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Vorwort



Türkische Jungen und pädagogische Konfrontation - ein spannendes Duett!


In der Einleitung dieses Buches heißt es: "Bezogen auf die Jugendlichen türkischer Herkunft neigen die pädagogischen Fachkräfte mit "ihrem pädagogischen Latein" am Ende zu sein, weil die Jugendlichen sich meistens auf die Besonderheiten ihrer kulturellen Identität berufen." In diesem Sinne bietet dieses Buch erstklassigen Lateinunterricht oder anders ausgedrückt: wer türkische Jungen verstehen will, sollte Toprak lesen!

Schon in seinen Büchern "Auf Gottes Befehl und mit den Worten des Propheten" und "Ich bin eigentlich nicht aggressiv!" beweist der Autor nicht nur seine Fähigkeit zum Theorie-Praxis-Transfer, sondern auch zum kulturellen Brückenschlag. Ein Brükkenschlag, der gerade auf dem Hintergrund der EU-Verhandlungen mit der Türkei in diesem Buch in Alltagssprache übersetzt wird. Denn Toprak lässt die türkischdeutschen Akteure zu Wort kommen, mit ihren Ideen, Widersprüchen und Wertvorstellungen: von Diskriminierungserfahrungen, über die innerfamiliäre Kommunikation, inklusive Gewalterfahrungen, bis zum Männlichkeitskonzept und Ehrbegriff. Das alles ist informativ und verunmöglicht zukünftig der deutschen Pädagogik, Sozialen Arbeit und Psychologie zu sagen: ich habe es nicht besser gewusst. Denn: hier kann man es nachlesen!

Dieses Buch ist kritisch und offen, wenn etwa von "inflationären Gewaltandrohungen" gesprochen wird. Es stellt sich delikaten Themen - wie "Bestrafungspraktiken" - die in der Fachliteratur gerne umgangen werden, sieht man von Klassikern, wie Flitners "Konrad, sprach die Frau Mama" einmal ab (und denen sich die Fachliteratur kulturübergreifend stärker widmen sollte, bedenkt man die Zahlen des Deutschen Kinderschutzbundes).

Aufschlussreich: der praktische Transfer, den das Buch leistet. U.a. aufgrund des türkischen Erziehungsziels "Respekt vor Autoritäten", greift Toprak auf Elemente der Konfrontativen Pädagogik zurück, die für ihn kein Allheilmittel im pädagogischen Setting sind, sondern eine sinnvolle methodische Ergänzung darstellen.

Deutlich wird dies an Praxisbeispielen, ob es die Konfrontation aufgrund einer Beleidigung ("schwuler Kanacke") ist oder das Nichtdulden von Verspätungen im Schulunterricht. Hier belässt es das Buch nicht nur bei der Beschreibung beklagenswerter Vorfälle, sondern bietet alternative, eben pädagogisch-konfrontative Reaktionsmuster an. Das liest sich spannend und realistisch! Und es lässt hoffen, dass sich zukünftig viele Theoretiker, Politiker und Praktiker an den Erfahrungen des Autors orientieren.

Sie sind es allemal wert!


Prof. Dr. phil. Jens Weidner


Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), Hamburg
Deutsches Institut für Konfrontative Pädagogik (IKD), Hamburg