Der kleine Krisenkiller (eBook)

12 Wege, schwierige Lebenssituationen zu meistern

*****

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2017 | 1. Auflage
192 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44284-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der kleine Krisenkiller -  Jens Förster
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Wenn einem Konflikte und Probleme über den Kopf wachsen und sich kein Ausweg bietet, dann ist dringend Hilfe angesagt, um neue Perspektiven zu eröffnen. Der kleine Krisenkiller ist der ideale Begleiter für Menschen, die in einer beruflichen, persönlichen oder gesundheitlichen Krise stecken. Der renommierte Motivationspsychologe Jens Förster bietet umfassende Orientierungshilfe für eine Neuausrichtung und liefert wertvolle Anregungen, wie man in schwierigen Lebenssituationen die eigene Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit zurückerlangt.

Jens Förster lehrte 16 Jahre lang als Professor für Psychologie an den Universitäten Bremen, Amsterdam und Bochum. 2017 hat er das Systemische Institut für Positive Psychologie in Köln mitgegründet, wo er neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit als Systemischer Berater und Therapeut arbeitet. Er ist Autor mehrerer Bücher, u.a. 'Was das Haben mit dem Sein macht' und 'Der kleine Krisenkiller' sowie der ZEIT-Akademie 'Psychologie'. Jens Förster gilt als 'einer der international einfluss­reichsten Psychologen seiner Generation« (Deutsche Gesellschaft für Psychologie).

Jens Förster lehrte 16 Jahre lang als Professor für Psychologie an den Universitäten Bremen, Amsterdam und Bochum. 2017 hat er das Systemische Institut für Positive Psychologie in Köln mitgegründet, wo er neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit als Systemischer Berater und Therapeut arbeitet. Er ist Autor mehrerer Bücher, u.a. "Was das Haben mit dem Sein macht" und "Der kleine Krisenkiller" sowie der ZEIT-Akademie "Psychologie". Jens Förster gilt als "einer der international einfluss­reichsten Psychologen seiner Generation« (Deutsche Gesellschaft für Psychologie).

1
Sport – den Körper stärken


Herr Xanten[3], Studienrat an einem Gymnasium, hat seit einiger Zeit das Gefühl, am falschen Platz zu sein. Im Lehrerkollegium stoßen seine Verbesserungsvorschläge auf null Resonanz, der Rektor hat ihn mehrere Male von einer Beförderung ausgeschlossen, und unlängst strengten Eltern eines Schülers ein Disziplinarverfahren gegen ihn an, weil er ihr Kind geschlagen haben soll. Dieses Verfahren zieht sich nun über einige Wochen, und etliche Schüler nutzen die Klage, um ihn zu denunzieren. Er sei Alkoholiker, habe andere Kinder ebenfalls geschlagen. Im Internet erscheinen Hass-Posts. Herr Xanten hat große Panik, kann nicht schlafen, hat stark zugenommen, hängt stundenlang im Internet herum, um die Posts zu lesen, die auf diversen Blogs erscheinen. Die Situation wird immer schlimmer. Er fühlt sich schwach, hilflos und hat sich krankschreiben lassen. Er hat einen Anwalt hinzugezogen, aber dieser rät ihm zu warten. Es läge nichts gegen ihn vor, alles würde gut werden. Er brauche nur Geduld.

Herr Xanten war ein Häufchen Elend, als er das erste Mal zu mir kam. In den ersten Stunden hat er vor allem geweint. Jetzt ist er lebendiger, stärker, aber vor allem wütend. Er hat einen hochroten Kopf, seine Hände sind zu Fäusten geballt. Ich selbst komme gerade von einer Wanderung aus der Eifel, einem Traumpfad durch Vulkanlandschaften, die mich sehr gut aufgebaut hat. Ich erzähle das kurz, weil Herr Xanten mich nach dem Wochenende fragt, und ich denke, vielleicht ist es ja gut, ihn auf diese Tür hinzuweisen. Aber er wehrt gleich ab: »Wandern? Das ist doch was für alte Leute!«

Ich belehre ihn nicht, dass Wandern gerade ein Trend ist, den auch junge Leute für sich entdecken – wenn er das so überzeugt von sich gibt, dann ist das seine subjektive Meinung, und ich bin nicht dazu da, ihm etwas aufzuschwatzen.

Ich frage ihn vielmehr, wie er früher Krisen bewältigt habe. Er weiß zunächst gar nicht, was ich damit meine. »Krisen! So was wie das hier, das habe ich noch nicht erlebt. Nie im Leben! Sonst wäre ich doch nicht hier!« Er schaut mich verärgert an, als ob er sagen wollte: »Verdammt noch mal, mach das weg! Wozu bist du denn Coach?« Bevor er das sagen kann, erinnere ich ihn daran, dass ich keine gute Fee aus dem Hut zaubern könne, aber dass wir gemeinsam etwas suchen könnten, was ihm hilft, die Krise durchzustehen. Ich sage ihm, dass Therapie Veränderung bedeute, sonst wäre er ja nicht hier. Und etwas verändern könnten wir nur, wenn Klient und Coach zusammenarbeiten. Ob er das wolle und ob er sich stark genug dafür fühle, frage ich ihn. Er nickt und erinnert sich nach längerem Nachdenken plötzlich doch an eine Krise, die er mit zehn Jahren hatte, damals, als er auf das Gymnasium wechselte. In der Grundschule habe er nur Einsen gehabt, auf dem Gymnasium aber habe er sich allein gefühlt und dumm. »Wie in einem schwarzen Tunnel.« Er habe kaum noch Erinnerungen daran. Er habe eine Fünf nach der anderen geschrieben, habe die seinen Eltern nicht zeigen mögen, habe viel geweint. Habe »aus Frust gefressen«. Seine Mitschüler hätten ihn »gemobbt«, und seine Lehrer hätten ihn »fertiggemacht«: »Damals, wissen Sie, da war das noch die schwarze Pädagogik, da hat man Leute mit Fünfen nach vorn kommen lassen, und sie mussten den Mist, den sie geschrieben hatten, vor allen vorlesen. Da standste dann mit deinem jämmerlichen Aufsatz zum Thema ›Wie ich einmal ein Löwe war‹ vor der Klasse, und alle lachten dich aus.«

Wunderbar. Für einen Coach ist so etwas eine Steilvorlage.

»Klingt wie ein Shitstorm, nur ohne Internet.«

Da werden ihm die Augen feucht.

»Ja, das war schon so ähnlich.«

Natürlich ist es nicht meine Aufgabe, Klienten zum Heulen zu bringen, aber wenn jemand nahe an seinem Gefühl ist, dann ist das ein Zugang. Zumal Herr Xanten damals, so sagt er jedenfalls, ein ähnliches Gefühl hatte wie auch jetzt, wenn er den Dreck im Internet lesen muss und sich alles gegen ihn verschworen zu haben scheint. Meine Aufgabe ist es, ihn daran zu erinnern, dass er damals aus der Krise herausgekommen ist, und herauszufinden, wie ihm das gelungen ist.

»Und irgendwann haben Sie ein Studium angefangen und sind Lehrer geworden. Wow. Obwohl Sie mit lauter Fünfen gestartet waren. Irre. Wie sind Sie denn da hingekommen, in den elf Jahren zwischen zehn und einundzwanzig?«

Er lächelt. »Mit zwanzig. Ich habe sogar eine Klasse in der Mittelstufe übersprungen und mit zwanzig mein Studium begonnen.«

»Ist ja irre. Wie haben Sie das gemacht?«

Er schaut nach draußen, ein bisschen stolz, aber auch ein wenig überfragt. »Keine Ahnung. Irgendwann schrieb ich wieder Einsen.«

Kann ja nicht sein, denke ich, und frage weiter: »Irgendwann ist der Weihnachtsmann im Klassenraum erschienen und hat Ihnen einen Sack Einsen geschenkt? Möglich, aber nicht wahrscheinlich. Sie müssen sich doch vorgekommen sein wie ein Loser, mit den ganzen Fünfen. Wie sind Sie denn aus diesem tiefen Tal herausgekommen? Sie wären schließlich nicht der erste Pubertierende gewesen, der sich wegen Mobbing umbringt.«

Herr Xanten ist leicht überfordert, und fast bin ich geneigt, hier abzubrechen, aber dann kommt es: »Das ist nie eine Option für mich gewesen. Ich bin so einer, der selbst dann noch leben will, wenn ihm die Mafia Augen, Ohren und Zunge abschneidet. Aber damals hat mich der Fabian gerettet. Mein Sportlehrer.«

»Was ist passiert?«

»Er hat mein Talent beim Schwimmen erkannt. Wir hatten den Luxus eines Schwimmbeckens bei uns am Gymnasium. Wir hatten Schwimmen ab der Mittelstufe. Doch kaum einer hatte darauf Lust, und kaum einer konnte gut schwimmen. Ich aber war wie ein Fisch im Wasser. Ich hatte früh von meinem Vater das Schwimmen erlernt und konnte schon fast alles. Das Training fiel mir leicht, und durch das Schwimmen bekam ich in Sport statt der Drei immer eine Eins. Damit konnte ich meinen Vater wenigstens ein bisschen beruhigen.«

»Also waren Sie nicht mutterseelenallein. Ich nehme an, der Fabian hat Sie auch gefördert und Sie haben viel trainiert? Oder mussten Sie tatsächlich nichts tun?«

»Nein, nein, der hat mich zum Oktopus geschickt, zum Schwimmverein. Da musste ich eine halbe Stunde hinfahren, und zwei Stunden haben wir trainiert, täglich. Das war schon recht aufwendig. Aber das habe ich gemacht. Gern gemacht.«

»Täglich? Sie haben täglich trainiert?«

»Ja, ja, ich war ja richtig gut. Ich habe einen Wettbewerb nach dem anderen gewonnen.«

»Und was hat das mit Ihnen gemacht?«

»Na, was schon! Als ich die ersten Medaillen gewonnen hatte, haben die mich in der Klasse natürlich anders angeschaut. Und der Fabian hat mir auch Dampf gemacht mit dem Lernen. Ich durfte manchmal nicht trainieren, wenn ich eine schlechte Note brachte. Aber das passierte kaum mehr, nachdem mein Selbstbewusstsein gewachsen war. Ich fühlte mich einfach stärker. Die Blockade war weg.«

Mir gefällt es, wenn die Leute genervt sagen: »Ja, was wohl?«, »Wie soll ich das schon geschafft haben?« oder »Das ist mir aber jetzt nicht neu«, denn tatsächlich passiert in der Beratung wenig wirklich Neues. Darum geht es ja auch gar nicht, denn das Neue ist den Menschen ja eh nicht geheuer. In der wissenschaftlichen Psychologie redet man von »Neophobie«. Menschen mögen das, was ihnen vertraut ist, und sie zögern im Allgemeinen, etwas Neues auszuprobieren. Eigene Forschung mit Marleen Gillebaart und Janina Marguc zeigt, dass dies vor allem dann der Fall ist, wenn Menschen stark verunsichert sind oder wenn ihnen ihre schlechte Stimmung einen Tunnelblick verschafft. Menschen in Krisen sind deshalb Neuem gegenüber nicht aufgeschlossen – trotzdem kann ihnen geholfen werden, indem man sie an das erinnert, was ihnen schon einmal geholfen hat. Wie oben erwähnt, muss man sich in Krisenzeiten verändern und hat Angst davor. Dann sollte man das wenigstens mithilfe der Mittel angehen, die einem bereits vertraut sind – Herrn Xanten anzuregen, es mit Achtsamkeitstrainings zu versuchen, wäre zum Beispiel zu befremdlich für ihn gewesen, hatte er mir doch einmal gesagt, dass er »so esoterische Dinge« nicht versuchen wollte. Bei Herrn Xanten schien Sport das Mittel der Wahl zu sein: Mit Sport hatte er schon einmal eine Krise überstanden, und Sport gefiel ihm. Da wäre ich im Übrigen nicht selbst darauf gekommen, denn ich hätte alles in Herrn Xanten erkennen können, nur keinen großen Sportler. Weit entfernt von einem »swimmer’s body«, saß er vor mir wie ein – mal trauriger, mal wutschnaubender – schwerer Sack voll Leid und Schmerzen. Allerdings hatte ich bemerkt, wie sich, als er vom Schwimmen erzählte, sein Oberkörper aufrichtete – ein gutes Zeichen, denn eine solch gerade Körperhaltung öffnet den Geist für positive Informationen.[4]

»Sie waren also richtig gut, damals! Wie viele Medaillen haben Sie bekommen? Und wie weit sind Sie gekommen?«

Jetzt erzählt Herr Xanten wie ein Wasserfall. Wie er erst nur im Freistil die Bundesjugendspiele gewonnen hatte, dann an seinem Schmetterlingsstil gefeilt hatte und schließlich in fast allen Stilen gewann. Wie er nach Berlin und Hamburg und einmal sogar nach Paris zu den Wettbewerben gefahren war, mit seinem Vater, der »stolz war wie Oskar«.

Ich lasse ihn reden, so lange, bis er selbst darauf kommt: »Irgendwie sollte ich das Schwimmen mal wieder versuchen.«

Nun fühle ich mich auch wunderbar. Ich habe ihm geholfen, sich selbst an etwas zu erinnern, was möglicherweise seine Situation verändern kann. Ich habe ihm nichts eingeredet, ihn nicht eingeengt, ihm seine...

Erscheint lt. Verlag 31.3.2017
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte Coaching • Konflikt-Lösung • Krise • Lebenskrise • Motivation • Motivationspsychologie • Neuausrichtung • Orientierungshilfe • Psychologie • Umdenken
ISBN-10 3-426-44284-1 / 3426442841
ISBN-13 978-3-426-44284-5 / 9783426442845
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