
Kommentare: Kurt Rothmann |
Nachwort | Michael Hofmann |
Verlagsort | Ditzingen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Dramatik / Theater |
Schlagworte | Deutsch • Deutsche Literatur • Deutsch-Unterricht • Die Piccolomini • Drama • Dramatisches Gedicht • Friedrich Schiller • gelb • gelbe bücher • Klassenlektüre • klassisches Drama • Lektüre • Literatur Klassiker • Reclam Hefte • Reclams Universal Bibliothek • Schiller • Schullektüre • Trilogie • Wallenstein • Wallensteins Lager • Wallenstein Trilogie • Weltliteratur |
ISBN-10 | 3-15-961293-7 / 3159612937 |
ISBN-13 | 978-3-15-961293-5 / 9783159612935 |
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