Radio Adria - Eine Erfolgsgeschichte -  Harald Zilka

Radio Adria - Eine Erfolgsgeschichte (eBook)

Hinter den Kulissen des Kultsenders

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99129-127-5 (ISBN)
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1977-1991 sendete der österreichische Privatsender RADIO ADRIA aus Aquileia und unterhielt über zwei Millionen Urlaubsgäste aus deutschsprachigen Ländern. Der Filmemacher und Buchautor Harald Zilka folgt den Spuren des legendären Urlaubssenders. Zahlreiche prominente Künstler und Politiker wie Josef Hader, Andy Woerz, Peter Tichatschek, Oliver Dunk, Jean Andrè, Paul Vècsei, Andreas Wollinger u.v.a erzählen von ihrer Zeit beim Sender. Auch politische Wegbegleiter wie Karl Blecha (ehemaliger Innenminister) und Erhard Busek (ehemaliger Vizekanzler) kommen zu Wort. In einem packenden Sachbuch wird erstmals mit internen Fotos und Dokumente die ganze Geschichte des Kultsenders erzählt.

Geboren in Wien, absolvierte er die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt. Schon als Kind sammelte er Erfahrung beim ORF-Kinderfernsehen und produzierte ab 2000 diverse, teilweise preisgekrönte Filme. 2012 wurde er mit dem Film "Remember Him" (mit dem ehemaligen TV-Star Günter Tolar) bekannt, 2012 veröffentlichte er den Roman zum Film. Er war auch Teil der Schreibgruppe des bekannten österreichischen TV-Moderators Peter Rapp. Internationale Bekanntheit erreichte er mit der Filmdokumentation "Radio Adria-Eine Erfolgsgeschichte" (mit Josef Hader u. a. ehemaligen RA-Stars). Als Autor schrieb er zahlreiche Bücher, unter anderen die Adria-Nostalgie-Bücher von "Lignano", "Caorle", "Jesolo" und "Bibione".

DIE GUTE ALTE ZEIT

URLAUB 70er-90er-JAHRE

Wäre Marty McFly aus dem 1980-er-Kinohit Zurück in die Zukunft (Regie: Robert Zemeckis) mit seiner De-Lorean-Zeitmaschine in die Ära von Radio Adria geflogen, hätte er seltsame Dinge erlebt, die dem erfahrenen Adria-Urlauber wohlvertraut sind. Das Zeitalter der Neuen Deutschen Welle, Föhnfrisuren und Walkmans, in denen auf Autoreisen die Kassetten leierten, bis die Batterien schlappmachten. Es waren Jahrzehnte, wo man gerne einen Sonnen-brand bekam, weil dieser mit Tiroler Nussöl behandelt, sich wie durch Zauberhand immer noch in Bronzebraun verwandelt konnte. Über die Risiken von Hautkrebs wusste man damals wenig. Zehn Stunden Autofahrt mit lauwarmem Filterkaffee aus der Thermoskanne härteten ab. Vollgestopfte Autos, dicke Geldbündel mit schmierigen Lira-Scheinen: Wer nach Italien fuhr, fühlte sich reich. Navigationsgeräte gab es keine. Ehefrauen lotsten ihre Männer mit einem dicken Shell-Atlas durch die Reise. Normal- und Super-8-Filmer mussten tief in die Taschen greifen, wenn sie ihre Erinnerungen auf Zelluloid bannen wollten. Ein Drei-Minuten-Schmalfilm kostete hundertzwanzig österreichische Schillinge, fast neun Euro. Cineastische Geschichtsschreibung der Urlauber war mit Tradition und Zeremoniell verbunden: Mit dem Geruch von Leinwandstoff und ratternden Projektoren.

Badefreuden am Strand, Postkarte

Viele sind im Morgengrauen losgefahren, um dem Stau zu entkommen. Um vier Uhr morgens wurden müde Kinder auf die Rücksitze gepackt, das Schlauchboot nochmals festgezurrt und Oma zum letzten Mal angerufen. Stunden später, nahe der Grenze, flimmerte der heiße Asphalt wie in amerikanischen Road-Movies. Im Stau standen sie alle. Schnell noch ein Kaffee in Minimundus, Kärnten, ein Foto mit dem Petersdom in Modellbaugröße. Letzter Stopp für die verbliebenen zweieinhalb Stunden Fahrt.

Vergangene Zeiten an der Adria (Archivfotos, 1960)

Denn Papa will dann durchfahren. Andere Urlauber kamen mit dem Bus, mit der Bahn oder gar mit dem Moped. Auf unserer Film-Fanseite meldeten sich Campingfans aus Deutschland, deren Familien über sechzig Jahre an die Adria zum Campen fuhren. Adria-Liebhaber sind oftmals Wiederholungstäter. Von Rimini bis zum Gardasee bewohnten sie gerne und oft jahrelang die gleichen Unterkünfte. Lignano-Fans fahren nicht nach Bibione und umgekehrt.

2018 erreichte uns das E-Mail eines Italieners. Er war nach dreißig Jahren auf der Suche nach zwei Mädchen, die in den 1980ern von zu Hause ausgerissen waren und mit dem Moped nach Italien fuhren. Laut seinen Angaben sollen die Durchsagen von Radio Adria dazu beigetragen haben, die Mädchen wieder mit den verzweifelten Eltern in Kontakt zu bringen. Geschichten einer anderen Zeit. Damals war Reisen noch ein kleines Abenteuer, wer die magische Grenze zwischen den Ländern übertrat, war von der Außenwelt abgeschnitten.

Schon kurz nach der Grenze stieg die Temperatur fühlbar an. In den kleinen Fernsehern der Cafés flimmerte ausschließlich RAI und später die zahlreichen Berlusconi-Sender, freizügig und mit überschaubarem Niveau. Wenn man einmal in der Woche zu Hause anrief, um sich nach Neuigkeiten zu erkundigen, musste man rasch Jetons nachwerfen. Die Verbindung war schlecht und Gespräche in die Heimat teuer. Wer nach Italien reiste, konnte auf Märkten oder in sogenannten Fetzenläden die tollste Mode günstig ergattern. Zu dieser Zeit waren diese Textilien größtenteils italienische Fabrikate. Heute produziert die Mafia mit hunderttausenden illegalen Chinesen für den Fetzenmarkt. Der Wachstum der Adria und die modernen Bauprojekte in den 1950er-Jahren katapultierten die Nordstädte zum Touristenhotspot. Waren die Seebäder der Monarchie von Grado bis nach Kroatien schon im 19. Jahrhundert bekannt, mussten die Malariaverseuchten Sümpfe von Lignano bis Jesolo erst trockengelegt werden. Der Ausbau der Südbahn in den 1950-er Jahren und später der Autobahnen machte es den deutschsprachigen Gästen möglich, dort in Zeiten des Wirtschaftswachstums ihre Urlaube zu verbringen. In den 1990er-Jahren folgte der Einbruch, der auch Radio Adria traf. Die Algenpest, die negativen Berichterstattungen darüber und die aufkeimenden Billigfluglinien machten der Adria zu schaffen. Die Küstenorte investierten in eine Modernisierung, schufen Radwege, Wander-Pfade, Reitangebote, aber auch Nobelgastronomie und erreichten damit einen kompletten Imagewechsel und neues junges Publikum. Die Adria hat den ihr zugemuteten Mief als Hausmeisterstrand längst abgelegt. Das Publikum ist „jung und hip“ geworden, neben vielen kulturellen Höhepunkten wurden besonders die klassischen Sommerkonzerte am Strand beim Faro Rosso in Lignano ein Höhepunkt.

Seit damals reisen vor allem die Kinder der Wickie, Slime & Paiper-Generation. Es haben sich gewaltige Fangruppen gebildet, die ihre Lieblingsstädte von Ostern bis Weihnachten gleich mehrfach besuchen. Heute ist es schwer, sich an die alten Zeiten zu erinnern, in denen Shell-Atlas, Walkman und selbst gemachte Brötchen die Reisenden begleiteten. Aber nicht alles hat sich verändert. Um das ehemalige Sumpfgebiet bewohnbar zu machen, sprühten Tanklaster zweimal pro Woche toxisches DDT über die Bürgersteige, um die Mückenplage einzudämmen. Wer den Giftsturm überlebte, benötigte später keine Grippeimpfung; er war immun gegen alle Erreger und wurde hundert Jahre alt. Wenig später schlurften die Urlauber mit Badeschuhen und Luftmatratzen in Richtung Strand, vollgepackt mit aufblasbaren Gummitieren und Sandspielzeug. Am Strand strickten die Frauen nach Mustern und die Herren unterhielten sich oft stundenlang stehend im seichten Wasser, wie man es schon in der K&K-Zeit getan hatte. Am Abend vermischten sich die Düfte von Pinien, Oregano, Salz und Sonnencreme in der Luft mit den Gerüchen von gegrilltem Fisch und traditionellen Gerichten. Die beliebten Pizza-Variationen gehörten zu den importierten Speisen der Region. Risotto, Gnochiette und Meerestiere in allen Variationen sind die Spezialitäten der Küstenbewohner. Weil die gastronomische Versorgung sich erst langsam auf den Tourismus einstellte und die Gäste sparsam lebten, wurde in den alten Zeiten eifrig gekocht und am Strand aus der Kühltasche versorgt. Heute hat der Tourismus den unterschiedlichen Bedürfnissen Rechnung getragen.

Ansichtskarte, 1975

Es gibt Hotels, All-Inklusive-Angebote, aber auch Zimmer, Appartements, Camping-Stellplätze und Mobil Homes. Zweimal täglich wandert auch heute noch der Cocobella-Mann barfuß im fünfzig Grad heißen Sand, um seine Ware zu verkaufen. Saftige Kokosnuss-Stücke präsentiert in den kühlen Wassereimern.

Die Kokosnuss-Verkäufer, meist afrikanischer Herkunft, schienen immun gegen jeden Schmerz ihrer Fußsohlen zu sein. »Africavitamine-proteinecocobelloooooo! - Cocobella«, hallte der Schrei durchdringend über den Strand. Kokosnüsse, Feigen, Datteln und lokalen Wein konnte man damals nicht in jedem Supermarkt der Heimat erwerben. Gegen die Mittagszeit flogen zweimotorige Maschinen über den Horizont und zogen Plakate hinter sich her. Römerquelle. Nivea. Immer frisch mit Keli. Warme Limonade, Mineralwasser und selbst gemachte Sandwiches mit zerronnener Butter und trockenem Schinken schonten das Budget. Kinder bettelten um Münzen für die Flipperautomaten im Café nebenan. Die Töchter des Hauses sonnten sich auf ihren Handtüchern, beäugten hoffnungsvoll die italienischen Bademeister auf ihrem Ausguck. Lange vor Baywatch schienen die muskulösen Strandwächter mit verdunkelten Sonnenbrillen auf ihren Platz in eine komatöse Starre verfallen zu sein. Verletzte ein Badegast eine Regel, erwachten sie blitzschnell aus ihrem Tiefschlaf und trillerten mit der Pfeife wie Louis de Funes in seinen Gendarm-Filmen. Der französische Komiker und Hobby-Rosenzüchter war übrigens nicht nur privat ein Italien-Fan, einige seiner Spielfilme wie Le corniaud (Scharfe Sachen für Monsieur, 1965) oder Sur unarbreperché (Balduin, der Sonntagsfahrer, 1971) wurden auch am italienischen Stiefel gedreht. Bis Mitternacht waren die Restaurants gut gefüllt. Grappa hieß der Magenschutz, begleitet vom italienischen Bier Moretti. Der italienische Schauspieler Orso Maria Guerrini, der in Italien durch die Miniserie E le stelle stanno a guardare sehr bekannt wurde, ist bis heute das Werbegesicht von Moretti. Das charismatische Bauerngesicht des Werbeträgers erinnert an den kommunistischen Bürgermeister aus der Don-Camillo-Filmserie und hat sich in die Gehirne der Urlauber eingebrannt. Das in Udine gebraute Getränk gehört seit 1996 zum Heineken-Konzern. Am Ende der Woche schoben sich neue Kolonnen nach Italien und andere zurück in die Ursprungsländer. Die guten alten Zeiten. Irgendwann kommen wir wieder. Ciao. Ciao. Arrivederci Italia – bis im nächsten...

Erscheint lt. Verlag 9.9.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Geschichte
ISBN-10 3-99129-127-4 / 3991291274
ISBN-13 978-3-99129-127-5 / 9783991291275
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