Ströme meines Ozeans (eBook)

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2014 | 1. Auflage
541 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-8476-2105-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ströme meines Ozeans -  Ole R. Börgdahl
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Die junge Yvette folgt ihrem Mann Victor vom aufstrebenden Paris der Belle Époque ins koloniale Tahiti. Glückliche Jahre unter südlicher Sonne münden in einer Katastrophe, die das weitere Schicksal von Yvette und ihren Töchtern bestimmt. Die Lebensgeschichte der Familie Jasoline spielt eine zentrale Rolle in dem Roman 'Fälschung', dennoch erfährt der Leser nur wenig davon, was sich im Leben der Protagonisten ereignet hat. In diesem Roman begegnen dem Leser alle noch offenen Fragen, die im historischen Umfeld der noch nicht allzu fernen Vergangenheit beantwortet werden. Es wird die Geschichte der Familie Jasoline in den Jahren zwischen 1890 bis 1961 erzählt.

Ole Roelof Börgdahl wurde am 23.05.1971 in Skellefteå, Schweden, geboren. Er wuchs in Skellefteå, Malmö und Lübeck auf. Das Lesen ist für Ole R. Börgdahl ein wichtiges Element des Schreibens. 'Ich habe keine Lieblingsbücher, ich kann aber Bücher nennen, die mich beeindruckt haben. Hierzu gehört der Zyklus Rougon-Macquart von Émile Zola und Suite Francaise von Irène Némirovsky. Bei Zola gefällt mir die reiche Sprache, bei Suite Francaise hat mich das Schicksal von Irène Némirovsky bewegt.'

Ole Roelof Börgdahl wurde am 23.05.1971 in Skellefteå, Schweden, geboren. Er wuchs in Skellefteå, Malmö und Lübeck auf. Das Lesen ist für Ole R. Börgdahl ein wichtiges Element des Schreibens. "Ich habe keine Lieblingsbücher, ich kann aber Bücher nennen, die mich beeindruckt haben. Hierzu gehört der Zyklus Rougon-Macquart von Émile Zola und Suite Francaise von Irène Némirovsky. Bei Zola gefällt mir die reiche Sprache, bei Suite Francaise hat mich das Schicksal von Irène Némirovsky bewegt."

1890


Paris, 31. März 1890

Gestern standen Victor und ich vor dem Eiffelturm. Auf dem Champ de Mars selbst erinnert nicht mehr viel an die Menschenmassen, die sich noch vor wenigen Monaten auf der Weltausstellung tummelten. So verlassen das Gelände auch sei, desto belagerter ist der Eiffelturm. Vater konnte sich damals nicht vorstellen, dass ein solcher Koloss überhaupt Gefallen finden würde. Jetzt stehen die Zeichen anders, denn die Schlangen an den Aufzügen sind nach wie vor lang. Ich habe den Turm noch nie bestiegen und ich werde mich auch nicht trauen. Mir wird schon schwindelig, wenn ich nur unter ihm stehe und den Kopf in den Nacken lege und empor schaue. Victor ist da mutiger. Er war mit seinen Kameraden schon dreimal auf der obersten Plattform. Ich finde den Blick vom Trocadéro über die Seine hinüber zum Champ de Mars am schönsten, von dort gefällt mir der Eiffelturm auch am besten, wenn mein Blick ihn aus sicherer Entfernung in seiner ganzen Größe erfassen kann.

Paris, 12. April 1890

Victor und ich sind auf den Tag genau acht Monate verlobt. Ich finde es eine lange Zeit und frage mich, wann wir endlich heiraten. Es kann nicht sein, dass wir noch warten, bis Victor befördert wird, bis er ein eignes Kommando erhält. Für mich stellt er auch so etwas dar, aber Victor ist nicht damit zufrieden, es erst zum Lieutenant gebracht zu haben. Er ist schon über dreißig und gerade deswegen sollten wir doch schnell heiraten. Wenn ich seine Frau bin, dann werde ich künftig auch überwachen, was er an Romanen liest, das nehme ich mir vor. Victor behauptet, das Buch von einem Kameraden geborgt zu haben. Es ist etwas Neues von Monsieur Zola und es ist so ungeheuerlich. Auf den Straßen von Paris kann man noch die Plakate sehen, die für diese Mördergeschichte werben. Victor meint, dass es gut sei, spannend, und er habe es in nur drei Tagen verschlungen.

Paris, 18. April 1890

Vater war wieder für ein paar Tage in Liverpool. Er hat Postkarten mitgebracht, die aber wohl nur das schöne Liverpool zeigen. Im Hafen ist es eher schmutzig, aber die Eltern werden ja nicht im Hafen wohnen, dort wird nur Vaters Kontor sein. Mutter war dreimal mit in Liverpool und sie hat schon ein Haus in einem der Dörfer im Umland ausgesucht. Vater möchte zwar näher am Hafen wohnen, aber er muss eben auch Zugeständnisse machen.

Paris, 26. April 1890

Mutter und ich sind gestern von der Rue Marcadet zu Fuß fast ganz bis zur Seine gegangen. Das Wetter war so herrlich, die Sonne schon so kräftig. Es ließ sich bequem gehen. Wir waren gut anderthalb Stunden unterwegs. Unser Ziel war der Wohltätigkeitsbasar in der Rue Jean-Goujon. Es gab so viel zu sehen und so viele Versuchungen, etwas zu kaufen. Die Verkaufsstände sind zwar nur in einer einfachen Holzbaracke aufgebaut, aber alles ist so wunderschön dekoriert. Es wurde auch recht eng, weil der Basar an diesem Tag gut besucht war. Die Leute wollten aber nicht nur etwas kaufen, sie wollten auch die Verkäuferinnen sehen. Einige Damen aus der Pariser Gesellschaft haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Basar für die Armen stattfinden zu lassen. Sie müssen sehr gute Verkäuferinnen sein, denn es schien mir, dass außer uns wohl jeder andere etwas erworben hat, auch wenn er es nicht benötigt. Mutter hat in so etwas einen eigenen Willen und sie kauft nichts, was wir nicht auch gebrauchen können. Ich musste mich daher ebenfalls zurückhalten, aber das Schauen allein war mir schon eine Freude. Ich habe den Gesprächen der eleganten Herrschaften gelauscht, die Kleidung der Damen bewundert und über die Schlagfertigkeit der Verkäuferinnen gestaunt, die so geschäftstüchtig waren, als wenn es ihre Profession sei. Mutter wurde immer wieder von Bekannten aufgehalten, sodass ich mir die Zeit nehmen konnte, mich alleine umzusehen. Ich war sogar einmal versucht, eine Perlmutt beschlagene Dose zu kaufen, aber die zweihundert Francs waren mir schließlich doch zu viel. Die Dose ging dann vor meinen Augen an einen Herrn, der nicht nur zweihundert, sondern gleich fünfhundert Francs dafür gab. Mutter und ich waren gut zwei Stunden auf dem Basar und auf dem Rückweg war ich schon so müde vom Schauen und Umhergehen, dass wir uns eine Droschke genommen haben.

Paris, 2. Mai 1890

Heute waren wir im Chaumont und haben auf dem Rasen und vor dem großen Teich Fotografien machen lassen. Es sollen Erinnerungen sein. Jetzt sind es nur noch zwei Wochen, bis Vater und Mutter nach Liverpool abreisen. Mutter gefällt es nach wie vor nicht, dass ich allein in Paris bleibe, aber ich will es unbedingt.

Paris, 8. Mai 1890

Ich darf seit drei Tagen im Verkauf helfen. Monsieur Rolland hat es mir am Montag mitgeteilt. Madame Riuné hat mich am Nachmittag unterrichtet. Sie hat mir alles gezeigt, was wir im Geschäft verkaufen. Ich weiß jetzt, was Gold- und Silberlegierungen sind und dass ein Diamant aus versteinerter Kohle besteht. Ich habe es nicht geglaubt, aber es muss wohl stimmen. Überhaupt habe ich viel über Edelsteine gelernt. Ich kenne jetzt alle Namen, Rubine, Smaragde, Saphire, Amethyste, Malachiten und Topase. Besonders schwer ist es, sich die Schliffe zu merken. Die Trapez-, Oval- und Tropfen-Formen sind noch einfach, den Scheren- und Briolett-Schliff kann ich jetzt aber auch schon unterscheiden. Am schönsten finde ich jedoch den Ceylon-Schliff, er wirkt so erhaben, so wie ich mir einen richtigen Diamanten vorstelle. Von den Steinen mag ich neben den Diamanten am liebsten den Bernstein. Ich konnte es auch nicht glauben, dass der Bernstein das Harz längst vergangener Wälder ist. Wenn Kunden ins Geschäft kommen, schaue ich Madame Riuné oder Monsieur Rolland noch zu. Wir haben vereinbart, dass ich am Vormittag weiterhin die Buchhaltung mache und danach im Laden verkaufe. Gestern habe ich noch vor dem Mittag die Briefe für die Rohrpost aufgegeben und nach meiner Rückkehr bin ich gleich vorne im Laden geblieben. Wir haben auch das Schaufenster neu dekoriert. Die Anordnung der Stücke war mein Vorschlag. Wir haben die günstigsten Ringe und Ketten ganz nach links gelegt. Zur Mitte hin wird es dann immer teurer und ganz rechts liegen schließlich die exklusiven Schmuckstücke. Es war auch meine Idee, ein gerahmtes Podest zu errichten, auf dem immer ein ganz besonders wertvoller Armreif oder ein Diadem präsentiert werden sollen. Monsieur Rolland will die Auslagen alle zwei Wochen erneuern, was in Zukunft auch zu meinen Aufgaben gehören soll.

Paris, 17. Mai 1890

Ich hatte die halbe Woche frei. Am Donnerstag war Feiertag. Gestern habe ich mir dann auch noch frei genommen. Es war Abreisetag. Ich habe Mutter und Vater zum Zug nach Le Havre gebracht. Jetzt sind sie endgültig fort. Sie reisen aber zunächst noch nach London und von dort erst nach Liverpool. Das große Gepäck hat eine Spedition schon letzte Woche verschifft. Als ich vom Gare Saint-Lazare heimkam, war es im Haus so still. Zum Glück habe ich ja noch Jeanette und Madame Bernier. Und natürlich habe ich Victor. Er hat mir gestern ein Geschenk gemacht, etwas ganz Wertvolles, etwas, dass eine besondere Bedeutung für ihn hat. Es ist ein Orden, aber kein gewöhnlicher Orden, es ist der Orden der Ehrenlegion. Ich war stolz, dass er ihn mir geschenkt hat, aber ich war auch traurig, als ich die Geschichte gehört habe. Ich sehe Victor vor mir. Ich sehe den elfjährigen Victor, wie er von seinem Direktor in das Lehrerzimmer gerufen wird. Ich sehe wie diese Männer ihm den Orden überreichen, diesen Orden, den eigentlich sein Vater hätte bekommen sollen, wenn er nicht bei Gravelotte gefallen wäre. Ich habe nachgesehen, dieses Gravelotte liegt in Lothringen und das gehört seit dem Krieg nicht mehr zu Frankreich. Oh, ich liebe Victor so sehr. Sein Geschenk verwahre ich jetzt wie einen Schatz.

Paris, 7. Juni 1890

Heute ist ein kleines Paket aus Liverpool bei mir eingetroffen und es ist schon sehr interessant. Anfang des Jahres schrieb der Figaro von einem Treffen zwischen unserem Jules Verne und der amerikanischen Journalistin Mrs. Nellie Bly. Mrs. Bly war auf einer Weltreise und über diese Reise ist jetzt ein dicker Band erschienen. Mutter hat ihn aus London mitgebracht und er ist natürlich in englischer Sprache. Ich freue mich schon, ihn zu lesen. Eine junge Frau, nur ein paar Jahre älter als ich, unternimmt ganz allein eine Weltreise. In Jules Vernes Buch wird eine Weltreise in nur achtzig Tagen unternommen. Es ist natürlich nur eine erdachte Geschichte, aber es muss etwas Wahres daran sein, denn Mrs. Bly hat diese Reise höchstpersönlich unternommen und sie hat es in zweiundsiebzig Tagen geschafft. Wie das möglich war, muss ich mir noch erlesen. Ich überlege auch, ob ich mir vorher nicht noch Jules Vernes Buch vornehme.

Paris, 13. Juni 1890

Heute auf den Tag genau vor zwei Jahren haben wir uns kennengelernt, zwei Jahre, eine lange Zeit. Jeder findet es merkwürdig, dass Victor mir an diesem Tag nur eine einzige Blume schenkt und es ist noch nicht einmal eine Rose, sondern eine gewöhnliche Dahlie. Für mich ist sie aber nicht gewöhnlich, für mich ist sie etwas ganz Besonderes und nur Victor und ich kennen ihr Geheimnis.

Paris, 18. Juni 1890

Ich habe mir Jules Vernes Erzählung über die Reise um die Welt von einer Freundin geliehen. Sie besaß sogar die Erstausgabe von 1873. Es ist also nicht verwunderlich, dass Mrs. Bly gut acht Tage schneller gereist ist, als ihre Vorgänger Phileas Fogg und Monsieur Passepartout. In fast zwanzig Jahren werden die Eisenbahnen und Dampfschiffe schneller geworden sein. Ich denke auch, dass eine Weltreise in weiteren zwanzig Jahren in noch kürzerer Zeit geschafft werden kann. Ich lese jetzt in jeder freien Minute den Jules Verne und bin bereits mit den beiden Helden in Indien. Mrs. Bly...

Erscheint lt. Verlag 15.5.2014
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Briefe / Tagebücher
Literatur Historische Romane
Schlagworte Australien • Beziehung • Drama • England • Familiengeschichte • Frankreich • Frauen • Gauguin • historisch • Hiva • Hiva Oa • Kolonialgeschichte • Liebe • Liverpool • Nuku • Nuku Hiva • OA • Paris • Spannung • Südsee • Tagebuch • Tahiti • Weltkrieg
ISBN-10 3-8476-2105-X / 384762105X
ISBN-13 978-3-8476-2105-8 / 9783847621058
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