Die wunderbare Florentine Feiertag: Weihnachtswünsche werden wahr (eBook)
192 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0820-0 (ISBN)
Uli Leistenschneider, geboren 1981 in Mainz, studierte Germanistik, Philosophie und Theologie und arbeitete anschließend mehrere Jahre lang als Lektorin. Seit 2013 schreibt sie eigene Kinderbücher und denkt sich u. a. Geschichten für die Reihen »Sternenschweif« und »Pumuckl« aus. Die Idee zu »Pauline Schnüffel« kam ihr bei einem Freund, der selbst mit einem zahmen Wildschwein aufwuchs. Außerdem hat sie sich vom Leben auf dem Land inspirieren lassen.
Uli Leistenschneider, geboren 1981 in Mainz, studierte Germanistik, Philosophie und Theologie und arbeitete anschließend mehrere Jahre lang als Lektorin. Seit 2013 schreibt sie eigene Kinderbücher und denkt sich u. a. Geschichten für die Reihen »Sternenschweif« und »Pumuckl« aus. Die Idee zu »Pauline Schnüffel« kam ihr bei einem Freund, der selbst mit einem zahmen Wildschwein aufwuchs. Außerdem hat sie sich vom Leben auf dem Land inspirieren lassen. Nina Dulleck, geboren 1975, zeichnet seit sie einen Stift halten kann. Mittlerweile hat sie viele Kinderbücher für verschiedene Verlage im In- und Ausland illustriert. Sie ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Rheinhessen inmitten von Kirschbaumplantagen und Weinbergen. Annabelle von Sperber, geboren 1973, studierte Illustration an der HAW Hamburg und hat bereits über hundert Bücher illustriert, von denen viele auch ins Ausland verkauft wurden. Ihre Bilder zeichnen sich durch warme Farben, feinen Humor und Liebe zum Detail aus. Sie lehrt Illustration an der Akademie für Illustration und Design in Berlin und ist für den Fachbereich Illustration an der Faber Castell Akademie zuständig. Annabelle von Sperber lebt in Berlin und im Schwarzwald.
3. Kapitel
Es war ein ungemütlicher Montagmorgen, als Florentine auf ihrem grünen Hollandrad zur Schneidergasse fuhr. Pieps hatte es vorgezogen, in seinem kleinen Vogelhäuschen am Wunschbaum zu bleiben.
Matschig braune Schneemassen lagen aufgetürmt an den Straßenrändern von Waldstadt, unter den Reifen der vorbeifahrenden Autos knirschte das Streusalz. Menschen standen frierend an Bushaltestellen und rieben sich die klammen Finger, und die Schornsteine pusteten ihren Rauch in den trüben Winterhimmel. Florentine hatte ihre dicksten Wollsachen und eine Fellmütze angezogen. So ließ sich der kalte Wind, der ihr entgegenwehte, besser aushalten.
Die Schneidergasse war eigentlich gar keine Gasse, sondern eine recht belebte Straße, an dessen Ende eine alte Brücke über einen kleinen Kanal führte. Florentine stellte ihr Fahrrad ab und sah sich um. Wo könnte Mikas Opa wohl wohnen? Am besten fragte sie jemanden.
Sie ging zu einem Haus, aus dem gerade eine ältere Frau mit einem Einkaufskorb herauskam. «Guten Morgen», begann Florentine höflich. «Kennen Sie zufällig einen älteren Mann namens Kalle? Er soll hier in der Schneidergasse wohnen …»
«Wohnen?», unterbrach die Frau Florentine und lachte amüsiert. «Na ja, so kann man es wohl nicht nennen. Ich nehme mal an, Sie meinen den Kalle dort drüben.» Sie zeigte zur Brücke.
Florentine erschrak. Unter der Brücke saß ein Bettler. Er war in einen Schlafsack gewickelt, hatte einen langen weißen Bart und wirkte abgemagert. Den vorübergehenden Leuten hielt er einen Pappbecher entgegen. Doch nur wenige warfen ein Geldstück hinein, die meisten hasteten wortlos an dem Mann vorbei. «Vielen Dank!», sagte Florentine zu der Frau und ging zur Brücke.
«Hätten Sie vielleicht einen Euro für mich, gnädige Frau?», empfing Kalle sie. Ein unangenehmer Geruch umwehte ihn.
Florentine kramte nach ihrem Portemonnaie. Doch dann besann sie sich. «Haben Sie schon gefrühstückt?», fragte sie. Kalle schüttelte den Kopf.
«Dann würde ich Ihnen gern dort drüben etwas zum Essen kaufen.» Florentine wies mit dem Kopf zu einem Bäckerladen auf der anderen Straßenseite. «Ein belegtes Brötchen und einen Kaffee?», schlug sie vor.
Überrascht starrte Kalle sie an. Dann nickte er langsam. So recht schien er Florentine nicht zu glauben.
Als sie wenig später zurückkam und ihm wirklich ein kleines Frühstück überreichte, leuchteten seine Augen auf. «Sie sind eine gute Frau», sagte er und biss hungrig in das Brötchen.
«Ich heiße Florentine», erwiderte Florentine. «Und Sie sind Kalle, nicht wahr?»
«Ja.» Kalle schlürfte seinen Kaffee.
«Ist bestimmt nicht einfach für Sie, jetzt im Winter», meinte Florentine.
«Ich beiß mich so durch. Aber in der Nacht ist es hart. Da muss ich jedes Mal aufs Neue schauen, dass ich nicht erfriere», antwortete Kalle. Sein Brötchen hatte er schon aufgegessen.
Doch Florentine hatte vorgesorgt und reichte ihm noch eine Brezel. «Können Sie nicht bei Verwandten unterkommen?», fragte sie möglichst beiläufig.
Kalle winkte verächtlich ab. «Verwandte! Mein Sohn kennt mich doch schon lange nicht mehr. Bei dem brauch ich mich gar nicht zu melden.»
Das klang nicht gut. Florentine nickte mit ernster Miene. «Verstehe. Und sonst haben Sie niemanden?»
«Nein.» Kalle schüttelte den Kopf. «Wissen Sie, ich war ein richtig guter Tierpfleger, bis diese …» Mit einem Mal brach er ab. «Haben Sie vielen Dank für Ihre großzügige Gabe, gnädige Frau. Jetzt möchte ich aber nicht weiter Ihre kostbare Zeit stehlen.»
«Das tun Sie nicht», antwortete Florentine lächelnd. Doch sie spürte, dass Kalle nicht länger mit ihr reden wollte. Deshalb verabschiedete sie sich und fuhr nachdenklich nach Hause.
Dass Mikas Opa kein Zuhause hatte, beschäftigte Florentine sehr. Während sie am Vormittag weitere Plätzchen für den Weihnachtsmarkt backte, musste sie immer wieder an ihn denken. «Du hättest ihn mal sehen sollen, Pieps, wie er da frierend und hungrig unter der Brücke saß», sagte sie zu ihrem Rotkehlchen, das ihr von der Vorhangstange aus zusah. «Das kann doch nicht so bleiben. Nein, das darf es nicht!», fügte sie entschlossen hinzu. Als am Nachmittag ihre Nachhilfeschüler klingelten, hatte Florentine eine Lösung für Opa Kalle gefunden und einen Plan für Mikas Wunsch geschmiedet.
Seit ein paar Monaten gab Florentine den Kindern Anna, Karl, Samuel und Nele Nachhilfeunterricht in Mathe. Nele brauchte die Stunden eigentlich gar nicht, denn sie hatte ziemlich gute Noten. Doch weil Florentines Unterricht so unterhaltsam war, nahm sie trotzdem daran teil.
Heute hatte sich Florentine Aufgaben rund um die selbst gebackenen Plätzchen ausgedacht. «Ich erwarte, dass so ungefähr 600 Leute am nächsten Wochenende zu unserem Weihnachtsmarkt kommen», begann sie. «Wenn jeder Dritte eine Tüte mit Plätzchen kauft, wie viele Tüten benötigen wir dann?»
«Zweihundert!», rief Anna blitzschnell.
«Genau», fuhr Florentine fröhlich fort. «Und jetzt rechnet ihr aus, wie viele Plätzchen wir brauchen. In jede Tüte packen wir 15 Stück.»
Schon beugten sich die Kinder über ihre Mathehefte und rechneten los.
Nele war als Erste fertig, sagte aber nichts.
«Es sind 3000 Plätzchen, kann das sein?», fragte Karl stirnrunzelnd.
Florentine nickte. «Haben wir denn so viele Plätzchen?», fragte Samuel mit großen Augen.
«Ich habe heute Vormittag noch mal gebacken. Aber da wir gleich auch noch ein paar Minus-Aufgaben machen, müssen wir wohl noch mal ran», erwiderte Florentine und seufzte theatralisch.
Die Kinder lachten. Minus bedeutete, dass sie Plätzchen essen durften. Die Aufgaben, die Florentine beim Abwiegen der Zutaten stellte, machten ihnen Spaß. Das Tolle an Florentines Nachhilfe war nämlich, dass es immer einen praktischen Bezug gab. So wurde es niemals langweilig.
«Dürfen wir auch noch von deinen Apfelplätzchen essen? Bitte, bitte!», bettelte Nele.
«Na gut, aber jeder nur eins», sagte Florentine und holte die Keksdose vom Regal. «Ich werde nämlich vorübergehend einen Gast bei mir aufnehmen, dem ich die Kekse unbedingt auch anbieten möchte.»
«Wer denn? Tante Gertrude?», fragte Samuel neugierig.
Florentine grinste gequält und schüttelte den Kopf. Tante Gertrude hatte sie bislang erfolgreich verdrängt. «Nein», antwortete sie geheimnisvoll. «Es ist der Weihnachtsmann.»
Die vier Kinder prusteten los. «Florentine, wir sind alle zehn Jahre alt!», belehrte Karl sie.
«Genau, da glaubt man doch nicht mehr an den Weihnachtsmann», fügte Anna hinzu.
Mit einem Schulterzucken schob Florentine ein Blech mit Lebkuchenherzen in den Ofen. «Euer Pech. Ich bekomme Besuch vom Weihnachtsmann, ob ihr an ihn glauben wollt oder nicht.»
«Und schläft der dann auf deinem roten Sofa?», fragte Nele und klang fast ein bisschen neidisch. Bisher hatte außer ihr und Samuel noch nie jemand auf diesem Sofa übernachtet.
«Nein, er bekommt ein eigenes Zimmer.» Florentine klappte den Ofen zu und stellte die Eieruhr ein.
«Aber welches Zimmer denn?», wollte Samuel wissen.
Die Kinder kannten nur Florentines Wohnzimmer und das Schlafzimmer mit ihrem lustigen Bett, das aussah wie ein Vogelnest.
«Kommt mal mit!», meinte Florentine und ging durchs Wohnzimmer in den Flur. Dort schob sie einen bunten Vorhang beiseite. Dahinter verbarg sich eine Tür.
«Ein geheimes Zimmer?», rief Nele aufgeregt.
«Na ja, eigentlich ist es ein ganz normaler Raum. Er wurde nur schon sehr lange nicht mehr benutzt», erwiderte Florentine.
«Aber warum?» Karl ging zu der Tür und drückte die Klinke herunter. Doch das Zimmer war abgeschlossen.
«Bestimmt ist es eine Rumpelkammer», meinte Anna.
«Aber ganz und gar nicht», widersprach Florentine. Sie atmete tief durch und nahm einen Schlüssel vom Schlüsselbrett neben der Eingangstür. «Soll ich wirklich aufschließen?»
«Ja!» – «Natürlich!» – «Mach schon, Florentine!» – «Bitte!», riefen die Kinder durcheinander.
Florentine nagte an ihrer Unterlippe. Es fiel ihr offenbar schwer, das Zimmer aufzusperren. Die Kinder hielten es vor Spannung kaum noch aus. Sie wollten jetzt unbedingt wissen, was hinter der Tür war.
«Okay!» Florentine steckte den Schlüssel ins Schloss. Langsam drehte sie ihn herum, doch die Tür ging nicht auf. Florentine rüttelte und lachte. «Sie klemmt immer noch, genau wie damals.»
«Och nee!» Enttäuscht sah Nele sie an.
«Dann kann der Weihnachtsmann ja gar nicht kommen», feixte Anna.
«Das haben wir gleich!» Florentine drückte von unten gegen die Klinke und warf sich gleichzeitig gegen die Tür. Polternd sprang sie auf.
Das Zimmer war dunkel. Staub wirbelte auf, als Florentine den Vorhang am Fenster zurückzog. Sie hustete und öffnete schnell das Fenster. «Ja, es ist wirklich lange her, dass ich hier drinnen war.»
Die Kinder hatten sich neugierig in den Raum gedrängt. Jetzt sahen sie sich erstaunt darin um. Es war ein Kinderzimmer. Aber nicht irgendeins. Das Bett in der Mitte war eine riesige alte Schiffschaukel. Auf dem Schreibtisch stand eine Kristallkugel, und in einem Regal daneben gab es Gläser mit allen möglichen Süßigkeiten gefüllt. Interessiert griff Karl nach einem Glas mit grünen Gummifröschen.
«Davon solltest du die Finger lassen», warnte Florentine. «Die sind über zwanzig Jahre alt.»
Nele und Samuel starrten sie an. «Das ist dein altes...
Erscheint lt. Verlag | 1.6.2024 |
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Reihe/Serie | Florentine Feiertag |
Illustrationen | Nina Dulleck, Annabelle von Sperber |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | Baumhaus • Bücher ab 8 • Bürgermeister • Crépes • Crépesofen • Einbruch • Elefant • Familie • Geschenke • Kinderbuch ab 8 Jahren • kinderbuch zum selber lesen • Kinderbuch zum Vorlesen • Kinderliteratur • lustige Bücher für Kinder • lustiges Kinderbuch • Obdachlosigkeit • Pieps • Pony • Rotkehlchen • schöne Kinderbücher • spannendes Kinderbuch • Trampolin • Weihnachten • Weihnachtsfeier • Weihnachtsfest • Weihnachtsmann • Weihnachtsmarkt • Weihnachtswünsche |
ISBN-10 | 3-7336-0820-8 / 3733608208 |
ISBN-13 | 978-3-7336-0820-0 / 9783733608200 |
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