Seeing what you see, feeling what you feel (eBook)

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(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1., Auflage
336 Seiten
Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
978-3-522-65490-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Seeing what you see, feeling what you feel - Naomi Gibson
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Spannend und nervenaufreibend von der ersten bis zur letzten Seite. Seit Jahren programmiert Lydia ihre eigene KI: Henry - schon lange vor dem Tod ihres kleinen Bruders, der ihr Nacht für Nacht Albträume beschert, schon lange, bevor ihr Vater beschlossen hat, sie und ihre Mutter zu verlassen, und schon lange, bevor ihre beste Freundin zu ihrer schlimmsten Feindin mutierte. Henry ist stark, clever, liebevoll und beängstigend intelligent: Lydia hat sich den besten Freund und Liebhaber in einem erschaffen, gespeichert auf einem Chip, immer und überall verfügbar. Aber was passiert, wenn Henry einen eigenen Willen und einen eigenen Plan entwickelt, und ihn nichts mehr aufhalten kann? Wie weit würde er für Lydia gehen?

Naomi Gibson wurde 1988 geboren und wuchs im britischen Cheshire auf. Ihre Kindheit hat sie mit der Nase in einem Buch und den Fingern am Zeichenstift verbracht - immer auf der Suche nach neuen Abenteuern. Schon früh entwickelte sie eine Liebe fürs Schreiben, die bis heute anhält. Sie studierte Kunstgeschichte an der University of Manchester. Dort lernte sie ihren Ehemann kennen, der nie müde wird, ihr von den neuesten Durchbrüchen in der KI-Technologie zu berichten. Seeing what you see, feeling what you feel ist ihr erster Roman, und der Beweis, dass sie ihrem Ehemann zugehört hat.

Henry geht die Zahlen wieder und wieder durch, doch die Wahrscheinlichkeit, dass er unentdeckt geblieben ist, wird nicht größer. Er versichert mir, selbst wenn er Spuren hinterlassen hat, heißt das noch lange nicht, dass sie zu ihm zurückverfolgt werden können. Ich weiß, dass er recht hat. Trotzdem kreisen meine Gedanken den Rest des Nachmittags um Mr Hall und seinen Vortrag über Gefängnisstrafen fürs Hacken. Am Ende der Biostunde bittet mich Mr Anand, noch kurz zu bleiben. Die anderen legen beim Rausgehen ihre Hausaufgaben auf sein Pult und ich fluche leise. Ich habe komplett vergessen, dass ich auch in Bio welche aufhatte.

»Wie geht es dir, Lydia?«, erkundigt sich Mr Anand.

»Gut.«

Er mustert mich durch seine Brille hinweg. Ich merke, dass er die Frage ernst gemeint hat.

»Ich wollte nur mal hören, ob alles in Ordnung ist.«

»Ja, alles bestens. Warum?«

Er verschränkt die Arme vor der Brust. »Du wirkst in den letzten Wochen irgendwie zerstreut. Heute hast du dich kein einziges Mal am Unterricht beteiligt … Wir haben dich ein Jahr überspringen lassen, weil wir dachten, du kommst mit dem zusätzlichen Arbeitspensum klar.« Er legt eine kurze Pause ein und zieht besorgt die Augenbrauen hoch. »Du bist erst siebzehn, Lydia. Ein ganzes Jahr jünger als deine Klassenkameraden. Und der Stoff hat es in sich, gerade auf Leistungskursniveau. Wenn du damit überfordert bist …«

Sein Blick verrät mir, dass er eigentlich auf etwas anderes hinauswill. Etwas, worüber alle Lehrer Bescheid wissen, was aber keiner jemals anspricht. Ich sehe ihm an, dass er das Gleiche denkt wie die anderen: Sie hat eine Therapie gemacht. Eine lange, ausführliche Therapie. Warum geht es ihr immer noch nicht besser?

»Ich bin nicht überfordert«, beteuere ich. Nervös fahre ich mir mit den Fingern durchs Haar. Mum wäre furchtbar enttäuscht, wenn ich zurückgestuft werden würde. »Ich verspreche, ich mache wieder mehr mit. Mir geht es gut, ehrlich.« Ich ringe mir ein Lächeln ab – die beste Lüge, die ich kenne – und nach kurzem Zögern erwidert Mr Anand es.

»Na gut. Aber falls es irgendetwas gibt, was dir zu schaffen macht, auch zu Hause, kannst du mit mir reden. Jederzeit, egal was es ist.«

Ich nicke und lächle erneut, obwohl es in mir ganz anders aussieht. Am liebsten würde ich laut schreien und alles kurz und klein schlagen. Warum bietet er mir seine Hilfe jetzt an, fast zwei Jahre danach? Er scheint zu glauben, dass ich doch langsam mal darüber hinweg sein müsste. Was er nicht kapiert, ist, dass es sich immer noch anfühlt, als wäre es erst gestern passiert.

Pete wartet draußen vor dem Klassenraum auf mich. »Kommst du mit zu mir?«

Ich weiß, er fragt bloß, weil er versucht, einen Trojaner zu bauen, und es alleine nicht hinkriegt. Aber ich kann entweder mit zu ihm gehen oder direkt nach Hause. Und irgendwie habe ich gerade keine Lust, mein Zuhause und vor allem Mum zu sehen.

»Klar«, sage ich zu Pete. »Wir können an deinem Trojaner basteln.«

»Du kannst wohl Gedanken lesen!« Pete grinst.

Mein Handy vibriert.

Pete mag dich, teilt Henry mir mit. Ich habe eine Nachricht in seinem Smartphone gefunden. Er hat jemandem geschrieben, dass er auf dich steht.

Ich staune, wie schnell Henry dazulernt, indem er sich in andere Geräte hackt. Er hat begriffen, dass Emma und Safia gemein waren. Und jetzt begreift er, dass es einen Unterschied macht, ob man befreundet ist oder in jemanden verknallt. Ich verspüre ein kleines, aufgeregtes Kribbeln und werfe Pete einen verstohlenen Blick zu, während wir uns auf den Weg zu ihm machen. Pete? Mag mich?

Wir reden später, tippe ich und verstaue mein Handy im Rucksack.

Pete berichtet mir gut gelaunt von einem Problem mit seinem Programmcode. Er hofft, dass ich ihm dabei helfen kann. Ich überlege, ob ich Mum schreiben soll, dass ich später komme, verwerfe den Gedanken jedoch gleich wieder. Wahrscheinlich ist ihr nicht mal aufgefallen, dass ich weg bin. Wozu also die Mühe machen?

Petes Zuhause ist klein, aber es leben auch nur er und seine Mum dort. Meine Mum hat sich geweigert, unser Haus zu verkaufen, nachdem Henry gestorben ist und Dad uns verlassen hat. Und so klappern wir in dem viel zu großen Gebäude herum wie die letzten beiden Tabletten in einem einstmals vollen Röhrchen. Bei Pete gibt es zwei Stockwerke mit je zwei Zimmern. Gemütlich.

Mrs Taylor begrüßt mich mit dem gleichen strahlenden Lächeln, das auch Pete perfekt beherrscht. »Bleibst du zum Abendessen, Lydia?«, erkundigt sie sich.

Bei der Vorstellung gibt mein Magen ein vernehmliches Knurren von sich. Ich habe den ganzen Tag noch nichts gegessen. Ich öffne den Mund, um ihr höflich zu verstehen zu geben, dass ich sehr gerne sämtliche Chicken Nuggets in mich reinstopfen werde, die ihre Kühltruhe zu bieten hat, doch Pete kommt mir zuvor. »Nee, sie bleibt nicht lang«, sagt er.

Seine Mum lacht und rubbelt mir freundschaftlich über den Arm. »Du bist so dünn! Du solltest wirklich mehr essen.« Sie zwinkert mir zu. »Ich muss zur Arbeit, aber in der Kühltruhe sind ein paar Minipizzen, falls ihr es euch anders überlegt.«

»Alles klar, Mum, viel Spaß«, ruft Pete über seine Schulter hinweg, während er mich aus der Küche und die Treppe rauf in sein Zimmer schiebt.

Er marschiert schnurstracks hinein, doch ich bleibe auf der Türschwelle stehen. Ich war noch nie hier, deshalb muss ich erst mal alles auf mich wirken lassen. Sein Zimmer riecht genau wie er: nach Chlor gemischt mit einer Überdosis Axe. Es ist deutlich kleiner als meins, sodass der Schreibtisch mit seinem Computer direkt neben dem Bett steht. Sein Regal ist voller Pokale und Medaillen, die im Licht der Nachmittagssonne funkeln. Er hat mir mal erzählt, dass er sich die Grenville Academy nur leisten kann, weil er ein Sportstipendium bekommen hat. Ob er wohl ein besserer Hacker wäre, wenn er nicht ständig an allen möglichen Schwimmwettbewerben teilnehmen müsste?

Ich betrachte die Poster an seinen Wänden: Bands, von denen ich nie zuvor gehört habe.

Pete bemerkt meinen Blick. »Die sind von Glastonbury letztes Jahr«, erklärt er grinsend. »Ich war mit meinem Bruder da, als er von seinem ersten Einsatz in Afghanistan zurück war.«

Pete geht zu seinem Computer. Weil es die einzige Sitzgelegenheit weit und breit ist, lasse ich mich auf der Bettkante nieder. Er zeigt mir das neueste YouTube-Video von PewDiePie und ich versuche, an den gleichen Stellen zu lachen wie er. Pete scheint sich zu freuen, dass mir das Video gefällt. Einige Minuten später ruft seine Mutter zu uns herauf, dass sie jetzt weg ist, und schließt die Haustür hinter sich. Wir sind allein.

»Okay, dann mal ran an den Trojaner.«

»Hast du Mr Halls Vortrag heute Mittag schon vergessen?«, frage ich, während er den Quelltext öffnet und runterscrollt.

Pete schnaubt. »Woher soll er wissen, was wir hier machen? Das ist schließlich nicht 1984.«

Wenn Mr Hall glaubt, dass ich die IBI gehackt habe, wird er meinen Computer überwachen. Von Petes stümperhaften Versuchen, gefährliche Malware zu programmieren, hat er aber wahrscheinlich keine Ahnung. Das Ding hat Potenzial, stelle ich fest, während Pete sich weiter hindurchscrollt. Aber es gibt noch zu viele Stellen, die auf sich selbst zurückverweisen oder ins Leere laufen, weil er nicht weiß, wie er sie zu Ende bringen soll. Wenn es etwas gibt, das mir noch mehr stinkt, als mir kein Mittagessen kaufen zu können, dann sind das schlecht geschriebene Computerprogramme.

»Okay, rutsch rüber«, sage ich. »Dann bringen wir das mal in Ordnung.«

Pete grinst und wir tauschen die Plätze. »Ich wusste, du kriegst das hin. Nach allem, was du heute Morgen über Betriebssysteme vom Stapel gelassen hast, war mir klar, dass du die Richtige für diesen Job bist.«

Ich spüre, wie mir die Röte in die Wangen steigt, aber ich gehe nicht auf sein Kompliment ein. Außer mir kenne ich nur noch einen anderen, der dazu in der Lage ist, und das ist Henry. Wie aufs Stichwort vibriert mein Handy.

Brauchst du Hilfe, Lydia?, schreibt er.

Ich blicke in die Kamera und schüttle unauffällig den Kopf, lehne mein Handy aber so an den Monitor, dass er mitlesen kann. Pete macht es sich auf seinem Bett gemütlich und beschäftigt sich mit irgendwas auf seinem Smartphone, was mir nur recht ist, weil er so nicht mitbekommt, wie der Monitor plötzlich flackert. Teile des Quelltextes beginnen, sich wie von Zauberhand neu zu schreiben. Henry hat sich in Petes Computer gehackt. Ich werfe meinem Handy einen finsteren Blick zu. »Ich kann das alleine«, raune ich der Kamera zu.

Das weiß ich, antwortet er. Aber ich möchte helfen.

»Oh Mann, auf der M6 gab’s ’nen Riesencrash«, stöhnt Pete, der immer noch in sein Smartphone vertieft ist. »Mein Bruder ist auf dem Weg hierher und steckt deswegen im Stau. Warum sind die Leute solche Vollidioten? Fahrt vernünftig, dann baut ihr auch keine Unfälle.« Ich weiß nicht so recht, wie ich darauf reagieren soll, weil ich Pete nie erzählt habe, was meiner Familie zugestoßen ist. Zum Glück redet er gleich weiter. »Ich war auch mal in einen Unfall verwickelt. Also, nicht richtig, aber ich war mittendrin. Vor ein paar Jahren gab’s auf der M5 diese krasse Massenkarambolage mit einem vollgeladenen Tanklaster und allem Drum und Dran. Der Verkehr hat sich meilenweit zurückgestaut und wir sind vier Stunden lang nicht von der Stelle gekommen. Totale Zeitverschwendung. Ich wollte mich an dem Wochenende eigentlich mit meinem Bruder treffen, das konnte ich...

Erscheint lt. Verlag 27.7.2021
Übersetzer Ulrike Köbele
Sprache deutsch
Original-Titel Every Line of You
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Code • Coming of Age • Einsamkeit • Erste Liebe • Familie • FBI • Jugendbuch • Künstliche Intelligenz • Liebe • Liebesroman • London • Mobbing • Mutter-Tochter-Beziehung • Psycho • Rache • Romantik Buch • Science Fiction • Social Media • thriller romance • toxische Beziehung • Verbrechen • Verlust • Zukunft
ISBN-10 3-522-65490-0 / 3522654900
ISBN-13 978-3-522-65490-6 / 9783522654906
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