Shelter – Der schwarze Schmetterling (eBook)

Die Romanvorlage zur Amazon Prime-Serie

(Autor)

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2023
cbt (Verlag)
978-3-641-31655-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Shelter – Der schwarze Schmetterling - Harlan Coben
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Rasante Action des Thriller-Bestsellerautors nun als große Serienverfilmung
Mickey Bolitar hat wirklich ein übles Jahr hinter sich: Sein Vater ist bei einem Unfall umgekommen, seine Mutter ist auf Entzug und jetzt muss er auch noch zu seinem Onkel Myron ziehen, den er kaum kennt. Doch es kommt noch schlimmer: Gerade als er neue Hoffnung schöpft, verschwindet seine Freundin Ashley spurlos! Fest entschlossen, herauszubekommen, was mit ihr passiert ist, findet er sich plötzlich in einem Strudel mysteriöser Ereignisse wieder - und diese scheinen mit dem Tod seines Vaters in Zusammenhang zu stehen ...
Ein atemberaubendes Abenteuer vom Meister der psychologischen Spannung - nun auch als Serienverfilmung!
Die Bänder der Shelter-Reihe:
Shelter - Der schwarze Schmetterling (Band 1)
Das dunkle Haus (Band 2)
Das geheimnisvolle Grab (Band 3)

Harlan Coben wurde 1962 in New Jersey geboren. Nachdem er zunächst Politikwissenschaft studiert hatte, arbeitete er später in der Tourismusbranche, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Seine Thriller wurden bisher in 45 Sprachen übersetzt, erobern regelmäßig die internationalen Bestsellerlisten und wurden zu großen Teilen verfilmt. Harlan Coben, der als erster Autor mit den drei bedeutendsten amerikanischen Krimipreisen ausgezeichnet wurde - dem Edgar Award, dem Shamus Award und dem Anthony Award -, gilt als einer der wichtigsten und erfolgreichsten Thrillerautoren seiner Generation. Er lebt mit seiner Familie in New Jersey.

1


Ich war gerade auf dem Weg zu meiner neuen Highschool und zerfloss in Selbstmitleid – mein Vater war tot, meine Mutter machte einen Entzug, und meine Freundin war verschwunden –, als ich die Hexe zum ersten Mal sah.

Natürlich hatte ich die Gerüchte gehört, die man sich über sie erzählte. Angeblich lebte sie ganz allein in dem heruntergekommenen Haus Ecke Hobart Gap Road und Pine Street, das jeder hier aus der Gegend kannte. Jetzt stand ich direkt davor. Der gelbe Anstrich pellte sich vom Putz wie Haut nach einem Sonnenbrand. Der geteerte Zugangsweg war rissig und in dem ungepflegten Vorgarten wucherte kniehoch der Löwenzahn.

Es hieß, die Hexe sei hundert Jahre alt und würde nur nachts rauskommen. Und wenn ein Kind nicht vor Einbruch der Dunkelheit vom Spielen oder vom Baseballtraining zu Hause war – und so mutig, im Dunkeln heimzulaufen, oder verrückt genug, die Abkürzung durch ihren Garten zu nehmen –, dann holte sie es sich.

Was sie dann mit ihnen machte, hatte mir niemand sagen können. Kinder waren in der Stadt jedenfalls seit Jahren keine verschwunden. Bei Jugendlichen, wie zum Beispiel meiner Freundin Ashley, sah die Sache schon anders aus. Die konnten am einen Tag noch da sein, deine Hand halten, dir tief in die Augen schauen und dein Herz dazu bringen, Trommelwirbel zu schlagen – und am nächsten waren sie verschwunden. Aber kleine Kinder? Nö. Die hatten nichts zu befürchten, noch nicht einmal von der Hexe.

Ich wollte gerade auf die andere Straßenseite wechseln, weil selbst mir als frischgebackenem Zehntklässler bei der Vorstellung mulmig wurde, zu dicht an dem unheimlichen Haus vorbeizugehen, als sich knarzend die Eingangstür öffnete.

Ich erstarrte.

Einen Moment lang passierte gar nichts. Die Tür stand sperrangelweit offen, aber es war niemand zu sehen. Ich blieb stehen und wartete. Gut möglich, dass ich blinzelte, aber beschwören kann ich es nicht.

Jedenfalls stand plötzlich die Hexe da.

Sie hätte tatsächlich hundert Jahre alt sein können. Oder sogar zweihundert. Ihre hüftlangen silbergrauen Haare wehten im Wind und verbargen ihr Gesicht wie ein Schleier. Sie trug ein weißes Kleid, das an ein Hochzeitskleid aus einem alten Horrorfilm oder Heavy-Metal-Video erinnerte, und ihr Rücken war gekrümmt wie ein Fragezeichen.

Die Hexe hob langsam ihre rechte Hand, die so blass war, dass sich überdeutlich die blauen Adern auf dem Handrücken abzeichneten, und zeigte mit knochigem, zitterndem Zeigefinger in meine Richtung. Ich sagte nichts. Ihr Finger verharrte auf mir, bis sie sich sicher war, dass ich sie ansah. Dann breitete sich auf ihrem von Falten zerfurchten Gesicht ein Lächeln aus, bei dem es mir eiskalt den Rücken hinunterlief.

»Mickey?«

Ich hatte keine Ahnung, woher die Hexe meinen Namen wusste.

»Dein Vater ist nicht tot«, sagte sie.

Ihre Worte durchfuhren mich wie ein Stromstoß und ließen mich einen Schritt zurückweichen.

»Er lebt.«

Ich stand immer noch wie vom Donner gerührt da, als sie wieder in ihrem abbruchreifen Hexenhaus verschwand, aber ich wusste, dass das, was sie gesagt hatte, nicht stimmte.

Ich hatte nämlich mit eigenen Augen gesehen, wie mein Vater starb.

Okay, das war wirklich schräg.

Ich blieb vor dem Haus der Hexe stehen und wartete ab, ob sie vielleicht noch mal herauskam. Fehlanzeige. Nach einiger Zeit ging ich den Weg zur Tür hinauf und suchte nach einem Klingelknopf. Es gab keinen. Ich hämmerte gegen die Tür. Sie erbebte unter der unsanften Behandlung, und das Holz war so rau, dass es wie Schmirgelpapier über meine Fingerknöchel schrappte. Farbsplitter rieselten zu Boden, als hätte die Tür ziemlich übel Schuppen.

Aber die Hexe ließ sich nicht blicken.

Tja, und was jetzt? Die Tür eintreten und die komische alte Frau in dem merkwürdigen weißen Kleid dazu auffordern, ihr wirres Gerede zu erklären? Vielleicht war sie ja nach oben ins Bad gegangen, hatte ihr weißes Kleid ausgezogen und stand gerade unter der Dusche …

Igitt.

Zeit, abzuhauen. Ich musste sowieso weiter, wenn ich den ersten Gong nicht verpassen wollte. Mein Klassenlehrer Mr Hill nahm es mit Pünktlichkeit extrem genau. Außerdem hoffte ich immer noch, dass Ashley heute auftauchen würde. Ich meine, konnte doch sein, dass sie genauso plötzlich wieder da war, wie sie sich in Luft aufgelöst hatte.

Ich hatte Ashley vor drei Wochen beim Einführungstag der Highschool kennengelernt, der sowohl für komplette Neulinge wie Ashley und mich abgehalten wurde als auch für die angehenden Neuntklässler, von denen sich aber alle schon seit der Grundschule kannten. Typisch Kleinstadt eben.

Eigentlich sollte so ein Einführungstag dazu da sein, sich seinen Stundenplan zusammenzustellen, überall herumgeführt zu werden und vielleicht mit ein paar Mitschülern Bekanntschaft zu machen. Aber nein, das reichte noch nicht. Wir mussten zusätzlich an total schwachsinnigen, entwürdigenden und komplett peinlichen »Teambildungs-Übungen« teilnehmen.

In der ersten ging es um Vertrauen und Sich-fallen-Lassen, und wir sprechen hier nicht von Sich-fallen-Lassen im übertragenen Sinn. Ms Owens, eine Sportlehrerin mit einem breiten Lächeln, das aussah, als wäre es ihr von einem volltrunkenen Clown aufs Gesicht gepinselt worden, begann die Übung damit, uns mit penetrant guter Laune zu terrorisieren.

»Guten Morgen allerseits!«

Hier und da ertönte unterdrücktes Stöhnen.

Dann – und ich hasse es, wenn Erwachsene das machen – rief sie: »Kommt schon, Leute! Ich weiß genau, das könnt ihr besser, also lasst es uns noch mal versuchen! Guten Morgen allerseits!«

Die Schüler gaben ein lautes »Guten Morgen« zurück, aber nicht, weil Ms Owens sie überzeugt hatte, sondern damit sie endlich mit dem Quatsch aufhörte.

Anschließend teilte sie uns in Sechsergruppen auf – in meiner waren drei angehende Neuntklässler und zwei Schüler aus der Oberstufe, die wie ich gerade erst in die Stadt gezogen waren.

»Okay! Gleich werdet ihr euch der Reihe nach mit verbundenen Augen auf dieses Podest hier stellen!« Ms Owens schien ihre Sätze immer mit einem Ausrufezeichen beenden zu müssen. »Und dann möchte ich, dass ihr die Arme vor der Brust verschränkt und so tut, als würde das Podest in Flammen stehen! Oh Gott!« Sie presste die Hände auf die Wangen wie der Junge auf dem Filmplakat von »Kevin allein zu Haus«. »Es ist so schrecklich heiß, dass ihr euch nach hinten fallen lassen müsst!«

Jemand hob die Hand. »Warum sollen wir unsere Arme verschränken, wenn das Podest in Flammen steht?«

Zustimmendes Murmeln.

Ms Owens’ Dauerlächeln blieb an Ort und Stelle, aber ich meinte, ein leichtes Zucken unter ihrem rechten Auge zu sehen. »Weil ihr an den Armen gefesselt seid!«

»Ähm, sind wir aber doch gar nicht.«

»Ihr tut so, als ob!«

»Aber wenn wir so tun, als seien wir gefesselt, wozu brauchen wir dann die Augenbinde? Können wir nicht auch einfach so tun, als könnten wir nichts sehen?«

»Oder die Augen zumachen?«

Ms Owens rang um Fassung. »Das Podest brennt! Es ist so heiß, dass ihr euch rückwärts fallen lasst!«

»Rückwärts?«

»Würde man in so einem Fall nicht eher springen, Ms Owens?«

»Genau. Warum sollten wir uns nach hinten fallen lassen? Ich meine, wenn doch angeblich das ganze Podest brennt.«

Ms Owens reichte es. »Weil ich es euch sage! Ihr werdet euch nach hinten fallen lassen! Die anderen aus der Gruppe werden euch auffangen! Und das Ganze machen wir so lange, bis jeder einmal dran war!«

Wir fügten uns in unser Schicksal, auch wenn ein paar von uns sichtlich schluckten. Ich bin eins fünfundneunzig groß und wiege hundert Kilo. Ich sah den Leuten aus meiner Gruppe an, dass ihnen bei der Vorstellung, mich gleich auffangen zu müssen, etwas mulmig wurde. Und dann war da noch eine von Kopf bis Fuß schwarz gekleidete angehende Neuntklässlerin in meinem Team, die ziemlich fett war. Ich weiß, ich sollte sie nicht fett nennen, sondern stattdessen lieber ein politisch korrektes Wort benutzen, aber mir fällt keines ein, das nicht irgendwie herablassend klingt. Korpulent? Pummelig? Vollschlank? Ich meine das ganz ohne Wertung, so wie ich auch hager, dürr oder schmächtig sagen würde.

Das dicke Mädchen zögerte, bevor sie als Erste auf das Podest stieg. Jemand in unserer Gruppe lachte. Dann fing noch einer an.

Ich habe wirklich keine Ahnung, wozu diese Übung gut sein sollte, außer diesem Mädchen zu zeigen, dass die Grausamkeiten nicht aufhören würden, wenn sie auf die Highschool kam.

Als sie sich nicht sofort nach hinten fallen ließ, sagte einer der anderen Neuntklässler mit gehässigem Grinsen: »Na los, Ema, mach dich mal locker. Wir fangen dich schon auf.«

Seine Stimme klang nicht gerade vertrauenerweckend. Ema zog die Augenbinde herunter und schaute sich zu uns um. Als unsere Blicke sich trafen, nickte ich ihr aufmunternd zu. Schließlich ließ sie sich fallen, und wir fingen sie auf, wobei sich ein paar nicht verkneifen konnten, dabei übertrieben zu ächzen. Ema machte danach allerdings nicht den Eindruck, als hätte sie jetzt mehr Vertrauen in ihre Mitmenschen als vorher.

Als Nächstes spielten wir irgend so ein dämliches Paintballspiel, bei dem sich zwei Leute verletzten, und dann kam eine Übung, die sich »Vergiftete Erdnussbutter« nannte. Kein Witz – leider. Dafür musste man einen zehn Meter langen imaginären Sumpf aus vergifteter Erdnussbutter durchqueren, aber – »Es kann immer nur einer von...

Erscheint lt. Verlag 26.7.2023
Reihe/Serie Die Shelter-Reihe
Die Shelter-Reihe
Übersetzer Anja Galić
Sprache deutsch
Original-Titel Butterfly Code - Mickey Bolitar #1
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte 2023 • ab 14 • action • Actionabenteuer • All Age • Amazon Prime • beste deutsche krimiautoren • Bodyguard • Buch zur Serie • Chris Bradford • eBooks • Film • gone for good • High School • Jugendbuch • Jugendbücher • Jugendthriller • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Myron Bolitar • Neuerscheinung • New Jersey • New York Times Bestsellerautor • Privatdetektiv • Robert Muchamore • SAFE • Spannung für Jungs • Stay Close • Streaming Serie • The Stranger • the woods • Thriller • Verfilmung • Young Adult
ISBN-10 3-641-31655-3 / 3641316553
ISBN-13 978-3-641-31655-6 / 9783641316556
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