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Vorwort

Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union im Jahre 1995 verpflichtete sich Österreich unter anderem auch, an der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik Europas mitzuwirken. Durch den Amsterdamer Vertrag von 1997 wurden die Verpflichtungen ausgeweitet. Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sieht demnach neben humanitären und friedenserhaltenden Aufgaben auch Kampfeinsätze vor. In der neuen EU-Verfassung von 2004 wird die Solidarität bei terroristischen Angriffen verankert, welche angesichts der Anschläge von Madrid im Jahre 2004 und London im Jahre 2005 als höchst notwendig erscheint, doch die Aufweichung der österreichischen Neutralität erfolgt langsam und leise und vor allem von den Österreichern selbst kaum bemerkt. Durch eine derartige Beistandsverpflichtung rückt Österreich immer näher an den Tag heran, an dem wieder österreichische Soldatinnen und Soldaten an Kampfeinsätzen teilnehmen werden. Gleichzeitig schwinden mit dem Aussterben der Kriegsgeneration die Stimmen derer, die den II. Weltkrieg noch selbst miterlebt haben. Die Mehrheit der heutigen Bevölkerung Österreichs hat das Kriegselend nicht miterlebt und sieht eher gelassen auf die Katastrophen anderer Länder. Massenmord und Massenelend sind den Nachkriegsgenerationen dieses Landes völlig unbekannt.

Der Kampf zwischen den Kulturen und Ideologien, aber vor allem um wirtschaftliche Ressourcen, findet seine ruhmlose Fortsetzung auch im 21. Jahrhundert und bleibt das Grundthema aller kriegerischen Auseinandersetzungen. Die Bedrohungen des neu angebrochenen Jahrhunderts bestehen in der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen, dem internationalen Terrorismus, der organisierten Kriminalität, dem Scheitern von Regierungen und den damit verbundenen regionalen Konflikten. In diese eher wenig erfreulichen Szenarien mischt sich plötzlich die Bereitschaft des offiziellen Österreich, an kommenden Kriegen teilzunehmen, als 2004 der Einsatz des Österreichischen Bundesheeres im Rahmen sogenannter Battlegroups festgesetzt wurde. Österreichs Verantwortliche haben es von 1945 an verstanden, das Land aus dem globalen Wahnsinn herauszuhalten, daher gehören wir zu den wenigen Ländern dieser Erde, die seit 1945 nicht mehr in militärische Konflikte verwickelt waren. Um die Erinnerung an das wachzuhalten, was Österreicherinnen und Österreicher im II. Weltkrieg erlebt haben, zeigt dieses Buch anhand von Momentaufnahmen in Form von Interviews und bisher unveröffentlichtem Foto bzw. Dokumentenmaterial den Irrsinn des Krieges auf. Es wird der Alltag von Menschen illustriert, die keinen Einfluss auf Politik und Strategie hatten. Der Alltag der "kleinen Leute" von damals war der Alltag im Krieg. Die Präsenz des Todes war allgegenwärtig. Diese Sammlung von Interviews und Fotos soll die Erinnerung an die leidvolle Vergangenheit Österreichs aufrechterhalten und zugleich als Mahnung und Warnung dienen.

Ewald Crha, Wien, im September 2007