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Vorwort

Dieser zweite Band des erstmals 1986 erschienenen, inzwischen als Standardwerk ausgewiesenen Theaterlexikons, das über «Begriffe und Epochen, Bühnen und Ensembles» der Weltgeschichte des Theaters informiert, ist ein lang geplantes und vorbereitetes Projekt: Es ist eine Ergänzung des ersten Bandes, über deren Notwendigkeit Verlag und Herausgeber sich stets einig waren. Dieser zweite Band ist Personen gewidmet, die an der Realisierung des Bühnenkunstwerks unmittelbar beteiligt sind, die es ermöglichen und die diese Arbeit kritisch begleiten. Es sind dies in erster Linie Schauspieler und Schauspielerinnen, Regisseure, Dramaturgen, Bühnenbildner und Theaterleiter, Intendanten und Prinzipale. Nicht aufgenommen sind Bühnenautoren, soweit diese nicht auch in anderen Funktionen, etwa als Regisseure, für das Theater arbeiten. Der Bezug des zweiten Bandes zum ersten hat zur Folge, dass auch hier ein weiter historischer Bogen gespannt ist, dass Personen aufgenommen sind, mit deren Namen Brennpunkte und Wendepunkte, insbesondere exzeptionelle künstlerische Leistungen verbunden sind ; so etwa Shakespeare als Theaterunternehmer, Lessing als Dramaturg und theaterpolitischer Reformer, Goethe als von seinem Souverän und dessen Maitresse gegängelter Intendant des Weimarer Hoftheaters; selbstverständlich auch die großen Bühnenstars früherer Jahrhunderte von David Garrick, Henry Irving, Sarah Bernhardt, Eleonora Duse bis zu den einstmals gefeierten Größen des Wiener Burgtheaters wie Adolf Sonnenthal oder Charlotte Wolter. Der Schwerpunkt der Auswahl liegt jedoch eindeutig im 20. Jahrhundert, verdichtet noch auf das Gegenwartstheater der letzten drei Jahrzehnte. Gerade in diesem Zeitraum sind wichtige innovative Entwicklungen in der Bühnenkunst mit den Namen ihrer Initiatoren verbunden; Beispiele sind Jerzy Grotowski, Peter Brook, Dario Fo oder Robert Wilson. Zudem hat sich in den letzten Jahren eine Tendenz der Subjektivierung der Bühnenästhetik durchgesetzt, bei der Positionen in erster Linie über die «Handschrift» der Regisseure zu beschreiben sind. In diesem Gegenwartsbereich sind neben den etablierten Künstlerpersönlichkeiten auch viele junge Bühnenkünstler aufgenommen, die über ihre erwiesenen Anfangserfolge hinaus für uns diejenigen zu sein scheinen, die das Theater der nächsten Jahrzehnte prägen und voranbringen werden.

Dass dem Theater im deutschsprachigen Raum ein gewisser Vorrang in der Anzahl der aufgenommenen Personen eingeräumt wurde, ist ein Entgegenkommen gegenüber einer Leserschaft, die sicherlich überwiegend mit dieser Theatersphäre konfrontiert ist und darüber aktuell informiert werden will. Selbstverständlich ist die internationale Theaterwelt zureichend einbezogen, zumal jene Bühnenkünstler, die durch Gastspiele und ihre Beteiligung an Festivals international präsent sind oder die durch künstlerische Positionen, welche mit ihrem Namen verbunden sind, in das deutschsprachige Theater hineinwirken. Diese Auswahl ist nicht frei von subjektiven Einschätzungen. Ein Hinweis dieser Art fehlt berechtigterweise wohl in keinem Vorwort einer vergleichbaren

Publikation. Doch da dieses Lexikon, wie der erste Band auch, als langfristiges Projekt angelegt ist, werden künftige Auflagen den Bestand immer wieder zu ergänzen und kritisch zu überprüfen haben. Die Artikel sind im Einzelnen so aufgebaut, dass die für die Person relevanten Grunddaten der Biographie mit den wichtigsten Stationen ihres Arbeitswegs, die spezifischen künstlerischen Leistungen, Rollen, Inszenierungen, Theaterdirektionen genannt sind. Zitate aus Aufführungsbesprechungen oder anderen Formen der Würdigung sind zur Pointierung des künstlerischen Profils oder der Lebensleistung eingefügt. Die Länge der Artikel lässt indessen keinen unmittelbaren Rückschluss auf die Bedeutung der behandelten Person zu.

Wie aufwendig diese Arbeit im Detail war, insbesondere das Recherchieren und Überprüfen der Daten von Biographie und Arbeitsgeschichte, vermag nur derjenige wirklich zu ermessen, der mit solchen Arbeiten schon einmal befasst war. Für die Bereitschaft zur Mitarbeit durch persönliche Auskünfte ist vielen der in dieses Lexikon aufgenommenen Personen herzlich zu danken. Dank aber in erster Linie allen Mitarbeitern, denen diese Arbeit ein Übermaß an Idealismus abverlangt hat! Neben den Herausgebern hat Werner Schulze-Reimpell maßgeblich an Konzeption und Auswahl mitgearbeitet. Alle Beteiligten hoffen, ja, sind sich sicher, dass mit diesem Buch allen am Theater Interessierten ein zuverlässiges, aktuell informierendes Nachschlagewerk an die Hand gegeben wird, seien sie professionell mit diesem Bereich befasst als Lernende, Studierende oder eben als Liebhaber dieser wunderbaren «überflüssigsten Sache der Welt», die das Theater nun einmal ist.

Hamburg, Juli 2006

Manfred Brauneck
Wolfgang Beck