Der Fengshui-Detektiv (eBook)

Kriminalroman. Der Fengshui-Detektiv (1)
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
256 Seiten
Unionsverlag
978-3-293-30599-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Fengshui-Detektiv -  Nury Vittachi
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Nur aus Gefälligkeit nimmt der Fengshui-Meister C. F. Wong die siebzehnjährige Australierin Joyce als Praktikantin in seinem Fengshui-Büro in Singapur. Aber dass Joyce nicht mit ein wenig Ablage zufrieden zu stellen ist, damit hat er nicht gerechnet. Ebenso überraschend stellt sich heraus, dass bei seinen Aufträgen jeweils mehr hinter dem schlechten Fengshui steckt ... Trotz aller Missverständnisse werden die vorlaute Joyce und der mürrische Wong ein unschlagbares Team. Mit britischem Humor, asiatischer Philosophie und gesundem Menschenverstand wenden die beiden auch noch das schlechteste Fengshui zum Guten.

Nury Vittachi, geboren 1958 in Sri Lanka, gilt - laut BBC - als »Hongkongs witzigster Kommentator«. Aufgewachsen u. a. in Großbritannien, lebt er seit 1986 in Hongkong, wo er sich als Kolumnist, Buchautor und Herausgeber einer Literaturzeitschrift Kultstatus verschafft hat. Er arbeitet als Dozent an der Hong Kong Polytechnic University.

Nury Vittachi, geboren 1958 in Sri Lanka, gilt - laut BBC – als »Hongkongs witzigster Kommentator«. Aufgewachsen u. a. in Großbritannien, lebt er seit 1986 in Hongkong, wo er sich als Kolumnist, Buchautor und Herausgeber einer Literaturzeitschrift Kultstatus verschafft hat. Er arbeitet als Dozent an der Hong Kong Polytechnic University.

Druckfehler


Im 29. Jahrhundert v. Chr. lebte ein Mann mit Namen Fu Xi. Er war ein begabter Architekt. Aber keine Paläste. Er plante gern Gärten und Flüsse.

Es kam eine große Flut. Der Lo-Fluss trat über die Ufer. Fu Xi wanderte viele Tage lang in den Hügeln um den Palast umher. Er zeichnete Karten und markierte, wo Deiche gebaut werden sollten. Als die Flut wieder kam, war der Palast in Sicherheit. Fu Xi wurde sehr berühmt.

Eines Tages, da saß er am Ufer des Lo-Flusses. Er sah den Schildkröten zu, die dort schwammen. Sein Blick fiel auf die Muster der Schildkrötenpanzer. Einer der Panzer hatte ein Feld im oberen Mittelteil mit acht Feldern darum herum. Fu Xi bemerkte etwas. Die Flecken im östlichen, im mittleren und im westlichen Feld ergaben zusammen fünfzehn. Als er die Punkte im Norden, in der Mitte und im Süden zusammenzählte, waren es ebenfalls fünfzehn. Südwest – Mitte – Nordost ergaben auch fünfzehn. Nordwest – Mitte – Südost addierten sich wieder zu fünfzehn.

Dies wurde später bekannt als das neunteilige Magische Quadrat.

Grashalm, Hauptsache war, dass Fu Xi begriffen hatte: In den Dingen kann eine Ordnung sein. Eine Ordnung, die man nicht sieht, aber die sehr magisch war. Er wusste um Architektur und er wusste um verborgene Magie. Fu Xi wurde zum Begründer von Fengshui.

(Gesammelte Sprüche östlicher Weisheit, von C. F. Wong, Teil 81)

Mitten in der ausladenden Handbewegung hielt er inne und sah auf seine Armbanduhr. Ach, schon Viertel nach neun! Zeit, sich auf den Weg zu machen. Später würde er noch einiges zu schreiben haben. C. F. Wong ließ sein Notizbuch in die Schreibtischschublade gleiten und schob seinen Stuhl zurück. In dem stillen Raum, in dem seinen beiden Mitarbeiterinnen die Augen zuzufallen drohten, wirkte das plötzliche Scharren wie ein Kreischen. Der Lärm ließ Winnie Lims Kopf hochfahren. »Ich bin vor Mittag zurück. Vielleicht zwölf«, teilte er ihr mit.

Joyce McQuinnie, die gerade ein langes, gemurmeltes Privattelefonat führte, bat ihre Gesprächspartnerin, am Apparat zu bleiben. Sie sprach mit ihrem Chef über ihre Füße hinweg, die in spitzen Cowboystiefeln steckten – sonderbarerweise hatte sie sich die in Melaka als Souvenir gekauft. »Wo wollen Sie hin? Soll ich mit?«

»Das ist Ihre Entscheidung. Ich muss zum Hongsiu-Verlag in der Orchard Road.«

»Ach so. Ist das nicht der Termin, von dem Sie letzte Woche erzählt haben und ich dann so: ›Gähn, gähn! Das interessiert doch kein Schwein.‹? So was wie ʼn Büro in ʼnem Bürosilo?« Sie sagte das mit einem Gähnen in der Stimme.

»Nein. Hat nichts mit Schweinen zu tun. Aber jawohl, es ist ein Büro in einem Geschäftshochhaus.« Er griff nach seiner Aktenmappe.

»Also, ich bleib eher hier und schreib meine Notizen ins Reine. Hab heut so irre zu tun, dass mir echt nicht ʼne Minute Freizeit bleibt.« Sie legte ihre Füße auf den Tisch zurück und nahm das schläfrige Gespräch wieder auf, das hauptsächlich in Schnurrlauten geführt zu werden schien.

»Okay. Winnie, falls wichtige Anrufe kommen, rufen Sie mich bitte bei Update an. Ich bin auf jeden Fall vor eins zurück.« Die Bürovorsteherin antwortete nicht, denn sie musste sich gerade darauf konzentrieren, über den Goldlack auf ihren Nägeln grünes Flimmerfinish aufzutragen.

»Update?« Das war Joyce, die nochmals ihr Gespräch unterbrach.

»Update ist der Name einer Zeitschrift, die bei Hongsiu verlegt wird.«

»Becky? Du, ich muss los! Man sieht sich.« Joyce warf abrupt den Hörer in die Mulde, sprang hoch und begann, diverse Gegenstände in ihre Schultertasche zu stopfen. Mit einem hundeartigen Aufjaulen von erstaunlicher Lautstärke klaubte sie dann den Pappbecher mit Kaffee hervor, den sie ebenfalls in die Tasche geschoben hatte, und putzte den schaumigen Schmierkram mit einem Papiertuch weg. »Ähch! Warten Sie grad mal kurz. Ich pack bloß rasch meine Sachen. Ich geh mit!«

Zehn Minuten später hockten beide wortlos in einem Taxi, das in einem sich langsam über die New Bridge Street in nördlicher Richtung vorschiebenden Stau steckte. Das Interesse der jungen Frau verblüffte Wong. Am vergangenen Freitag hatte er ihr nämlich erklärt, dass es bei diesem Termin um einen absolut routinemäßigen Firmenauftrag für ihn als Fengshui-Berater ging: Besuch eines Büros, in dem die Geschäfte nicht recht florierten; Anordnung einiger Veränderungen, um für günstigere Aussichten zu sorgen. Das Gebäude war ein relativ neuer Wolkenkratzer in der Orchard Road, und seine Arbeit war für zwei Vormittage gebucht. Joyce hatte gemeint, dass es langweilig klänge.

Er musste sich selbst eingestehen, dass es keine spannende Aufgabe sein würde. Er entsann sich, vor etwa zwei Jahren einen ähnlichen Auftrag im selben Gebäude ausgeführt zu haben. Es war ein ovales Hochhaus auf einem rechteckigen Fundament. Eines dieser Vier-West- Gebäude; ein Jian-gua-Haus: Die Rückseite lag im Nordwesten, sein Element war Metall. Die Bürofluchten darin strahlten nach außen wie ein Rad. Er hoffte, dass das Büro, das er heute besuchen sollte, wenigstens nordwestlich oder nordöstlich vom Mittelpunkt positioniert sein würde, also in den gedeihlicheren Richtungen innerhalb eines solchen Hauses. Doch angesichts der Umsatzprobleme ahnte er, dass es wohl eher nach Süden oder Südosten lag.

Immerhin: Selbst im schlimmsten Fall ließ sich doch manches einrenken. Mit Genugtuung dachte er an Beispiele, da er in einer Büroetage durch wenige einfache Umstellungen der Elementepositionierung eine dramatische Änderung der Chi-Energieströmung erreicht hatte. Einmal hatte er es mit einer unter dem Erdsymbol geborenen Geschäftsführerin zu tun gehabt, die sich in einem von oben bis unten holzgetäfelten Büro verschanzte, was selbstverständlich ihre natürliche Erdenergie zerstörte. Als Erstes hatte der Geomant einen roten Teppich unter ihrem Stuhl auslegen lassen, um eine unterstützende Schutzschicht aus Feuer-Chi zu schaffen. Dann rückte er ihren Schreibtisch in die Nordwestecke des Raums, und zwar so, dass sie von ihm aus nach Südosten blickte. So ermöglichte er es der Frau, Respekt einzuflößen. Weitere Umstellungen außerhalb ihres Privatbüros ließen die Energie ebenmäßig durch die Räume fluten, wobei sie sich um ihren Schreibtisch ein wenig verdichtete. Bei seinem Kontrollbesuch eine Woche später fand er selbst, dass die grundlegende Verbesserung der Büroatmosphäre eigentlich jedem etwas sensibleren Menschen auffallen müsste.

Wie viele Fengshui-Meister war Wong natürlich mit den Überlieferungen etlicher ernst zu nehmender Schulen dieser Geheimlehre vertraut und trug keinerlei Bedenken, Elemente der Methode des Fliegenden Sterns mit denen der Acht Häuser oder der Drei Yuan zu verquicken, sofern das Ergebnis nur zu der praktikablen Lösung eines schwierigen Problems führte.

Im Taxi erläuterte Joyce schläfrig ihren Sinneswandel. Er habe vorher ja nie erwähnt, dass zu dem Verlag auch die Redaktion von Update gehörte, einem kleinen, aber fetzigen, zweimal wöchentlich erscheinenden Klatschblatt, das ihre Freundin Emma, eine Stewardess bei Singapore Airlines, mit der sie ihr Zimmer teilte, begeistert las. Vor zwei Jahren hatte Update als Wochenblatt angefangen, doch jetzt kam es jeden Dienstag und Donnerstag heraus. Joyce lebte zwar erst seit weniger als einem Monat im Stadtstaat, hatte sich die Lektüre der Zeitschrift aber rasch zur Gewohnheit gemacht. Am besten gefiel ihr die Rubrik »Yoot« auf den letzten vier Seiten, die Beiträge zur Musik und zur Prominentenszene brachte.

Vor allem, sagte sie, fände sie einen Rezensenten toll, der mit B. K. zeichnete. »Er steht echt auf die Mooneaters, obwohl die meisten Leute tönen: Moon-wer? B. K. mag auch That Guyʼs Belly – ›Der Bauch von dem Typ‹. Haben Sie von denen schon mal was gehört?«

»Der was?«

»Bauch von dem Typ.«

»Wessen Bauch?«

»Ne, scheints nicht. Aber ich, na ja ich finds gut, dass es sogar in diesem Kaff jemand gibt, der Musik mit etwas, also ich sag mal: Klasse zu schätzen weiß. Ich meine, nicht alles ist bei denen so cool. Da gibts so ʼne Kolumnistin, die sich Phoebe Poon nennt, also die ist echt krass, macht immer einen auf mega-clever, ja? Egal. In Wirklichkeit ist die einfach das Letzte. Echt ätzend.«

»Wie eine Säure?«, fragte Wong und bereute die Frage sofort.

»Nicht wie Säure. Einfach nur ätzend.«

»Aha, verstehe«, log er.

Es war immer wieder aufreibend, mit Joyce zu reden. Er wusste wohl, dass es reifere Männer gab, die junge Frauen attraktiv fanden. Aber redeten die denn nie mit ihnen? Das waren doch derart andere Wesen, dass er sich nicht vorstellen konnte, wie mit denen je irgendeine Art zwischenmenschlicher Beziehung zu Stande kommen sollte. Besser ließ es sich ja mit Hunden kommunizieren!

Der Geomant blickte aus dem Fenster und bestaunte zum tausendsten Mal die Skyline von Singapur. Noch immer sehnte er sich nach der gemächlichen Gleichförmigkeit des Lebens im stillen, ländlichen Guangdong. Doch er musste zugeben: Diese elektrische City mit ihren hoch aufragenden Glas- und Stahlmonolithen, die eben jetzt durch die tropische Morgensonne in ein...

Erscheint lt. Verlag 1.8.2016
Übersetzer Ursula Ballin
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Asiatische Philosophie • Asien • Australien • C. F. Wong • Detektiv • Feng-shui • Fengshui • Großstadt • Hongkong • Joyce McQuinnie • Kriminalroman • Singapur • Spannung
ISBN-10 3-293-30599-7 / 3293305997
ISBN-13 978-3-293-30599-1 / 9783293305991
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