Marx (eBook)

Eine Einführung

(Autor)

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2018 | 1. Auflage
159 Seiten
Suhrkamp Verlag
978-3-518-75761-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Marx - Iring Fetscher
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Mit seinen Analysen und Visionen wurde Karl Marx zum Vordenker der modernen Revolution. Seine Forderung nach Abschaffung des Kapitalismus hat Weltgeschichte gemacht und unser Verständnis von Wirtschaft ist nachhaltig von seinen Begriffen und Vorstellungen wie Mehrwert, Entfremdung und Klasse geprägt. Auch nach dem Scheitern der kommunistischen Ideologie sind seine Fragen zu Gesellschaft und Individuum, Ökonomie und Arbeit oder zur Bewahrung der Ökosphäre von unverminderter Aktualität. Iring Fetscher, einer der bedeutendsten Marx-Forscher der Bundesrepublik, hat mit seinem konzisen Buch eine bis heute unübertroffen kenntnisreiche Marx-Einführung vorgelegt. Die Neuauflage wird ergänzt durch seinen einflussreichen Essay »Liberaler, demokratischer und marxistischer Freiheitsbegriff«.



<p>Iring Fetscher wurde am 4. M&auml;rz 1922 in Marbach am Necker geboren und starb am 19. Juli 2014 in Frankfurt am Main. Der Politikwissenschaftler war von 1963 bis 1987 Professor f&uuml;r Politische Theorie und Sozialphilosophie an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universit&auml;t in Frankfurt am Main. Er widmete sich insbesondere Studien &uuml;ber Rousseau, Hegel und Marx und die verschiedenen Richtungen des europ&auml;ischen Marxismus.</p>

Iring Fetscher wurde am 4. März 1922 in Marbach am Necker geboren und starb am 19. Juli 2014 in Frankfurt am Main. Der Politikwissenschaftler war von 1963 bis 1987 Professor für Politische Theorie und Sozialphilosophie an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Er widmete sich insbesondere Studien über Rousseau, Hegel und Marx und die verschiedenen Richtungen des europäischen Marxismus.

142. Studium in Bonn und Berlin. Begegnung mit den »Linkshegelianern«


Die Universität Bonn, deren Fakultäten für Gymnasiasten aus Trier am nächsten lagen, hat Karl Marx nur wenig wissenschaftliche Anregungen vermittelt. Er hat während der zwei Semester seines Studiums dort sich vor allem am geselligen Leben der Studenten beteiligt, war sogar einmal 24 Stunden wegen Lärm und nächtlicher Trunkenheit im Karzer und hat sich – nur leicht verwundet – im Duell mit einem »Borussen« »bewährt«. Seine Hauptbeschäftigung bestand im Verfassen zahlreicher Gedichte, die er seiner angebeteten Jenny und dem verehrten Vater gewidmet hat. Wenige Jahre später hat er diese Produktionen zum großen Teil vernichtet. Was erhalten ist, verdient nur als Beitrag zur Psychologie des Menschen Marx Beachtung. Die einzigen Vorlesungen, die ihm offenbar Eindruck gemacht haben, waren die von A. W. Schlegel über Homer und die Elegien des Properz. Schließlich war Marx mit seinen verbummelten Bonner Semestern selbst unzufrieden und ging im Wintersemester 1836 nach Berlin, um ernsthaft Rechtswissenschaft zu studieren.

Das erste umfassende Zeugnis seiner geistigen Entwicklung, das wir aus den Berliner Anfangsjahren haben, ist der berühmte Brief an den Vater vom 10. 11. 1837. Er berichtet darin über seine enorme Lesewut und mehrere Versuche, »Systeme der Rechtswissenschaft« zu entwerfen, wobei er sich stark an der römischen Rechtstradition orientiert, die ihm vermutlich durch Vorlesungen Friedrich Karl von Savignys nahegebracht worden war. Als er mit seinem ersten »System« fertig geworden war, »sah er die Falschheit des Ganzen« ein. »Wiederum sei ihm klargeworden, ohne Philosophie sei nicht durchzudringen« (MEW 1, 7). Schließlich empfiehlt ein Arzt dem überanstrengten Studenten, sich in Stralow – bei Berlin – zu erholen. Während dieser Erholungszeit habe er »Hegel von Anfang bis Ende, samt den meisten Schülern kennengelernt« (10). Mit Hegel und vor allem wohl auch mit dessen Schüler Eduard Gans wolle er jetzt »im Wirklichen selbst die Idee« suchen, nicht mehr von der Idee aus die Wirklichkeit deduzieren.

15Die Junghegelianer


Durch seine gründlichen Kenntnisse der Hegelschen Werke wurde Marx bald in den Kreis der Berliner Junghegelianer aufgenommen, die sich in Kaffeehäusern und Privatwohnungen trafen und als »Doctorklub« bekannt waren. Hier fand er in Adolph Rutenberg, Karl Friedrich Köppen und vor allem in dem Theologen und Philosophen Bruno Bauer wichtige Freunde. Köppen veröffentlichte 1840 ein Buch über »Friedrich den Großen und seine Widersacher«, in dem er die romantische und reaktionäre Politik des zeitgenössischen Preußen vor dem Hintergrund des idealisierten, aufgeklärten Königs attackierte. Moses Hess ließ sich dort später von Hegel und den Junghegelianern zu geschichtsphilosophischen Spekulationen anregen. Rutenberg wurde zum Publizisten und stellte die Verbindung mit Arnold Ruge her, dessen »Deutsche Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst« (1841-1843) eine wichtige Plattform der Jung- oder Linkshegelianer waren.

Bruno Bauer war Privatdozent der Theologie und verfaßte – unter Mitarbeit von Marx – das 1841 veröffentlichte satirische Buch »Die Posaune des jüngsten Gerichts über Hegel den Atheisten und Antichristen. Ein Ultimatum«. Das anonym bleibende Buch präsentierte sich als entrüstete Polemik eines Pietisten gegen die atheistischen und aufrührerischen Hegelianer. Die Maskerade war so sehr gelungen, daß Freund und Feind sie anfangs nicht durchschauten. Ein pietistischer Rezensent begrüßte begeistert den neuen Mitstreiter, und der Linkshegelianer Arnold Ruge entrüstete sich! Natürlich konnte das Inkognito auf die Dauer nicht bewahrt bleiben. Absicht des Buches war es, die radikale und progressive Deutung Hegels als die einzig richtige zu erweisen, indem man dessen Werk zur Zielscheibe pietistischer Duckmäuser machte. Bauers Versuch, Hegel als revolutionären und atheistischen Denker zu präsentieren, war ein Mittel im Kampf um die Herrschaft über die öffentliche Meinung. Wenn Hegel selbst als Mitstreiter gewonnen werden konnte, stellte das einen erheblichen Vorteil für die Linkshegelianer dar. »Das ist nach Hegel die Versöhnung der Vernunft mit der Religion, daß man einsieht, es gebe keinen Gott und das Ich habe es in der Religion immer nur mit sich zu tun, während es religiös meint, es habe es mit einem lebendigen, persönlichen Gott zu tun« (Posaune, 148).

16Bauer behauptet – damit den Weg für spätere Marxsche Formulierungen weisend –, daß »der Gott der Vorstellung nur der Mensch der Vorstellung, der aus sich heraus in den Himmel gesetzte Mensch ist« (Posaune, 135). Nicht nur die Religion, auch die bestehenden politischen Verhältnisse wollte Hegel angeblich stürzen. Jedenfalls hielten es die Linkshegelianer für legitim, aus der Hegelschen Philosophie revolutionäre Folgerungen zu ziehen. Arnold Ruge wirft Hegel lediglich vor, die Konsequenzen aus seiner Philosophie nicht deutlich und radikal genug gezogen zu haben. Als Mittel zur Umgestaltung der Verhältnisse soll – nach Bruno Bauer – allein die Kritik dienen, die von entschlossenen Denkern vollzogene Kritik alles Bestehenden. Dabei gilt der Zusammenhang zwischen der aufgeklärten Philosophie des 18. Jahrhunderts und der Französischen Revolution als Muster für die bevorstehende Wende, die von der junghegelianischen Kritik auf den Weg gebracht werden soll.

Zunächst freilich hoffte Bruno Bauer, seine Wirkung von einem theologischen (!) Lehrstuhl in Bonn aus verstärken zu können. Er plante – zusammen mit Marx und anderen – die Gründung einer Zeitschrift mit dem Titel »Archiv des Atheismus« und hoffte, daß die gegenseitige Toleranz und Konkurrenz der beiden theologischen Fakultäten (katholische und evangelische) in Bonn ihm genügend Freiraum dafür verschaffen würden. Den Freund Marx ermunterte er, endlich seine schon seit einiger Zeit in Angriff genommene philosophische Dissertation abzuschließen, um sich dann als Dozent ebenfalls in Bonn zu etablieren. Im Herbst 1841 wurde jedoch ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bauer eingeleitet und im Mai 1842 mußte er seine Lehrtätigkeit in Bonn einstellen. Damit war auch für Marx die Aussicht auf eine Universitätstätigkeit geschwunden. 1839 war Eduard Gans gestorben, und die Regierung hatte den entschieden konservativen Staatsrechtler Friedrich Julius Stahl auf dessen Lehrstuhl berufen. Damit schied Berlin als Ort seiner Promotion für Marx aus, und er reichte 1841 seine Dissertation über die »Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie« der Universität Jena ein, die eine Promotion »in absentia« schon zehn Tage später vollzog.

In seiner Dissertation stellt Marx die epikureische Naturphilosophie als atheistische und aufgeklärte Theorie vor. Besonders für Marxens Auffassung von der Hinnahme der eigenen Endlichkeit 17und der vernünftigen »Gelassenheit« gegenüber dem Tod war seine Beschäftigung mit antiken Denkern folgenreich. In Vorarbeiten, die zu einem Anhang seiner Dissertation gehören, kommt Marx ausführlich auf die Haltung der Epikureer und Stoiker gegenüber dem individuellen Tod zu sprechen. Dabei setzt er sich kritisch mit Plutarch auseinander, der meinte, »dies Bewußtsein der Endlichkeit mache unkräftig und tatlos, zeuge Verstimmung gegen das gegenwärtige Leben; allein das Leben vergeht ja nicht, sondern dies einzelne Sein. Betrachtet sich dies einzelne Sein als ausgeschlossen von diesem verharrenden allgemeinen Leben, kann es dadurch reicher und voller werden, daß es seine Winzigkeit eine Ewigkeit fortträgt? … bleibt es (nicht) vielmehr in seiner Unlebendigkeit verknöchert?« (MEW Erg. Bd. 1, 119). Das Festhaltenwollen an der Existenz eines Angehörigen durch dessen Weiterleben im Jenseits ist – so das Argument von Marx – keineswegs Ausdruck der Liebe. Denn Liebe würde den Angehörigen vor allem ein glückliches Leben wünschen, nicht irgendeine – vielleicht schmerzhafte Existenz. Es geht im Grunde immer nur um das eigene Dasein, um »das Bewußtsein seiner eignen empirischen Existenz« – nicht um den Nächsten und die Liebe zu ihm. »Es ist also...

Erscheint lt. Verlag 16.4.2018
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Philosophie der Neuzeit
Schlagworte Marxismus • Ökologie • Ökonomie • STW 2255 • STW2255 • suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2255
ISBN-10 3-518-75761-X / 351875761X
ISBN-13 978-3-518-75761-1 / 9783518757611
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