Alle Götter des Alls: Science Fiction Erzählungen -  Alfred Bekker

Alle Götter des Alls: Science Fiction Erzählungen (eBook)

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2019 | 1. Auflage
150 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-1041-4 (ISBN)
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Alfred Bekker Alle Götter des Alls: Science Fiction-Erzählungen Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell. Inhalt Alfred Bekker DIE NAMEN DER GÖTTER Alfred Bekker: DER GÖTTERMACHER Alfred Bekker: SÜNDENBOCK Alfred Bekker: IN DEN GLIBBERIGEN TENTAKEL-KLAUEN EINER SCHWACHSINNIGEN SUPERINTELLIGENZ Alfred Bekker: FORTSCHRITT Alfred Bekker: EIN MITTEL GEGEN DIE FURCHT Alfred Bekker: DER VERBORGENE GOTT Alfred Bekker: DER ATTENTÄTER Alfred Bekker: DIE GOLDENEN GÖTTER VON ANDABAN

Alfred Bekker:


DER GÖTTERMACHER


Er gehörte nicht zu den Millionen Göttern der Galaxis, aber er hatte viele von ihnen gemacht. Es war gewissermaßen illegal und es gab Leute, die darin etwas Unmoralisches und ethisch Verwerfliches sahen, aber Joe Lakran (auch unter Namen wie Leichen-Joe oder Götter-Joe bekannt) fand nichts dabei. Für ihn war es ein Broterwerb wie jeder andere und zudem recht krisensicher und einträglich, denn der menschliche Bedarf an Göttern war größer als sich gemeinhin vermuten lässt. Die Nachfrage überstieg bei weitem das Angebot und nur Lakran selbst wusste genau, wieviel ihm das Göttermachen inzwischen eingebracht hatte.

Und dabei war das Produzieren von Göttern durchaus keine leichte Aufgabe. Es erforderte viel Sachverstand, Geschäftssinn und Einfühlungsvermögen in die Mentalität der jeweiligen Planetenbevölkerung.

Aber Lakran war unbestritten ein vollendeter Meister seines Fachs. Er konnte Götter aus dem Nichts zum Leben erwecken und aus einer boshaften Laune heraus wieder sterben lassen. Er war mächtig (auch wenn nur wenige von seiner Macht ahnten) und in manchem sogar mächtiger als die Regierungen aller Planeten zusammen: Er war der Puppenspieler, der Mann hinter der Bühne, der aus dem Verborgenen heraus die Fäden zog und die Marionetten tanzen ließ.

Die Bühnen, auf denen er spielte, waren ganze Planeten und auf diesen Bühnen war er Herr über Leben und Tod, über Sieg und Niederlage, über Gut und Böse.

»Es gibt einen einzigen höchsten Gott, der über allen anderen steht!«, rief Lakran mit seltsam verzerrtem Gesicht den Maschinen und Monitoren seines Raumschiffs zu. »Und dieser höchste Gott bin ich, Joe Lakran!«

Sein strahlendes Ego war heller als der leuchtende Mittelpunkt der Galaxis.

*

In Lakrans Augen war es weder zynisch noch überheblich, sein Raumschiff CORPUS DEI genannt zu haben. Für ihn war es lediglich ein zusätzlicher Gag bei der Sache. Hier auf der CORPUS DEI verbrachte er mehr als neunzig Prozent seiner Zeit, nur umgeben vom Schiffscomputer, von Monitoren und Schaltkonsolen und von Androiden verschiedenster Art.

Die einen waren dazu bestimmt, als Götter zu fungieren; die anderen, um Lakran zu erfreuen.

(Hier handelte es sich um vier vollkommen identische weibliche Androiden, von denen drei im Kälteschlaf lagen und nur dazu da waren, den vierten zu ersetzen, falls sich bei dem ein Funktionsfehler zeigen würde.)

Den Kontakt mit Menschen aus Fleisch und Blut vermied er fast völlig. Einerseits war er ihm zu schwierig und kraftraubend, andererseits misstraute er der gesamten Menschheit aus Prinzip. Vielleicht hasste er sie insgeheim auch. Er hasste alles, worüber er nicht Herr sein konnte.

*

»Wir befinden uns jetzt im Orbit von Neu Uruguay«, sagte der Schiffscomputer und kommentierte damit das Bild auf dem Hauptmonitor: eine gelb-braune Scheibe, die aus der Schwärze des Weltraums aufgetaucht war.

Lakran nickte zufrieden und fragte: »Wann waren wir das letzte Mal auf Neu Uruguay? Ich hab's vergessen.«

»Vor genau 333 Jahren, 3 Monaten und 3 Tagen - alles in Neu Uruguay-Zeit gerechnet«, kam die Antwort prompt.

»Sehr gut... Dann sind wir also pünktlich...«

Pünktlichkeit war eine wichtige Tugend für einen Göttermacher - ebenso wie die Fähigkeit, in geschichtlichen Zusammenhängen und größeren zeitlichen Dimensionen zu denken. Und natürlich Geduld. Ohne Geduld ging es auch nicht. Schon unzählige Male (zuletzt eben vor 333 Jahren) hatte die CORPUS DEI im Orbit von Neu Uruguay gestanden und während dieser Aufenthalte hatte Lakran den Boden für den kommenden Gott gedüngt. Er hatte Androidenpropheten losgeschickt, die ihn ankündigten und mythische Keime für die Zukunft legten, er hatte hier und da in politische und gesellschaftliche Strukturen eingegriffen und sie zu seinen Gunsten verändert.

Und er hatte gewartet. Er konnte warten und er hatte Jahrhunderte Zeit für seine Vorhaben. Das Phänomen der Zeitdilatation machte es möglich. Die CORPUS DEI brauchte sich einfach nur mit annähernder Lichtgeschwindigkeit zu bewegen und während dann für Lakran nur Wochen vergingen, waren es im übrigen Universum Jahrhunderte. Eine Form der Zeitreise quasi - allerdings nur in eine Richtung.

Bei seinem letzten Aufenthalt auf Neu Uruguay hatte Lakran seinen Androidenpropheten verspreehen lassen, dass der Erlöser in genau 333 Jahren, 3 Monaten und 3 Tagen käme.

(Die 3 war eine heilige Zahl auf Neu Uruguay: die Dreieinigkeit Vater, Sohn und heiliger Geist, die drei Ernten im Jahr, die drei Monde des Planeten, die drei Propheten, die Lakian geschickt hatte - die drei Augen, an denen die Neu Uruguayer ihren Messias erkennen würden!)

Neu Uruguay war ein Planet mit mildem Klima, welches in den meisten Regionen mehrere Ernten im Jahr erlaubte. Die Bevölkerung lebte größenteils von der Arbeit auf den gigantischen, nicht selten viele tausend Quadratkilometer umfassenden Farmen und vegetierten ohne nennenswerte Lebensqualität und soziale Sicherheit, oft am Rande des Existenzminimums, dahin, während eine kleine Schar privilegierter Großgrundbesitzer, die über neunzig Prozent der bewirtschaftbaren Planetenoberfläche unter sich aufgeteilt hatten, in schier unermesslichem Reichtum schwelgte.

Es war eine groteske Grausigkeit: Auf Neu Uruguay, einem Planeten, der Nahrungsmittel exportierte, verhungerten Menschen. Und dabei hätte der Planet das Zeug dazu gehabt, ein ökologisches und soziales Utopia zu werden: Die Bevölkerungszahl war niedrig (auch wenn sie stetig stieg und in vielleicht tausend Jahren die kritischen Werte erreicht haben würde), die Oberfläche war größtenteils als agraische Nutzfläche verwendbar und die wenigen Industriebetriebe konnten dem planetarischen Ökosystem nicht gefährlich werden. Wenn nur der Reichtum besser verteilt gewesen wäre...

Verschiedene Regierungen hatten versucht, eine Landreform durchzuführen, waren aber immer am Widerstand der privilegierten Oberschicht gescheitert. Nichts konnte gegen den Willen der großen Farmer geschehen, zu allem mussten sie ihren Segen geben. Wie die gerade amtierende Regierung auch politisch gefärbt war - sie hatte keine Chance gegen das Nahrungskartell. Denn passte den wahren Herrschern Neu Uruguays etwas nicht, so brauchten sie nur eine Einstellung der Produktion anzudrohen und sie konnten mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass ihren Wünschen Rechnung getragen wurde.

Zwangsläufig musste das so sein, denn das Wahrmachen dieser Drohung hätte den sofortigen Zusammenbruch der Wirtschaft, Hungerkatastrophen und vielleicht sogar Bürgerkriege als Folgen gehabt.

Die Lage der (größtenteils ungebildeten) Landbevölkerung hatte sich über die Jahrhunderte hinweg stetig verschlechtert und tat es noch. Die Reichen wurden noch reicher, die Armen versanken mehr und mehr im Elend.

Letztendlich war dies alles durchaus in Lakrans Interesse. Die Armen Neu Uruguays hatten jahrhundertelang auf ein Wiedererscheinen Christi gewartet und Lakran hatte sie durch gelegentliches Entsenden von Propheten, durch Verbreiten gewisser Mythen von Wundern und dergleichen mehr in ihren Werten bestärkt, ja, es zum Teil auch erst wachgerufen. Die von Anfang an dagewesenen Religiösität der Neu Uruguayer war ihm dabei natürlich eine große Hilfe gewesen.

Inzwischen schienen alle Mühen sich gelohnt zu haben. Jetzt endlich waren die Verhältnisse da, die ein Messias für sein Kommen brauchte!

*

Lakran trat an den gläsernen Sarg heran, in dem der dreiäugige Mann lag: Christus für Neu Uruguay. Er hatte trotz seines nichtmenschlichen Aussehens etwas tief Menschliches und Warmherziges in seinen Zügen, etwas, womit er die Massen fangen würde, etwas, das ihm helfen würde, die Summen einzubringen, die Lakran sich von ihm versprach.

Während seines Tiefschlafs war der dreiäugige Androide einer speziellen Hypno-Programmierung ausgesetzt gewesen. Er würde über jede Einzelheit seiner zukünftigen Messias-Rolle genaustens informiert sein.

»Weck ihn auf«, sagte Lakran zu dem allgegenwärtigen Schiffscomputer. Und er wurde geweckt.

Als der gläserne Sarg sich automatisch öffnete und sich der neue Messias zögernd erhob (nackt und sichtlich orientierungslos) und ihn mit nicht-verstehenden Augen anstarrte, da beglückwünschte Lakran sich innerlich. »Ja, ich glaube, du wirst ein erfolgreicher Messias werden.«

Er musterte ihn von oben bis unten. »Aber bis du dich rentierst, wird's wohl noch 'ne ganze Weile dauern.«

Er lachte ein hässliches, freudloses Lachen und der Androide öffnete halb den Mund.

»Nein, sag' nichts!« kam Lakran ihm zuvor. »Für Situationen wie diese bist du geistig nicht konditioniert. Du begreifst nichts und ich werde dir auch nichts begreiflich machen. Du bist einfach nur eine Maschine, verstehst du? Eine Maschine, die ihre Aufgabe erfüllt und Geld einbringt. Sonst nichts. Muss eine Maschine kapieren, wirklich kapieren, was sie tut?«

Verständlicherweise sagte der Androide nichts. Er schluckte nur und starrte Lakran an wie ein Wesen aus einem...

Erscheint lt. Verlag 27.12.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
ISBN-10 3-7389-1041-7 / 3738910417
ISBN-13 978-3-7389-1041-4 / 9783738910414
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