Wörter mit L (eBook)

Einfühlsam und authentisch: Mädchenbuch ab 10 über widersprüchliche Gefühle, echte Freundschaft und das Leben in einer Patchwork-Familie

(Autor)

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2019 | 1. Auflage
128 Seiten
Carlsen Verlag Gmbh
978-3-646-92530-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wörter mit L -  Tamara Bach
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Wenn es draußen eiskalt ist, braucht man ein Buch wie dieses! Von der James Krüss-Preisträgerin 2021!  Auf einmal sind alle verliebt. Paulines beste Freundin Natascha und die blöde Leonie auch. Angeblich sogar Paulines Mutter. Aber das kann Pauline sich nun wirklich nicht vorstellen. Trotzdem benehmen sich plötzlich alle so komisch und streiten sich um nichts und wieder nichts, fast als würden sie nicht mehr dieselbe Sprache sprechen. Aber zum Glück sind da Lukas und sein dreibeiniger Hund. Vielleicht wissen die noch, wie man einfach nur einen Schneemann baut. Endlich ein Kinderbuch der preisgekrönten Autorin Tamara Bach! 'Wörter mit L' ist eine ganz besondere Geschichte für Mädchen ab 11 und über den Wert guter Freunde und über die erste Verliebtheit, über Patchworkfamilien und kleine Brüder.  Ein Buch zum Sich-drin-wiederfinden - ein lupenreines Lieblingsbuch! Freundschaften, die sich verändern, Eltern, die getrennt leben, neue Geschwister und die erste Verliebtheit, das alles mögen schwierige Themen sein, aber Tamara Bach gelingt es wie keiner zweiten von dieser Zeit des Umbruchs leicht und vielschichtig zugleich zu erzählen. 'Wörter mit L' ist ein rundum gelungenes Kinderbuch dieser vielfach ausgezeichneten Autorin.

Tamara Bach, 1976 in Limburg an der Lahn geboren, studierte in Berlin Englisch und Deutsch für das Lehramt. Ihr erstes Buch, 'Marsmädchen', wurde als noch unveröffentlichtes Manuskript mit dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet und erhielt außerdem den Deutschen Jugendliteraturpreis. Weitere Bücher und Auszeichnungen folgten, u.a. der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis 2013 für 'Was vom Sommer übrig ist'. 2014 stand 'Marienbilder' auf der internationalen Auswahlliste White Ravens. Ihr Roman 'Vierzehn' wurde gleich in zwei Kategorien für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Ihre Kinder- und Jugendbücher erscheinen im Carlsen-Verlag. Heute lebt und schreibt Tamara Bach in Berlin. 2021 wurde sie für ihr 'beeindruckendes literarisches Werk' mit dem James Krüss Preis ausgezeichnet! 

Tamara Bach, 1976 in Limburg an der Lahn geboren, studierte in Berlin Englisch und Deutsch für das Lehramt. Ihr erstes Buch, "Marsmädchen", wurde als noch unveröffentlichtes Manuskript mit dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet und erhielt außerdem den Deutschen Jugendliteraturpreis. Weitere Bücher und Auszeichnungen folgten, u.a. der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis 2013 für "Was vom Sommer übrig ist". 2014 stand "Marienbilder" auf der internationalen Auswahlliste White Ravens. Ihr Roman "Vierzehn" wurde gleich in zwei Kategorien für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Ihre Kinder- und Jugendbücher erscheinen im Carlsen-Verlag. Heute lebt und schreibt Tamara Bach in Berlin. 2021 wurde sie für ihr "beeindruckendes literarisches Werk" mit dem James Krüss Preis ausgezeichnet! 

2.   Wenn ich bei Papa und Jette schlafe, weckt mich Jonathan.

Den weckt keiner, der ist morgens einfach wach.

Wenn er zu früh wach ist, schickt ihn Jette noch mal ins Bett. Und dann noch mal. Und dann manchmal noch mal.

Irgendwann sagt sie »Geh mal Pauline wecken«, aber da bin ich schon wach. Weil er schon durch die Wohnung gepoltert ist, weil er nicht flüstern kann, weil Jonathan ein Krawallknoten ist.

Die Tür macht er nicht auf, das darf er nicht. Weil das hier mein Zimmer ist. Er darf klopfen, er darf laut »Pauline, GUTEN MORGEN, HALLO!« rufen, bis ich antworte.

Jetzt sind alle wach.

Wenn ich bei Papa und Jette schlafe, hat jeder seine Zeit im Bad, aber das funktioniert nie so, wie wir uns das mal ausgedacht haben, weil Jonathan immer noch rumrennt, dabei sollte der schon angezogen sein, weil Jette ihm hinterherrennt, dabei sollte die gleich mit ihm zum Bus. Und Papa rasiert sich, dabei sollte der mich gleich zur Schule bringen.

Ich steh im Flur und bin schon fertig, warte auf Papa, dann kommt Jonathan angerannt, aber ich fang ihn ein. »Danke«, sagt Jette, dann ruft sie nach Papa und sagt, dass ich schon fertig bin und er sich mal ein Beispiel an mir nehmen soll.

Wenn ich bei Papa und Jette schlafe, fährt mich Papa zur Schule und ich bin ein bisschen zu früh da. Dafür muss ich nicht den Bus nehmen. Oder mit dem Fahrrad fahren.

Natascha und ich treffen uns morgens immer an der Wand neben dem Schulkiosk. Vor der ersten Stunde dürfen wir noch nicht ins Schulhaus. Weil da sonst Lehrer Aufsicht halten müssten, wegen der Versicherung oder so. Und die wollen erst ab acht anfangen zu arbeiten. Also steht man morgens immer so blöd auf dem Schulhof rum. Wenn Papa mich mitnimmt, bin ich ein bisschen früher als Natascha da. Wenn ich bei Mama schlafe, komm ich später. Eine von uns muss immer warten. Heute ich.

Plötzlich steht Leonie da.

»Hallo«, sagt sie.

»Hallo«, sag ich. Dann schau ich in Richtung Schultor und dann auf die Uhr.

»Wie geht’s?«, fragt Leonie.

Ich zucke mit den Schultern.

»Nicht gut?«, fragt sie.

»Doch.«

Dann schweigt sie.

»Mir geht’s ganz okay«, sagt Leonie.

Natascha lässt sich heute echt Zeit.

»Aha.«

Leonie seufzt und steht dann so rum neben mir.

Ich überlege, mit wem Leonie eigentlich befreundet ist. Auf wen die wohl wartet.

Und dann frag ich »Auf wen wartest du?«.

»Wie?«, fragt sie.

»Hallo«, sagt da Natascha und schaut uns beide an.

»Hey«, sag ich und nehm sie am Arm und zieh sie weg von Leonie, »ich muss dir sofort was erzählen!«, sag ich und zerre Natascha um die Ecke vom Schulhaus und bleib da stehen.

»Was denn?«, fragt Natascha.

»Nix.«

Natascha guckt mich an. »Du bist manchmal echt komisch«, sagt sie und zieht die Augenbrauen zusammen.

»Ich weiß!«, sag ich und grinse sie an.

Natascha guckt noch ein bisschen so, dann haut sie mir plötzlich mit voller Wucht auf den Oberarm, »MENSCH! Weißt du was?«, sagt sie.

»AUA! Was denn?«

»Die in der b haben einen Hund!«

»Wer? Die ganze Klasse?« Geht das?, frag ich mich.

»Nee, der Klassenlehrer, der hat einen Hund, und den nimmt er mit in die Schule! Ins Klassenzimmer!« Natascha grinst mich mit großen Augen an. »Toll, oder?«

Das ist toll, aber das ist bestimmt nicht wahr, was für ein Hund ist das überhaupt, und wieso hat die Parallelklasse einen, aber ich darf keinen haben, und wäre ich in der b, dann hätte ich jetzt auch einen Hund, irgendwie.

Das denk ich alles, dann kommt Leonie um die Ecke und sagt »Da seid ihr ja!«.

Und weil ich so viel auf einmal denke, fällt mir nichts ein, was ich jetzt zu ihr sagen könnte, aber da sagt Natascha schon »Du, die in der b haben einen Hund!«.

Und Leonie sagt »Ich weiß, hab ich schon gesehen«, und dann fragt sie, ob wir Englisch können, dabei ist das so unwichtig, denn die Parallelklasse hat einen echten Hund.

In Sport haben wir Schwimmen, seit heute. Jette hat mir Shampoo und Duschgel und ein Badetuch eingepackt. Ich hab das erst später gesehen und war ganz froh, weil die anderen auch alle Duschzeug dabeihaben. Davor haben wir Basketball gespielt, aber letzte Woche gab’s Noten und jetzt ist was anderes dran.

Sport ist mir eigentlich egal, aber ich kann ganz gut schwimmen. Wir haben neben der Turnhalle so ein winziges Schwimmbad mit einem klitzekleinen Becken, das ist nicht mal richtig tief. Am Anfang schwimmen wir Bahnen, erst Brust, danach sollen wir kraulen. Und dann sind wir alle warm geschwommen und sollen Technik üben. Frau Frisch sagt, dass ich das schon ganz gut mache, aber dann korrigiert die doch so viel, dass ich denke, es ist ein Wunder, dass ich bis jetzt noch nicht ertrunken bin. Nach zwei Schulstunden sind wir alle sehr nass und schrumplig, Sport ist vorbei und wir werden zum Duschen geschickt.

Und dann stehen wir da in unseren Badeanzügen und sollen uns duschen. Das Wasser prasselt und alles hallt. Und wir haben nur die große Pause, um sauber und wieder trocken zu werden. Und gucken so aus den Augenwinkeln. Und dann sagt irgend­eine »Ach was« und zieht sich den Badeanzug aus. Und es dauert gar nicht mehr lange, dann sind wir alle nackt. Aber das ist komisch, also, nicht witzig, sondern merkwürdig-komisch, auch wenn Lotta total rumalbert. Das ist nicht mehr so wie damals im Kindergarten im Sommer, wo man sich einfach ausgezogen hat und durch den Rasensprenger gehüpft ist. Da haben wir ja alle noch gleich ausgesehen. Kindergarten ist ja ewig her.

Wir schauen uns an und ich frage mich, ob das okay ist, dass ich sehe, dass eine aus der Parallelklasse schon Brüste kriegt. Und dass manche dicker oder dünner sind, und manche Po haben und manche gar keinen. Und manche eben Brüste kriegen und andere gar nichts haben.

Damals im Kindergarten, als wir noch klein waren, haben wir alle ausgesehen wie Frösche, mit Blähbauch und Beinen, die nur zum Springen da waren.

Aber wir gucken uns an, ich gucke und andere schauen mich auch an, und dann frag ich mich, was die sehen, was die denken. Ich bin kein Frosch mehr. Dann stell ich das Wasser aus, nehme den Badeanzug vom Wasserhahn und schau an mir herunter, Brust, Bauch, Beine und unten die Füße. Und dann wickel ich mich schnell in das Badetuch ein.

Nach der Englischarbeit stehen Natascha und ich auf dem Pausenhof. Ich schaue gerade auf mein Brot und frage mich, ob ich das mag oder es lieber wieder einpacke. Natascha seufzt. »Wegen Englisch?«, frag ich, aber sie schüttelt den Kopf und nickt in Richtung Tischtennisplatten.

»Weißt du, Tristan heißt ›der Traurige‹«.

»Aha«, sag ich. Natascha schaut weiter zu den Tischtennisplatten, weil Tristan da eben steht.

»Für mich heißt Tristan ›der Triste, der Langweilige‹«, sag ich. Aber sie lacht nicht.

»Das verstehst du nicht. Nomen est omen«, sagt Natascha. Das hab ich schon mal gehört.

Das heißt, der Name ist Voraussage, oder so was.

Wenn Tristan so blöde auf dem Schulhof steht wie immer und an seinem Brötchen rummümmelt, muss Natascha also seufzen und sagt »Der hat bestimmt ein schweres Herz«.

Das ist ganz schön. Ein schweres Herz. Das fühlt man richtig in der Brust. Dass es einen dann nach unten zieht. Dass man auch immer langsam und traurig gehen muss, weil jeder Schritt so unglaublich anstrengend ist. Ich schau mein Brot an, das auch irgendwie traurig aussieht.

»Da, schau, mein Brot ist auch traurig«, sag ich zu Natascha und halte ihr die offene Brotdose hin.

Natascha lacht nicht.

Natascha ist romantisch. Sie sagt »Tristan ist melancholisch«. Das ist auch ein schönes Wort.

»Ich glaub, ich bin unromantisch«, sag ich.

»Du bist zynisch«, sagt Natascha.

Die haut aber heute mit den Worten nur so um sich. Jetzt muss ich das nachschlagen. Als Natascha wieder zu den Tischtennisplatten seufzt, schreib ich mir schnell auf die linke Hand »zynisch«, damit ich das ja nicht vergesse.

Natascha dreht sich um und sagt, dass sie jetzt voll und ganz in Tristan verliebt ist. Dass sie das jetzt weiß. Und daran ist nichts zu rütteln und zu schütteln, das ist jetzt ihr Schicksal, so sagt sie das, »Das ist jetzt mein Schicksal«.

Das klingt ganz schön bedeutend.

Ich frag mich, ob ich wohl auch so ein Schicksal habe.

Ich stecke die Brotdose in die Schultasche und schaue, ob ich irgendwo diesen Hund sehe. Aber der ist bestimmt im Lehrerzimmer.

In der kleinen Pause zwischen Mathe und Deutsch komm ich vom Klo zurück, und Natascha und Leonie sitzen auf unserem Tisch, stecken die Köpfe zusammen und schauen dann nach hinten, wo sich Oskar und Tristan Sachen zuwerfen.

Natascha sagt was zu Leonie, und die seufzt laut und dann kichern sie.

Ich hab was verpasst. Was Lustiges. Aber Tristan und Oskar schmeißen da nur einen Papierball hin und her, weil irgendjemand gesagt hat, dass man nicht so richtig hart mit einem Papierball schmeißen kann, so, dass die Hand wehtut, wenn man ihn fängt.

Das machen die jetzt.

Und Natascha kichert mit Leonie und dann tuscheln sie wieder. Und mir tut irgendwas Kleines weh.

Kein Mensch kann einen Papierball so hart werfen, dass das wehtut. Idioten.

Dann klingelt es und Deutsch fängt an.

Als ich am Nachmittag zu Hause bin, sind alle noch weg. Papa und Jette sind arbeiten, Jonathan ist noch im Kindergarten. Ich mach...

Erscheint lt. Verlag 28.2.2019
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
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ISBN-13 978-3-646-92530-2 / 9783646925302
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