Das Erstinterview

Praxis der psychodynamischen Anamneseerhebung, Praxis der psychodynamischen Anamneseerhebung, Diagnostik, Indikationsstellung und Therapieplanung
Buch | Softcover
136 Seiten
2011
Deutscher Psychologen Verlag
978-3-942761-03-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Erstinterview - Udo Boessmann, Arno Remmers
19,80 inkl. MwSt
Die Phase der beginnenden Tuchfühlung zwischen Patient und Psychotherapeut ist ein einmaliger, unwiederbringlicher Augenblick mit wertvollen Hinweisen auf das Unbewusste.
Erstinterview und Folgegespräche gehören zwar zum Alltagsgeschäft von Psychotherapeuten, trotzdem ist die Literatur zu diesem Thema nicht besonders ausführlich. In der Praxis zeigt sich, dass Psychotherapeuten oftmals nur unzureichend über die Lebensgeschichte ihrer Patienten informiert sind.

Das vorliegende Buch hilft dabei, solche Lücken zu schließen, indem es eine strukturierte Anleitung zur psychodynamischen Anamneseerhebung, Diagnostik, Indikationsstellung und Therapieplanung gibt.

Udo Boessmann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapeutische Medizin. Ermächtigt von der hessischen Landesärztekammer bildet er ärztliche und psychologische Psychotherapeuten aus. Die Schwerpunkte seiner Lehrtätigkeit sind: Theoretische Grundlagen der tiefenpsycho logisch fundierten Psychotherapie, diagnostische und therapeutische Nutzung der Arzt-Patient-Beziehung mit besonderer Berücksichtigung von Übertragung, Gegen übertragung und Widerstand, methodenübergreifende Supervision.

Arno Remmers war bis 2011 als ärztlicher Psychotherapeut für Erwachsene, Kinder und Jugendliche in eigener Praxis tätig. Er ist Lehrtherapeut und Supervisor in der Wiesbadener Akademie für Psychotherapie und lehrt als Dozent bundesweit an verschiedenen Ausbildungsinstituten. Als Vorstandsmitglied engagiert er sich in der Deutschen Fachgesellschaft für Tiefenpsychologie (DfT) sowie in der der World Association for Positive Psychotherapy (WAPP).

Inhalt
VORWORT 4
EINFÜHRUNG 5
Die Ziele und Funktionen des Erstinterviews im Überblick 6
Vier Bereiche als Ordnungsinstrument 9
PRAKTISCHE VORGEHENSWEISE 11
1. Eine erste Beziehung und eine günstige diagnostische Situation herstellen 11
Vor dem Erstgespräch 11
Die Wirkung des äußeren Settings im Erstinterview 12
Geduldig zuhören und beobachten 14
Den Patienten im Hier und Jetzt begegnen 17
Ein Maß für die Schwere der Erkrankung gewinnen 20
Positive Neubewertungen 21
Auftragsklärung 24
2. Die Krankheitswertigkeit und Behandlungsbedürftigkeit der geklagten Beschwerden und Symptome beurteilen 25
Diagnosen nach ICD-10 26
Allgemeiner Lebenskonflikt oder behandlungsbedürftige Krankheit? 27
Die Vorarbeit der Voruntersucher und Vorbehandler nutzen 28
Ausschluss einer biologisch-organischen Ursache der Erkrankung 28
Eine psychiatrische Krankheit ausschließen 29
3. Ein differenziertes Bild der aktuellen Lebenssituation gewinnen und dokumentieren 35
Life-Events 36
4. Sich ein Bild vom Selbst, Ich, Strukturniveau und von der Neurosendisposition machen 38
Strukturniveau 40
Die neurotische Disposition (Neurosenstruktur) einschätzen 41
5. Prognostisch relevante Faktoren abklären 55
6. Die Besonderheiten der Persönlichkeit des Patienten in Zusammenhang mit seiner biografischen Entwicklung stellen 57
7. Die Indikation für eine psychodynamische Psychotherapie stellen oder verwerfen 60
8. Kontraindikationen (C. Reimer) 64
9. Dem Patienten gegebenenfalls alternative Hilfsangebote aufzeigen 65
10. Ermutigung des Patienten 66
11. Passend zum Strukturniveau des Patienten ein tragfähiges Arbeitsbündnis etablieren 68
12. Therapieziele festlegen und begrenzen 71
13. Behandlungsfoki bestimmen 73
Notwendige Fokussierung 73
Überwiegend strukturbezogene Therapieplanung 74
Strukturbezogene Behandlungsfoki 75
Überwiegend konfliktbezogene Therapieplanung 78
Formulierung eines Fokalsatzes 79
Unbewusster Übertragungsfokus 80
14. Aufklärung: Das Wesen, die Möglichkeiten und Grenzen des Verfahrens sichtbar machen 83
15. Voraussetzungen, die Patienten und Therapeuten hinsichtlich des Therapieprozesses erfüllen sollten (G. Hübner) 85
16. Setting, Zeitplanung und Zeitbegrenzung 88
17. Schwierigkeiten und Fehler beim Erstinterview (C. Christ) 91
Institutionelle Ebene 91
Interpersonelle Ebene 93
Intrapsychische Ebene 95
18. Das Erstinterview und die Erstellung des Berichtes an den Gutachter im Internet-Online-Hilfe 97
LITERATUR ZUM THEMA 99
INDEX 101

Einführung Die Phase der beginnenden Tuchfühlung eines Patienten mit einem Therapeuten (und des Therapeuten mit dem Patienten) ist ein einmaliger, unwiederbringlicher Augenblick mit wertvollen Hinweisen auf das Unbewusste. Nach Hermann Argelander ist das Erstinterview eine erste, zeitlich begrenzte und ungewöhnliche Begegnung zwischen einem Patienten und dem Therapeuten, der das Interview führt. Wir verstehen unter Erstinterview nicht nur das erste Gespräch, sondern die gesamte Anamneseerhebung und Diagnostik bis zur Entscheidung für oder gegen die Durchführung einer Therapie. Diese Entscheidung erfolgt in der Regel innerhalb der probatorischen Sitzungen . „Das Geheimnis eines umfassenden Verstehens im Erstinterview ist die Beteiligung der Persönlichkeit des Interviewers am Prozess der Wahrnehmung.“ Der interviewende Therapeut nimmt also nicht nur objektiv überprüfbare Informationen (zum Beispiel medizinische oder biographische Daten) des Patienten auf, sondern lässt das Erscheinungsbild, die Verhaltensweisen, den Affektausdruck und die subjektiven verbalen Mitteilungen des Patienten sowie die situativen Ereignisse im Verlauf des Erstinterviews auf sich wirken. Er versucht, die unbewussten Mitteilungen des Patienten zu erfassen, die sich nach und nach zu einer geschlossenen Aussage über die Persönlichkeit des Patienten verdichten. Das Erstinterview öffnet einen interpersonalen Raum, in dem sich die strukturellen Ressourcen und Defizite (zum Beispiel in der Selbst- und Affektsteuerung), die innere unbewusste Konfliktdynamik, dysfunktionale Kommunikations- und Beziehungmuster sowie Übertragungsbereitschaften und Widerstände des Patienten szenisch manifestieren können. Auf diese Weise sollen die aktuellen Symptome und Lebensprobleme des Patienten vor dem Hintergrund seiner besonderen Lebensgeschichte, seiner besonderen Persönlichkeitsentwicklung, seiner augenblicklichen Lebenssituation und der spezifischen aktuellen Beanspruchungen und Belastungen des Patienten verstehbar werden. Das wichtigste Ziel des Erstinterviews ist die Indikationsstellung für eine Psychotherapie beziehungsweise der Ausschluss einer solchen Indikation. Zu diesem Zweck ist eine gründliche Datenerhebung unerlässlich. Das bedeutet, dass das Erstinterview einer gewissen Struktur folgen muss. Gleichzeitig muss der Patient ausreichend Gelegenheit zu spontanen verbalen und nonverbalen Äußerungen haben, weil sich ansonsten der wünschenswerte szenische Ausdruck unbewusster Aspekte nicht entfalten kann. Das Erstinterview sollte mit den Worten von Annemarie Dührssen „semistrukturiert“ durchgeführt werden. Das Erstinterview hat aber nicht nur eine diagnostische Funktion. Es bereitet den Patienten auch für den eigentlichen Therapieprozess vor und soll sich auf das später erforderliche Arbeitsbündnis zwischen Therapeut und Patient günstig auswirken. Gerade zu Anfang gilt es, beim Patienten das Erleben eines hilfreichen Gegenübers sowie reichlich Besserungs- und Selbstwirksamkeitserwartungen zu induzieren und zu verstärken. Voraussetzung ist, dass der Therapeut vorhandene Ressourcen deutlich macht und auf diese Ressourcen vertraut. Um positive Erwartungen und eine tragfähige Beziehung zu etablieren, sollte der Therapeut die Sprache des Patienten sprechen, seine therapeutischen Erklärungsmodelle (Rationale) und Strategien an die Ziele, Überzeugungen und Sichtweisen des Patienten anpassen und den Patienten nicht kritisieren oder beurteilen. Damit erhöht sich die Bereit¬schaft des Patienten, aktiv mitzuarbeiten.

Einführung: Die Phase der beginnenden Tuchfühlung eines Patienten mit einem Therapeuten (und des Therapeuten mit dem Patienten) ist ein einmaliger, unwiederbringlicher Augenblick mit wertvollen Hinweisen auf das Unbewusste. Nach Hermann Argelander ist das Erstinterview eine erste, zeitlich begrenzte und ungewöhnliche Begegnung zwischen einem Patienten und dem Therapeuten, der das Interview führt. Wir verstehen unter Erstinterview nicht nur das erste Gespräch, sondern die gesamte Anamneseerhebung und Diagnostik bis zur Entscheidung für oder gegen die Durchführung einer Therapie. Diese Entscheidung erfolgt in der Regel innerhalb der probatorischen Sitzungen . „Das Geheimnis eines umfassenden Verstehens im Erstinterview ist die Beteiligung der Persönlichkeit des Interviewers am Prozess der Wahrnehmung.“ Der interviewende Therapeut nimmt also nicht nur objektiv überprüfbare Informationen (zum Beispiel medizinische oder biographische Daten) des Patienten auf, sondern lässt das Erscheinungsbild, die Verhaltensweisen, den Affektausdruck und die subjektiven verbalen Mitteilungen des Patienten sowie die situativen Ereignisse im Verlauf des Erstinterviews auf sich wirken. Er versucht, die unbewussten Mitteilungen des Patienten zu erfassen, die sich nach und nach zu einer geschlossenen Aussage über die Persönlichkeit des Patienten verdichten. Das Erstinterview öffnet einen interpersonalen Raum, in dem sich die strukturellen Ressourcen und Defizite (zum Beispiel in der Selbst- und Affektsteuerung), die innere unbewusste Konfliktdynamik, dysfunktionale Kommunikations- und Beziehungmuster sowie Übertragungsbereitschaften und Widerstände des Patienten szenisch manifestieren können. Auf diese Weise sollen die aktuellen Symptome und Lebensprobleme des Patienten vor dem Hintergrund seiner besonderen Lebensgeschichte, seiner besonderen Persönlichkeitsentwicklung, seiner augenblicklichen Lebenssituation und der spezifischen aktuellen Beanspruchungen und Belastungen des Patienten verstehbar werden. Das wichtigste Ziel des Erstinterviews ist die Indikationsstellung für eine Psychotherapie beziehungsweise der Ausschluss einer solchen Indikation. Zu diesem Zweck ist eine gründliche Datenerhebung unerlässlich. Das bedeutet, dass das Erstinterview einer gewissen Struktur folgen muss. Gleichzeitig muss der Patient ausreichend Gelegenheit zu spontanen verbalen und nonverbalen Äußerungen haben, weil sich ansonsten der wünschenswerte szenische Ausdruck unbewusster Aspekte nicht entfalten kann. Das Erstinterview sollte mit den Worten von Annemarie Dührssen „semistrukturiert“ durchgeführt werden. Das Erstinterview hat aber nicht nur eine diagnostische Funktion. Es bereitet den Patienten auch für den eigentlichen Therapieprozess vor und soll sich auf das später erforderliche Arbeitsbündnis zwischen Therapeut und Patient günstig auswirken. Gerade zu Anfang gilt es, beim Patienten das Erleben eines hilfreichen Gegenübers sowie reichlich Besserungs- und Selbstwirksamkeitserwartungen zu induzieren und zu verstärken. Voraussetzung ist, dass der Therapeut vorhandene Ressourcen deutlich macht und auf diese Ressourcen vertraut. Um positive Erwartungen und eine tragfähige Beziehung zu etablieren, sollte der Therapeut die Sprache des Patienten sprechen, seine therapeutischen Erklärungsmodelle (Rationale) und Strategien an die Ziele, Überzeugungen und Sichtweisen des Patienten anpassen und den Patienten nicht kritisieren oder beurteilen. Damit erhöht sich die Bereit¬schaft des Patienten, aktiv mitzuarbeiten.

Erscheint lt. Verlag 29.8.2011
Mitarbeit Sonstige Mitarbeit: Christian Reimer, Hamid Peseschkian, Claudia Christ, Gunther Hübner, Dorothee Teller
Verlagsort Bonn
Sprache deutsch
Maße 145 x 210 mm
Gewicht 230 g
Einbandart Englisch Broschur
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Anamnese • Biographische Anamnese • Diagnostisches Interview • Erstgespräch • Probatorische Sitzung • Probesitzung Psychotherapie • Psychoanalytisches Erstgespräch • Psychodynamik • Psychotherapiegespräch • Psychotherapierichtlinie • Psychotherapiesitzung
ISBN-10 3-942761-03-3 / 3942761033
ISBN-13 978-3-942761-03-1 / 9783942761031
Zustand Neuware
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