Vorwort Inhaltsverzeichnis
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Einleitung


Was bedeutet eine mit Computern durchdrungene Welt für die gesellschaftliche Konstituierung von Wissen? Die zunehmende Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien - im folgenden nenne ich dies "Computerisierung" - ist in der beruflichen, wissenschaftlichen und alltäglichen Welt zur Normalität geworden. Sie erstreckt sich nicht nur auf motorische Handlungsabläufe, sondern auch darauf, Kopfarbeit - also Wissen - zu automatisieren. In diesem Zusammenhang beschäftigen sich Informatiker mit Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz, Psychologen erkunden den Umgang der Menschen mit dem drohenden "information overload", Ökonomen setzen sich mit Umfang, Kosten und volkswirtschaftlichen Effekten von Informationsflüssen auseinander, Politikwissenschaftler erforschen in globaler Perspektive Machtgefälle zwischen "informationsreichen" und "informationsarmen" Bevölkerungsgruppen, Pädagogen fragen nach der alters- und bildungsspezifischen Verteilung von "Medienkompetenz", Kommunikationswissenschaftler untersuchen die unterschiedlichen Formen computervermittelten Umgangs miteinander. Und Soziologen? Gerade sie sollten sich kritisch mit hoffnungsfrohen Entwürfen einer Informations-, Kommunikations- oder auch Wissensgesellschaft auseinandersetzen. Denn noch immer verschmelzen dort Mythen und Realität zu einem unentwirrbaren Gemisch aus Fiktion und Sozialstrukturanalyse.

Wenn sich Wissen und Technik berühren, birgt dies Zündstoff. Denn Technik verändert Wissen: "Wer einen Computer benutzen will, muß lernen, alles anders zu machen." (Becker 1994: 208). Mit dem Aspekt der Technik beschäftigen sich inzwischen zahlreiche Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftler: computervermittelte Kommunikation in Büros, computergestütztes Lernen in Schulen, computerbasierte Fertigung in Fabriken - das sind Themen, die sie interessieren. Aus dem analytischen Blick dagegen gerät der Umbau von Wissen. Wissen bleibt eine black box, je nach Zukunftsbild beliebig wandelbar oder aber von externen Einflüssen gänzlich unberührt. Computer verändern aber Wissen, und davon handelt diese Arbeit: vom Wandel der gesellschaftlichen Produktion und Anwendung von Wissen unter Bedingungen zunehmender Computerisierung. Was dabei geschieht, bezeichne ich als "Informierung von Wissen". Informieren heißt: "in eine Form bringen" und umfaßt den Prozeß des Formgebens und den Gehalt der Formgebung.1 Zentrale Medien der Informierung von Wissen sind Computer.

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Zum Prozeß des Formgebens: Wenn Technik Wissen in Form bringt, geschieht eine doppelte Veränderung. Der Einsatz von Computern wandelt nicht nur gesellschaftliche Wissensbestände (idealtypisch: fachliches Know-what). Er greift auch grundlegend in die Form und Operationsweise von Wissensprozessen ein (Know-how). Das erste (Informationszuwachs) ist Zweck des Computereinsatzes, das zweite läuft als unbeabsichtigte und unreflektierte Nebenfolge mit. Damit verändert sich Wissen nicht nur additiv im Sinne einer Wissensanhäufung. Entscheidend ist der qualitative Wandel - die modifizierte Komposition, also Zusammensetzung von Wissen.

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Der Gehalt der Formgebung ändert sich: Wissen wird informiert. Das heißt: vermehrt und in eine verarbeitungsfreundliche Form gebracht. Welche Inhalte sich dahinter verbergen, tritt in den Hintergrund, aber was mit Wissen geschieht, wird immer wichtiger. Damit wächst die gesellschaftliche Bedeutung eines Wissens zweiter Ordnung: Gemeint ist die Organisation und das Management von Wissen. Daneben verändern sich auch die Inhalte des Gewußten. Das WIE kommt in der Aneignung von Technik zum Vorschein, das WAS mündet in eine neue Komposition des Wissens: in "informiertes Wissen".

Wenn die Inhalte in die zweite Reihe rücken: Was tritt an ihre Stelle? Was entsteht Neues? Die gesellschaftliche Konstituierung von Wissen löst sich von Inhalten, wird flüssiger. Wissen wird formaler, standardisierter; ja in dem Sinn abstrakter, daß es in verschiedenen Kontexten Anwendung finden kann. Das erahnte Daniel Bell (1973), als er vor einem Vierteljahrhundert von einer "postindustriellen Gesellschaft" sprach. Denn in diesem Typ von Gesellschaft spielen besonders Technik und theoretisches Wissen eine wesentliche Rolle. Für den Umbau von Wissen aber hat sich weder die Soziologie im allgemeinen noch Daniel Bell im besonderen interessiert.

Stattdessen haben Sozialwissenschaftler den gesellschaftlichen Wandel von Wissen empirisch vernachlässigt (Bell 1973), ideologisch-normativ als Manipulation und Verflachung diskreditiert (Roszak 1986, Postman 1992, Spinner 1994) oder programmatisch als Effekt einer technisch konzipierten Computerrevolution verklärt (Bühl 1996; Lucky 1991; Toffler 1980). Sinkt die Bedeutung inhaltsspezifischen Wissens Seite an Seite mit seiner Halbwertszeit, gewinnen Kompetenzen zur Aneignung und zum Umgang mit Wissen umso mehr Gewicht. Darüber hinaus schiebt sich eine neue Art des Umgangs mit Wissen in den Vordergrund: spielerischer, provisorischer, kurzlebiger. Dieses Bewußtsein der Kontingenz und der ironischen Distanz macht den "Wissens-Virtuosen" zum neuen Herrscher über informiertes Wissen.

Die zu entwickelnde Theorie informierten Wissens umfaßt damit zweierlei: Zum einen die Komposition von Wissen, zum anderen den Umgang mit dieser Komposition. Diese Theorie steht im Rahmen einer Soziologie der Computerisierung2, deren Eckpunkte ich kurz umreißen will. Computer gelten als Inbegriff moderner Informations- und Kommunikationstechnologien. Wissen ist daraus nicht wegzudenken. Denn Computer speichern und verarbeiten Information, und in dieser Funktion avancierten sie zur Leittechnologie des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts. Soziologen vermuten bei einer solchen Konstruktion des Computerzeitalters eine technisch verkürzte Sicht, und sie haben Recht: Um Prozesse der Computerisierung von Wissen angemessen zu beschreiben und zu erklären, bedarf es keiner Rhetorik, sondern einer gesellschaftstheoretischen Grundlegung. Als naheliegender Kandidat drängt sich dazu der Topos der Informationsgesellschaft auf. Diesen werde ich auf seine Tauglichkeit hin überprüfen: Stößt die Transformation von Wissen auf Interesse? Wie beschreiben und erklären Gesellschaftstheorien in diesem Umfeld Verschiebungen in der gesellschaftlichen Konstituierung von Wissen unter Bedingungen der Computerisierung?

Dabei gilt es zwei Klippen zu umschiffen. Die erste droht, wenn technische Wunschbilder die Grundlage empirischer Diagnose bilden, die zweite läßt die Analyse in moralisierendes Gewässer abgleiten. Ihre Gemeinsamkeit liegt darin, einer linearen Perspektive der Rationalisierung verhaftet zu bleiben. Was zeichnet eine solche aus? Analysen der Gesellschaft, welche Computern vor allem ein durchgreifendes Rationalisierungspotential zuschreiben, sehen in Prozessen der Computerisierung eine weitere Externalisierung von Wissen3. Im Unterschied zur gedruckten Schrift speichern Computer nicht nur Inhalte, sondern auch Beschreibungen und Methoden, sich diese Inhalte zu erschließen. Populäre Beispiele dafür sind Hypertexte (siehe 2.3.5). Computerisierung erfaßt damit nicht nur "statische Wissensstrukturen, sondern auch fortlaufende Wissensprozesse" (Bühl 1995: 45, Hervorhebung N.D). Diese Bestandsaufnahme ist soweit korrekt. Ungenauigkeiten schleichen sich jedoch ein, wenn daraus eine gesellschaftliche Teilung von Wissen folgen soll.

Wenn nämlich - so die Begründung - der durchschnittliche Nutzer solcher Systeme die Funktionsweise der Computerprogramme nicht mehr nachvollziehen könne, halte das Nutzungswissen mit dem verarbeiteten Wissen nicht mehr Schritt. Daraus resultiere eine gleichzeitige Dispersion und Konzentration von Wissen (Bühl 1995: 58): Die Dispersion bezieht sich auf den konsumtiven Gebrauchsmarkt (dezentrales Konsumwissen), die Konzentration dagegen auf das tief strukturierte Wissen (zentralisiertes Tiefenwissen). Dann - ich folge der Argumentation - mündet die Verbreitung von Computern als Leittechnologie des gesellschaftlichen Wandels in "Edutainment" (von "education" und "entertainment") und Konsumfetischismus, läßt Wissen verflachen und spaltet die Gesellschaft in Wissensherren und Datenknechte. Trifft dies zu, kann man die Computerisierung von Wissen nur noch in normativen Kategorien beschreiben4. Die Diagnose enthält jedoch einen Denkfehler. Denn konzentriertes, d.h. tief strukturiertes Wissen und Computerkompetenz fallen keineswegs zusammen. Computernutzungswissen kann im Gegegenteil sehr oberflächlich sein. Ebensowenig sind dezentrales Konsumwissen und technische Inkompetenz notwendig aneinander geknüpft. Beim Computer handelt es sich vielmehr um ein multifunktionales Gerät, das die verschiedensten Verbindungen von Wissensstrukturierung und Computerkompetenzen zuläßt. Was folgt daraus für eine Soziologie der Computerisierung?

Eine Beschreibung der gesellschaftlichen Konstituierung bzw. Konstitution von Wissen ist ohne einen soziologisch präzisierten Wissensbegriff nicht zu gewinnen. Das gilt auch unabhängig von Computerisierungsprozessen. Dies muß nicht auf "das ebenso beliebte wie fruchtlose Unterscheidungspathos zwischen "Wissen" und "Information"" (Spinner 1994: 27) hinauslaufen. Stattdessen geht es darum, die gesellschaftliche Konstitution bzw. Konstituierung von Wissen zu beschreiben, d.h. Strukturen und Prozesse zu präzisieren, die Wissen in eine zeitgemäße, moderne Form bringen5. Sodann besteht die Aufgabe einer Soziologie der Computerisierung darin, soziale Tatbestände als Informationsprozesse zu begreifen. In dieser Perspektive hat sie die Verknüpfung gesellschaftlicher Sachverhalte über Information zu klären: In welchem sozialen Kontext kommunizieren Akteure worüber miteinander? Welche Rolle spielen dabei computertechnische Medien?

Dieses Programm birgt ein methodisches Problem. Es besteht darin, weitgehend unsichtbare Prozesse sichtbar zu machen. Denn die tiefgreifenden Folgen liegen im stillen Wandel der Konstituierung von Wissen, "in der unterschwelligen Veränderung der normativen Leitbestimmungen und faktischen Randbedingungen für die Erzeugung, Verarbeitung, Vernetzung, Verteilung, Verwendung, Verwertung des Wissens unter den neuen technologischen Bedingungen der EDV" (Spinner 1994: 64). Genau dies ist soziologisch bislang kaum geschehen: solche schlummernden Veränderungen zu explizieren. Erste Versuche stammen stattdessen aus philosophischer Feder. Danach gründet eine "Wissensordnung des kognitiv-technischen Komplexes" (Spinner 1994: 53-56) auf dem informationstechnischen Durchbruch zu Wissenstätigkeiten und Wissensbeständen neuer Art: Der kognitiv-technische Komplex umfaßt erstens die Technisierung des Wissens, zweitens die Wissensbasierung der Technik und damit drittens die Interpenetration von Wissen und Technik. Im Zuge dessen werde sich eine neue Wissensordnung ausbilden, in welcher sich ein spezifischer, datenerzeugender Denkstil mit überwiegend flachem (Rohstoff-)Wissen in Wissenschaft und Gesellschaft ausbreiten werde. Das reine Datenwissen gewinne damit eine erstrangige Bedeutung und lege die Ausbildung einer spezifischen Rationalitätsform für daten- statt theoriezentriertes Problemlösen nahe. Das wäre gesellschaftstheoretisch folgenreich. Denn bei einer Verschiebung des kognitiven Schwerpunkts der Gesellschaft zum Datenpool kann die Informationsfülle mit einem Wissensmangel einhergehen. Das ist der Fall, wenn Informationsmenge und -Wichtigkeit einander nicht entsprechen. Kulturkritiker und Pädagogen thematisieren das als "Information overflow"6; als Ertrinken in ausgegossenen Kübeln nutzloser Daten.

Was fehlt in der skizzierten Diagnose? Wissen wird darin rein statisch gefaßt, als Struktur. Es wird vom Kopf in eine graue Kiste verpflanzt und entfaltet von dort sein rationalisierendes und einebnendes Potential. So einfach ist die Welt aber nicht. Denn Wissen ist ein spezieller "Stoff" : Wissen ist ebensosehr Struktur wie auch Prozeß, Wissen bildet die kognitive Grundlage der Technik und Technisierung und Wissen vermittelt zwischen Individuum und Gesellschaft. Dies muß eine Wissens- wie auch Techniksoziologie reflektieren, um die Auswirkungen der Computerisierung auf die gesellschaftliche Konstituierung von Wissen in den Blick zu bekommen. Den informationstechnisch induzierten Prozeß der Verschiebung als Verflachung zu bezeichnen, mag normativ ansprechen, philosophisch überzeugen und Kulturkritikern Auftrieb geben. Einer soziologischen Analyse kann das aber nicht genügen. Mein Programm ist schlicht: informiertes Wissen beschreiben und erklären. Ich möchte zeigen, daß und wie der Computereinsatz die Genese und Verwendung von Wissen "informiert". Dazu ein knapper Überblick.

1.

Den theoretischen Unterbau der Arbeit bildet die Trias von Wissen, Technik und Gesellschaft. Ich werde sie im ersten Teil rekonstruieren: Wie sieht eine gesellschaftstheoretische Klammer für zwei so verschiedene Dimensionen wie Technik und Wissen aus? Was ist es für ein "Stoff", der sich Informierungsprozessen fügt (Wissen)? Und schließlich: Wie stellen sich Soziologen eine Technik vor, die Artefakte und Prozesse "in-formiert"?

2.

Nachdem ich den theoretischen und begrifflichen Rahmen abgesteckt habe, will ich mich im zweiten Kapitel mit der Theorie und Empirie der gesellschaftlichen Konstituierung von Wissen beschäftigen: Welche Funktionen erfüllt Wissen in der Gesellschaft? Was zeichnet dieses Wissen aus? Zur Beantwortung soll ein funktionales Modell der Komposition von Wissen sowie eine Typologie informierter Computerverwendung entwickelt werden. In einem Gang durch die sozialwissenschaftliche Forschung werden diese Konstrukte mit empirischem Material gefüllt, um auf diesem Weg zu einigen Hypothesen zu kommen, wie Computer Wissen informieren.

3.

Während ich die theoretischen Fragen zur gesellschaftlichen Konstituierung von Wissen im vierten Kapitel wieder aufgreife, werde ich im dritten Kapitel das entwickelte Raster und die Hypothesen in den Feldern der Unternehmensberatung und Medizin überprüfen. Dazu stelle ich die Ergebnisse zweier Fallstudien vor. Dort zeige ich erstens, wie die Technisierung von Wissen geschieht, zweitens, wie sich dadurch die Beziehung von "Mensch zu Gegenstand" und "Mensch zu Mensch" ändert.

4.

Bis dahin werde ich den aufgespannten Bogen systematisch zu einem Trichter verengt haben: Was geschieht mit Wissen unter Bedingungen der Computerisierung? Nach dieser Engführung will ich im letzten Kapitel den Blick weiten: Welche Bedeutung hat informiertes Wissens in der Gesellschaft? Nach einer Einbettung informierten Wissens in zwei Varianten gesellschaftlicher Modernisierungstheorien (funktionale Differenzierung und reflexive Modernisierung) werde ich den Ertrag der Diskussion in drei Thesen zusammenfassen:

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Die zentrale Komponente informierten Wissens ist "Wissens-wissen" oder Wissen zweiter Ordnung. Dieses Wissen zweiter Ordnung ist theoretisches und technisch angereichertes Verfahrenswissen und wird über die Inhalte dominieren.

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Informiertes Wissen ist riskantes Wissen. Denn das "richtige" Wissen zu generieren und anzuwenden stellt höhere Anforderungen an die Akteure als "viel" zu wissen.

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Diese beiden Prozesse beschwören die Verbreitung des "Wissens-Virtuosen" herauf. Er verfügt über Fähigkeiten eines informierten Umgangs mit Wissen.





1

Der Informationsbegriff selbst ist sehr alt und vielschichtig. Das Wort "Information" stammt aus dem lateinischen "informatio" und bedeutet "Vorstellung", "Erläuterung", "Deutung", aber auch "Bildung", "Belehrung", "Unterricht". "Informare" als "bilden, gestalten, unterrichten", setzt sich aus in (verstärkend) "in hinein" und formare "bilden, formen" zusammen. Damit kann man zwei Bedeutungsgruppen unterscheiden. Während sich Information als "Formung", "Unterweisung" und "Weitergabe von Sachverhalten" auf Prozesse und Tätigkeiten bezieht, knüpft Information als "Vorstellung", "Wissen", "Bericht" an der vergegenständlichten und objektivierten Nachricht an. In der Scholastik konnte "informatio" sowohl den Prozeß der Formung wie auch die durch den Prozeß erreichte Form als Resultat meinen. Bei Descartes gehen beide Bedeutungen, d.h. die wörtliche und die metaphorische, eine erkenntnistheoretisch einschlägige Verbindung ein. Denn Descartes definiert Idee als Form eines beliebigen Gedankens, deren man sich durch unmittelbare Wahrnehmung des jeweiligen Gedankens bewußt ist. Diese Gedanken sind nicht nur Phantasiebilder, sondern sie informieren das Gehirn (informant). Damit wird ein auf menschliche Wahrnehmungsleistungen bezogener Informationsbegriff "in direkte Verbindung gebracht mit dem Begriff der (räumlichen) Formung eines Trägers kognitiver Inhalte" (Janich 1997; vgl. auch Fleissner u.a. 1996: 3-13).

2

Mit dem Begriff der "Computersoziologie" operieren bislang nur Techniksoziologen. Er taucht beispielsweise bei Bernward Joerges (1989) auf, der sich allerdings nur mit der Künstlichen Intelligenz-Forschung (KI) auseinandersetzt. In einer streng Weberianischen Perspektive rekonstruiert Bettina Heintz (1993) ebenfalls "computer-soziologisch" die Geschichte der Computerisierung als Prozeß gesellschaftlicher Rationalisierung und Formalisierung. Die Frage des Umbaus von Wissen spielt bei beiden Autoren lediglich eine nachgeordnete Rolle.

3

Die gesprochene Sprache markierte die erste Ära der Kommunikationsmedien, die Erfindung der Schrift die zweite. Der Buchdruck und andere Formen der Vervielfältigung läuteten die dritte Phase ein, und den vierten grundsätzlichen Einschnitt in die menschlichen Formen der Kommunikation bildet das Zeitalter der elektronischen Medien. "Schneller agieren und dabei mehr Information bewältigen", das sind die Merkmale, mit welchen ich in dieser Arbeit den Computer gegenüber dem gedruckten Wort abgrenze. Zu den Parallelen von elektronischer "Medienrevolution" und den Erfahrungen der Renaissance, in welche der Buchdruck als erste "informationstechnische Revolution" einbrach, vgl. Morgan 1997. Zur Bedeutung des Computers als Medium im Vergleich zum Buchdruck siehe Giesecke 1990, 1991; Inglis 1990, bes. 1-16; Ong 1987.

4

Vgl. neben Bühl 1995; Postman 1992; Roszak 1986; Spinner 1994; Weizenbaum 1976; auch die Debatte zur medialen Beeinflussung des Lernens in: Educational technology research and development 1996 und Halal/Liebowitz 1994; siehe auch Bülow 1994 und die sich daran knüpfende Diskussion.

5

Der Begriff Konstitution bezieht sich primär auf Strukturen, der Begriff Konstituierung dagegen vorrangig auf Prozesse. Weil alternative Begriffe wie Wissensordnung und Wissensverfassung den dynamischen Aspekt von Wissen vernachlässigen, dieser aber ebenso Berücksichtigung finden sollte, werde ich im folgenden - wenn nicht anders vermerkt - Konstitution und Konstituierung weitgehend synonym verwenden.

6

Noch ganz anders Karl Steinbuch (1968), der historisch von einer chronischen gesellschaftlichen Unterversorgung an Information ausging. Daß es Information nun im Überfluß gibt, ist in dieser Perspektive ein nachrichtentechnisch zu lösendes Problem.