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Vorwort



Die Neuordnung der juristischen Ausbildung und der schnelle Übergang in die Praxis zwingen dazu, in der Ausbildungsliteratur neue Wege zu gehen. Mehr Praxisnähe und eine stärkere Orientierung an den rechtsberatenden Berufen, insbesondere dem Tätigkeitsfeld der Rechtsanwältin und des Rechtsanwalts, müssen auch bei der Darstellung des Ausbildungsstoffs und der Auswahl der relevanten Themen Berücksichtigung finden. Dabei gilt es nicht in das andere Extrem zu verfallen und die für das Examen immer noch wichtige richterliche Sichtweise gänzlich zu vernachlässigen.

Für die Rechtsreferendarin und den Rechtsreferendar soll das vorliegende Werk daher das Strafprozessrecht in seinen praktischen Erscheinungsformen und in den verschiedenen Prüfungssituationen darstellen und aufbereiten. Dabei steht neben der Wissensvermittlung vor allem die Schulung der Problemsensibilität und der Kompetenz zur sachgerechten Falllösung im Vordergrund. Entsprechend der Ausrichtung des juristischen Vorbereitungsdienstes und des Zweiten Juristischen Staatsexamens erfolgt dabei auch eine Konzentration auf die Sicht der obergerichtlichen Rechtsprechung. Rechtsprechung und Gesetzgebung sind bis Anfang Februar 2005 berücksichtigt.

Das Strafprozessrecht stellt einen Kernbereich des juristischen Vorbereitungsdienstes sowie des Zweiten Juristischen Staatsexamens im Pflichtfach dar und ist zugleich wesentliche Grundlage der Wahlfachgruppenausbildung. Dabei sind die prozessualen Vorkenntnisse aus dem Studium häufig gering, während im Examen zumindest eine schriftliche Prüfungsaufgabe mit einem prozessualen Schwerpunkt und eine weitere mit Bezügen zum Strafprozessrecht zu erwarten sind.

Es ist daher das Bemühen des Herausgebers der Reihe PraxisAusbildung im Deutschen Anwaltverlag sowie der Autoren, die Stoffpläne und die Prüfungsordnungen der Bundesländer für den Pflichtfachbereich Strafprozessrecht so weit zu erfassen, dass die Rechtsreferendarin und der Rechtsreferendar in die Lage versetzt werden, den Stoff der Arbeitsgemeinschaft zu vertiefen und dort, wo die Arbeitsgemeinschaft den Stoff aufgrund

•des gedrängten Vorbereitungsdienstes,
•von Urlaubs- oder sonstigen Fehlzeiten sowie
•von vermehrt möglichen auswärtigen Stationen

nicht mehr vollständig abdeckt, sich diesen auch im Selbststudium zu erarbeiten, um im Examen hinreichend gerüstet zu sein. Als Arbeitsgemeinschaftsleiter wissen die Autoren hier um die Unzulänglichkeiten des Vorbereitungsdienstes aufgrund der erheblichen Stofffülle im Verhältnis zur beschränkten Zeit.

Das vorliegende Buch möchte und muss dann den Versuch unternehmen, Querverbindungen zum allgemeinen Strafrecht und innerhalb des Strafprozessrechts herzustellen, d.h. deutlich zu machen, in welchen Fallgestaltungen oder Prüfungssituationen der konkret erarbeitete Stoff relevant werden kann. Die Praxis der Arbeitsgemeinschaften zeigt, dass so ein vertiefendes Verständnis des Strafprozessrechts gelingt und den Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren die praktische Anwendung des Lernstoffs - im Examen aber auch in der weiteren Praxis - erleichtert wird. Dies bringt im Einzelfall zuweilen eine mehrfache Wiederholung des Stoffs, jedoch in unterschiedlichen Konstellationen mit sich. Dies wurde bewusst in Kauf genommen.

Ein besonderes Augenmerk wurde darauf gelegt, die nicht nur ausbildungsrelevanten, sondern in der Praxis wichtigen Sichtweisen des Richters und der rechtsberatenden Berufe, insbesondere der Rechtsanwältin und des Rechtsanwalts, in die Gesamtdarstellung einzubinden, d.h. nicht nur den Wissenshorizont, sondern auch den Anwendungshorizont zu erweitern und fassbar zu machen. Dabei sollen auch die Anwendungsbeispiele helfen.

Im Studium spielt das Strafprozessrecht nur eine untergeordnete Rolle, weil dessen Bedeutung häufig übersehen wird. Im juristischen Vorbereitungsdienst steht das Rechtsgebiet dann in kurzer Zeit mit vielen anderen Anforderungen an die Rechtsreferendarin und den Rechtsreferendar in Konkurrenz. Insbesondere die junge Rechtsanwältin und der junge Rechtsanwalt werden dann nicht selten mit ihnen systematisch wie in den Einzelheiten unbekannten Fragen konfrontiert. Mit dem vorliegenden Werk soll der Versuch unternommen werden, auch hier noch Hilfestellungen über den juristischen Vorbereitungsdienst hinaus zu geben und so einen "Mehrwert" für den Nutzer zu schaffen.

Jedes Ausbildungsbuch muss einen roten Faden haben, an dem - ungeachtet der Möglichkeit, Einzelprobleme zu erarbeiten - sich der Nutzer orientieren kann. Das Buch folgt hier den Anforderungen des Strafprozessrechts an die Rechtsanwältin und den Rechtsanwalt als Verteidiger, an die staatlichen Strafverfolgungsbehörden und schließlich an den entscheidenden Richter in den Ausgangs- und Rechtsmittelverfahren. Es werden die rechtlichen Voraussetzungen und praktischen Ausprägungen dargestellt und in den Gesamtrechtszusammenhang gestellt. Dies wird ergänzt um umfassende Beispiele von schriftlichen Prüfungsaufgaben. Am Ende soll der Leser ein klares systematisches Verständnis des Strafprozessrechts gewonnen haben, das in Ausbildung und Praxis die Bewältigung strafprozessualer Problemstellungen ohne Schwierigkeiten ermöglicht. Der Leser ist dabei insoweit gefordert, als ein konsequentes Lesen der einschlägigen Normen unabdingbar ist.

Herausgeber und Autoren haben eine gewisse Verschiebung des Erscheinens des Werkes in Kauf genommen, um die prozessualen Änderungen durch das zum 1.9.2004 in Kraft getretene Justizmodernisierungsgesetz (BGB1 I 2004, S. 2198) und die Rechtslage aufgrund des am 1.7.2004 in Kraft getretenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (BGB1 I 2004, S. 718) mit dem neuen RVG, dem neuen GKG und dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz einzuarbeiten und damit "up to date" zu sein. Dabei war im Einzelfall abzuwägen, sowohl das bisherige Recht als auch das neue Recht darzustellen, da aufgrund der Prüfungsabläufe und der notwendigen zeitlichen Gliederung von Examensaufgaben damit zu rechnen ist, dass viele Klausuren noch nach altem Recht zu bearbeiten sind. Im Zweifel wurden beide Varianten dargestellt.

Nichts ist so gut, dass es nicht noch besser werden könnte. Aus diesem Grunde sind Herausgeber und Autoren für Hinweise und Anregungen dankbar, wo die Darstellung zu breit und wo zu verkürzt ist. Gleiches gilt für Anregungen, wo praktische Hinweise noch wünschenswert erscheinen.

Rhens, im Februar 2005 Frank-Michael Goebel
Herausgeber
frank@goebel-rhens.de
www.goebel-rhens.de