Die Blausteinkriege 3 - Der verborgene Turm (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017
640 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-17101-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Blausteinkriege 3 - Der verborgene Turm - T.S. Orgel
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Im Kaiserreich Berun ist nichts mehr so, wie es war. In der Hauptstadt haben sich die Fürsten versammelt, um den anrückenden Kolnorern entgegenzutreten - umsonst. Es ist längst zu spät, der Feind ist bereits mitten unter ihnen. Sogar das Protektorat Macouban ist mittlerweile vollständig von den Hexern der Huacoun und ihren Vasallen besetzt. Allein Xari, Ordensritter Cunrad und die Schildbrecher stehen ihnen entgegen. Doch die Wahrheit ist noch viel schrecklicher. Denn während das Reich im Krieg versinkt, erwachen uralte Kräfte, und das Ende der Welt steht bevor ...

Hinter dem Pseudonym T. S. Orgel stehen die beiden Brüder Tom und Stephan Orgel. In einem anderen Leben sind sie als Grafikdesigner und Werbetexter beziehungsweise Verlagskaufmann beschäftigt, doch wenn beide zur Feder greifen, geht es in fantastische Welten. Ihr erster gemeinsamer Roman »Orks vs. Zwerge« wurde mit dem Deutschen Phantastik Preis für das beste deutschsprachige Debüt ausgezeichnet. Seitdem haben sie mit »Die Blausteinkriege«, »Terra« und »Die Schattensammlerin« noch viele weitere Welten erkundet.

1

Tiburone

Wie schätzt Ihr die Lage ein, Cunrat?« Dolen rieb sich das schiefe Kinn. Die Stoppeln wuchsen nur unregelmäßig, wo die alte Narbe seinen Kiefer kreuzte und ihm ein verwegenes, stets etwas abgerissenes Aussehen verlieh. Bereits seit einer guten halben Stunde beobachteten sie das offene Stadttor Tiburones.

Cunrat ließ sich mit der Antwort Zeit. Insekten summten aufdringlich um sie herum, entweder auf der Suche nach Schweiß oder Blut. Dennoch hielten sich die fünf Menschen verborgen.

Die größte Stadt des Macouban lag auf einer kaum eine halbe Meile breiten Landenge, die die flache Bucht des südlichen Meeres vom Gunboru, dem größten Strom des Landes, schied. Nicht nur diese strategisch günstige Lage sprach für die Stadt, sondern auch die Tatsache, dass hier die einzigen Felsen im Umkreis von beinahe zwei Tagesmärschen zu finden waren. Ein Großteil davon war in vergangenen Jahrhunderten dafür aufgewendet worden, eine zwei Schritt hohe Mauer zu errichten. An mindestens zwei Stellen in der Nähe des Tors war das von Moos und Flechten bewachsene Bauwerk inzwischen mit Holz ausgebessert worden. Doch nach allem, was Cunrat wusste, hatte die Mauer ohnehin seit Generationen nicht mehr dazu gedient, menschliche Angreifer abzuwehren, sondern war nur dazu da, die gefährlicheren Flussbewohner davon abzuhalten, nachts in die Stadt zu kriechen. Und diesen Zweck erfüllte sie vermutlich auch mit nachlässigen Flicken. Hinter der Mauerkrone ragten spitze Dächer auf, die mit Schindeln des dunklen einheimischen Holzes gedeckt waren. Sie glänzten feucht im Dunst, der nach dem Regen des Morgens faseriger Watte gleich zwischen den Gebäuden und in den nahen Baumkronen hing.

»Es wäre sicherlich machbar, auch ungesehen in die Stadt zu kommen«, erwiderte der junge Ritter nachdenklich. »Aber die Männer dort am Tor sehen mir nicht sonderlich wachsam aus. Und sie haben zumindest die letzten drei Gruppen von Reisenden nicht kontrolliert. Ich denke, es ist wesentlich einfacher, die Stadt auf normalem Weg zu betreten.«

»Hm«, brummte Dolen, offenbar nicht ganz überzeugt. »Wenn es stimmt, dass Männer in Beruner Rüstungen die Fährstation angegriffen haben, warum dann diese nachlässigen Sicherheitsmaßnahmen? Man sollte erwarten, dass sie zumindest jetzt ein wenig aufmerksamer wären.«

»Was heißt ›wenn es stimmt‹?«, fauchte Xari düster. »Es waren Kolnorer in den Farben des Kaisers. Dieselben, denen wir im Norden begegnet sind. Oder zumindest Verbündete.« Instinktiv ballte sie die bandagierten Fäuste und verzog dann das Gesicht, als die gerade erst verheilenden Brandwunden an ihren Händen protestierten. Fahrig strich sie wieder ihr dünnes Kleid glatt, und Cunrat kam nicht umhin, sich ihrer üppigen Rundungen erneut beinahe schmerzhaft bewusst zu werden. Er räusperte sich. »Wir glauben dir ja. Es leuchtet mir nur nicht ein. Wenn es nicht die sind, denen wir begegnet sind, wo sind sie dann? Und warum ist niemand in Kampfbereitschaft?«

»Da fallen mir auf Anhieb mehrere Gründe ein«, stellte Dolen fest. »Sie wissen, dass die Kolnorer hier nicht angreifen. Oder die Kolnorer haben so gründlich aufgeräumt, dass es keinen Verdacht gibt. Tiburone fühlt sich hinter der kleinen Mauer dort sicher. Oder die dort sind auf der Seite der Kolnorer. Dann ist es eine Falle, und sie warten nur auf uns. Such dir was aus.« Er zuckte mit den Schultern und seufzte. »Wir können nicht durchs Tor gehen«, stellte er fest. »Lasst uns einen Mauerabschnitt suchen, über den wir ungesehen hineinkommen.«

»Vielleicht hätten wir Messer nicht so schnell ziehen lassen sollen«, brummte Wibalt. Der dritte der Ritter war groß, sehnig und behaart wie ein Bär. Im schwülwarmen Mittag glänzten die Schweißperlen auf seinem Gesicht. »Das wäre eine Aufgabe für ihn gewesen.«

Dolen warf dem Haarigen einen düsteren Blick zu. »Seit wann überlassen die Ritter des Ordens ihre Drecksarbeit gedungenen Mördern?«

Wibalt schnaubte belustigt. »Seit wann denn nicht? Und ihr müsst zugeben – er ist wirklich gut in dem, was er tut.«

»Ich glaube, es ist für uns alle besser, wenn der Mörder sein Unwesen in der Hauptstadt treibt und nicht bei uns«, gab Dolen zurück. Vorsichtig zog er sich von ihrem Aussichtspunkt zwischen den Büschen zurück und stand auf. »Also los. Es wird bald dunkel.«

Xari sah zwischen den Männern hin und her, dann schüttelte sie den Kopf und stand ebenfalls auf. »Männer. Ihr denkt wirklich zu kompliziert. Wartet und haltet euch bereit. Oh, und verstopft eure Nasen.« Sie lockerte die Verschnürung über ihrem üppigen Dekolleté und setzte ein Lächeln auf, das Cunrat für verführerisch gehalten hätte, wenn ihm nicht klar gewesen wäre, dass dies zum Talent der jungen Metis gehörte. »Was hast du vor? Das ist viel zu gefähr…«

Xari warf ihm einen spöttischen Blick zu, der Cunrat daran erinnerte, dass sie vor nicht einmal vier Tagen mehr als zwei Dutzend Männer in den Flammentod gelockt hatte. Er verschluckte den Rest seines Satzes. Die Metis schob sich ein winziges Bröckchen Blaustein zwischen die Zähne, zerbiss es knirschend, wandte sich um und trat auf die ausgefahrene Straße. Ein Hauch von Sandelholz lag plötzlich in der Luft. Mit schwingenden Hüften ging sie geradewegs auf die Torwachen zu, und Cunrat fiel es schwer, den Blick von ihrem Hinterteil abzuwenden. Scham stieg in ihm auf und kroch als heiße Spur auf seine Wangen. War es einem Ritter nicht verboten, derartige Gedanken zu hegen, zumal bei einer Metis, einer Verfluchten noch dazu? Widerwillig wandte er sich ab und starrte geradewegs in Wibalts bärtiges Gesicht. Der große Ritter grinste ihn wissend an. Eilig kratzte Cunrat etwas Talg von der Kerze, die ihm Wibalt reichte, rollte ihn und stopfte ihm die Pfropfen in die Nase.

Die Metis hatte die fünfzig Meter schnell überbrückt und die drei Torwachen beinahe schon erreicht, als jene schließlich auf die nur spärlich bekleidete Frau aufmerksam wurden. Für einen kurzen Moment hoben sie die Waffen – nur um sie im nächsten Augenblick wieder zu senken. Stattdessen richteten sie sich auf, streckten die Brust heraus und versuchten, sich von ihrer imposantesten Seite zu zeigen, als Xari bei ihnen stehen blieb, eine Hand scheinbar unbewusst auf die Hüfte gestützt. Bereits im nächsten Moment wanderte die Hand eines der Männer an Xaris Taille.

»Wollt ihr zusehen?«, raunzte Dolen unwirsch, und Cunrat zuckte zusammen. »Bewegung. Sie macht das nicht zum Vergnügen.«

»Sicher?«, murmelte Wibalt, folgte Dolen jedoch auf die Straße hinaus. Schweigend marschierten die vier Männer ohne Hast auf das offene Tor zu. Cunrats Hand krampfte sich um den Griff seines Schwerts, und er musste alle Selbstbeherrschung aufbringen, um die Klinge nicht zu ziehen. Schon kurz darauf hätte ein Dolch gereicht, so dicht passierten sie hinter den Rücken der Männer, die jedoch ausschließlich Augen für Xari hatten. Die blanke Lust in ihren Gesichtern erschreckte Cunrat zutiefst. So sollte kein Mann aussehen. Ein zweiter der Torwächter packte Xaris Hüfte. Es wirkte so besitzergreifend, dass Cunrat unwillkürlich innehielt. Im nächsten Augenblick stieß Wibalt ihn vorwärts, und der Bann war gebrochen. Ohne Worte, nur mit einem Blick und einer Geste kippte Xari die Stimmung zwischen den Wachmännern, die sich plötzlich feindselig musterten. Der erste, der Xari die Hand um die Taille gelegt hatte, knurrte den zweiten in einer Sprache an, die Cunrat nicht verstand. Der verzog das Gesicht, bellte etwas zurück, und plötzlich lag seine Hand an seinem Dolch. Der dritte packte Xari am Arm, um sie aus dem Weg zu ziehen, was aber der erste anscheinend als Affront betrachtete, denn er fuhr herum und schlug seinem Kameraden so heftig ins Gesicht, dass Blut aus dessen Nase schoss. Im nächsten Moment war Xari vergessen, als die drei Männer mit Fäusten übereinander herfielen, während die Ritter in die belebten Gassen Tiburones eintauchten.

»War das … war das dort ihr Fluch?«, raunte Cunrat erschüttert und warf einen Blick zurück, wo sich weitere Männer in die Prügelei einmischten, während Xari unauffällig beiseitetrat.

»Ich bin mir nicht sicher, dass dieses Weib das überhaupt braucht – aber ich denke, ja. So etwas ist der Grund, warum der Orden die Gezeichneten und den Blaustein kontrollieren will«, sagte Dolen leise, als sie im Schatten eines Marktstands stehen blieben. Der narbige Ritter tat so, als würde er die ausgestellten Töpferwaren begutachten. »Nicht auszudenken, was diese Frau am Hofe des Kaisers anrichten könnte.«

»Immerhin ist sie auf unserer Seite«, wandte Cunrat ein.

»Bist du dir da so sicher?«

Cunrat setzte zu einer Antwort an, bevor ihm aufging, dass er auf diese Frage keine hatte. Verstohlen sah er sich um. Innerhalb der Stadtmauer herrschte ein buntes, scheinbar planloses Durcheinander. Die meisten der fast ausschließlich zweistöckigen Gebäude waren aus Holz errichtet. Das obere Stockwerk wies meist einen überdachten Balkon auf, der die gesamte Straßenseite einnahm und in der Regel dazu genutzt wurde, Wäsche zu trocknen. Unter den über die Straße ragenden Balkonen hatten die Einheimischen vor beinahe jeder Hütte einen winzigen Marktstand gezwängt, in denen die unterschiedlichsten Dinge zum Kauf angeboten wurden. Meist schienen die Waren dabei den Aufwand nicht wert. Hier verkaufte einer geflicktes Schuhwerk, dort bot ein kleiner Bengel grob geschnitzte Löffel und Schalen an. Einen Schritt weiter drängten sich ein Dutzend schwarzer Hühner in hölzernen Käfigen zusammen, während direkt daneben in einem großen schwarzen Kessel eine zäh wirkende...

Erscheint lt. Verlag 9.10.2017
Reihe/Serie Die Blausteinkriege
Die Blausteinkriege
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte blausteinkriege • eBooks • epische Schlachten • Fantasy • Fantasy-Epos • High Fantasy • höfische Intrigen • Macht und Magie • magische Reiche • T. S. Orgel
ISBN-10 3-641-17101-6 / 3641171016
ISBN-13 978-3-641-17101-8 / 9783641171018
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