Cassardim 3: Jenseits der Tanzenden Nebel (eBook)

(Autor)

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2021 | 1., Auflage
464 Seiten
Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
978-3-522-65489-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Cassardim 3: Jenseits der Tanzenden Nebel - Julia Dippel
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Der dritte und finale Band der Trilogie von Fantasy-Queen Julia Dippel Der Kaiser ist tot, doch Amaias Status als Goldene Erbin ist nach wie vor umstritten. Sie steht zwischen der Tradition und einer Revolution - größer, als Cassardim sie je gesehen hat. Noár ist bemüht, sie aus der Schusslinie zu halten, aber Amaia verfolgt eigene Pläne. Sie muss das wachsende Chaos aufhalten, das von ihrem frisch vermählten Ehemann Besitz ergreift. Um ihn, Cassardim und die Menschenwelt zu retten, versammelt sie auf eigene Faust die Erben aller Reiche um sich und begibt sich mit ihnen auf die gefährliche Suche nach einem neuen Juwel der Macht. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, an dessen Ende sie nicht nur ihre große Liebe verlieren könnte ...

Julia Dippel wurde 1984 in München geboren und arbeitet als freischaffende Regisseurin für Theater und Musiktheater. Um den Zauber des Geschichtenerzählens auch den nächsten Generationen näherzubringen, gibt sie außerdem seit über zehn Jahren Kindern und Jugendlichen Unterricht in dramatischem Gestalten. Ihre Textfassungen, Überarbeitungen und eigenen Stücke kamen bereits mehrfach zur Aufführung. Die Autorin steht für Lesungen zur Verfügung.

HONEYMOON IM CHAOS


Unsere Schwerter schlugen so hart gegeneinander, dass Funken sprühten. Gerade als ich von dem Baumstumpf springen wollte, auf dem wir geheiratet hatten, packte Noár mein Handgelenk und machte damit jede Aussicht auf rettenden Abstand zunichte. Gar nicht gut. Jetzt konnte er seine Kraft und Größe gnadenlos ausnutzen, um mich in die Knie zu zwingen.

»Gib auf!«, forderte er mit einem gefährlichen Lächeln. Sein Befehl kroch mir unter die Haut. Der Wille des Schattenprinzen war so stark, dass alles in mir danach schrie, mich diesem zu beugen. Aber ich war nicht irgendwer. Ich ließ mich nicht so einfach manipulieren. Ich war die Goldene Erbin, die Bezwingerin des Chaoskaisers und … seit Neuestem auch die Ehefrau dieses leider viel zu attraktiven Sammelsuriums aus schweißnassen Muskeln, samtiger Stimme und funkelnden Augen voll sinnlicher Versprechen.

»Hättest du wohl gern«, keuchte ich. Noárs Befehl aus meinem Bewusstsein zu verdrängen, kostete mich mindestens genauso viel Konzentration, wie meine Beine anzuweisen, auf keinen Fall unter mir nachzugeben. Glücklicherweise reagierte mein Körper wie von allein und folgte den Abläufen, die mich Rhome immer und immer wieder hatte trainieren lassen: Schritt zur Seite, Gewicht verlagern, drehen, zuschlagen.

Meine Faust traf den Schattenprinzen unterhalb der Rippen. Ich verstärkte die Wucht des Schlags durch meinen Willen, sodass Noár sich eigentlich vor Schmerzen hätte krümmen und den Griff um mein Handgelenk hätte lockern müssen, doch er grinste nur. Unvermittelt wirbelte er mich herum, ein Manöver, das ich weder kannte noch nachvollziehen konnte. Ich krachte mit dem Rücken gegen seine Brust und war prompt in stahlharten Armen gefangen. Noárs Klinge lag an meiner Kehle, während mein Schwert am Baumstumpf abprallte und mit einem Scheppern auf dem Geröllboden landete – weit außerhalb meiner Reichweite. Verdammt.

»Das war gut«, raunte er. »Du wirst jeden Tag besser.«

Ich schnaubte. »Wäre das ein echter Kampf, wäre ich jetzt tot. So gut kann ich also nicht gewesen sein.«

Obwohl ich meinen Widerstand aufgab, ließ Noár mich nicht los. Sein warmer Atem strich mir über den Hals. Dann spürte ich seine Lippen an meinem Ohr.

»Sei nicht so streng mit dir.« Die sanften Worte brachten meinen Frust mühelos zum Schmelzen. »Immerhin hast du dir einen Gegner gewählt, mit dem es niemand in Cassardim aufnehmen kann.«

Unwillkürlich erschauerte mein ganzer Körper. Ich ignorierte es und rollte mit den Augen. »Schon mal versucht, gegen dein Ego anzutreten?«, erkundigte ich mich trocken. »Da hättest du nicht die geringste Chance.«

Der Schattenprinz lachte leise. Die Umklammerung, die mich zuvor noch bewegungsunfähig gemacht hatte, fühlte sich nun gar nicht mehr nach der eines Gegners an. Ganz im Gegenteil.

»Ich kenne da jemanden, dem nicht einmal mein Ego gewachsen wäre«, offenbarte er mir amüsiert, während er mich zu sich drehte. Seine Sternenaugen musterten mich so intensiv, dass mir trotz des kühlen Winds und meiner verschwitzten Kleidung heiß wurde. Schien, als wäre das Training nun offiziell beendet.

»Würden wir beide uns in einem echten Kampf gegenüberstehen, läge mein Leben in deinen Händen«, fuhr er fort und drückte mich fest an seine kräftige Brust. »Ich wäre dir hilflos ausgeliefert, weil ich dir niemals etwas antun könnte.«

Oh Mann, wenn er mich so hielt wie jetzt und derartige Sachen sagte, beschränkten sich meine Gedanken und Gefühle auf ein einziges primitives Wort: meins.

»Dann«, flüsterte ich, »war es ein taktisch sehr kluger Schachzug von dir, mich zu heiraten.«

»Oh ja, das war es, Kätzchen.« Noár grinste, aber in seinem Ton schwang großer Ernst mit. Er beugte sich zu mir. »Die klügste Entscheidung meines Lebens.«

Bevor ich etwas erwidern konnte, verschloss er meinen Mund mit seinem und stahl der Welt um uns herum jede Bedeutung. Noár schaffte mit einem einzigen Kuss etwas, was sonst nichts und niemand vermochte. Er brachte all meine Sorgen und die unaufhörlich kreisenden Gedanken zum Verstummen. Für ein paar Augenblicke herrschte Ruhe in meinem Kopf. Für ein paar Augenblicke waren weder Cassardims lädierte Barrieren noch der mögliche Bürgerkrieg oder die nahende Chaos-Apokalypse von Belang. Für ein paar Augenblicke gab es nur Noár und mich und das überwältigende Gefühl, das uns verband. Ich versuchte, mich an diesem Moment festzuklammern, denn ich wusste, was unweigerlich folgen würde, wenn mein Kopf wieder die Kontrolle übernahm. Angst. Angst, diesen Mann, dem mein Herz gehörte – meinen Mann –, zu verlieren. Die Liebe zu Noár erfüllte mich auf eine so gewaltige und übermächtige Weise, dass ich nicht wusste, was mit meinem Verstand geschehen würde, sollte er irgendwann nicht mehr an meiner Seite sein.

Dieses beklemmende Gefühl begleitete mich seit der Nacht unserer Hochzeit, als sich die Augen meines Bräutigams für den Bruchteil einer Sekunde in wirbelnde Chaos-Abgründe verwandelt hatten. Ich wusste nicht einmal, ob es wirklich real gewesen war. In dieser Nacht war so vieles ungefiltert auf mich eingeprasselt: meine Sorgen, meine Anspannung, meine Müdigkeit, meine Emotionen. Gut möglich, dass ich mich getäuscht hatte, immerhin war einen Wimpernschlag später alles wieder normal gewesen. Auch danach hatte Noár keinerlei Anzeichen einer Chaos-Infektion gezeigt. Und trotzdem hörte diese kleine Stimme in mir nicht auf, mich zu foltern. Sie nannte mich naiv, unterstellte mir eine rosarote Honeymoon-Brille und forderte mich immer wieder auf, irgendetwas zu unternehmen. Mit Noár reden zum Beispiel. Aber ich schaffte es einfach nicht. Die Angst zuzulassen, sie in Worte zu fassen, würde sie real werden lassen. Fragen würden nur zu weiteren Fragen führen, deren Antworten ich vielleicht nicht verkraften konnte. War mein Schweigen ein Fehler? Wahrscheinlich. Versteckte ich mich hinter Ausreden? Ganz bestimmt. Doch noch mehr Probleme, noch mehr Gefahren konnte ich nicht ertragen. Nicht, wo Noárs Liebe das Einzige war, das mich funktionieren und die Hoffnung nicht aufgeben ließ. Also stopfte ich der lästigen Stimme in meinem Kopf den Mund und versuchte, nicht ständig auf die kleinste Reaktion der Splitter in meinen Handflächen zu warten. Eine unangenehme Hitze, ein kriechendes Kribbeln unter der Haut, brennende Schmerzen, fauliger Geruch …

Und dann spürte ich es: Die unangenehme Hitze, das kriechende Kribbeln unter der Haut, brennende Schmerzen und der faulige Geruch – all das stürzte in genau diesem Moment auf mich ein und schien meinen schlimmsten Albtraum wahr zu machen.

Ich packte Noárs Kopf und unterbrach unseren Kuss so abrupt, dass er mich verwirrt ansah. Das durfte nicht sein. Bitte nicht.

»Alles in Ordnung?«, fragte er mich alarmiert, doch ich konnte ihn nur wie gelähmt anstarren.

Nichts. Absolut nichts. Seine Augen waren völlig normal. Panisch presste ich die Splitter fester auf seine Wangen. Ich musste sichergehen, durfte nichts riskieren. Aber der Hautkontakt verschlimmerte weder meine Schmerzen noch die Fäulnis, die sich wie ein dichter Pelz auf meine Zunge legte. Noár war nicht die Ursache. Es ging ihm gut. Oder?

»Kätzchen!« Ich wurde geschüttelt. »Sprich mit mir!«

Das riss mich aus meinem Schock.

»Cha-os«, krächzte ich.

Dann geschah alles gleichzeitig. Mitten im Hain spaltete sich der Felsboden. Schwarzer Rauch voller grüner und violetter Blitze schoss aus dem Abgrund empor und teilte sich in unzählige Tentakel. Noár stieß mich zur Seite. Noch in derselben Bewegung schnitt sein Schwert durch die wabernde Masse, die nach mir hatte greifen wollen. Ich verlor das Gleichgewicht, fiel vom Baumstumpf und landete unsanft auf den Knien. Ein knorriger Baum mit tief hängenden Ästen nahm mir die Sicht auf den angreifenden Wirbel, aber das gierige Kreischen und das Flattern ledriger Flügel, das von den Felswänden widerhallte, verhießen nichts Gutes. Chokaal. Chaoshunde. Binnen Sekunden verwandelte sich der gesamte Hain in ein wirres Durcheinander. Wirbelnde Rauch-Tentakel, Klauen, Zähne – und mittendrin der Schattenprinz und seine Klinge, vereint in einem tödlichen Tanz.

Kalte Wut sammelte sich in meinem Bauch. Das Chaos hatte in den letzten Wochen immer wieder die Barrieren durchbrochen und uns attackiert, aber das hier nahm ich persönlich. Dieser Hain gehörte mir.

Mein Blick fiel auf das Schwert, mit dem ich trainiert hatte. Es lag neben einem Schatten-Farn, nur ein paar Schritte von mir entfernt. Ich sprintete gerade los, als der Hain sich weiter verdunkelte. Diesmal war jedoch nicht das Chaos schuld, sondern die mächtigen Schwingen eines Shendai. Nox pflückte jeden Chokaal aus der Luft, der dumm genug war, den schützenden Felsüberhang zu verlassen.

»Schließ den Wirbel!«, wies Noár mich an.

Ich nickte und schnappte mir mein Schwert. Der Schattenprinz und sein Shendai waren ein unschlagbares Team. Sie würden dafür sorgen, dass keiner der Chaoshunde entkommen und in Cassardim sein Unwesen treiben konnte. Ich dagegen hatte ein gewisses Talent entwickelt, die Barrieren zu flicken. Und solange ich die Juwelensplitter in meinen Händen nutzte, mieden mich Chaoskreaturen wie die Pest.

Gutes Stichwort, die Splitter …

»Über dir!«, hörte ich Noárs Warnung. Sofort riss ich die Klinge hoch und traf einen massigen Körper. Scharfe Klauen verfehlten mein Gesicht nur um Zentimeter. Unglücklicherweise galt dasselbe nicht für das widerlich stinkende schwarze Blut des Chaoshundes, das auf meiner Haut wie Feuer brannte. Oh, wie ich dieses Zeug hasste! Ich...

Erscheint lt. Verlag 25.11.2021
Reihe/Serie Cassardim
Cassardim
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte All-Age • Badboy Buch • Bestseller • Große Liebe • Jugendbuch für Mädchen • Jugendbuch Neuerscheinung 2021 • Liebesgeschichten für Jugendliche • Liebesroman • Romance Buch • Romantik Buch • Übernatürliche Wesen • Unterwelt • verbotene liebe buch
ISBN-10 3-522-65489-7 / 3522654897
ISBN-13 978-3-522-65489-0 / 9783522654890
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