Anbetung mit erhobenem Haupt (eBook)

Gott selbstbewusst lieben
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
298 Seiten
mc-peppersongs (Verlag)
978-3-948101-01-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Anbetung mit erhobenem Haupt -  Martin Pepper
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Der Berliner Theologe und Songwriter Martin Pepper sucht in diesem Band 2 seiner Anbetungstrilogie nach dem Schlüssel, der es Glaubenden ermöglicht, Gott, die Welt und sich selbst gleichermaßen zu lieben. Dabei entwickelt er ausgehend vom Gedanken der Anbetung eine Form zeitgemäßer Theologie im Sinne einer Aktualisierung des Glaubens in unserer Zeit. Der Kernpunkt seiner Erkenntnis lautet dabei, dass die 'Gottesliebe keine Energie ist, die uns von uns selbst entfremdet und von der Welt isoliert, sondern ein Treibstoff für Selbstverwirklichung und Weltverbundenheit. (...) Gesunder Glaube braucht eine Integration von Selbst und Welt in das Verständnis der Anbetung. Der Schlüssel dazu ist ein Gottesbild, das den Menschen nicht absolutistisch vereinnahmt, sondern seine Befreiung und Selbstverwirklichung liebevoll im Blick hat'. 'Mit diesem Ansatz räumt er mit überzogenen christlichen und moralischen Denkvorstellungen auf und zeigt Wege auf, Christsein in der heutigen Zeit neu zu begründen und zu leben. ...' Er appelliert 'damit für einen erwachsenen und mündigen Glauben und lädt ein, ihn als Geschenk zu leben'. 'Dabei fasst er den Begriff Anbetung sehr weit und bezieht ihn auf die ganze Haltung des gläubigen Menschen vor Gott. Diese Erweiterung ermöglicht ihm die notwendige Kritik an so vielen Fehlhaltungen im Gottesverständnis, an bestimmten Formen des Lobpreises, überhaupt an so vielen Denkmustern in Kirchen und frommen Kreisen'. Deswegen ist gerade dieser zweite Band jedem Christen als Lektüre zu empfehlen. Thomas Nowak, Musikpädagoge und Kulturmanager

Martin Pepper ist ein evangelischer Liedermacher, der mit seinen Liedern über Jahrzehnte zu einer Stimme des christlichen Glaubens geworden ist, mit der sich viele Menschen identifizieren können. Er lebt in Berlin und tourt mit Konzertprogrammen, Inspirationstagen zum Thema Anbetung und musikalischen Gottesdiensten in allen deutschsprachigen Ländern.

2. Anbetung als Ganzheitserfahrung


Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken [ganzem Verstand].

Lukas 10,27; EÜ

Wenn ich Gottes Liebe durch meine Anbetung erwidere, mache ich eine Erfahrung der Ganzheit. Ich tue dies nämlich mit meinem ganzen Wesen in all seinen Ausprägungen. Wenn ein Mensch mit allem, was in ihm ist, Gott liebt, kommen Wille, Gefühl, Energie und Denken zum Einsatz. Es ist Anbetung mit dem ganzen Dasein des Menschen, mit Herz, Seele, Kraft und Verstand.

Der ganze Mensch ist angesprochen


Die Matrix „Herz, Seele, Kraft und Verstand“ ist sicher nicht das einzig wahre Koordinatensystem des Menschen. Wenn biblische Autoren den Menschen beschreiben, wollen sie nur darauf aufmerksam machen, dass es in der Beziehung zu Gott keine ausgesparten Lebensfelder gibt. Die Liebe Gottes wirkt sich auf alle Lebensbereiche des Menschen aus und ruft gleichzeitig nach einer Antwort in allen Bereichen. Gott ist das, was uns „unbedingt angeht“13, sagt der evangelische Theologe Paul Tillich. Er ist kein Thema von vielen, kein Interessengebiet, keine Liebelei des menschlichen Geistes. Gott ist Schicksal und Herausforderung des ganzen Menschen. Wer das nicht begreift, hat das Wesen Gottes nicht verstanden. Er ist die Antwort auf die Frage, wo der Mensch herkommt, wohin er geht und was er aus sich machen soll. Er ist keine interessante Teilfrage, sondern die existenzielle Grundfrage, nichts, was nur einige manchmal etwas angeht, sondern das, was uns alle im Leben unbedingt angeht.

Die genannten vier Begriffe zeichnen den Menschen ein wenig holzschnittartig, eher skizzenhaft. Sie knüpfen an die vorherrschenden Symbole und Begriffe ihrer Zeit an. Die Bibel ist ein Zeugnis des Handelns Gottes am Menschen, kein wissenschaftliches Fachbuch. Aussagen über das menschliche Erleben dienen dazu, einen Zusammenhang zu veranschaulichen in der Begriffswelt der damaligen Zeit.

Die Bibel ist ein Zeugnis des Handelns Gottes am Menschen, kein wissenschaftliches Fachbuch.

Das Urgebot aus 1. Mose 6,5 erwähnt nur drei Elemente: Herz, Seele und Kraft. Seele und Kraft wiederum scheinen aus dem Herzen hervorzugehen.14 Darüber hinaus finden wir im Alten Testament noch die Nieren als Sitz des Gewissens (Gott prüft Herz und Nieren15) und die Eingeweide als Sitz für Erbarmen (das hebräische Wort rachamin – „Erbarmen“ ist der Plural von rechem – „Gebärmutter“, me`im sind die „Weichteile“, der nicht von den Rippen geschützte Bauch16). In den neutestamentlichen Zitaten17 sind es jeweils vier Elemente. Man hat die Kraft manchmal noch in die Kräfte und den Verstand unterteilt. Es gibt also keine autoritative „Mutterstelle“ in der Bibel, aus der das Wesen des Menschen genau definiert hervorgeht. Die Bibel ist keine Enzyklopädie18, keine systematische Auflistung von „allem, was es gibt“. Sie ist kein Archiv des Wissens über Gott und die Seele des Menschen, sondern ein Zeugnis des Glaubens. Das tut sie in dem Rahmen, in dem das Leben zu ihrer Zeit gedeutet wird. Sie beinhaltet die Bausteine des Denkens und den Erkenntnishorizont der Welt ihres Entstehens. Sie trifft darin immer noch die Tiefendimension der Wahrheit, die über Meinungen, Ideen und Fantasien hinausgeht. Sie zeigt die wesentlichen Konflikte des Menschseins, bezeugt das Wesen Gottes und weist prophetisch weit über ihre Zeit bis in unsere Zeit hinein. Das qualifiziert sie aber nicht als einzige und umfassende Wissensquelle für Glaubende. Es negiert auch nicht das wachsende und sich verändernde Wissen über die Zusammenhänge des Lebens in der Zeit. Bei aller Begeisterung für den Reichtum biblischer Zugänge zum Leben ist es immer wieder wichtig, die Bibel als Autorität nur auf das zu beschränken, worauf sie sich selber beruft.19

Bei aller Begeisterung für den Reichtum biblischer Zugänge zum Leben ist es wichtig, die Bibel als Autorität nur auf das zu beschränken, worauf sie sich selber beruft.

Wir wollen uns auf der Basis dieser Bausteine nun die vier genannten Felder der Liebe zu Gott näher anschauen, um der Anbetung in der Vielfalt ihrer Ausdrucksformen auf die Spur zu kommen. Wenn wir Gott selbstbewusst lieben wollen, sollten wir uns dieser Instrumente unseres Selbst bewusst werden. Willkommen auf den vier großen Lebensfeldern der Liebe zu Gott.

Anbetung als Herzenssache


Das Herz hat in der Bibel überwiegend eine symbolische Bedeutung. Es kann durch Wein „erfreut werden“ (Ps 104,15; LÜ), vor Angst „beben wie die Bäume im Walde vom Winde“ (Jes 7,2; LÜ) und „ungeteilt bei dem Herrn sein“ (1Kön 15,3; LÜ). Biologisch verstehen wir es heute als das Organ, das den Blutkreislauf durch regelmäßiges Zusammenziehen und Dehnen antreibt und in Gang hält.20 Es ist damit das Organ, das uns am Leben hält. Darüber hinaus wird ihm in der Sprache der Bibel ein gedachtes Zentrum zugeordnet, in dem sich Empfindungen, Gefühle, vor allem Mut und Entschlossenheit befinden. So sprechen wir bis heute davon, uns „ein Herz zu fassen“, wenn wir mutig und entschlossen vorgehen wollen. Dahinter steckt die Vorstellung, dass, wenn wir das Herz für eine Entscheidung gewinnen können, die anderen Anteile des Menschen folgen werden. Das Herz gibt den Ton an und reißt alles andere, was den Menschen ausmacht, mit. Wenn das Herz versagt, bricht der ganze Organismus zusammen. Das Herz ermöglicht unserem Organismus aus biologischer Sicht alles. (Das Gehirn kann nur unser Bewusstsein verwalten.) Eine Herzenssache ist also eine Frage höchster Wichtigkeit und existenzieller Bedeutung. Wenn der Mensch von Grund auf erlösungs- und erneuerungsbedürftig ist, braucht er „ein neues Herz“ (Hes 36,26).

„Von ganzem Herzen“ hat im Duden eine ganze Reihe von Bedeutungsvarianten21:

Aufrichtig – dem innersten Gefühl, der eigenen Überzeugung ohne Verstellung Ausdruck gebend; tief gefühlt – tief empfunden; innig – im Innersten empfunden, sehr eng, unauflöslich verbunden; wahr – tatsächlich, echt, aufrichtig, die Bezeichnung verdienend; ernsthaft – aufrichtig, ernst gemeint, tatsächlich; herzlich – dem innersten Gefühl entsprechend, aufrichtig.

Das Herz als Willensträger


Einige dieser eben genannten Zuschreibungen treffen eher das, was wir heute mit Seele beschreiben würden, das Gefühlte und die Empfindung.22 In der Bibel steht das Herz aber häufig für die Steuerzentrale des Menschen, den Willen. Sein Herz auf etwas richten heißt, willentlich und aufmerksam, bewusst und gewollt vorzugehen. Gott von Herzen zu lieben bedeutet deshalb auch, sich bewusst, willentlich und entschieden auf Gott einzulassen.

In diesem Aspekt finden wir die ganze Glaubenswelt derer wieder, die darauf bestehen, dass der Glaube an Gott sich nicht in der Pflege einer Tradition oder der Übernahme eines theoretischen Konzeptes erschöpfen darf. Er muss ein willentlich bejahter, bewusster, „im Herzen übernommener“ Glaube sein. So wird hier auch immer wieder auf eine „Bekehrung des Herzens“, eine Hingabe, ein bewusstes Anvertrauen des Lebens gedrängt. Evangelisationsveranstaltungen enden häufig mit einem Aufruf zur Bekehrung. Es sind Veranstaltungen mit einer herausfordernden Predigt und demonstrativen, symbolischen Schritten. Dazu gehört zum Beispiel, in einer sitzenden Gruppe aufzustehen oder zum Altar bzw. Bühnenrand zu kommen. Häufig wird mit dem Ausfüllen einer Entscheidungskarte der „geistliche Erfolg“ dieser Maßnahme dokumentiert. Wie wirksam und langlebig diese organisierten Schritte zur Erweckung oder Wiedergeburt des Herzens sind, ist höchst umstritten.23 Es gibt jedoch viele Menschen, vor allem in freikirchlichen Gemeinden, die ihr geistliches Aufwachen und ihre Eingliederung in eine christliche Kirche diesem Vorgehen verdanken.24 Wer solche „Erweckungsmaßnahmen“ des Herzens gänzlich ablehnt, sollte vielleicht andere Lösungen für einen Appell an das Herz vorschlagen, der doch in der Bibel immer wieder von Gott zu den Menschen ausgeht. Die Erneuerung des Herzens selbst ist sicher Gottes eigenes Hoheitsrecht. Aber die direkte Kommunikation zum Herzen des Menschen, die Frage nach seinem Befinden und die Einladung, das Herz vor Gott zu öffnen, dürfen bei einem lebendigen Glauben nicht außen vor bleiben. Der Glaube braucht eine Sprache, die das Herz erreicht. Die Tradition alleine kann diese Funktion nicht erfüllen.

Das Herz als Gefühlsträger


Das Herz ist aber nicht nur Entscheidungsträger, sondern auch Gefühlsträger. Gottes Liebe und seine Resonanz in unserem Herzen kann wie ein Feuer empfunden werden. So sagten die Jünger, nachdem Jesus sie unerkannt eine Weile begleitet und ihnen Sinnzusammenhänge aus den Schriften erklärt hatte: „Brannte nicht unser Herz, als er auf dem Weg zu uns redete, als er uns die Schriften völlig erschloss?“ (Lk 24,32). Diese Liebe kann erkalten (vgl. Mt 24,12). Durch Gebet können sich Menschen „in der Liebe Gottes erhalten“ (Jud 21). Es wird für die, deren Herzen gerade für Gott brennen, sogar häufig so erscheinen, dass nur noch wenige andere eine solche Wärme und Leidenschaft im Blick auf Gott empfinden. Allerdings zweifeln wir selbst auch immer wieder an unserer Liebe zu Gott, vor allem an ihrer Intensität. Ist das, was wir manchmal für Liebe halten, vielleicht nur Sentimentalität? Ist es wirklich echte Liebe, eine Liebe von ganzem Herzen, wenn unser Herz nur gelegentlich „in Wallung gerät“? Ist es Liebe, wenn wir in einem Gottesdienst ein tiefes Gefühl der Zuneigung und Geborgenheit...

Erscheint lt. Verlag 8.1.2019
Reihe/Serie Anbetung
Sprache deutsch
Themenwelt Religion / Theologie Christentum Gebete / Lieder / Meditationen
Schlagworte Anbetung • Emanzipation • Identität • Moderne • Schambewältigung • Selbstbewusstsein • Selbstverständnis • Weltverhältnis
ISBN-10 3-948101-01-9 / 3948101019
ISBN-13 978-3-948101-01-5 / 9783948101015
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