|
||||||||
DIE WELT DER KANÄLE EINLEITUNG In früheren Zeiten, vor ungefähr hundert Jahren, hingen in den französischen Schulen Landkarten an den Wänden, auf denen ein Netz aus blauen und grünen Adern zu sehen war. Es handelte sich um das Netz der schiffbaren Wasserwege, offizielle Lerngrundlage an den Grundschulen, wie auch die Karten der Nationalstraßen sowie des Schienennetzes. Blaue Adern für die Flüsse, grüne für die Kanäle. Die Lehrer zeichneten mit ihrem Lineal die Hauptwasserwege nach, erzählten von der großen Bewunderung, die das 12.000 Kilometer umfassende französische Flußnetz in der ganzen Welt hervorrief, und erklärten den Unterscheid zwischen einem Seitenkanal und einem Verbindungskanal. Die Schüler ließ das ziemlich kalt. Sie interessierten sich mehr für die andere Karte, die des Schienennetzes, da die Zeitungen damals voll waren mit Reportagen über die neuartigen elektrischen Lokomotiven. Vor allem aber waren sie fasziniert von der Straßenkarte, denn daheim am Tisch war zu dieser Zeit die wichtigste Frage, ob man mit dem neuen Citroën tatsächlich die Strecke Paris-Marseille an einem Tag bewältigen könne. Das Zeitalter der Mobilität war angebrochen, und das Wassernetz interessierte die folgenden Generationen nicht mehr. Doch die Menschen wurden ihrer neuen Mobilität schnell überdrüssig. Die Schüler von damals sind heute Väter und Großväter. Ihre Begeisterung für die immer schneller fahrenden Züge, für die futuristisch anmutenden Projekte wie den TGV in Frankreich oder den Transrapid in Deutschland, hat sich verbraucht. Die Namen der Eisenbahngesellschaften stehen heutzutage mehr für immense Defizite und - vor allem in Frankreich - für permanente Streiks. Auch die Straße hat längst ihre Anziehungskraft eingebüßt. Sie ist Synonym geworden für Unfälle und Staus. Wo sind die schönen, von unzähligen Platanen gesäumten Urlaubsstraßen geblieben? |
||||||||
© Blick ins Buch von Midvox | Informationen für
Verlage
Über Blick ins Buch | Impressum | Datenschutzerklärung | Nutzungsbedingungen |