Solupp 2: Winter auf Solupp (eBook)

Magisches Insel-Abenteuer für Kinder ab 10 Jahren
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
304 Seiten
Thienemann Verlag GmbH
978-3-522-61127-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Solupp 2: Winter auf Solupp -  Annika Scheffel
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Sehnlich erwartet: Die Fortsetzung von Sommer auf Solupp, für Kinder ab 10 Jahren. Der Winter auf Solupp ist wunderbar, findet Ema: das wild schäumende Meer, die sternschweren Dunkelstunden und das Versprechen von Schnee, das in der Luft liegt. Aber das Rätsel um ihre Herkunft lässt sie einfach nicht los. Nur gut, dass Emas Freundin Mari und ihre Geschwister nach Solupp zurückkehren. Zusammen mit Joon setzen Mari, Kurt und Bela alles daran, Ema bei ihrer Spurensuche zu helfen. Dabei tauchen sie einmal mehr und noch tiefer in die Geheimnisse der Insel ein. Die Rückkehr nach Solupp beschert allen Leser*innen ein klirrend kaltes Inselglück. Mehr Inselabenteuer aus Solupp: - Frühling auf Solupp (9783522186254) - Sommer auf Solupp (9783522185714)Die Bände der Reihe können unabhängig voneinander gelesen werden.

Annika Scheffel wurde 1983 in Hannover geboren. Sie studierte Angewandte Theaterwissenschaft in Giessen. Einen Teil ihres Studiums verbrachte sie in Bergen, Norwegen. Seit Ende des Studiums arbeitet sie auch im Drehbuchbereich. Im März 2010 erschien ihr Debütroman 'BEN', der mit dem Förderpreis des Grimmelshausenpreises ausgezeichnet und für die SWR-Bestenliste ausgewählt wurde. Ihr Roman 'Hier ist es schön' erhielt den Robert-Gernhardt-Preis. Annika Scheffel lebt in Berlin.

ERSTES KAPITEL


WINTERMENSCHEN


Da ist das Meer, der Wind, der ein Sturm ist, salzspritzige Gischt in ihrem Gesicht. Ein merkwürdiges wildes Hämmern, da sind Schreie und Rufe –

Ema schreckt auf. Du hast nur geträumt, das war nur der Traum, versichert sie sich. Du bist hier, in deinem Bett, in deinem Zimmer, du bist auf Solupp, nicht auf dem stürmischen Meer! Schnell steht sie auf, läuft über den kühlen Holzboden hinüber ins Bad und hält ihr Gesicht unter das Wasser. Schon besser! Sie schlüpft in ihre Hose, streift den dicken Lieblingspulli über und läuft die Treppe hinab in die Küche.

Während sie die Thermoskanne mit heißem, honigsüßem Anistee füllt, denkt Ema an Mari. Wie sehr sie ihre Freundin vermisst und wie schön es wäre, sie hier zu haben.

Leise, ganz leise schleicht sie sich an dem riesigen Sofa vorbei, mit dem Jolka seit dem Herbst erst Abend für Abend, mittlerweile auch Tag für Tag, immer mehr verschmilzt.

»Wo willst du denn hin?«, fragt Jolka und klingt, wie immer in der letzten Zeit unendlich müde.

»Nur ein bisschen raus, Luft schnappen!«

»Aber pass’ auf«, sagt Jolka erschöpft, und Ema antwortet: »Klaro!«, obwohl sie nicht so genau weiß, worauf oder womit sie dort draußen eigentlich aufpassen soll. Jolka ist im Winter nicht nur müde, sie ist auch ungewohnt ängstlich.

Seit die Nächte länger sind als die Tage, seit die Dunkelstunden sich bis in die Lichtstunden fressen, hat Jolka sich in ihre Winterversion verwandelt. Während sie das restliche Jahr über voller Energie und Ideen steckt, laut singend und weit gestikulierend durch Haus, Garten, ihren winzigen Laden und quer über die ganze Insel wirbelt und dabei bunt wie eine durchgeknallte Blumenwiese ist, schafft die Winter-Jolka es an vielen Tagen nicht mehr, von Pyjama und Morgenmantel in ihre Anziehsachen zu wechseln. Im Haus gerät alles durcheinander, können Ema und Joon räumen und ordnen und waschen und putzen, so viel sie wollen – die Dinge stehen genauso ratlos herum, wie Ema sich oft fühlt. Der Garten ist staksiger und kahler und stiller, als der Winter allein es fertigbringen kann und Jolkas Laden bleibt geschlossen, gerät nach und nach in Vergessenheit. Und allmählich legt sich eine feine Schicht grauen Staubes über alles, und irgendwie und schließlich auch über Jolka. Die Verwandlung Jolkas in ihre Winterversion kennt Ema schon, die passiert jedes Jahr. Aber in diesem Winter hat sich etwas Neues zu Jolka auf das Sofa gesetzt, zieht sie noch tiefer hinein, hält sie noch fester umklammert als in den Jahren zuvor. Da hockt die Traurigkeit neben Jolka und rutscht näher und näher, und Ema fürchtet sich davor, Jolka und die Traurigkeit eines Tages nicht mehr auseinanderhalten zu können.

Laut und wild, das schreckt Ema Donnergroll nicht. Nicht das Tosen der Westküstenwellen, nicht das Heulen des Windes und nicht die Wut, die sie ab und zu packt und die hinausgeschrien werden will. Nein, was ihr Angst macht, ist die Stille. Und Jolkas Traurigkeit ist sehr, sehr still. So still, wie eigentlich nichts Lebendiges sein kann. Ema kämpft gegen diese unmögliche Stille an, sie erzählt, sie schreit, sie singt, sie grölt, sie lacht, sie heult. Ema kümmert sich, Ema übernimmt, damit die Stille sie nicht kriegt, sie und Jolka und Feinur in dem winzigen, bis unters Strohdach mit Schätzen, Erinnerungen und Wundersamem vollgestopften kleinen Haus, durch das, jetzt im Winter, der Irrlichtende streift. Und Jolka? Die guckt nur. Die zwingt sich ab und zu ein Lächeln ins Gesicht, das sich dort so unwohl fühlt wie Feinur im Winterregen. Die hat keine Lust auf Vanilleeis mit heißem Solbeerkompott, nicht auf Scharade, nicht auf elektrisch-abstehendes Haar, nicht auf nächtliches Großformatmalen, nicht auf Sauna und nicht auf frühmorgendliche Tanzeinlagen.

Jolka, denkt Ema manchmal, hat vielleicht keine Lust mehr auf mich.

Und weil dieser Gedanke so durch und durch schrecklich ist und alles in Ema und um Ema herum luftabquetschend eng macht, auch deshalb muss sie unbedingt aus dem Haus.

Ema öffnet die Tür und sofort ist der Winter zur Stelle, braust um ihre Ohren, legt sich kühl über Emas kaminwarme Wangen, kitzelt in ihrer Nase. Jolka sagt, der Winter habe keinen Geruch, aber das stimmt nicht, findet Ema. Der Winter riecht nach dem, was man hineintut: auf Solupp riecht er nach Feuerholz, Zimt, Muskat und Anis. Er riecht nach Wäsche, die über dem Ofen trocknet, nach einem warmen Ponykörper, nach geröstetem Moos und unten am Meer nach Salz und Algen und nach Horizont. Der Winter, denkt Ema, hat so viele Gerüche wie Möglichkeiten und Geheimnisse. Hinaus in die Kälte zu treten, das ist wie Aufwachen, wie Weitblick, wie Alles-ist-möglich, wie Lebenlebenleben, das ist, findet Ema, wunderschön.

Die Insel kennt sie in- und auswendig, auf die Insel kann sie sich verlassen. Und auf Calypso. Die Stute wartet da vorne bereits auf sie. Bis in den Ort wagt sich das weiße Wildpony im Sommer nicht, aber im Winter vergisst Calypso ihre Scheu. Vielleicht, weil hier im Winter noch weniger Menschen unterwegs sind als zu den anderen Jahreszeiten. Nur Jolka, Ema, Joon und das uralte Geschwisterpaar Oona und Will leben dann auf Solupp. Die Fensterläden der anderen Häuser im winzigen Ort bleiben bis zum Frühling fest geschlossen.

An diesem Nachmittag schubbert Calypso sich an den riesigen Walkieferknochen, die in der Mitte des Platzes daran erinnern, dass Solupp vor vielen, vielen Jahren das Zuhause von Walfängern war. Heute gibt es rund um die Insel längst keine Wale mehr. Doch die alte Fischerin Oona glaubt fest daran, dass sie eines Tages zurückkehren werden: »Wenn die Zeit dafür gekommen ist und sie den Menschen hier wieder vertrauen.«

»Warum sollten sie das tun?«, hatte Ema heftig gefragt.

Ihr gefiel der Gedanke ganz und gar nicht, dass die Solupper früher Wale gejagt, gegessen und verkauft hatten. Erst direkt vor Solupp, und als es dort keine mehr gab, weit weg, in den großen Eismeeren. Aber noch weniger gefiel Ema, dass die alte Fischerin für einen Moment fast verletzt aussah. »Ich meine ja nur –«, hatte Ema gesagt.

»Ich weiß es auch nicht«, gab Oona zu, »aber ich nehme an, es braucht einfach Zeit. Wahrscheinlich ist Zeit das Einzige, was da hilft, beim Verzeihen und beim Vertrauen.«

Und auch wenn Ema die Vorstellung schön findet, dass die Wale den Menschen auf Solupp verzeihen und es wagen zurückzukehren, so richtig vorstellen kann sie sich das immer noch nicht. Was soll die Zeit schon tun, gegen so große Dinge?

Gedankenverloren streicht sie mit dem Zeigefinger über die Vertiefung im holzigen Knochen:

Keilkliff.

Da, knapp über ihrem Kopf, steht das kratzige Wort, das sie, Mari, Joon, Kurt, Bela und den Meerjungen Tonda den Sommer über so beschäftigt hatte. Keilkliff.

Am Ende des Sommers hatten sie das Geheimnis gelüftet, das unheimliche Wort in eine traurig schöne Erinnerung verwandelt und dafür gesorgt, dass die alte Oona ihren uralten Piratenbruder Will wiederbekommen hatte. Hier, im eiskalten Wind, ist der Sommer plötzlich unvorstellbar.

»Denk dran, Mari«, hatte Ema ihrer Freundin zugerufen, damals, am Ende des Sommers, als die gemeinsam mit ihren Brüdern und ihren Eltern auf der Elysion davongefahren war, zurück in Richtung Festland, in Richtung der Stadt, in der die Familie Fröhlich lebt, »ihr kommt eh zurück!«

Und anders als bei den Walen glaubt Ema bei den Fröhlichs immer noch daran, dass sie zurückkommen werden. Nur wann? Jolka hatte Ema erzählt, dass es auf dem Festland Herbstferien gibt, in denen man theoretisch wegfahren kann. Natürlich hatte Ema den Herbst über gewartet, hatte zusammen mit Joon Ausschau gehalten. Und wie immer war die Elysion Woche für Woche wieder am Horizont erschienen, war größer und größer geworden, der Fährmann hatte angelegt und den Holzsteg ausgeklappt, hatte wie eh und je Kisten und Kartons voll Lebensmittel und Haushaltswaren über die Planken geschleppt und am Hafen aufeinandergestapelt. Aber nie, nie, nie waren ihre Freunde von Bord gegangen.

»Das nächste Mal sind sie bestimmt dabei!«, hatte Joon in den ersten Wochen noch aufmunternd verkündet, sobald klar war, dass die Elysion zwar Nudeln, Gewürze und Gummistiefel, aber keine Freunde im Gepäck hatte. Woche für Woche hatten sie dem Fährmann dabei geholfen, die Lebensmittel an Land zu bringen, nur, um sich verstohlen in der Kajüte umsehen zu können. Als würden sie ernsthaft glauben, dass die gesamte Familie Fröhlich sich im schmalen Regal, hinter den im Boden verankerten Sitzen oder gar unter dem ausgefransten Teppich versteckt hätte.

Am Anfang hatten sie noch über diese heimlichen Suchaktionen gelacht:

»Hast du auch im Gewürzgurkenglas nachgeschaut?«

»Na klar hab’ ich, aber Joon, was ist, wenn Kurt sich oben im Lampenschirm zusammengerollt hat? Da hast du doch nicht gesucht, oder?«

»Selbstverständlich hab‘ ich in den Lampenschirm geschaut. Aber: Nichts. Kein...

Erscheint lt. Verlag 22.10.2022
Reihe/Serie Solupp
Solupp
Illustrationen Elsa Klever
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte am Meer Kinderbuch • Eis • Freundschaft • Geschenk • Holzhaus • Identitätssuche • Insel • Kalte Jahreszeit • Kamin • Kinderbuch • Kinderbuch Hund • Nordsee • Ostsee • Pony • Schnee • Schweden • Solupp • Sommer auf Solupp • Urlaub • Wintergeschichten
ISBN-10 3-522-61127-6 / 3522611276
ISBN-13 978-3-522-61127-5 / 9783522611275
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